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Leitsatz: Der Vorrang der Strafhaft tritt bei einem bereits in Untersuchungshaft be-findlichen Verurteilten nicht erst mit dem Eingang des Aufnahmeersuchens in der Justizvollzugsanstalt ein, sondern bereits dann, wenn die Staatsanwalt-schaft wie hier durch den Erlaß eines Vollstreckungshaftbefehls - unmiß-verständlich zum Ausdruck bringt, daß die Vollstreckung einer Freiheits-strafe nunmehr ansteht.
Kammergericht Beschluß Geschäftsnummer: 2 Ws 504/10 - 1 AR 1303/10 C 11 / 139 PLs 2761/05 VRs 598 StVK 331/10 In der Strafsache gegen S. G., wegen Diebstahls u.a. hat der 2. Strafsenat des Kammergerichts in Berlin am 11. November 2010 beschlossen:
1. Auf die sofortige Beschwerde des Verurteilten wird der Beschluß des Landgerichts Berlin Strafvoll-streckungskammer - vom 17. August 2010 aufgehoben.
2. Die Vollstreckung aus dem Urteil des Amtsgerichts Tiergarten in Berlin (282 Ds) 139 PLs 2761/05 (15/06) - vom 17. Februar 2006 ist beendet; die Stra-fe ist seit dem 17. August 2010 verbüßt.
3. Die Landeskasse Berlin hat die Kosten des Rechts-mittels und die dem Verurteilten im Beschwerde-rechtszug entstandenen notwendigen Auslagen zu tra-gen.
G r ü n d e :
I.
1. Den Gegenstand der Entscheidung bildet folgender Vollstre-ckungsverlauf:
Das Amtsgericht Tiergarten verurteilte den drogenabhängigen Beschwerdeführer am 17. Februar 2006 rechtskräftig seit dem-selben Tage - wegen Diebstahls in drei Fällen und Erschleichens von Leistungen in achtzehn Fällen zu einer Gesamtfrei-heitsstrafe von einem Jahr. Nachdem er seit dem 11. Dezember 2005 zunächst zwei Drittel der Strafe aus einer anderen Verur-teilung - 139 PLs 151/04 VRs - zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Monaten verbüßt hatte, begann die Vollstreckung der hier verhängten Strafe am 29. März 2006. Mit Verfügung vom 5. Mai 2006 stellte die Staatsanwaltschaft die Vollstreckung in beiden genannten Verfahren - gemäß § 35 Abs. 1 BtMG zuguns-ten der Aufnahme des Beschwerdeführers bei Synanon mit Wirkung vom 29. Mai 2006 zurück. Am 20. Juli 2006 widerrief die Staatsanwaltschaft die Zurückstellung gemäß § 35 Abs. 5 Satz 1 BtMG. Am 12. Dezember 2006 wurde die Strafvollstreckung fort-gesetzt, zunächst in dem Verfahren 139 PLs 151/04 VRs, sodann in einem weiteren, inzwischen hinzugetretenen Verfahren, in dem nicht nach § 35 Abs. 1 BtMG zurückstellungsfähig - neun Monate Freiheitsstrafe wegen Körperverletzung zu vollstrecken waren. Im hiesigen Verfahren begann die Fortsetzung der Vollstreckung am 30. Juli 2007. Die Staatsanwaltschaft unterbrach sie zwecks Vollstreckung der nicht zurückstellungsfähigen Freiheitsstrafe aus der Verurteilung wegen Körperverletzung und setzte sie am 6. März 2008 fort. Am 27. April 2008 waren zwei Drittel voll-streckt. Mit Verfügung vom 10. April 2008 stellte die Staats-anwaltschaft die Vollstreckung in hiesiger Sache (und in einer weiteren wegen unerlaubten Drogenbesitzes) erneut zum Zwecke einer Drogentherapie ab dem 19. Mai 2008 zurück. An diesem Tage wurde der Beschwerdeführer aus der Haft entlassen.
