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Gericht / Entscheidungsdatum: LG Stuttgart, Beschl. v. 31.07.2012 - 14 Qs 8/12
Leitsatz: 1. Es ist unter Kostengesichtspunkten nicht ins freie Ermessen des Verteidigers gestellt, wie oft er seinen Mandanten in der Justizvollzugsanstalt aufsucht. Insoweit gilt der Grundsatz, dass der Verteidiger die Ausgaben für seine Tätigkeit möglichst niedrig halten muss. 2. Auch wenn dem Verteidiger die Streckenwahl für Fahrten zum in der Justizvollzugsanstalt inhaftierten Mandanten grundsätzlich freisteht, kommt auch insoweit der Grundsatz zum Tragen, dass der Verteidiger die Ausgaben für seine Tätigkeit möglichst niedrig halten muss 3. Zur Erstattungsfähigkeit der vollständigen Kopie der Gerichtsakte
Geschäftsnummer: 14 Qs 8/12 Landgericht Stuttgart 14. Große Strafkammer Beschluss vom 31. Juli 2012 Beschwerdesache des wegen Verstoß gegen das BtmG Auf die Beschwerde des Angeklagten gegen den Beschluss des Amtsgerichts Kirch- heim/Teck vom 12.03.2012 wird dieser insoweit aufgehoben, als über die bisher festgesetzten 1223,30 EUR hinaus ein weiterer Betrag in Höhe von 79,20 EUR (zzgl. MWSt.) festgesetzt wird. Im Üb-rigen wird die Beschwerde verworfen.
Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei. Auslagen werden nicht erstattet.
Gründe:
I. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen den Beschluss des Amtsgerichts Kirchheim/Teck vom 12.03.2012. Abweichend vom Antrag des Beschwerdeführers, der eine - 2 - Pflichtverteidigervergütung in Höhe von 1671,34 beantragt hatte, wurde darin eine Vergütung von nur 1223,30 EUR festgesetzt. Das Amtsgericht setzte nur fünf von acht Fahrten zu Besprechungsterminen in den Justizvoll-zugsanstalten Schwäbisch Hall und Tübingen als erstattungsfähig an. Weiter nahm es an, für die Fahrten zwischen dem Kanzleisitz in Fellbach und der JVA Schwäbisch Hall könnten nur 60 km anstatt 104 km in Ansatz gebracht werden. Hinsichtlich der Kopierkosten wurden nur 566 statt 724 Seiten anerkannt. Die hiergegen gerichtete Erinnerung wurde mit Beschluss des Amtsgerichts vom 12.03.2012 zurückgewiesen.
II. Die zulässige Beschwerde ist nur zum Teil begründet.
1. Nur die Kosten von fünf Besprechungsterminen sind erstattungsfähig. Weitere Termine er-scheinen zur sachgemäßen Durchführung der Angelegenheit nicht erforderlich (§ 46 Abs. 1 RVG).
Zutreffend weist das Amtsgericht auf den überschaubaren Zeitraum der Pflichtverteidigung (20.07.2011 29.11.2011), die Ansetzung von nur einem Verhandlungstag und die zumindest teilgeständige Einlassung des Angeklagten hin. Die Zahl von acht Besprechungsterminen steht hierzu in einem auffällig hohen Verhältnis. Dies begründet einen Anscheinsbeweis gegen die Erforderlichkeit und verlagert die Darlegungslast auf den Verteidiger (vgl. dazu OLG Zweibrü-cken, Beschl.v.04.06.2012 1 Ws 71/12). Diesem ist es unter Kostengesichtspunkten nicht ins freie Ermessen gestellt, wie oft er seinen Mandanten aufsucht. Insoweit gilt weiter der Grund-satz, dass der Verteidiger die Ausgaben für seine Tätigkeit möglichst niedrig halten muss. Dass er sich hierbei irren oder über das Ziel hinausschießen kann, liegt in der Natur der Sache (vgl. Gerold/Schmidt - Müller-Rabe, RVG, § 46 Rn. 81).
Konkrete Umstände, die in der vorliegenden Situation die Notwendigkeit von acht Bespre-chungsterminen begründen, legt die Beschwerde nicht dar. Eine allgemeingültige Regel, dass inhaftierten Personen, die eine Freiheitsstrafe zu gewärtigen haben, deren Vollstreckung mög-licherweise nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt werden kann, regelmäßiger Besuche bedürf-ten, existiert nicht. Eine solche Regel besagte im Übrigen auch nichts zur Häufigkeit solcher Besuche.
Die Mehrkosten, die für die Fahrten über die A 81 / A 6 entstanden sind, sind regelmäßig nicht erstattungsfähig. Die Strecke ist grundsätzlich nicht als verkehrsüblich und maßvoll anzusehen (vgl. Hartmann, Kostengesetze, RVG VV 7003-7006, Rn. 19). Sie bedeutet nicht nur einen er-heblichen Umweg von 44 km sondern ist ausweislich gängiger Routenplaner auch von vornhe-rein mit einem Zeitverlust von rund 20 Minuten verbunden. Wenngleich dem Verteidiger die Streckenwahl grundsätzlich freisteht, kommt auch insoweit der Grundsatz zum Tragen, dass dieser die Ausgaben für seine Tätigkeit möglichst niedrig halten muss.
Abweichendes gilt hinsichtlich der Fahrten am 01.08., 18.08. und 07.09. Insoweit sind insge-samt 79,20 EUR (zzgl. USt.) zusätzlich anzusetzen. Im Zeitraum 01.08.2011 bis 10.09.2011 erscheint die gewählte Route noch als verkehrsüblich und maßvoll, da die Teil- und Vollsper-rungen der B 14 gerichtsbekannt zu massiven Verkehrsbeeinträchtigungen führten. Der Umweg über die Autobahn versprach daher ausnahmsweise ein schnelleres und besser planbares Vo-rankommen.
3. Weitergehende Kopierkosten sind nicht erstattungsfähig.
Das Kopieren der gesamten Gerichtsakte, ohne zu berücksichtigen, welche Teile nach dem Ko-pieren der Ermittlungsakte überhaupt noch zur weiteren sachgemäßen Verteidigung er-forderlich sind, war nicht notwendig. Eine Notwendigkeit hierzu ergab sich auch nicht aus der fehlenden Blattierung der Ermittlungsakte. Insoweit handelt es sich lediglich um eine Erleichte-rung, nicht aber um eine Notwendigkeit, wenn eine komplette Gerichtsaktenkopie zum Zweck des leichteren Auffindens von Aktenbestandteilen angefertigt wird (vgl. OLG Frankfurt, Beschl. v. 29.03.2012 - 2 Ws 49/12).
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