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Gericht / Entscheidungsdatum: AG Pinneberg, Urt. v. 29.10.2013 - 31 OWi 82/13
Leitsatz: 1. Jedenfalls unter Verwendung der Softwareversion 3.2.4 ist das Geschwindigkeitsmessverfahren Poliscan F1 HP (hier: stationäre Version) grundsätzlich für die Verwertung im gerichtlichen Verfahren in Bußgeldsachen geeignet. 2. Durch die Zulassung der Auslesesoftware Tuff.Viewers 3.45.1 zum 24.07.2013 können gespeicherte Messzusatzdaten wie Ort und Zeit der Messung auch für zurückliegende Zeiträume ausgelesen werden. Die Messzusatzdaten ermöglichen sowohl die sichere Zuordnung als auch eine Plausibilitätsüberprüfung der Geschwindigkeitsmessung. 3. Der Verwertung einer Messung eines Geräts Poliscan HP F1 steht nicht entgegen, dass die Anlage nicht der PTB-Anforderung 18.11 Abschnitt 3.5.4 entspricht.
In pp. Gegen die Betroffene wird wegen fahrlässigen Verstoßes gegen Vorschriften über die Höchstgeschwindigkeit in geschlossenen Ortschaften (95 km/h anstatt 50 km/h) eine Geldbuße von 150 Euro verhängt. Der Betroffenen wird für die Dauer von 1 Monat verboten, im Straßenverkehr Kraftfahrzeuge jeder Art zu führen. Das Fahrverbot wird erst wirksam, wenn der Führerschein der Betroffenen in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens aber nach Ablauf von vier Monaten nach Rechtskraft dieser Entscheidung. Die Betroffene trägt die Kosten des Verfahrens. Gründe I. Die Betroffene ist 60 Jahre alt. Sie lebt in geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen. Verkehrsrechtlich ist sie bisher nicht in Erscheinung getreten. II. Die Betroffene befuhr am 20.09.2012 um 20.41 Uhr als Führerin des Pkw mit dem amtlichen Kennzeichen PI - BS 444 die Altonaer Chaussee in 22869 Schenefeld in Höhe der Fußgängerbrücke in Fahrtrichtung Pinneberg mit einer Geschwindigkeit von mindestens 95 km/h. Die durch eine Lasermessung mit dem stationären Messgerät des PoliScan F1 HP mit der Eichschein-Nummer 8-472-12 gemessene Geschwindigkeit lag bei 98 km/h, so dass abzüglich einer Toleranz von 3 km/h die vorwerfbare Geschwindigkeit 95 km/h betrug. Die Geschwindigkeitsübertretung erfolgte auf Höhe eines mit einer Bedarfsampel versehenen Fußgängerüberwegs innerhalb der geschlossenen Ortschaft. An dieser Stelle ist die Altonaer Chaussee bereits mit einer Mittelleitplanke versehen. Beide Fahrtrichtungen sind jeweils zweispurig. Das Ortsausgangsschild (Zeichen 311) befand sich ca. 135 Meter vom Ende der Messstrecke entfernt. Die Geschwindigkeitsüberschreitung hätte die Betroffene bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt ohne weiteres erkennen können. III. Dieser Sachverhalt steht aufgrund der im Termin zur Hauptverhandlung vom 29.10.2013 geschlossenen Beweisaufnahme zur Überzeugung des Gerichts fest. Die Betroffene hat durch Erklärung ihres Verteidigers ihre Fahrereigenschaft eingeräumt, weshalb kein Zweifel besteht, dass sie das Fahrzeug mit dem Kennzeichen PI - BS 444 zur Tatzeit gefahren ist. Das Gericht hat auch keine begründeten Zweifel daran, dass sie dies auch mit einer Geschwindigkeit von mindestens 95 km/h getan hat. Dieses ist bewiesen durch die Geschwindigkeitsmessung des stationären Messgeräts des Typs PoliScan F1 HP mit der Fabriknummer 654681, welches am 19.09.2012 etwa 20 Meter stadtauswärts von der Fußgängerbedarfsampel am rechten Fahrbahnrand erstmals vom Zeugen Baumann in