Mit Verfügung vom 5. November 2008 widerrief die Staatsanwalt-schaft die Zurückstellung erneut, weil der Beschwerdeführer aus der Drogentherapie aus disziplinarischen Gründen (Alkohol-mißbrauch) entlassen worden war, (allerdings in ambulanter Be-handlung verblieb). Mit Verfügung vom 18. Februar 2009 lud sie ihn zum Strafantritt, gab ihm aber Gelegenheit, in beiden Ver-fahren, in denen er auch unter Anrechnung der Therapiezeiten zwei Drittel bereits verbüßt hatte, die Aussetzung der Rest-strafe nach § 57 Abs. 1 StGB zu beantragen. Dessen Antrag wies das Amtsgericht am 9. März 2010 zurück.
Nachdem der Beschwerdeführer einer am 12. April 2010 zuge-stellten Ladung zum Strafantritt nicht nachgekommen war, erließ die Staatsanwaltschaft am 10. Mai 2010 einen Vollstre-ckungshaftbefehl (§ 457 Abs. 2 StPO). Von der Vollstreckungs-abteilung der Staatsanwaltschaft zunächst unbemerkt war der Beschwerdeführer jedoch am 7. Mai 2010 in dem Verfahren 70 Js 585/10 wegen sexuellen Mißbrauchs Widerstandsunfähiger in Untersuchungshaft gekommen, was die Polizei mit Verfügung vom 3. Juni 2010 bei der Staatsanwaltschaft eingegangen am 10. Juni 2010 der Vollstreckungsbehörde mitteilte. Diese be-rechnete daraufhin am 14. Juni 2010 die Strafzeit auf 100 Tage, beginnend ab Eingang des Aufnahmeersuchens (§ 38 Nr. 4 StVollstrO). Die Verfügung wurde am 17. Juni 2010 ausgeführt; das Ersuchen erreichte die Justizvollzugsanstalt Moabit am 18. Juni 2010, so daß die Strafzeit bis zum 25. September 2010 be-rechnet wurde.
2. In dem Verfahren (502) 70 Js 585/10 (20/10) wurde der Be-schwerdeführer rechtskräftig freigesprochen. Für die Untersu-chungshaft sprach ihm das Gericht eine Entschädigung zu.
Mit Schriftsatz vom 4. August 2010 beantragte der Verteidiger des Beschwerdeführers die Anrechnung auf die Strafzeit im hie-sigen Verfahren sowie die Unterbrechung der Haft, woraufhin die Staatsanwaltschaft dem Landgericht die Sache gemäß § 458 Abs. 1 StPO vorlegte. Mit dem angefochtenen Beschluß vom 17. August 2010 hat die Strafvollstreckungskammer die Straf-zeitberechnung der Staatsanwaltschaft bestätigt; eine Berech-nung unter Anrechnung der Untersuchungshaft komme nicht in Be-tracht. Rückwirkend könne die Untersuchungshaft nicht unter-brochen werden; die Voraussetzungen für eine Anrechnung nach § 51 Abs. 1 Satz 1 StGB lägen nicht vor.
Mit der sofortigen Beschwerde verfolgt der Verurteilte sein Anliegen weiter.
Mit Beschluß vom 10. September 2010 hat der Senat im Wege der vorläufigen Anordnung nach § 458 Abs. 3 Satz 1 2. Halbsatz StPO die Vollstreckung aus dem Urteil des Amtsgerichts Tiergarten in Berlin (282 Ds) 139 PLs 2761/05 (15/06) vom 17. Februar 2006 bis zur Entscheidung über die sofortige Beschwerde unterbrochen. Der Beschwerdeführer wurde daraufhin noch am 10. September 2010 aus der Haft entlassen. Die sofortige Beschwerde hat Erfolg.
II.
