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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 2 Ss OWi 409/08 OLG Hamm

Leitsatz: Zu den Anforderungen an die tatrichterlichen Feststellungen bei einer Geschwindig-keitsüberschreitung, der eine Geschwindigkeitsmessung durch Nachfahren zur Nacht-zeit zugrunde liegt.

Senat: 2

Gegenstand: Rechtsbeschwerde

Stichworte: Geschwindigkeitsüberschreitung; Feststellungen; Anforderungen; Urteilsgründe; Nachfahren; Nachtzeit;

Normen: StPO 267; StVO 3;

Beschluss:

Bußgeldsache
gegen W.H.
wegen fahrlässiger Verkehrsordnungswidrigkeit.

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Reck-linghausen vom 06. Februar 2008 hat der 2. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandes-gerichts Hamm am 04. 08. 2008 durch den Richter am Oberlandesgericht als Einzel-richter nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft gem. § 79 Abs. 5 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 OWiG i.V.m. § 349 Abs. 2 StPO beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde wird auf Kosten des Betroffenen verworfen.

Gründe:
I.
Das Amtsgericht hat den Betroffenen wegen eines fahrlässigen Verstoßes gegen die
§§ 41 Abs. 2, 49 StVO, 24, 25 StVG zu einer Geldbuße von 125 € verurteilt und außer-dem ein Fahrverbot von einem Monat festgesetzt. Hiergegen richtet sich die Rechtsbe-schwerde, mit der die Verletzung materiellen Rechts gerügt worden ist. Die General-staatsanwaltschaft hat beantragt, die Rechtsbeschwerde nach § 349 Abs. 2 StPO in Verbindung mit § 79 Abs. 3 OWiG zu verwerfen.

II.
Das Amtsgericht hat folgende tatsächliche Feststellungen getroffen:

„....
Am 28.01.2007 gegen 16.00 Uhr befuhr der Betroffene mit dem Pkw XXXXXX, Fab-rikat Ford, die BAB 2 in Herten. Die dort zulässige Höchstgeschwindigkeit betrug 80 km/h. Der Betroffene überschritt diese Geschwindigkeit um 47 km/h, was durch die Polizeibeamten T. und S. durch Nachfahren mit dem Polizeikraftfahrzeug MS 3669 festgestellt wurde. Das Fahrzeug war ausweislich der Auskunft von Firma Th. van Hold vom 11. 10.2006 justiert worden. Auf den Inhalt des Schreibens im Einzelnen wird Bezug genommen. Die Justierung war daher bis zum 11.10.2007 gültig.

Die Messung erfolgte auf der BAB 2 Richtung Hannover zwischen dem Kilometer 450.500 und 449.500 durchgehend auf dem mittleren von 3 Fahrstreifen. Die Mess-strecke betrug ca. 1.000 m bei wachsendem Abstand zum vorausfahrenden Fahr-zeug der ca. 100 m betrug. Die gefahrene Geschwindigkeit der Polizeibeamten lag etwa bei über 160 km/h. Die Beamten hatten während der gesamten Messung Sichtkontakt zum gemessenen Fahrzeug, obwohl die Straße feucht war und auch Dunkelheit herrschte. Bezüglich der Messstrecke orientierten sich die Beamten an den Leitpfosten, die sich neben den Fahrbahnen befanden und eine Länge von je-weils 50 m aufweisen.

Die Beamten hatten bei Kilometer 453.700 erstmals Sichtkontakt zu dem Betroffe-nen, der sehr schnell fuhr. Für die Annäherung an den Betroffenen benötigten sie ca. 3 Kilometer um die Messung durchführen zu können. Es herrschte sehr schlech-te Sicht, so dass die Beamten kurz davor waren, die Verfolgung abzubrechen, da die Witterungsverhältnisse sehr schlecht waren, Die Scheibenwischer waren an und Gischt spritzte von der Fahrbahn hoch.
......“

II.
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig und hat in der Sache aber keinen Erfolg. Die Über-prüfung der angefochtenen Entscheidung hat Rechtsfehler zu Lasten des Betroffenen nicht ergeben, so dass das Rechtsmittel nach § 349 Abs. 2 StPO in Verbindung mit
§ 79 Abs. 3 OWiG entsprechend dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft zu verwer-fen war.