Betrieb genommen wurde und seitdem dort in Betrieb geblieben ist. Dabei kann offen bleiben, ob es sich bei Poliscan F1 HP um ein sogenanntes standardisiertes Messverfahren im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Beschluss vom 30.11.1997, 4 StR 24/97, zitiert nach [...], Rz 27) handelt. Diese Meinung wird zumindest für die bauähnlichen Vorgängervarianten durch verschiedene Oberlandesgerichte (unter vielen: OLG Köln, Beschluss vom 30.10.2012, III - 1RBE 277/12, zitiert nach [...], Rz 15; Kammergericht, DAR 2010, S. 331-332; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 17.02.2010, 1 (8) SsBs 276/09, zitiert nach [...]) weitgehend vertreten, wenn dies auch nicht immer nachvollziehbar ist, da eine Auseinandersetzung mit tatsächlichen Gegebenheiten im Rechtsbeschwerdeverfahren regelmäßig nicht oder nur im geringen Ausmaß stattfindet (kritisch deshalb: AG Aachen, Urteil vom 10.12.2012, 444 Owi 93/12, zitiert nach [...], dort Rz 10). Die Frage kann hier aber offen bleiben, da die Rechtsfigur des standardisierten Messverfahrens lediglich eine Beweissituation beschreibt, in der die Gericht regelmäßig davon befreit sind, über die Richtigkeit einer Messung ein Sachverständigengutachten einzuholen und sich darauf beschränken kann, das Messverfahren und die nach Abzug der Messtoleranz ermittelte Geschwindigkeit mitzuteilen (BGH, a.a.O., Rz 20, 26). Vorliegend hat sich das Gericht für seine Überzeugungsbildung aber sachverständig beraten lassen, so dass es hierauf nicht ankommt. 1. Das lasergestützte Messsystem PoliScan F1 HP ist grundsätzlich für die Messung von Geschwindigkeiten geeignet. Dies ergibt sich nicht nur aus der Zulassung des Geräts durch die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB), sondern auch dadurch, dass im Laufe der Überprüfungen der PTB mehr als 20.000 Einzelmessung im laufenden Straßenverkehr erfolgt sind (Stellungnahme der PTB zum Urteil des Amtsgerichtes Aachen vom 10.12.2012, Ziff. 2, abgerufen am 27.09.2013 unter http://www.ptb.de/cms/fachabteilungen/abt17fb-137stellungnahme.html), die wie der Sachverständige K. nachvollziehbar erläutert hat, regelmäßig zu dem Ergebnis kamen, dass Messgenauigkeit des Gerätes vorliegt. Der Sachverständige hat in seiner mündlichen Anhörung vom 27.09.2013 nachvollziehbar berichtet, dass Messungen mit Referenzgeräten durch die private Sachverständigenfirma DEKRA die Messergebnisse des Systems Poliscan regelmäßig bestätigt haben (vgl. auch OLG Karlsruhe, a.a.O., am Ende). Zu anderen Ergebnissen ist auch nicht die kritische Literatur gekommen, wobei z.T. auch Referenzmessungen mit Lichtschranken durchgeführt wurden (vgl. Winninghoff/Hahn/Wietschorke, DAR 2010, S. 108 links oben). Vielmehr bezog sich die Kritik bislang ganz wesentlich auf die Art und Weise der Zuordnung (so u.a. Löhle, DAR 2012, S. 421, 423; Winninghoff/Hahn/Wietschorke, a.a.O. S. 108f.) und die mangelnde Überprüfbarkeit der einzelnen Messung. Grundsätzlich in Zweifel gezogen worden ist die Geeignetheit der geeichten Messgeräte nicht. Im Übrigen kann die mit der Softwareversion 3.2.4 gemessene Geschwindigkeit seit Zulassung der neuen Version 3.45.1 der Auswertungssoftware Tuff.Viewers am 24.07.2013 einer Plausibilitätsberechnung unterzogen werden. Grundsätzlich speichert die Messsoftware 3.2.4 nämlich schon immer zusätzliche Messdaten, die Auskunft geben über Ort, Zeitpunkt und Anzahl