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Entscheidungen

StPO

Urteilsabsetzungsfrist, Versäumung

Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Dresden, Urt. . v 30.08.2010 - 1 Ss 424/10

Fundstellen:

Leitsatz: Die Erstellung von Urteilsgründen in Verfahren, in denen die Urteilsfrist wegen Erkrankung des Vorsitzenden, und damit eines unabwendbaren Umstandes nicht eingehalten werden konnte, stellten keine vordringlicher zu erledigende Aufgabe dar, wenn auch noch Urteile erstellen werden müssen, in denen die Urteilsfrist noch nicht abgelaufen ist und deren Absetzung noch zeitlich möglich ist.


Aktenzeichen: 1 Ss 424/10
URTEIL
Im Namen des Volkes
In der Strafsache gegen pp.
wegen Meineides u.a.
hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Dresden in der am 30. August 2010 durchgeführten Hauptverhandlung, an der teilgenommen haben
für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Dresden vom 12. Januar 2010 mit den Feststellungen aufgehoben.
2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts Dresden zurückverwiesen.

Gründe
I.
Das Amtsgericht Dresden hat mit Urteil vom 13. August 2008 die Angeklagte A wegen Meineides zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten sowie die Angeklagte B wegen Anstiftung zum Meineid zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten verurteilt. Die Vollstreckung der Strafen wurde jeweils zur Bewährung ausgesetzt. Auf die hiergegen eingelegten Berufungen der Angeklagten, die in der Hauptverhandlung auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt wurden, hat das Landgericht Dresden mit Urteil vom 22. Januar 2010 das amtsgerichtliche Urteil aufgehoben und die Angeklagte A wegen Meineids sowie die Angeklagte B wegen Beihilfe zum Meineid jeweils zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 10,00 EUR verurteilt. Der Angeklagten A wurde darüber hinaus nachgelassen, die Geldstrafe in monatlichen Raten zu zahlen.

Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegten Revision der Staatsanwaltschaft, die die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt.

Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden hat beantragt, auf die Revision der Staatsanwaltschaft das Urteil des Landgerichts Dresden vom 12. Januar 2010 mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Kammer des Landgerichts Dresden zurückzuverweisen.

II.
Die Revision der Staatsanwaltschaft ist zulässig und hat mit der Rüge der Verletzung des § 275 Abs. 1 StPO Erfolg. Dies führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils mit den zugrundeliegenden Feststellungen und Zurückverweisung der Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts. Auf die daneben erhobene Sachrüge kommt es deshalb nicht mehr an.

1. Die Revisionsführerin macht zu Recht geltend, dass das Urteil nicht rechtzeitig zu den Akten gebracht worden ist. Das hätte gemäß § 275 Abs. 1 Satz 2 StPO spätestens 5 Wochen nach Urteilsverkündung, also am 16. Februar 2010 geschehen müssen. Das Urteil ist aber erst am 22. Februar 2010 bei der Geschäftsstelle eingegangen. Die 5-Wochen-Frist durfte nicht überschritten werden. Das Gericht wurde an ihrer Einhaltung nicht durch einen nicht voraussehbaren unabwendbaren Umstand im Sinne des § 275 Abs. 1 Satz 4 StPO gehindert. Der Vorsitzende war vom 01. bis 12. Februar 2010 dienstunfähig krank. Am 15. Februar 2010 hat er seinen Dienst wieder angetreten. Ausweislich des von ihm erstellten Vermerks vom 22. Februar 2010 hat er den 15. und 16. Februar 2010 dazu genutzt, Urteile in Verfahren, in denen die Frist nach § 275 Abs. 1 StPO bereits am 08. bzw. 09. Februar 2010 abgelaufen war, zu erstellen. Das Urteil in vorliegender Sache setzte er dagegen erst am 19: und 22. Februar 2010 ab.

Die Erstellung von Urteilsgründen in Verfahren, in denen die Urteilsfrist wegen Erkrankung des Vorsitzenden, und damit eines unabwendbaren Umstandes nicht eingehalten werden konnte, stellten keine vordringlicher zu erledigende Aufgabe dar. Der Vorsitzende hätte vielmehr zunächst diejenigen Urteile erstellen müssen, in denen die Urteilsfrist noch nicht abgelaufen war und deren Absetzung noch zeitlich möglich war. Erst danach wäre es geboten gewesen, die Urteilsgründe in den bereits verfristeten Verfahren nachzuholen. Der Vorsitzende hätte deshalb das Urteil in vorliegender Sache noch am 15. und 16. Februar 2010 absetzen können, um so das Urteil innerhalb der Frist des § 275 Abs. 1 Satz 2 zu den Akten zu bringen. Anhaltspunkte, dass er das vorliegende Urteil nicht innerhalb von zwei Tagen hätte fertigstellen können, liegen nicht vor. Die Nichteinhaltung der 5-Wochen-Frist war somit nicht nach § 275 Abs. 1 Satz 4 StPO gerechtfertigt. Es liegt damit der absolute Revisionsgrund des § 338 Nr. 7 StPO vor, so dass das Urteil mit den zugrundeliegenden Feststellungen zwingend aufzuheben ist.

2. Für die neu durchzuführende Hauptverhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
Die Angeklagten haben in der Berufungshauptverhandlung vom 12. Januar 2010 ihre Berufungen wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt. Die vom Amtsgericht in seinem Urteil getroffenen Feststellungen tragen die Schuldsprüche. Dies gilt insbesondere auch für die Verurteilung der Angeklagten wegen Anstiftung zum Meineid. Der neue Tatrichter wird somit - unter Zugrundelegung der rechtskräftigen Schuldsprüche - über die zu verhängenden Strafen zu entscheiden haben.


Einsender: RA Michael Stephan, Dresden

Anmerkung:


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