Zur Begründung nimmt der Senat auf die zutreffende Stellungnahme der General-staatsanwaltschaft vom 2. Juli 2008 Bezug und weist darüber hinaus auf Folgendes hin:

Bei der der Verurteilung zugrunde gelegten Messung der Geschwindigkeit durch Nach-fahren handelt es sich, was das Amtsgericht zutreffend erkannt hat, nicht um ein stan-dardisiertes technisches Verfahren im Sinn der Rechtsprechung des BGH (vgl. u.a. OLG Hamm NZV 1995, 199; OLG Köln DAR 1994, 248; zum standardisierten Messver-fahren BGHSt 39, 291 = NJW 1993, 3081; siehe auch noch Burhoff (Hrsg.), Handbuch für das straßenverkehrsrechtliche OWi-Verfahren, Rn. 1267 ff.). Das bedeutet, dass dem tatrichterlichen Urteil die Grundlagen der Messung zu entnehmen sein müssen. Nach den von der obergerichtlichen Rechtsprechung aufgestellten Anforderungen muss dem tatrichterlichen Urteil in diesen Fällen zu entnehmen sein, wie lang die Messstre-cke und wie groß der gleichbleibende Abstand zwischen dem vorausfahrenden Betrof-fenen und dem nachfahrenden Messfahrzeug waren, außerdem ob der verwendete Ta-chometer binnen Jahresfrist justiert/geeicht war und mit welchen Geschwindigkeiten gefahren worden ist (vgl. u.a. BayObLG NZV 1994, 448; OLG Köln DAR 1994, 248; NZV 1994, 77; OLG Frankfurt NStZ-RR 2002, 19; OLG Hamm NZV 1995, 199; DAR 1998, 75; OLG Stuttgart VA 2005, 69). Diese Angaben enthält die angefochtene Ent-scheidung. Sie enthält darüber hinaus auch die von der obergerichtlichen Rechtspre-chung für eine Messung zur Nachtzeit bzw. Dunkelheit zusätzlich geforderten Angaben (vgl. dazu Burhoff, a.a.O., Rn. 1276 ff. mit weiteren Nachweisen aus der Rechtspre-chung). Es wird nämlich dargelegt, dass die die Geschwindigkeitsmessung durchfüh-renden Polizeibeamten sich hinsichtlich der Messtrecke an den sogenannten Leitpfos-ten orientieren konnten und orientiert haben.

Die gegenüber diesen ausreichenden Feststellungen erhobenen Einwände der Rechts-beschwerde greifen nicht durch:

Soweit die Rechtsbeschwerde bemängelt, dass die Polizeibeamten keinen gleich blei-benden Abstand eingehalten haben, sondern dieser sich nach den Angaben der Poli-zeibeamten teilweise vergrößert habe, übersieht die Rechtsbeschwerde, dass das Amtsgericht daraus zutreffend den Schluss zieht, dass der Betroffene dann mit einer noch höheren als der gemessenen Geschwindigkeit gefahren ist (Burhoff/Neidel/Grün, Geschwindigkeits- und Abstandsmessung im Straßenverkehr, 2007, Teil 1 Rn. 513), so dass er - worauf die Generalstaatsanwaltschaft zutreffend hinweist - durch die Annah-me eines konstanten Abstandes und einer darauf beruhenden konstanten Geschwin-digkeit nicht beschwert ist.

Entgegen der Annahme der Rechtsbeschwerde handelt es sich bei der der Verurteilung zugrunde liegenden Messung auch nicht deshalb um eine (unzulässige) Schätzung der vom Betroffenen gefahrenen Geschwindigkeit, weil die Polizeibeamten nicht die von dem Tachometer des von ihnen benutzten Polizeiwagens abgelesene Geschwindigkeit von 160 km/h zugrunde gelegt haben, sondern wegen der besonderen Umstände, ins-besondere der Wetterverhältnisse, nur 150 km/h. Die Rechtsbeschwerde übersieht in-soweit, dass dies eine zugunsten des Betroffenen wirkende Annahme einer geringeren Geschwindigkeit ist, die aber auf der abgelesenen und daher an sich verwertbaren Ge-schwindigkeit von 160 km/h beruht. Unabhängig von der Frage, ob dieser „Nachlass“ überhaupt notwendig gewesen wäre, wird der Betroffene dadurch nicht belastet.

Da auch die Ausführungen des Amtsgerichts zu den festgesetzten Rechtsfolgen aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden sind, war die Rechtsbeschwerde mit der sich aus §§ 473 Abs. 1 StPO, 79 Abs. 3 OWiG ergebenden Kostenfolge zu verwerfen.



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