der Einzelmessungen. Diese können mit der neu zugelassen Auswertungssoftware (auch für Messungen der Vergangenheit) ausgelesen werden und stehen der sachverständigen Überprüfung zur Verfügung (vgl. Löhle, DAR 2013, S. 597ff.). Aus diesen Gründen ist die konkrete Messung anhand gespeicherter Einzelmessdaten jederzeit gutachterlich überprüfbar. Von einer "Blackbox" (AG Herford, Urteil vom 24.01.2013, 11 OWi 982/12, zitiert nach [...], dort Rz 19) kann wegen des Zusammenspiels der Messsoftwareversion 3.2.4 und der Auswertungssoftwareversion Tuff.Viewer 3.45.1 keine Rede sein. Es ist auch nicht zu verlangen, die genaue Funktion des Messverfahrens mit der Offenlegung aller Algorithmen zu erforschen. Dies ist nicht Voraussetzung für eine gutachterliche Überprüfung und würde die Anforderungen an die tatrichterliche Nachprüfung überspannen. Entscheidend ist, dass das Messsystem regelmäßig korrekte Geschwindigkeitswerte ermittelt. Unerheblich ist aufgrund welcher Rechenvorgänge dies stattfindet. Diese werden bei anderen Messverfahren ebenfalls nicht in allen Einzelheiten offen gelegt. 2. Durch die Möglichkeit, die Zusatzdaten aus der Messdatei auszulesen, sind verbleibende Kritikpunkte ausgeräumt, wonach des Messsystem Poliscan HP F1 nicht immer die korrekte Zuordnung der Messung zu dem fotografierten Fahrzeug garantieren könne (Winninghoff/Hahn/Wietschorke, DAR 2010, S. 106ff.; Löhle, DAR 2011, S. 48ff. zu Softwareversionen1.5.3 und 1.5.2, wenn mehrere Fahrzeuge auf dem Foto sichtbar sind; Löhle, DAR 2011, S. 758 zur Version 1.5.5, AG Berlin-Tiergarten, Urteil vom 13.06.2013, 318 Owi 86/13, zitiert nach [...], Rz 41, 42; AG Aachen, a.a.O. Rz 14, zur Softwareversion 1.5.5; AG Herford, Urteil vom 24.01.2013, 11 OWi 982/12, zitiert nach [...], dort Rz 27, zur Softwareversion 1.5.5). Auch bisher konnte, wie der Sachverständige nachvollziehbar erläutert hat, ein in der Regel theoretisches Zuordnungsproblem nur dadurch entstehen, dass ein Fahrzeug auf dem rechten Fahrstreifen (bei Montage der Mess- und Kameraeinheit am rechten Straßenrand) ein Fahrzeug auf dem linken Fahrstreifen verdeckt, das zuvor die Messung ausgelöst hat. Möglich ist dies deshalb, weil die exakte Messstrecke des Lasergeräts im Erfassungsbereich (10-75 Meter vor dem Messgerät) nicht von vornherein bestimmt ist. Diese kann von Messung zu Messung variieren, weil die Laserstrahlen das sich bewegende Objekt über eine gewisse Wegstrecke mit verfolgen, wobei die Messstrecke immer im Bereich 20-50 Meter von dem Messkopf entfernt liegt. Der Ort, an dem das Foto geschossen wird, ist aber immer der Gleiche. In manchen Fällen kann die Messung noch vor Erreichen dieses Fotopunktes abgeschlossen sein, so dass das Fahrzeug hiernach (bei einer Fotoauslöseverzögerung von 0,01 bis 0,04 Sekunden) bis zu 15 Meter - von der Messung unbeobachtet - weiter fährt und erst dann fotografiert wird. Diese sogenannte Extrapolationsstrecke lässt es theoretisch zu, dass das gemessene Fahrzeug auf dem Bild nicht mehr erkennbar ist. Ein Versuch soll sogar ergeben haben, dass das Fahrzeug vollständig aus dem Bildbereich verschwunden ist, nachdem es auf der rechten Fahrspur die Messung ausgelöst hat. Fotografiert worden sein soll dann ein stehendes Fahrzeug auf der linken Spur, dem dann eine Geschwindigkeit von knapp 30 km/h zugeordnet wurde (vgl. Winninghoff/Hahn/Wietschorke, a.a.O. Seite 108). Allerdings