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Entscheidungen

StPO

Ablehnung, Besorgnis, Befangenheit, Abtrennung, Vorbefassung

Gericht / Entscheidungsdatum: LG Dresden, Beschl. v. 18.07.2013 - 5 KLs 109 Js 14491/11

Leitsatz: Zur verneinten Besorgnis der Befangenheit bei der Abtrennung eines Verfahren gegen einen Mitangeklagten aus einem gegen mehrere Angeklagte geführten Verfahren.


LG Dresden
Strafabteilung
Aktenzeichen: 5 KLs 109 Js 14491/11
BESCHLUSS
In dem Strafverfahren gegen pp.
wegen Betrugs
ergeht am 18.07.2013
durch das Landgericht Dresden - 15. Große Strafkammer -
nachfolgende Entscheidung:
Die Ablehnungsgesuche der Angeklagten pp. und pp. gegen den Vorsitzenden Richter am Landgericht S., Richterin am Landgericht H. und Richter am Landgericht B.s wegen Besorgnis der Befangenheit werden
zurückgewiesen.

Gründe
I.
Mit Beschluss vom 12.07.2013, auf den wegen der Einzelheiten verwiesen wird, trennte die 5. Strafkammer des Landgerichts Dresden in der Besetzung der nunmehr abgelehnten Richter das Verfahren gegen den vormals Mitangeklagten pp. ab.

Im Hinblick darauf lehnte der Angeklagte mit Schriftsatz seiner Verteidiger, Rechtsanwältin G. und Rechtsanwalt S., vom 17.07.2013, auf welchen wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, die erkennenden Berufsrichter der 5. Strafkammer wegen Besorgnis der Befangenheit ab.

Mit Schriftsatz seines Verteidigers, Rechtsanwalt H., vom 17.07.2013, auf welchen wegen der Einzelheiten verwiesen wird, schloss sich der Angeklagte pp. dem Befangenheitsgesuch des Angeklagten pp. an.

Schließlich lehnte auch der Angeklagte pp. Vorsitzenden Richter am Landgericht S., Richterin am Landgericht H. und Richter am Landgericht B. wegen Besorgnis der Befangenheit ab. We-gen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz seines Verteidigers, Rechtsanwalt B. vom 18.07.2013 verwiesen.

Die abgelehnten Richter haben zu den Ablehnungsgesuchen jeweils dienstliche Stellungnahmen abgegeben, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird und die den Verteidigern der Ablehnenden zur Kenntnis gebracht worden sind.

Die Staatsanwaltschaft Dresden hat am 18.07.2013 Stellung genommen. Auch die Stellung-nahme der Staatsanwaltschaft ist den Verteidigern der Ablehnenden zur Kenntnis gebracht worden.

Der Verteidiger des Angeklagten Rechtsanwalt B., hat mit Schriftsatz vom 18.07.2013 noch-mals dazu Stellung genommen.

II.
Die zulässigen, insbesondere rechtzeitig im Sinne des § 25 Abs. 2 StPO angebrachten Befan-genheitsgesuche der Angeklagten und waren als unbegründet zurück-zuweisen, da keine Gründe vorliegen, die geeignet wären, Misstrauen in die Unparteilichkeit der abgelehnten Rich-ter i.S.d. § 24 Abs. 2 StPO zu rechtfertigen.

1. Misstrauen in die Unparteilichkeit eines Richters i.S.d. § 24 Abs. 2 StPO ist dann gerechtfer-tigt, wenn der Ablehnende bei verständiger Würdigung des ihm bekannten Sachverhaltes Grund zu der Annahme hat, dass der oder die abgelehnten Richter ihm gegenüber eine innere Haltung einnehmen, die ihre Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit störend beeinflussen kann. Dabei kommt es zwar auf den Standpunkt des Ablehnenden an, nicht aber auf seinen (möglich-erweise einseitigen) subjektiven Eindruck. Maßgeblich sind vielmehr der Standpunkt eines ver-nünftigen Angeklagten und die Vorstellungen, die sich ein geistig gesunder, bei voller Vernunft befindlicher Prozessbeteiligter bei der ihm zumutbaren ruhigen Prüfung der Sachlage machen kann (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 55. Aufl., Rn. 8, zu § 24 m.w.N.).

