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Entscheidungen

Gebühren

Pauschgebühr, Gebührenbestimmung

Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Bamberg, Beschl. v. 17.01.2011 - 2 AR 24/10

Fundstellen:

Leitsatz: Der Antrag auf Feststellung einer Pauschgebühr nach § 42 RVG ist unzulässig, wenn das Kostenfestsetzungsverfahren nach § 464 b StPO abgeschlossen ist. Dies gilt auch, wenn das Bestimmungsrecht des Rechtsanwalts nach § 14 I RVG bereits wirksam ausgeübt wurde (u.a. Anschluss an OLG Celle StraFo 2008, 398 = DAR 2008, 730 f. = NStZ-RR 2009, 31 f. und OLG Jena Rpfleger 2008, 98 = JurBüro 2008, 82 = StRR 2008, 158 f.).


Zum Sachverhalt:
Der Ast. vertrat den früheren Angesch. im staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren als dessen Wahlverteidiger. Mit Ablehnung der Eröffnung des Hauptverfahren verpflichtete das LG die Staatskasse zur Tragung der Verfahrenskosten sowie der dem Angesch. entstandenen notwendigen Auslagen. Mit Schriftsatz vom 10.06.2010 gab der Ast. die seinem Mandanten durch seine Beauftragung entstandenen Kosten und Auslagen zur Festsetzung gegenüber der Staatskasse bekannt, wobei er jeweils die Mittelgebühren aus den Tatbeständen der Nrn. 4100, 4101, 4104, 4105, 4102, 4103 VV RVG für das vorbereitende Verfahren sowie die Mittelgebühr aus Nr. 4112 VV RVG für das gerichtliche Verfahren berechnete. Mit Kostenfestsetzungsbe-schluss vom 27.07.2010 wurden die aus der Staatskasse zu erstattenden Auslagen antragsge-mäß festgesetzt und mit der entsprechenden Verzinsung am selben Tag ausgezahlt. Am 02.11.2010 beantragte der Ast. die Feststellung einer die erhaltenen Mittelgebühren um 1.000 € übersteigenden Pauschgebühr in Höhe von 1.700,00 €, was er mit dem besonderen Umfang, insbesondere dem hohen Zeitaufwand im Ermittlungsverfahren, begründete. Der Einzelrichter hat die Sache zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung gemäß § 42 III 2 RVG zur Entscheidung dem Senat in der Besetzung mit drei Richtern übertragen. Der Feststellungsantrag blieb ohne Erfolg.
Aus den Gründen:
Der Antrag auf Feststellung einer Pauschgebühr ist unzulässig, weil das Kostenfest-setzungsverfahren nach § 464 b StPO bereits abgeschlossen ist; er wäre auch dann unzulässig, wenn nur die Ausübung des Bestimmungsrechts der billigen Gebühr (§ 14 Abs. 1 RVG) bereits erfolgt wäre (OLG Celle StraFo 2008, 398 = DAR 2008, 730 f. = NStZ-RR 2009, 31 f.; OLG Jena Rpfleger 2008, 98 = JurBüro 2008, 82 = StRR 2008, 158 f. m. Anm. Burhoff; NJW 2006, 933 f. = NZV 2006, 495 f. und zuletzt JurBüro 2010, 642 f.; vgl. auch OLG Köln, Beschluss vom 30.01.2009 - 1 ARs 69/08).
1. Das Verfahren nach § 42 RVG ist – anders als es § 51 RVG für die Pauschgebühr des gerichtlich bestellten RA vorsieht – beschränkt auf die Feststellung der Höhe der Gebühr durch das OLG. Einwendungen, die z.B. den Grund der Vergütungsforderung betreffen, werden in diesem Verfahren nicht geprüft. Die Festsetzung der Vergütung und der Einschluss der Auslagen erfolgt nach den allgemeinen Vorschriften in den darin vorgesehen Verfahren. Gemäß § 42 Abs. IV RVG ist die Feststellung der Pauschgebühr durch das OLG für das Kostenfestsetzungsverfahren, das Vergütungsfestsetzungsverfahren nach § 11 RVG und für einen Rechtsstreit des RA auf Zahlung der Vergütung sodann bindend. Damit soll vermieden werden, dass in einem dieser Verfahren nachträglich divergierende Entscheidungen ergehen. Zudem sollen die mit dieser Entscheidung befassten Stellen nicht über die Frage des be-sonderen Umstands oder der besonderen Schwierigkeit entscheiden müssen, sondern können ihrer Entscheidung die Feststellung des OLG zugrunde legen, was der Verfahrensvereinfachung und -beschleunigung dient. Die Pauschgebühr für den Wahlverteidiger wird deshalb nicht bewilligt, sondern nur festgestellt. Die Folge der in § 42 IV RVG statuierten Bindungswirkung ist, dass der Wahlverteidiger die Pauschgebühr zu einem Zeitpunkt beantragen muss, in dem die durch das OLG zu treffende Feststellung im Kostenfestsetzungsverfahren noch Berücksichtigung finden kann. Nur so kann nämlich in den zweistufigen Verfahren zu einem vollstreckbaren Gebührentitel die festgestellte Pauschvergütung Bindungswirkung entfalten, divergierende Entscheidungen vermieden und die angestrebte Verfahrensvereinfachung und -beschleunigung erreicht werden.
2. Mit dem Kostenfestsetzungsantrag nach § 464 b StPO hat der Verteidiger sein Er-messen nach § 14 I RVG gegenüber der Staatskasse ausgeübt. Er ist an dieses einmal ausgeübte Ermessen bei der Bestimmung der Billigkeit der angefallenen Gebühren innerhalb des Gebührenrahmens gebunden (vgl. Gerold/Schmidt-Mayer RVG 19. Aufl. § 14 Rn. 4; Hartmann KostG § 14 RVG Rn. 12). Denn die Ausübung des Ermessens ist Bestimmung der Leistung durch den Verteidiger und erfolgt gemäß § 315 II BGB durch Erklärung gegenüber seinem Mandanten bzw. aufgrund der in der Strafprozessvoll-macht vereinten Abtretung von Erstattungsforderungen gegen die Landeskasse dieser gegenüber. Damit relativiert sich auch der im Schrifttum (Gerold/Schmidt-Burhoff § 42 Rn. 12) vorgebrachte Einwand unter Hinweis auf die Möglichkeit einer nachträglichen Kostenfestsetzung im Rahmen des § 464 b StPO. Zutreffend wird insoweit nämlich darauf hingewiesen, dass das Leistungsbestimmungsrechts des RA gemäß § 14 I RVG rechtsgestaltender Natur ist und mit seiner durch den Zugang (§ 130 I BGB) beim Auf-traggeber bewirkten wirksamen Ausübung verbraucht ist. Dann kann es nicht mehr geändert oder widerrufen werden, es sei denn, der Rechtsanwalt hatte sich eine Erhö-hung ausdrücklich vorbehalten, ist über Bemessungsfaktoren getäuscht worden (An-fechtung) oder einen gesetzlichen Gebührentatbestand übersehen (Gerold/Schmidt-Mayer § 14 Rn. 4).
3. Vorliegend hat der Verteidiger sein Ermessen nach § 14 I 1 RVG ausgeübt und hier-bei die jeweiligen Mittelgebühren als billig bestimmt. Diese Auslagen seines Mandanten wurden antragsgemäß festgesetzt und ausgezahlt. Sein Pauschvergütungsantrag war daher als unzulässig zurückzuweisen.


Einsender: RiOLG Dr. Georg Gieg, Würzburg

Anmerkung:


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