ist schon bisher ein die Verhängung eines Bußgeldes für diese sicherlich äußerst seltene Konstellation durch das Auswertungsverfahren für den normalen Verkehrsbetrieb regelmäßig ausgeschlossen. Der Sachverständige K. hat nachvollziehbar erläutert, dass sich regelmäßig eine unplausible Position des Auswerterahmens ergeben würde, so dass eine Zuordnung an das falsche Fahrzeug nicht vorgenommen werden könnte. Der in der Literatur dargestellte Extremfall dürfte sich im Messbetrieb - insbesondere bei höheren Geschwindigkeiten nicht wiederholen (Stellungnahme der PTB, a.a.O., Ziff. 4c). Mit der durch Zulassung der neuen Version der Auswertesoftware entstandenen Möglichkeit, die Zusatzdaten der Messdatei auszuwerten, gibt es allerdings keinen Anlass mehr zu diesbezüglichen Restzweifeln. Anhand der Zusatzdaten kann die genaue Position des gemessenen Fahrzeugs während der Messung bestimmt werden. Ein Fahrbahntausch beider Fahrzeuge innerhalb einer Extrapolationsstrecke von bis zu 15 Metern ist ausgeschlossen. 3. Der Verwertung einer Messung durch das Fabrikat Poliscan HP F1 steht auch nicht entgegen, dass die Anlage nicht der PTB-Anforderung 18.11 Abschnitt 3.5.4 entspricht (so aber AG Tiergarten, a.a.O. Rz 34, 35). Dies sieht zwar grundsätzlich vor, dass das Registrierbild die Zone der Messwertentstehung abbilden muss. Wie der Sachverständige in seinem schriftlichen Gutachten nachvollziehbar erläutert hat, ist dies bei diesem Messsystem nicht garantiert, weil es zu einer Extrapolationsstrecke - auf der rechten Spur bis zu 15 Metern - kommen kann. Dies ist dem Messsystem immanent. Allerdings legen die PTB Anforderungen PTB A-18.11 "Messgeräte im Straßenverkehr" fest, dass die Bauart eines Geschwindigkeitsüberwachungsgerätes, die von diesen Anforderungen abweicht, zugelassen wird, "wenn die gleiche Messsicherheit auf andere Weise gewährleistet ist." Dementsprechend hat die Bauartzulassung des Gerätes festgelegt: "Von der Anforderung der ... PTB-A 18.11, dass das Registrierbild die Zone der Messwertentstehung abbilden muss, kann hier abgewichen werden, da auf andere Weise (Detektion der Fahrzeuge im Messbereich, siehe Abschnitt 2.3.2) eine zweifelsfreie Zuordnung eines Messwertes zu einem dokumentierten Fahrzeug sichergestellt ist."(zitiert jeweils nach Stellungnahme der PTB, a.a.O., Ziff. 4b). 4. Die Bedienung des Messgerätes und die Auswertung der Messung im konkreten Fall entsprechen den Anforderungen der Zulassung. Das Gericht hat sich durch Inaugenscheinnahme im Hauptverhandlungstermin vom 06.09.2013 selbst von den örtlichen Verhältnissen überzeugt. Der Sachverständige hat die örtlichen Gegebenheiten vermessen und in seinem schriftlichen Gutachten nachvollziehbar wieder gegeben. Der besonders geschulte Zeuge Baumann, Leiter des Verkehrsüberwachungsdienstes des Kreises Pinneberg, hat glaubhaft ausgesagt, dass er die Inbetriebnahme des Messgeräts unter der Anleitung des fachkundigen Mitarbeiters der Herstellerfirma entsprechend der Betriebsanleitung vorgenommen hat. Insbesondere hat er das ordnungsgemäß verkabelte Kamera-Laserelement in die Säule eingestellt und die erforderlichen Selbsttest initiiert, die sämtlich positiv verlaufen waren Am 24.09.2012 hat der Zeuge, wie er ebenfalls glaubhaft bekundet hat, den für diesen Zweck vorgesehen Laptop mit der Kameraeinheit verbunden und die Daten auf den Laptop übertragen. Die