1. Die sofortige Beschwerde gegen den Beschluß des Landgerichts vom 17. August 2010 ist zulässig (§§ 458 Abs. 1, 462 Abs. 3 Satz 1 StPO) und begründet. Die Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Tiergarten in Berlin (282 Ds) 139 PLs 2761/05 (15/06) vom 17. Februar 2006 ist seit dem 17. August 2010 vollständig verbüßt.
a) Die von der Staatsanwaltschaft vorgenommene Strafzeitbe-rechnung entsprach nicht dem Gesetz, weil sie den Rechtsgedan-ken der noch neuen Regelung des § 116b Satz 2 StPO nicht be-achtet hat. Diese geht der Verwaltungsvorschrift des § 38 Nr. 4 StVollstrO vor (vgl. BVerfG NJW 1970, 2287). § 116b Satz 2 StPO schreibt gesetzlich fest, daß nunmehr die Vollstreckung einer rechtskräftig verhängten Freiheitsstrafe von Gesetzes wegen der Vollstreckung von Untersuchungshaft vorgeht. Nur wenn der Zweck der Untersuchungshaft dies erfordert, was nur bei besonderen Gefahren, insbesondere der Verdunkelungsgefahr angenommen werden darf (vgl. BR-Drs. 829/08, S. 30; Meyer-Goßner, § 116b StPO Rdn. 5), kann das für die Untersuchungshaft zuständige Gericht eine abweichende Entscheidung jederzeit treffen. Ein Ermessensspielraum der Staatsanwaltschaft ergibt sich aus dem eindeutigen Wortlaut und Sinn des § 116b Satz 2 StPO diesbezüglich nicht. Denn der Gesetzgeber hat den Vorrang der Vollstreckung der Freiheitsstrafe gegenüber der Untersuchungshaft festschreiben wollen, weil es bei letzterer wie im Streitfall - dazu kommen kann, daß sie nicht in eine rechtskräftige Verurteilung mündet (vgl. BR-Drs. 829/08, S.30). Der Wille des Gesetzgebers ging dabei dahin, daß die Untersuchungshaft gegenüber der Vollstreckung einer bereits laufenden, gleichzeitig anstehenden oder sich erst im Laufe der Untersuchungshaft ergebenden Freiheitsentziehung zurücktreten sollte. Die Neuregelung sollte sicherstellen, daß Untersuchungshaft nur dann vollstreckt wird, wenn dies unab-dingbar ist (BR-Drs. 829/08, S. 28)(vgl. Senat, Beschluß vom 1. November 2010 2 Ws 551/10 -).
b) Der Vorrang der Strafhaft tritt bei einem bereits in Unter-suchungshaft befindlichen Verurteilten nicht erst mit dem Ein-gang des Aufnahmeersuchens in der Justizvollzugsanstalt ein, sondern bereits dann, wenn die Staatsanwaltschaft unmißver-ständlich zum Ausdruck bringt, daß die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe nunmehr ansteht.
Hierzu ist zunächst festzustellen, daß § 38 Nr. 4 StVollstrO, der bestimmt, daß als Beginn der Strafzeit bei einer verur-teilten Person, die eine Strafe in Unterbrechung einer in an-derer Sache verhängten Untersuchungshaft verbüßt, der Zeitpunkt anzusehen ist, in dem das Aufnahme- oder Überführungsersuchen bei der Untersuchungshaftanstalt eingegangen ist, auf die frühere Rechtslage vor Einführung des § 116b StPO abstellt. Vor Einführung des § 116b StPO hatte zur Unterbrechung der Untersuchungshaft, deren Vollzug nach dem Gesetz vorrangig war, eine richterliche Unterbrechungsanordnung zu erfolgen. Schon deshalb kann § 38 Nr. 4 StVollstrO nicht mehr ohne weiteres auf die neue Gesetzeslage angewendet werden.
Die Vorschrift des § 38 StVollstrO soll lediglich die Berech-nung der Strafzeit dadurch vereinfachen, daß sie für die prak-tisch wichtigsten Fälle den Beginn der Strafzeit nach leicht festzustellenden Merkmalen festlegt (vgl. Pohlmann/Jabel/Wolf, StVollstrO 8. Aufl., § 38 Rdn. 1). Das bedeutet zugleich, daß in Fällen, die sich vom Regelfall unterscheiden, die Straf-zeitberechnung unabhängig von § 38 StVollstrO nach Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelungen zu erfolgen hat (vgl. BVerfG a.a.O.). Das Aufnahmeersuchen ist dabei ein formaler Akt, an den bei der Strafzeitberechnung nach der nicht bindenden StVollstrO in vielen Fällen angeknüpft wird. Es ist ein Hilfs-mittel bei der Einleitung der Strafvollstreckung, dem keine eigenständige, konstituierende Bedeutung zukommt (vgl. HansOLG Hamburg MDR 1982, 251 zur fehlenden Bedeutung des Aufnahmeer-suchens für die Zuständigkeit nach § 462a Abs. 1 Satz 1 StPO). So sieht § 38 Nr. 3 StVollstrO beispielsweise bei einer verur-teilten Person, die sich im Zeitpunkt des Eintritts der Rechtskraft in derselben Sache in Untersuchungshaft befindet, vor, daß die Strafzeit unabhängig von einem Aufnahmeersuchen mit Eintritt der Rechtskraft beginnt.
