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Entscheidungen

Haftfragen

Beschleunigungsgrundsatz, Personalausstattung, Justiz

Gericht / Entscheidungsdatum: KG, Beschl. v. 29.07.2013 – 4 Ws 92/13

Leitsatz: 1. Die Beurteilung des dringenden Tatverdachts während laufender Hauptverhandlung durch das Tatgericht unterliegt im Haftbeschwerdeverfahren nur in eingeschränktem Umfang der Nachprüfung durch das Beschwerdegericht. Die Anforderungen an die Darlegungspflicht des erkennenden Gerichts dürfen hierbei nicht überspannt werden. Es ist kein Zwischenverfahren dergestalt durchzuführen, dass sich das Tatgericht zum Inhalt einzelner Beweiserhebungen erklären müsste; insbesondere besteht keine Verpflichtung des Tatgerichts, seine (vorläufige) Würdigung des gesamten Beweisergebnisses schon im Haftbeschwerdeverfahren in einer geschlossenen schriftlichen Darstellung – nach Art eines Urteils – darlegen zu müssen.
2. Bei der Prognoseentscheidung über das Vorliegen von Fluchtgefahr ist jede schematische Beurteilung anhand genereller Maßstäbe, insbesondere die Annahme, dass bei einer Straferwartung in bestimmter Höhe stets (oder nie) ein bedeutsamer Fluchtanreiz bestehe, unzulässig. Das Verhalten des Angeklagten im Verlauf einer Haftverschonung ist im Rahmen dieser Prognoseentscheidung zu berücksichtigen; die Frage eines Vertrauensschutzes für den Angeklagten ist dabei nicht maßgeblich.
3. Für die Beachtung des besonderen Beschleunigungsgebots in Haftsachen kommt es auf eine wie auch immer geartete Vorwerfbarkeit oder ein Verschulden der staatlichen Organe nicht an. Steht der bestmöglichen Verfahrenförderung die gegebene Ausstattung der Justiz mit personellen und sächlichen Mitteln entgegen, wirkt sich dies nicht zu Lasten des Angeklagten aus.


KAMMERGERICHT
Beschluss
Geschäftsnummer:
4 Ws 92/13
In der Strafsache gegen pp.
wegen gewerbs- und bandenmäßigen Betruges u.a.

hat der 4. Strafsenat des Kammergerichts in Berlin am 29. Juli 2013 beschlossen:

Die Beschwerde der Staatsanwaltschaft Berlin gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin vom 12. Juni 2013 wird verworfen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens fallen der Landeskasse Berlin zur Last.

Gründe:
Dem Angeklagten wird unter anderem gewerbs- und bandenmäßiger Betrug in 15 Fällen zur Last gelegt. Wegen der Einzelheiten der Tatvorwürfe nimmt der Senat auf die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Berlin vom 4. Dezember 2012 Bezug, wegen des Verfahrensgangs auf seine Beschlüsse vom 29. November 2012 – 4 Ws 112-113/12 – und vom 25. Januar 2013 – [4] 161 HEs 1/13 [1/13] –. Die Hauptverhandlung hat plangemäß am 8. März 2013 begonnen, ist bislang bis zum 25. Juli 2013 an insgesamt 19 Tagen durchgeführt worden und dauert weiterhin an.

Mit Beschluss vom 12. Juni 2013 hat die Strafkammer den Angeklagten vom weiteren Vollzug der am 18. Juli 2012 begonnenen Untersuchungshaft verschont, wobei sie unter zusammenfassender Darlegung des bis zum 13. Verhandlungstag am 4. Juni 2013 gewonnenen Beweisergebnisses angenommen hat, dass hinsichtlich der Fälle 1 bis 6, 9 bis 11 und 14 bis 16 der Anklageschrift kein dringender Tatverdacht mehr anzunehmen sei. Sie hat in Bezug auf die bewusste Einbindung des Angeklagten in das betrügerische Vertriebsmodell eine zeitliche Differenzierung dahin vorgenommen, dass dringende Gründe für die Annahme, der Angeklagte habe die tatbestandlichen Voraussetzungen der Anklagevorwürfe (auch) in subjektiver Sicht erfüllt, bei vorläufiger Würdigung des Beweisergebnisses nur für die zeitlich letzten vier Fälle der Anklage zu bejahen seien. Das Landgericht hat dem Angeklagten auferlegt, seinen Reisepass und Personalausweis zu den Akten zu geben und sich dreimal wöchentlich bei der für seinen künftigen Wohnsitz zuständigen Polizeidienststelle zu melden.