Eichplaketten waren unbeschädigt und sind bis zu einer erneuten Eichung des Geräts im März 2013 auch unbeschädigt geblieben. Ausweislich des im Hauptverhandlungstermin vom 02.09.2013 verlesenen Eichscheins war die Eichung erst am 09.08.2012 durchgeführt worden und noch bis Ende 2013 gültig. Anhaltspunkte dafür, dass die Messung in irgendeiner Form fehlerhaft war, sind nicht ersichtlich. Der Sachverständige K. hat in seinem schriftlichen Gutachten, das im Hauptverhandlungstermin vom 29.10.2013 verlesen wurde, nach Durchsicht der gesamten Messreihe des Tages (592 Messungen) ebenfalls keine Anhaltspunkte dafür gefunden, dass Messfehler vorlägen. Die Messreihe vom 20.09.2013 weist keine Messfotos auf, die einen Hinweis auf einen fehlerhaften Messbetrieb, eine Kameraverzugszeit von mehr als 0,04 Sekunden oder eine fehlerhafte Messwertzuordnung liefern. Das Beweisfoto (Nr. 536) selbst erfüllt sämtliche Auswertebedingungen. Der Auswerterahmen hat - wie der Sachverständige nachvollziehbar berechnet hat - eine Höhe von 1,00 Meter, eine Breite von 161,60, was jeweils der Norm entspricht. Er schließt das Kennzeichen und beide Vorderräder mit ein. Die Unterseite befindet sich unterhalb der Radaufstandsebene, wie dies in der Betriebsanleitung des Messgerätes vorgesehen ist. Der Sachverständige hat auch nachvollziehbar erläutert, dass der Toleranzabzug mit 3 km/h aus technischer Hinsicht ausreichend ist. Die gemessene Geschwindigkeit von 98 km/h ist auch durch die Plausibilitätsprüfung anhand der Zusatzdaten im Wesentlichen bestätigt worden. Danach hat das Fahrzeug der Betroffenen innerhalb von 1,09 Sekunden einen Weg von 29,45 Metern zurückgelegt, was einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 97,3 km/h entspricht. Die geringfügige Abweichung befindet sich innerhalb des Toleranzbereiches und steht der Vorwerfbarkeit einer Geschwindigkeit von 95 km/h nicht entgegen. Weiter ist der Betroffenen die Messung auch zweifelsfrei zuzuordnen. Anhand der Zusatzdaten hat der Sachverständige bereits in seinem mündlichen Gutachten im Hauptverhandlungstermin vom 27.09.2013 nachvollziehbar festgestellt, dass ihr Fahrzeug noch vor Beendigung der Messung fotografiert wurde. Eine Extrapolationsstrecke gab es also nicht. IV. Die Betroffene hat damit durch das Überschreiten der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 45 km/h eine Ordnungswidrigkeit nach den §§ 24, 25 StVG, 3 Abs. 3, 49 Abs. 1 Nr. 3 StVO, Ziff. 11.3.7 BKat begangen. Zugunsten der Betroffenen war dabei davon auszugehen, dass eine vorsätzliche Begehungsweise nicht gegeben war. V. Unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Schwere des Verstoßes waren vorliegend zur Ahndung dieser Ordnungswidrigkeit die Verhängung einer Geldbuße von 150,- EUR und die Anordnung eines Fahrverbots von 1 Monat Dauer erforderlich und angemessen. Die Verhängung des Fahrverbotes steht bereits grundsätzlich in Einklang mit § 4 Abs. 1 BKatV und Ziff. 11.3.7 der Tabelle 1 c) zu Nr.11 des BKat. Von dieser regelmäßigen Ahndung war hier auch nicht abzusehen. Von der Anordnung eines Fahrverbotes als verwaltungsrechtliche Pflichtenmahnung konnte daher nicht, auch nicht unter gleichzeitiger Anhebung der Geldbuße abgesehen werden; insbesondere führt die Anordnung des Fahrverbotes für die Betroffene nicht zu unangemessenen Härten. Anhaltspunkte dafür, dass die Betroffene in irgendeiner Form