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Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Oldenbeurg, Beschl. v. 31.01.2011 - 1 Ss 7/11
Fundstellen:
Leitsatz: Einem auf eine falsche richterliche Auskunft vertrauenden Angeklagten ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.
OBERLANDESGERICHT OLDENBURG 1. Strafsenat 1 Ss 7/11 Beschluss In der Strafsache gegen pp., wegen Sachbeschädigung, hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg am 31. Januar 2011
durch die unterzeichnenden Richter beschlossen:
1. Dem Angeklagten wird von Amts wegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Begründung der Revision gegen das Urteil der 12. kleinen Strafkammer des Landgerichts Oldenburg vom 24.09.2010 gewährt.
2. Der Angeklagte wird darauf hingewiesen, dass die Frist von einem Monat zur Revisionsbegründung mit der Zustellung des vorliegenden Beschlusses beginnt und die Revisionsbegründung nur mittels einer von einem Verteidiger oder einem Rechtsanwalt unterzeichneten Schrift oder zu Protokoll der Geschäftsstelle des Landgerichts Oldenburg geschehen kann.
G r ü n d e :
Das Amtsgericht Delmenhorst hat den Angeklagten mit Urteil vom 22.03.2010 wegen Sachbeschädigung zu einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu je 30, Euro verurteilt. Die Berufung des Angeklagten hat das Landgericht Oldenburg mit Urteil vom 24.09.2010 mit der Maßgabe verworfen, dass der Angeklagte wegen Sachbeschädigung verwarnt wird und die Verurteilung zu einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu je 30, Euro vorbehalten bleibt.
Der Angeklagte hat gegen das Berufungsurteil, das ihm am 04.11.2010 zugestellt wurde, fristgerecht Revision eingelegt. Am 29.11.2010 ging beim Amtsgericht Delmenhorst eine von dem Angeklagten an das Landgericht Oldenburg gerichtete Revisionsbegründung mit dem Zusatz ´zur Niederschrift auf der Geschäftsstelle bitte mit Bestätigung´ per Fax ein. Das Amtsgericht Delmenhorst hat dieses Schreiben am selben Tag an das Landgericht Oldenburg weitergeleitet. Ausweislich des Vermerks vom selben Tage hat der Vorsitzende des Berufungsgerichts den Angeklagten telefonisch darauf hingewiesen, dass er zur Rechtsantragsstelle des Amtsgerichts Delmenhorst gehen müsse. Am 01.12.2010 ist eine Revisionsbegründung des Angeklagten zu Protokoll der Geschäftsstelle des Amtsgerichts Delmenhorst aufgenommen worden. Diese Revisionsbegründung wurde an das Landgericht Oldenburg weitergeleitet und ging dort am 02.12.2010 ein.
Die Revisionsbegründung genügt nicht der Vorschrift des § 345 Abs. 2 StPO. Gemäß dieser Vorschrift muss die Revisionsbegründung durch eine von einem Verteidiger oder einem Rechtsanwalt unterzeichnete Schrift oder zu Protokoll der Geschäftsstelle erfolgen. Zuständig für die Erklärung zu Protokoll ist ausschließlich die Geschäftsstelle des Gerichts, dessen Urteil angefochten wird (Bay.ObLG, RPfleger 1996, 125. MeyerGoßner, StPO, 53. Aufl., § 345 Rn. 19. LöweRosenberg, StPO, 25. Aufl., § 345 Rn. 30). Die Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle des Amtsgerichts Delmenhorst genügt nicht dem Formerfordernis, da bei dem in Freiheit befindlichen Angeklagten nach der Regelung des § 345 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 StPO nur die Geschäftsstelle des Landgerichts Oldenburg, dessen Entscheidung angefochten worden ist, zuständig gewesen wäre. Die Beurkundung durch das unzuständige Amtsgericht Delmenhorst macht die Revisionsbegründung unwirksam (BGH bei Kusch, NStZ 1994, 25. Bay.ObLG, a.a.O.). Die unwirksame Erklärung ist auch nicht durch bloßen Eingang beim zuständigen Landgericht Oldenburg zu einer wirksamen Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle dieses Gerichts geworden (vgl. Bay.ObLG, a.a.O.).
Dem Angeklagten war von Amts wegen gemäß § 45 Abs. 2 Satz 3 StPO Wiedereinsetzung in die Frist zur Begründung der Revision zu gewähren. Zwar setzt eine derartige Wiedereinsetzung in der Regel voraus, dass die versäumte Handlung nachgeholt worden ist, was hier nicht der Fall ist. Zu berücksichtigen ist aber, dass das Versäumnis einer form und fristgerechten Revisionsbegründung auf die unzutreffende Auskunft des Vorsitzenden Richters am Landgericht zurückzuführen ist, der den Angeklagten ausdrücklich an die Rechtsantragsstelle des Amtsgerichts Delmenhorst verwiesen hatte. Bei einer zutreffenden Auskunft wäre eine formgemäße Beurkundung bei der Geschäftsstelle des Landgerichts Oldenburg noch möglich gewesen, denn die Revisionsbegründungsfrist lief erst am 04.12.2010 ab. Es würde gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens verstoßen, dem Angeklagten Wiedereinsetzung zu verwehren, weil es an einer formwirksamen Revisionsbegründung fehle. Der Angeklagte durfte nach der falschen Auskunft des Berufungsrichters, der das angefochtene Urteil erlassen hatte, darauf vertrauen, alles Erforderliche zur wirksamen Begründung seines Rechtsmittels getan zu haben. Der Grundsatz des fairen Verfahrens gebietet es daher, dem Angeklagten Wiedereinsetzung zu gewähren und ihn darauf hinzuweisen, dass die Revisionsbegründung ausschließlich zu Protokoll der Geschäftsstelle des Landgerichts Oldenburg oder schriftlich durch einen Rechtsanwalt binnen eines Monats ab Zustellung des Wiedereinsetzungsbeschlusses erfolgen kann (vgl. OLG Köln, NZV 2006, 47).
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