Die Staatsanwaltschaft hatte vor der Kammerentscheidung in ihrer Stellungnahme vom 5. Juni 2013 zu dem Haftbefehlsaufhebungsantrag der Verteidigung vom 4. Juni 2013 die Ansicht vertreten, der Angeklagte sei nach wie vor im Sinne der gesamten Anklagevorwürfe dringend tatverdächtig und habe selbst bei Wegfall der bandenmäßigen Begehungsweise eine Gesamtfreiheitsstrafe zu erwarten, die weit über „der Fünf-Jahres-Grenze“ liege. Die bisherige Terminierung sei nicht zu beanstanden, sodass die weitere Untersuchungshaft auch nicht unverhältnismäßig sei. Gegen den Beschluss des Landgerichts vom 12. Juni 2013 hat die Staatsanwaltschaft mit Verfügung vom selben Tage Beschwerde eingelegt. Ihren zugleich gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des Haftverschonungsbeschlusses gemäß § 307 Abs. 2 StPO hat das Landgericht abgelehnt. Der Angeklagte ist am 12. Juni 2013 nach Abgabe seiner Personalpapiere entlassen worden. Er hat unter der im Rubrum genannten Anschrift neuen Wohnsitz genommen und kommt seither der ihm erteilten Meldeauflage nach. Zu den seit der Haftverschonung absolvierten Hauptverhandlungsterminen am 24., 25. und 28. Juni sowie 22., 23. und 25. Juli 2013 ist er erschienen.

Die Staatsanwaltschaft macht mit ihrer am 3. Juli 2013 beim Landgericht eingegangenen Beschwerdebegründung im Wesentlichen geltend, die Beurteilung des dringenden Tatverdachts durch das Landgericht sei unzutreffend; der Beschluss der Kammer sei zur Beweissituation „lückenhaft und teilweise in sich unschlüssig“. Hinsichtlich welcher Anklagevorwürfe die Anklagebehörde in welcher Weise eine abweichende Bewertung des bisherigen Ergebnisses der Beweisaufnahme vornehmen will, wird indessen nicht ganz deutlich. Wiederholt hat die Staatsanwaltschaft in ihrer Beschwerdebegründung angenommen, dringender Tatverdacht sei „entgegen der Auffassung des Landgerichts“ auch in Bezug auf die Fälle 1 bis 6, 8, 9, 11 bis 16 der Anklageschrift gegeben, wozu festzustellen wäre, dass die Ansicht des Landgerichts bezüglich der Fälle 12 und 13 gar nicht abweicht. Zudem heißt es in der Beschwerdebegründung ohne Differenzierung und Klarstellung, es sei „eine dringende Verdachtslage“ dafür gegeben, dass der Angeklagte auch in jenen Fällen Täter oder Teilnehmer (Hervorhebung durch den Senat) „von banden- und gewerbsmäßigen Betrugstaten durch den Verurteilten Klug und seine(r) Mitarbeiter ist.“ An anderer Stelle der Beschwerdebegründung hat die Staatsanwaltschaft demgegenüber zugrunde gelegt, die Kammer habe in den Fällen 1 bis 6, 9 bis 11 sowie 14 bis 16 der Anklageschrift den Haftbefehl des Amtsgerichts Tiergarten aufgehoben. Letzteres ist, ohne dass es darauf im Ergebnis ankäme, zwar hinsichtlich der in Rede stehenden Fälle, im Übrigen aber nicht richtig. Denn die Kammer hat in den genannten Fällen zwar das Bestehen des dringenden Tatverdachts verneint; eine Aufhebung des Haftbefehls kam in den Fällen 15 und 16 der Anklage aber nicht in Betracht und ist demgemäß nicht erfolgt, weil sich der Haftbefehl auf diese Fälle gar nicht bezog. Sollten sich die Ausführungen der Staatsanwaltschaft indessen – entgegen dem Wortlaut ihrer Stellungnahme – auf die Fälle 15 und 16 des Haftbefehls beziehen, träfen sie ebenfalls nicht zu, da diese beiden Fälle (als Fälle 12 und 13 der Anklage) von der Verneinung des dringenden Tatverdachts und Aufhebung des Haftbefehls gerade nicht betroffen sind. Ungeachtet dieser Unklarheiten hat die Staatsanwaltschaft an anderer Stelle ihrer Beschwerdebegründung nunmehr ausdrücklich erklärt, ihrerseits sei hinsichtlich der Fälle 7 und 10 kein dringender Tatverdacht mehr anzunehmen (Bl. 121 Bd. 30). Der Senat kann diese Auffassung nicht überprüfen, weil sie ohne Begründung geblieben ist. Festzustellen ist hierzu, dass das Landgericht im Fall 7 der Anklage den dringenden Tatverdacht weiterhin bejaht und dies begründet hat.

