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Entscheidungen

StPO

Klageerzwingungsantrag, Anforderungen, Patentverletzung

Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Celle, Beschl. v. 11. 8. 2010 - 1 Ws 395/10

Fundstellen:

Leitsatz: 1. Der Vorwurf der gewerbsmäßigen Patentverletzung nach § 142 Abs. 2 PatG ist ein Qualifikationstatbestand, der im Gegensatz zum Grundtatbestand des § 142 Abs. 1 PatentG nicht im Katalog der Privatklagedelikte des § 374 StPO enthalten ist und damit ein Offizialdelikt darstellt, auf das ein Klageerzwingungsantrag nach § 172 Abs. 2 StPO gestützt werden kann.
2. Zur Erfüllung der Zulässigkeitsvoraussetzungen nach § 172 Abs. 3 StPO muss der auf den Vorwurf der Patentverletzung gestützte Klageerzwingungsantrag eine substantiierte und nachvollziehbare Darstellung enthalten, was das Patent konkret umfasst und durch welche Eigenschaften das Produkt des Beschuldigten die Merkmale des Patents verwirklicht. Diese Darstellung kann nicht durch Bezugnahme auf dem Antrag als Anlagen beigefügte Patent-Urkunden in englischer Sprache ersetzt werden.


In pp.
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung wird als unzulässig verworfen.
Gründe
I. Die Antragstellerin wirft dem Beschuldigten vor, er habe sich als Verantwortlicher der Firma "G. S. M.-T. Ltd." mit Sitz in H. K. wegen gewerbsmäßiger Patentverletzung nach § 142 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Abs. 2 PatG strafbar gemacht, indem die Firma am 2. März 2010 auf der Messe "C." in H. ohne die Zustimmung der Antragstellerin ein "Customer Information Terminal (CIT)" ausgestellt habe, das "in dem am Messestand ausliegenden Katalog der Beschuldigten auf Seiten 5 und 10 mit einer MP3-Funktion beworben" worden sei. Das Gerät sei zwar nicht mit der MP3-Technologie ausgestattet gewesen, die entsprechende Software könne aber darin installiert werden. Damit handele es sich um ein Gerät, welches "einer MPEG Audio-Lizenz" bedürfe, deren alleinige Inhaberin zum Tatzeitpunkt die Anzeigeerstatterin gewesen sei auf Grund der - inzwischen abgelaufenen - Europäischen Patente EP 0402 973 (DE 690 14 422), EP 0 599 824 (DE 690 33 882) und EP 0 660 540 (DE 690 33 543).
Die Staatsanwaltschaft Hannover hat das Verfahren am 15. März 2010 gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. Die dagegen gerichtete Beschwerde der Antragstellerin hat der Generalstaatsanwalt mit Bescheid vom 3. Juni 2010, welcher der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin am 24. Juni 2010 zugestellt worden ist, als unbegründet zurückgewiesen. Am Montag, den 26. Juli 2010 hat die Anzeigeerstatterin Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt.
II. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist unzulässig.
1. Dies folgt indes nicht bereits aus § 172 Abs. 2 Satz 3 StPO, wonach der Antrag nicht zulässig ist, wenn das Verfahren ausschließlich eine Straftat zum Gegen-stand hat, die vom Verletzten im Wege der Privatklage verfolgt werden kann. Zwar können Straftaten nach § 142 Abs. 1 PatG gemäß § 374 Abs. 1 Nr. 8 StPO vom Verletzten im Wege der Privatklage verfolgt werden, so dass die Antragstellerin auf den Privatklageweg zu verweisen wäre, wenn ausschließlich dieser Straftatbestand in Betracht käme. Das ist hier jedoch nicht der Fall. Die Antragstellerin wirft dem Beschuldigten nämlich "gewerbsmäßiges" Handeln im Sinne von § 142 Abs. 2 PatG vor. Bei § 142 Abs. 2 PatG handelt es sich um eine Qualifikation, nicht lediglich um eine Strafzumessungsregel (vgl. Rogge/Grabinski, in: Benkard, Patentgesetz, 10. Aufl. § 142 Rn. 8). Da dieser Qualifikationstatbestand nicht im Katalog der Privatklagedelikte des § 374 StPO enthalten ist, stellt er ein Offizialdelikt dar, auf das grundsätzlich ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 172 Abs. 2 StPO gestützt werden kann.