c) Maßgeblicher Zeitpunkt für den Beginn der Strafzeit aus dem Urteil des Amtsgerichts Tiergarten in Berlin vom 17. Februar 2006 ist der 10. Mai 2010. An diesem Tag hat die Staatsanwalt-schaft durch den Erlaß eines Vollstreckungshaftbefehls zwei-felsfrei zum Ausdruck gebracht, daß jene Strafe nunmehr voll-streckt werden soll, ihre Vollstreckung ansteht. Nach Sinn und Zweck des § 116b Satz 2 StPO soll vermieden werden, daß ein Verurteilter Untersuchungshaft anstelle von anstehender Strafhaft (vgl. BR-Drs. 829/08, S. 28) verbüßt. Bei ordnungs-gemäßer Behandlung der Sache hätte die Vollstreckungsbehörde im Arbeitsgang vor Erlaß eines Vollstreckungshaftbefehls in Erfahrung bringen müssen, daß sich der Verurteilte bereits in Untersuchungshaft befand. Sie hätte dann, anstatt am 10. Mai 2010 einen Haftbefehl zu erlassen, umgehend mittels des Auf-nahmeersuchens die Unterbrechung der Untersuchungshaft zum Zwecke des Strafvollzuges veranlassen müssen; die nach § 116b Satz 2 1. Alt. StPO automatisch eintritt (vgl. Senat, Beschluß vom 1. November 2010 2 Ws 551/10 -).
d) Der hiesige Fall ist nicht anders zu beurteilen als die Fälle, in denen die nach § 454b Abs. 1 StPO vorzunehmende Un-terbrechung von Freiheitsstrafen nicht rechtzeitig vorgenommen worden ist. Unabhängig vom Grund der Verzögerung ist in § 454b Abs. 2 Satz 3 StPO inzwischen gesetzlich geregelt, daß dann, wenn die Voraussetzungen für eine Unterbrechung der zunächst zu vollstreckenden Freiheitsstrafe eintreten, die Unterbrechung rückwirkend auf den Zeitpunkt des Eintritts der Voll-streckbarkeit erfolgt. Die durch Art. 14 Nr. 9 des 2. Justiz-modernisierungsgesetzes vom 22. Dezember 2006 (BGBl. I S. 3416, 3423) eingeführte Neuerung bezweckt die Herstellung von Rechtssicherheit und Gleichheit in einer komplexen vollstrekkungsrechtlichen Frage (vgl. Stöckel in KMR § 454b Rdnrn. 1, 11, 27). Diese Vorschrift gilt bei sonstigem fehler-haften Unterlassen der Vollstreckungsunterbrechung oder zeit-weilig noch nicht nicht möglichen Herbeiführens der Unterbre-chung entsprechend (vgl. Meyer-Goßner, StPO 53. Aufl., § 454b Rdn. 5). Denn es kommt bei der Strafzeitberechnung nicht maß-geblich auf formale Akte der Vollstreckungsbehörde an, sondern die materiell-rechtlich zutreffende Rechtslage ist ausschlag-gebend (vgl. BVerfG NStZ 1988, 474; Senat, Beschlüsse vom 5. September 2008 2 Ws 412-413/08 -, vom 19. November 2007 2 Ws 650/07 , vom 17. Dezember 2007 2 Ws 769/07 und vom 11. Dezember 2001 5 Ws 725-728/01 juris-).Den Gedanken, der nach dieser Rechtslage jeweils anstehenden Strafvollstreckung gegenüber anderen Freiheitsentziehungen so früh wie möglich den Weg zu bahnen, ist der Gesetzgeber durch die Einführung des § 116b StPO konsequent weitergegangen.