Die Strafkammer hat der Beschwerde am 4. Juli 2013 mit ausführlicher Begründung nicht abgeholfen.

Das zulässige Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft, das dem Senat am 17. Juli 2013 zugeleitet worden ist, hat – auch in Anbetracht der vom Senat eingeholten ergänzenden Ausführungen des Landgerichts zum Verfahrensgang und des Vortrags des Angeklagten betreffend die Aufnahme einer Arbeit zum 17. Juni 2013, wozu sich die Generalstaatsanwaltschaft Berlin mit Verfügung vom 26. Juli 2013 erklärt hat, – in der Sache keinen Erfolg.

1. Soweit die Beschwerdeführerin vom Senat verlangt, unter Zugrundelegung ihrer Wahrnehmung und Darstellung sowie Bewertung des bis zum 4. Juni 2013 gewonnenen Beweisergebnisses, insbesondere auch ihrer (begründungslosen) Verneinung dringenden Tatverdachts in den Fällen 7 und 10, den Haftbefehl des Amtsgerichts Tiergarten aufzuheben und einen neuen Haftbefehl betreffend die Fälle 1 bis 6, 8, 9 sowie 11 bis 16 der Anklageschrift zu erlassen, kommt diese Entscheidung im gegenwärtigen Verfahrensstadium bei der vorliegenden Sachlage nicht in Betracht.

Die Beurteilung des dringenden Tatverdachts während einer laufenden Hauptverhandlung durch das Tatgericht unterliegt im Haftbeschwerdeverfahren nur in eingeschränktem Umfang der Nachprüfung durch das Beschwerdegericht. Allein das Gericht, vor dem die Beweisaufnahme stattfindet, ist in der Lage, deren Ergebnisse aus eigener Anschauung festzustellen und zu würdigen sowie auf dieser Grundlage zu bewerten, ob der dringende Tatverdacht nach dem erreichten Verfahrensstand noch fortbesteht oder dies nicht der Fall ist. Dessen vorläufige Bewertung des bisherigen Ergebnisses der Beweisaufnahme kann vom Beschwerdegericht nicht auf ihre Richtigkeit überprüft werden, weil es an der Hauptverhandlung nicht teilgenommen hat (vgl. ausführlich Senat, Beschlüsse vom 5. Oktober 2009 – 4 Ws 73/09 – und 8. Februar 2011 – 4 Ws 10/11 –, jeweils m.w.N.). Ein Fall, in dem das Beschwerdegericht in die Beurteilung des dringenden Tatverdachts durch das Tatgericht eingreifen und diese durch eine abweichende eigene Entscheidung ersetzen könnte, weil der Inhalt der angefochtenen Haftentscheidung offensichtlich fehlerhaft ist, da die Erwägungen in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht nicht vertretbar sind, liegt nicht vor. Der Senat hat die Entscheidung der Kammer, die deren Vorläufigkeit zudem wiederholt betont hat, deshalb hinzunehmen.