2. Der vorliegende Antrag ist aber deshalb unzulässig, weil er den formellen Anforderungen des § 172 Abs. 3 Satz 1 StPO nicht genügt. Danach muss der Antrag die Tatsachen, welche die Erhebung der öffentlichen Klage begründen sollen, und die Beweismittel angeben. Erforderlich ist dazu nach ständiger - verfassungsrechtlich unbedenklicher (vgl. BVerfG NStZ-RR 2005, 176 [BVerfG 14.01.2005 - 2 BvR 1486/04]) - Rechtsprechung der Oberlandesgerichte (z.B. Senatsbeschluss vom 17. März 2008 - 1 Ws 105/08 -, = NJW 2008, 2202 [OLG Celle 17.03.2008 - 1 Ws 105/08]) eine aus sich selbst heraus verständliche, in sich geschlossene Darstellung des Sachverhalts und der Beweismittel. Diese muss so umfassend und vollständig sein, dass sie es dem Oberlandesgericht ermöglicht, allein aufgrund ihres Inhalts ohne Bezugnahmen und Verweisungen auf Anlagen, auf die Ermittlungsakten oder Beiakten eine Schlüssigkeitsprüfung dahin vorzunehmen, ob nach dem Vorbringen des Anzeigeerstatters ein für die Erhebung der öffentlichen Klage hinreichender Tatverdacht in Betracht kommt (vgl. Meyer-Goßner, StPO 52. Aufl. § 172 Rn. 27 ff. m. w. N.). Diesen Anforderungen wird der vorliegende Antrag nicht gerecht.
Das Antragsvorbringen ermöglicht dem Senat schon nicht die Prüfung, ob der objektive Tatbestand des § 142 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 PatG erfüllt sein könnte. Die Antragstellerin behauptet zwar, das von dem Beschuldigten angebotene Gerät falle unter eines (oder mehrere) der Patente der Antragstellerin. Die Darlegungen dazu, was die Patente konkret beinhalten und wodurch das Gerät des Beschuldigten die Merkmale dieser Patente verwirklicht, erschöpfen sich jedoch neben der Angabe der Patentnummern in den Formulierungen "MP3-Funktion", "MPEG Audio Technologie" und "Technologien der Standards ISO/IEC 11172-3 sowie 13818-3". Eine substantiierte und nachvollziehbare Darlegung der Patentverletzung - wie sie übrigens auch in dem von der Anzeigeerstatterin zitierten Zivilurteil des Landgerichts Mannheim vom 24. August 2007 verlangt wurde (vgl. S. 17 UA) - fehlt. Anhand welcher Kriterien die unerlaubte Verwirklichung der Patentmerkmale durch den Beschuldigten im Rahmen einer Hauptverhandlung festgestellt und wodurch sie bewiesen werden könnte, wird nicht dargelegt (vgl. Senatsbeschluss vom 9. Oktober 2007 - 1 Ws 372/07 - zu der vergleichbaren Problematik bei Vorwurf einer Straftat nach § 52 Abs. 1 und 2 GeschmacksmusterG).
Auch die dem Antrag als Anlagen beigefügten "European Patent Specification"-Urkunden geben - abgesehen davon, dass ein Verweis auf Anlagen den Darlegungsanforderungen nicht genügt - keinen Aufschluss über diese Fragen. Soweit darüber hinaus ausführliche technische Beschreibungen in englischer Sprache vorgelegt worden sind, können diese auch deshalb nicht die Darlegungsmängel des Antrags heilen, weil sie zum einen nicht in deutscher Sprache abgefasst sind (§ 184 Satz 1 GVG) und zum anderen nicht rechtzeitig vorgelegt worden sind. Sie sind nämlich nicht zusammen mit der Antragsschrift am 26. Juli 2010 per Fax übersandt worden, sondern erstmals zusammen mit dem Original der Antragsschrift am 28. Juli 2010, und damit nach Ablauf der Antragsfrist (§ 172 Abs. 2 Satz 1 StPO) von einem Monat nach Zustellung der Beschwerdeentscheidung des Generalstaatsanwalts bei Gericht eingegangen. Die den Darlegungsanforderungen entsprechende, vollständige Begründung muss innerhalb der Antragsfrist bei Gericht eingehen (vgl. Senatsbeschluss vom 16. Juli 2010 - 1 Ws 357/10 -; Meyer-Goßner aaO. Rn. 34 m. w. N.).
Schließlich enthält der Antrag auch keine Angaben zum Vorliegen der inneren Tatbestandsmerkmale beim Beschuldigten; dies gehört aber ebenfalls zum notwendigen Antragsvorbringen (vgl. Senatsbeschluss vom 2. Juli 2008 - 1 Ws 308/08; ebenso OLG Düsseldorf, Beschluss vom 24. November 1991 - 1 Ws 538-539/93 -; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 30. Juni 2006 - 1 Ws 137/06 -; jew. zitiert nach juris).
Der Antrag war deshalb als unzulässig zu verwerfen.
III. Gegen diese Entscheidung ist keine Beschwerde gegeben (§ 304 Abs. 4 StPO).


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