Hinzu kommt, daß ein Verschulden der Vollstreckungsbehörden im Rahmen der Vollstreckung einem Verurteilten nicht zum Nachteil gereichen darf (vgl. BVerfG a.a.O.). Ein solches Verschulden der Vollstreckungsbehörden ist hier darin zu sehen, daß gegen den Verurteilten am 10. Mai 2010 ein Vollstreckungshaftbefehl erging, obwohl er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in anderer Sache Untersuchungshaft befand. Es ist wie oben dargelegt bei ordnungsgemäßem Ablauf zu erwarten, daß sich die Vollstre-ckungsbehörden darüber informieren, ob sich ein Verurteilter, gegen den eine Strafe vollstreckt werden soll, in Haft befin-det.
e) Die Richtigstellung jenes Versäumnisses der Vollstreckungs-behörde hat nach Auffassung des Senats so zu geschehen, daß rückwirkend die Unterbrechung der Strafvollstreckung zu diesem Zeitpunkt im Sinne einer Umbuchung und neuer Strafzeitbe-rechnung angeordnet wird (vgl. Senat, Beschlüsse vom 5. Sep-tember 2008 2 Ws 412-413/08 -, vom 19. November 2007 2 Ws 650/07 , vom 30. Juli 2002 5 Ws 236/02 - und vom 11. Dezem-ber 2001 5 Ws 725-728/01 beide bei juris -).
f) Eine Korrektur des Versehens der Vollstreckungsbehörden kann und muß hier nicht erst über eine Anrechnung der verfah-rensfremden Untersuchungshaft auf die Freiheitsstrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Tiergarten in Berlin (282 Ds) 139 PLs 2761/05 (15/06) vom 17. Februar 2006 nach § 51 Abs. 1 StGB geschehen. Die Rechtsprechung hierzu läßt inzwischen zwar bereits einen funktionalen oder irgendwie gearteten sachlichen Bezug genügen. Ein funktionaler Zusammenhang wird auch bejaht, wenn ein in dem Verfahren, das später zu einer Verurteilung führt, ein Haftbefehl erlassen wurde, für den dann neben einem vollzogenen Haftbefehl in anderer Sache in der später frei-gesprochen wird - nur Überhaft notiert wird (vgl. Theune in Leipziger Kommentar, StGB 12. Aufl., § 51 Rdn. 12). Eine solche Konstellation will § 116b Satz 2 StPO aber gerade verhindern, um eine Anrechnung überflüssig zu machen. Ein sonstiger Zusammenhang zwischen beiden Verfahren ist nicht erkennbar.
g) Die Entschädigung für die erlittene Untersuchungshaft im Verfahren (502) 70 Js 585/10 (20/10) steht der rückwirkenden Unterbrechung der Untersuchungshaft zum 10. Mai 2010 gemäß § 116b StPO nicht entgegen. Dies folgt aus dem Freiheitsgrund-recht des Verurteilten aus Art 2 Abs. 2 Satz 2 GG, das nicht durch eine Entscheidung nach dem StrEG eingeschränkt werden kann. Allerdings kann über den Wortlaut des § 14 StrEG hinaus in einem solchen Fall eine zuviel geleistete Entschädigung zu-rückgefordert werden (vgl. OLG Düsseldorf StV 2001, 517 unter Heranziehung der Gesetzesmaterialien BT-Drs. VI/460 (nicht 490) S.9; Kunz, StrEG 4. Aufl., § 14 Rdn. 6; Meyer, StrEG 7. Aufl., § 14 Rdn. 4). Dabei wird zu berücksichtigen sein, daß die Strafe bereits am 17. August 2010 vollständig vollstreckt war und dem Beschwerdeführer auch Vorverlegungstage nach § 16 Abs. 3 StVollzG zugestanden hätten, er jedoch erst am 10. September 2010 aus der Haft entlassen wurde.
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