Die Staatsanwaltschaft legt ihrem Rechtsmittel lediglich die eigene, abweichende Bewertung des Ergebnisses der Beweisaufnahme zugrunde, was der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen kann. Soweit sie bemängelt, die angegriffene Entscheidung sei unzureichend begründet, ist daran zu erinnern, dass die Anforderungen an die Darlegungspflicht des erkennenden Gerichts im Rahmen von Haftentscheidungen nicht überspannt werden dürfen. Bei einer Verfahrenslage wie vorliegend ist kein Zwischenverfahren dergestalt durchzuführen, dass sich das Tatgericht zum Inhalt einzelner Beweiserhebungen erklären müsste; Insbesondere besteht keine Verpflichtung des Tatgerichts, seine (vorläufige) Würdigung des gesamten Beweisergebnisses schon im Haftbeschwerdeverfahren in einer geschlossenen schriftlichen Darstellung – nach Art eines Urteils – darlegen zu müssen (vgl. Senat aaO). Die Staatsanwaltschaft Berlin hat in vergleichbaren Beschwerdeverfahren, in denen – wie häufig – Angeklagte von der Einschränkung der Überprüfbarkeit gerichtlicher Haftentscheidungen betroffen waren, soweit ersichtlich noch keine andere Rechtsauffassung vertreten (vgl. zu diesem Gesichtspunkt auch OLG Frankfurt am Main StV 1995, 593, 594).

Die Tatsache, dass die Hauptverhandlung seit der Entscheidung des Landgerichts bereits an weiteren sechs Verhandlungstagen stattgefunden und sich dabei auch auf neue, dem Senat nicht bekannte Beweismittel bezogen hat, tritt noch hinzu.

2. Die Entscheidung der Strafkammer, den Angeklagten vom weiteren Vollzug der Untersuchungshaft zu verschonen, ist im Übrigen auch unter Zugrundelegung der Auffassung der Staatsanwaltschaft betreffend den dringenden Tatverdacht im Ergebnis nicht zu beanstanden.

a) Soweit die Beschwerdeführerin auf eine „Fünf-Jahres-Grenze“ hingewiesen hat, hat sie nicht erläutert, welche Vorstellungen und Rechtsfolgen sie mit einer solchen, dem Gesetz und der Rechtsprechung (vgl. etwa Senat StV 2012, 350 m.w.N. = StRR 2012, 155 mit zust. Anm. Burhoff; dieser Rechtsprechung folgend u.a. KG, Beschlüsse vom 2. Dezember 2011 – 2 Ws 550/11 –, 27. Dezember 2011 – 2 Ws 586/11 – und 10. August 2012 – 2 Ws 367/12 –) nicht zu entnehmenden „Grenze“ verbindet. Bei der Prognoseentscheidung über das Vorliegen des Haftgrundes der Fluchtgefahr ist vielmehr jede schematische Beurteilung anhand genereller Maßstäbe, insbesondere die Annahme, dass bei einer Straferwartung in bestimmter Höhe stets (oder nie) ein bedeutsamer Fluchtanreiz bestehe, unzulässig (vgl. Senat aaO).

Der Senat teilt die Auffassung des Landgerichts, dass die angeordneten milderen Maßnahmen nach § 116 Abs. 1 StPO ausreichend sind, die weiterhin bestehende Fluchtgefahr hinreichend herabzusetzen. Der bisherige Verlauf der Haftverschonung hat die Einschätzung des Landgerichts bestätigt. Der Angeklagte hat die ihm erteilten Auflagen erfüllt und an der Hauptverhandlung auch in Kenntnis der Tatsache weiterhin teilgenommen, dass die Staatsanwaltschaft die landgerichtliche Entscheidung mit dem Ziel seiner erneuten Inhaftierung angegriffen hat und die Verurteilung zu einer hohen Gesamtfreiheitsstrafe anstrebt. Dieses Verhalten ist im Rahmen der Prognoseentscheidung, die bei der Beurteilung der Fluchtgefahr und Eignung milderer Maßnahmen zu treffen ist, zu berücksichtigen (vgl. Senat, Beschluss vom 2. Februar 2012 – 4 Ws 10/12 –; KG, Beschluss vom 20. Oktober 2006 – 3 Ws 507/06 –), ohne dass insoweit die Frage eines Vertrauensschutzes für den Angeklagten maßgeblich wäre (so aber KG, Beschluss vom 16. November 2011 – 3 Ws 577/11 –).

b) Darüber hinaus ist die Haftverschonung mittlerweile auch aus Gründen der Verhältnismäßigkeit veranlasst. Die Hauptverhandlung ist unter Berücksichtigung der von Verfassungs wegen zu beachtenden Anforderungen (vgl. nur BVerfG StV 2008, 198) – bei objektiver Betrachtung, bei der es auf eine wie auch immer geartete Vorwerfbarkeit oder ein Verschulden nicht ankommt, sondern allein zu prüfen ist, ob eine Verfahrensverzögerung der Sphäre des Staates zuzurechnen ist oder nicht (vgl. BVerfG NJW 2006, 672, 673 f.; StV 2006, 703, 704, 705) – nicht in der gebotenen konzentrierten Form durchgeführt worden.