durch die Verhängung des Fahrverbotes in ihrer wirtschaftlichen Existenz gefährdet wäre, sind nicht ersichtlich und auch durch die Betroffene selbst nicht angeführt worden. Die Annahme eines drohenden Verlusts der wirtschaftlichen Existenzgrundlage in Folge eines Fahrverbots ist erst gerechtfertigt, wenn die Kündigung des Arbeitsverhältnisses als sichere Folge eines Fahrverbots festgestellt wird. (OLG Hamm, Beschluss vom 15. August 2006 - 3 Ss OWi 269/06 -, [...]). Auch ist grundsätzlich nicht davon auszugehen, dass die Verhängung eines einmonatigen Fahrverbotes, ohne dass weitere Umstände hinzuträten, bereits den Verlust des Arbeitsplatzes mit sich brächte, weil heutzutage eine entsprechende Mobilität verlangt werde (so anscheinend ohne tatsächliche Basis AG Aachen, a.a.O., Rz 12). Auch ist die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zum sogenannten "Augenblicksversagen" nicht einschlägig. Danach ist Anordnung eines Fahrverbots gemäß § 25 Abs. 1 S. 1 StVG wegen grober Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers auch bei einer die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BKatV erfüllenden Geschwindigkeitsüberschreitung nicht in Betracht, wenn die Ordnungswidrigkeit darauf beruht, dass der Betroffene infolge einfacher Fahrlässigkeit ein die Geschwindigkeit begrenzendes Verkehrszeichen übersehen hat, und keine weiteren Anhaltspunkte vorliegen, aufgrund derer sich die Geschwindigkeitsbeschränkung aufdrängen musste. (BGH, Beschluss vom 11. September 1997 - 4 StR 638/96 -, BGHSt 43, 241-252, zitiert nach [...]). Die Betroffene ist in Schenefeld wohnhaft und damit ortskundig. Sie fuhr in einer geschlossenen Ortschaft. Unmittelbar vor Passieren der Messstelle befindet sich zur rechten der Fahrbahn ein großes Einkaufszentrum, zur linken eine Wohnsiedlung. Zwar sind die beiden Fahrbahnen bereits durch eine Leitplanke getrennt. Dies ist im Großraum Hamburg innerorts nicht unüblich. Der Umstand allein, dass nach dem Ortsausgangschild eine Schnellstraße beginnt, gibt weder für Ortskundige noch Ortsfremde einen Anhaltspunkt, dass zuvor bereits die generelle Geschwindigkeitsbegrenzung von 50 km/h gemäß § 3 Abs. 3 StVO nicht mehr gelten sollte. Insofern hat die Betroffene nicht nur einfach fahrlässig ein Verkehrsschild übersehen, sondern sie hat bestenfalls nicht beachtet, dass kein Verkehrsschild die Geschwindigkeitsbegrenzung aufgehoben hat. Allerdings konnte das Gericht von der als Regelgeldbuße von 200 zugunsten der Betroffenen abweichen, weil diese bereits unter der langen Verfahrensdauer zu leiden hatte. Grundsätzlich ist eine lange Verfahrensdauer immer als sanktionsmildernd zu berücksichtigen, weil die Betroffenen die psychischen Belastungen des Bußgeldverfahrens zu erdulden haben, dessen Ausgang ungewiss ist (vgl. BGH Beschluss vom 1992, 1 StR 131/92, zitiert nach [...], dort Rz 15, für das Strafverfahren). Die Verzögerung ist auch nicht erst durch die notwendigerweise umfangreiche Beweisaufnahme verursacht worden. Vielmehr war die Sache bereits am 22. April 2013 beim Amtsgericht eingegangen. Termin zur Hauptverhandlung, zu dem erstmals der Zeuge Baumann geladen wurde, war aber erst zum 02.09.2013 bestimmt worden, obwohl eine frühere Terminierung möglich gewesen wäre. VI. Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 46 OWiG, 465 StPO.
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