2. An diesen Grundsätzen gemessen ist Misstrauen in die Unparteilichkeit und Unvoreinge-nommenheit der abgelehnten Richter nicht gerechtfertigt.

Die Befangenheitsanträge werden vorliegend inhaltlich in erster Linie darauf gestützt, dass sich die abgelehnten Richter durch die abschließende Entscheidung in einem abgetrennten Verfah-ren zwangsläufig eine Meinung über die Täterschaft der verbliebenen Angeklagten gebildet hät-ten.

Eine den Verfahrensgegenstand betreffende Vortätigkeit eines erkennenden Richters ist, soweit sie nicht den Tatbestand eines Ausschlussgrundes gemäß § 23 StPO erfüllt, nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes regelmäßig nicht geeignet, die Besorgnis der Befan-genheit des Richters i.S.v. § 24 Abs. 2 StPO zu begründen, wenn nicht besondere Um-stände hinzukommen, die diese Besorgnis rechtfertigen (vgl. BGH NStZ 2012, 519 m.w.N.). Das betrifft nicht nur die Vorbefassung mit Zwischenentscheidungen im selben Verfahren, insbesondere etwa die Mitwirkung am Eröffnungsbeschluss oder an Haftentscheidungen, sondern auch die Mitwirkung eines erkennenden Richters in Verfahren gegen andere Beteiligte derselben Tat. Nach diesen Kriterien grundsätzlich unbedenklich ist auch die Mitwirkung an einem Urteil über dieselbe Tat gegen einen anderen Beteiligten in einem abgetrennten Verfahren. Dies gilt auch dann, wenn Verfahren gegen einzelne Angeklagte zur Verfahrensbeschleunigung abgetrennt werden und in dem abgetrennten Verfahren ein Schuldspruch wegen einer Tat ergeht, zu der sich das Gericht im Ursprungsverfahren gegen den oder die früheren Angeklagten später ebenfalls noch eine Überzeugung zu bilden hat (vgl. BGH a.a.O., m.w.N.).

Anders verhält es sich lediglich beim Hinzutreten besonderer Umstände, die über die Tatsache bloßer Vorbefassung als solcher und die damit notwendig verbundenen inhaltlichen Äußerungen hinausgehen. Dies wird etwa angenommen, wenn Äußerungen in früheren Urteilen unnötige und sachlich unbegründete Werturteile über einen der jetzigen Angeklagten enthalten oder wenn ein Richter sich bei seiner Vorentscheidung in sonst unsachlicher Weise zum Nachteil des Angeklagten geäußert hat (BGH a.a.O., m.w.N.).

Besondere Umstände dieser Art sind hier weder vorgetragen noch ersichtlich.

Die im Rahmen der Ablehnungsgesuche vorgetragenen Gesichtspunkte stellen ebenfalls keine besonderen Umstände i.S.d. Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes dar, die die Besorgnis der Befangenheit der abgelehnten Richter zu rechtfertigen geeignet wären.

a) Die im Rahmen der Ablehnungsgesuche angesprochene Befürchtung der Ablehnenden, die abgelehnten Richter würden nicht ausreichend zwischen den getrennt geführten Verfahren dif-ferenzieren und auch in dem gegen sie geführten Strafverfahren von dem Tathergang ausge-hen, den der Angeklagte im Rahmen seines Geständnisses geschildert hatte, entbehrt vorlie-gend einer objektiven Grundlage. So haben die abgelehnten Richter bereits im Rahmen des Abtrennungsbeschlusses vom 12.07.2013 ausgeführt:

"Einer Aufklärung, ob die übrigen Angeklagten einer Tatbeteiligung schuldig sind, bedarf es für die Verurteilung des Angeklagten nicht, da dieser, wie auch in der Anklage angenommen, hin-sichtlich sämtlicher betrugsrelevanter Umstände ein in seiner Person vollständiges und von den übrigen Beteiligten unabhängiges Wissen eingeräumt hat."