Anfangs war dies allerdings noch der Fall. Der Senat hat die Fortdauer der Untersuchungshaft im Januar 2013 (auch) mit Blick darauf angeordnet, dass sich gegen die vorgesehene Gestaltung der Hauptverhandlung (zehn Hauptverhandlungstage in der Zeit vom 8. März bis 19. April 2013) keine Bedenken ergaben. In der Zeit danach kam es jedoch innerhalb eines Zeitraums von 13 Wochen zu lediglich sechs Verhandlungstagen, von denen einer nur eine knappe halbe Stunde und zwei weitere nur zwei Stunden bzw. wenig mehr als zwei Stunden dauerten und damit die Anforderungen an die gewöhnliche Verhandlungsdauer (vgl. dazu etwa BVerfG StraFo 2013, 160 m.w.N.) verfehlten.

Zwar war in den Monaten Mai und Juni ein Teil der Verhandlungspausen durch die Erkrankung eines Gerichtsmitglieds veranlasst und müssen auch Berufsrichter (wie auch weitere notwendige Verfahrensbeteiligte) nicht auf ihren Erholungsurlaub, der hier im Juli zu einer Verhandlungspause von drei Wochen geführt hat, verzichten. Überdies ist das Bestreben der Strafkammer erkennbar und anzuerkennen, ungeachtet ihrer Belastung mit weiteren Verfahren und der überraschenden Konfrontation mit neuen Beweismitteln durch die Staatsanwaltschaft die Hauptverhandlung in möglichst konzentrierten Form fortzusetzen, wobei allerdings in der bereits geplanten Zeit bis zum 19. September 2013 eine Hauptverhandlungsdichte von durchschnittlich mehr als einem ganztägigen Termin in der Woche nur knapp erreicht werden und somit ein Ausgleich für bereits eingetretene Verzögerungen nicht möglich sein wird. Soweit es die Belastung des Gerichts mit anderen umfangreichen Verfahren angeht, die einer bestmöglichen Verfahrenförderung im Sinne der Rechtsprechung des BVerfG entgegenstand und -steht, wirkt sich dieser Gesichtspunkt, der Folge der gegebenen Ausstattung der Justiz mit personellen und sächlichen Mitteln ist, aber nicht zu Lasten des Angeklagten aus (vgl. nur BVerfG NJW 2006, 668, 671 m.w.N.). Hinzu kommt, dass in Fällen schon länger andauernder Untersuchungshaft die Anforderungen an die Verfahrensförderung im Regelfall besonders hoch sind; hier können schon kleinere Verzögerungen die Annahme eines Verstoßes gegen das Verhältnismäßigkeitsprinzip, das hinsichtlich seiner begrenzenden Wirkung auf die Dauer der Untersuchungshaft zugleich im Zusammenhang mit dem Beschleunigungsgebot steht (vgl. BVerfG NJW 2006, 1336, 1337), begründen (vgl. hierzu BVerfG NJW 2006, 677, 679; StV 2006, 703, 704). In derartigen Fällen ist die Fortdauer der Untersuchungshaft bei Verzögerungen, die der staatlich verfassten Gemeinschaft zuzurechnen sind, jedenfalls für Angeklagte, die nicht ihrerseits durch unangemessenes Prozessverhalten vermeidbare Verzögerungen verursachen, nicht mehr vertretbar.

Diesen Aspekten hat das Landgericht mit seiner Entscheidung im Ergebnis Rechnung getragen.

3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens fallen der Landeskasse zur Last, da sonst niemand dafür haftet.

Einsender: RiKG Klaus-Peter Hanschke, Berlin

Anmerkung:


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