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Strafzumessung, Rechtsmittelverfahren, neu entscheidender Tatrichter
Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Bamberg, Beschl. v. 02. 11. 2011 - 3 Ss 104/11
Fundstellen:
Leitsatz: Der auf Berufung oder nach einer Urteilsaufhebung und Zurückverweisung durch das Revisionsgericht neu entscheidende Tatrichter hat, sofern er Feststellungen trifft, welche die Tat des Angeklagten abweichend vom Ersturteil in einem we-sentlich milderen Licht erscheinen lassen und sogar einen wesentlich niedrigeren Strafrahmen vorschreiben als den, der nach den früheren Feststellungen geboten war, seine Entscheidung regelmäßig eingehend zu begründen, wenn er dennoch auf eine gleich hohe Strafe erkannt hat (Anschluss u.a. an BGH, Beschluss vom 20.08.1982 - 2 StR 296/82 = NJW 1983, 54 und OLG Stuttgart NStZ-RR 2001, 16).
In pp.
Die Berufungskammer ist zugunsten des Angekl. abweichend vom AG hinsichtlich eines dem Angekl. zur Last liegenden räuberischen Diebstahls vom Strafrahmen eines minder schweren Falles gemäß §§ 252 i.V.m. 249 II StGB und in einem weiteren Fall - tateinheitlich mit Beleidigung und Hausfriedensbruch - nicht von einem Diebstahl mit Waffen i.S.v. § 244 I Nr. 1a StGB, sondern nur von einem einfachen Diebstahl ausgegangen. Gleichwohl hat die Berufungskammer hinsichtlich des räuberischen Diebstahls aber wiederum eine Einzelfreiheitsstrafe von 9 Monaten festgesetzt und in dem weiteren Fall die Einzelstrafe lediglich um 1 Monat auf 5 Monate ermäßigt. Aus diesen sowie den weiteren Einzelstrafen von 2 Monaten und dreimal 4 Monaten hat das LG sodann erneut auf eine - bereits vom AG festgesetzte - Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr und 3 Monaten erkannt. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten blieb ohne Erfolg.
Aus den Gründen: Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revision hat keinen Rechtsfehler zum Nach-teil des Angekl. ergeben (§ 349 II StPO). Zur Begründung nimmt der Senat auf die zutreffende Stellungnahme der GenStA Bezug. Näherer Erörterung bedarf auch mit Blick auf die Gegenerklärung des Verteidigers des Angeklagten nur Folgendes: 1. Der Revision ist zuzugeben, dass der - etwa nach einer Urteilsaufhebung und Zu-rückverweisung durch das Revisionsgericht - neu entscheidende Tatrichter, sofern er Feststellungen trifft, welche die Tat abweichend vom aufgehobenen Ersturteil in einem wesentlich milderen Licht erscheinen lassen und ihm sogar einen wesentlich niedrigeren Strafrahmen vorschreiben als den, der nach den früheren Feststellungen geboten war, er aber dennoch eine gleich hohe Strafe für erforderlich hält, diese Entscheidung regelmäßig eingehend zu begründen hat. Die ursprüngliche Bewertung der Tat und die Strafzumessung in der aufgehobenen Entscheidung sind zwar kein Maßstab für die neue Strafzumessung. Diese unterliegt lediglich den Schranken des - vorliegend nicht berührten - Verschlechterungsverbots. Der Angekl. hat jedoch einen Anspruch darauf zu erfahren, warum er für ein weniger schwerwiegendes Vergehen nun gleich hoch bestraft wird. Die besondere Begründung einer solchen Strafzumessung ist auch des-halb erforderlich, weil anderenfalls die spezialpräventive Wirkung der Verurteilung von vornherein in Frage gestellt sein kann. Wird in verschiedenen Abschnitten desselben Verfahrens die Tat eines Angekl. trotz unterschiedlicher für die Strafzumessung bedeut-samer Umstände, die sogar zu einer Verringerung des Strafrahmens führen, ohne ausreichende Begründung mit der gleich hohen Strafe belegt, so kann auch bei einem verständigen Angekl. der Eindruck entstehen, dass die Strafe nicht nach vom Gesetz vorgesehenen oder sonst allgemein gültigen objektiven Wertmaßstäben bestimmt wur-de (BGH, Beschluss vom 20.08.1982 - 2 StR 296/82 = NJW 1983, 54; OLG Stuttgart NStZ-RR 2001, 16; KK/Engelhardt StPO 6. Aufl. § 267 Rn. 25). 2. Diesen auch für das Verhältnis zwischen Erstgericht und Berufungskammer gelten-den Maßstäben (OLG München NJW 2009, 160 f. [Beibehaltung einer der Höhe nach schon vom Amtsgericht verhängten Gesamtgeldstraße trotz Teileinstellung nach § 154 Abs. 2 StPO eines in Tatmehrheit stehenden Deliktsvorwurfs]; OLG München NJW 2009, 161 f. [Beibehaltung einer vom Amtsgericht wegen mittäterschaftlicher Bege-hungsweise verhängten Freiheitsstrafe trotz nunmehriger Annahme von Beihilfe]; OLG Hamm StraFo 2005, 33 [Wertung zweier Fahrten ohne Fahrerlaubnis abweichend vom Erstgericht als nur eine Tat i.S.v. § 52 StGB]; BayObLG NStZ-RR 2003, 326 f. [abwei-chend vom Amtsgericht Anerkennung einer Strafrahmenverschiebung nach den §§ 21, 49 Abs. 1 Nr. 2 StGB] und schon OLG Zweibrücken StV 1992, 469 f. [Aufrechterhaltung der Tagessatzanzahl trotz Änderung des Schuldspruchs von versuchter Erpressung auf versuchte Nötigung]; vgl. auch Meyer-Goßner StPO 54. Aufl. § 267 Rn. 18 und § 331 Rn. 11; Pfeiffer StPO 5. Aufl. § 267 Rn. 15 und BeckOK-Peglau StPO [Stand: 15.10.2011] § 267 Rn. 35) werden die - in der Tat knappen - Strafzumessungsgründe des LG hier im Ergebnis allerdings ausnahmsweise noch gerecht. Angesichts der massiven, nicht zuletzt einschlägigen Vorahndungssituation des erst im August 2010 aus der Strafhaft entlassenen sowie überdies unter Führungsaufsicht stehenden Angekl. kann insbesondere keine Rede davon sein, der schon durch das Erstgericht auffällig milde geahndete Angekl. könne aus der neuerlichen Festsetzung der sich ohnedies im unteren Bereich des - vom LG zugrunde gelegten - Strafrahmens bewegenden Einzelstrafe von 9 Monaten und insbesondere einer Gesamtfreiheitsstrafe von nur 1 Jahr und 3 Monaten auch nur den - die spezialpräventive Wirkung der Verurteilung gefährdenden - Eindruck gewinnen, die Strafzumessung entspreche womöglich nicht den gesetzlichen oder sonst gültigen objektiven Wertmaßstäben (vgl. in diesem Sinne neben OLG Stuttgart a.a.O. auch OLG Hamm, Beschluss vom 18.06.2008 3 Ss 236/08 = BeckRs 2008, 15048 und OLG Hamm, Urteil vom 11.08.2009 3 Ss 233/09 = NStZ-RR 2009, 368); dies gilt umso mehr, als die Berufungskammer zugunsten des Angekl., gemessen an den Strafzumessungserwägungen des AG, keine zusätzlichen Strafmilderungsgründe festgestellt hat.
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