Darüber hinaus haben die abgelehnten Richter - was in sämtlichen Ablehnungsgesuchen uner-wähnt bleibt - am 15.07.2013, nach der dienstlichen Stellungnahme des Vorsitzenden zeitlich noch vor der Fortführung des Verfahrens gegen den Angeklagten durch Beschluss die Anträge der Verteidiger der Angeklagten pp. und pp, die Abtrennung des Verfahrens gegen den Ange-klagten pp. durch Rückverbindung rückgängig zu machen, abgelehnt und im Rahmen dieses Beschlusses ausgeführt:

"Insbesondere ist darauf hinzuweisen, dass es für die Abtrennung des Verfahrens gegen den Angeklagten , nicht der Aufklärung evtl. Tatbeiträge der früheren Mitangeklagten bedarf. Dass die Frage einer möglichen Beteiligung der übrigen 5 Angeklagten derzeit nicht geklärt ist, liegt auf der Hand, steht aber aus den genannten Gründen einer Verurteilung des Angeklagten nicht entgegen. Im Übrigen weist die Kammer darauf hin, dass der Angeklagte nichts darüber gesagt hat, dass er zu den genannten Zeitpunkten Anfang Oktober 2010 oder folgende mit den Ange-klagten in einer Weise gesprochen hätte, dass sich aus diesen Gesprächen ein Betrugsvorsatz ergäbe. Er hat vielmehr der Sache nach ausgesagt, dass aus seiner (subjektiven Sicht) Anfang Oktober auch für die Mitangeklagten klar gewesen sein müsste, dass der Erfolg des Modells, wie es den Anlegern versprochen wurde, nicht erreichbar gewesen sei. Ob dies so war und ob die Mitangeklagten dies dann auch subjektiv erkannt haben, ist ein für den Abschluss des Ver-fahrens gegen den Angeklagten pp nicht wesentlicher und daher vor einer Fällung des Urteils im abgetrennten Verfahren nicht notwendig zu klärende Frage."

Schon hieraus ergibt sich, dass die abgelehnten Richter sehr wohl zwischen den getrennt ge-führten Verfahren differenzieren und sich gerade nicht darauf festgelegt haben, im Verfahren gegen die Mitangeklagten von der Einlassung des Angeklagten auszugehen.
Die Entscheidung über die Abtrennung des Verfahrens gegen den Angeklagten lässt schließlich auch keinen Ermessensfehler erkennen. Zutreffend sind die abgelehnten Richter davon ausge-gangen, dass eine Abtrennung im Hinblick auf die Entscheidungsreife des Verfahrens gegen den Angeklagten und den Umstand, dass dieser sich als Einziger von allen Angeklagten in Un-tersuchungshaft befindet, sachgerecht war.

b) Ein besonderer Umstand i.S.d. Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes liegt auch nicht darin begründet, dass die Abtrennung im Hinblick auf die Erkrankung eines Verteidigers und die damit verbundene Aufhebung des Hauptverhandlungstages vom 15.07.2013 bereits durch Be-schluss vom 12.07.2013 außerhalb der Hauptverhandlung erfolgte.

Wie sich aus den dienstlichen Stellungnahmen der abgelehnten Richter ergibt, hatte der Vor-sitzende die beabsichtigte Abtrennung bereits im Hauptverhandlungstermin vom 09.07.2013 angekündigt und damit in ausreichendem Maße rechtliches Gehör gewährt. Dass der Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs nicht verletzt ist, ergibt sich im Übrigen auch daraus, dass die Kammer sich - nachdem die Abtrennung nicht, wie ursprünglich geplant, im Haupt-verhandlungstermin vom 15.07.2013, sondern bereits am 12.07.2013 erfolgt war - im Rahmen • des Beschlusses vom 15.07.2013 nochmals mit den von der Verteidigung vorgebrachten Ein-wänden gegen die Abtrennung auseinandergesetzt hat.

Schließlich liegt ein besonderer Umstand auch nicht darin, dass der Abtrennungsbeschluss vom 12.07.2013 den Verfahrensbeteiligten erst am 16.07.2013 zugegangen ist. Wie sich aus der dienstlichen Stellungnahme des Vorsitzenden ergibt, ist die ursprünglich per Telefax vorgese-hene Übermittlung des Beschlusses lediglich versehentlich unterblieben.

c) Weder für sich genommen noch in der Gesamtschau vermögen die von den Ablehnenden vorgebrachten Gesichtspunkte besondere Umstände zu begründen, die über die Tatsache bloßer Vorbefassung der abgelehnten Richter hinausgehen.

Einsender: RA M. Stephan, Dresden

Anmerkung:


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