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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 3 Ws 90/08 OLG Hamm

Leitsatz: Ein Tierhaltungs- und Betreuungsverbot kann grundsätzlich Gegenstand einer zulässigen Weisung nach § 56 c StGB sein, wenn der Verurteilte im Zusammenhang mit dem Halten und Betreuen von Tieren bereits Straftaten begangen hat und nur mit ihrer Hilfe dem Verurteilten eine günstige Sozialprognose gestellt werden kann. Der Umstand, dass § 20 TierSchG unter bestimmten Voraussetzungen, als Maßregel der Besserung und Sicherung ein Verbot der Tierhaltung vorsieht, steht der Zulässigkeit einer solchen Weisung nicht entgegen.

Senat: 3

Gegenstand: Beschwerde

Stichworte: Maßregel; Bewährungsauflage; Verbot der Tierhaltung;

Normen: StGB 56c; TierschutzG 20

Beschluss:

Strafsache
gegen M.K.
wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz, (hier: Beschwerde gegen eine Weisung gemäß § 56 c StGB).

Auf die Beschwerde des Verurteilten vom 31.01.2008 gegen den Beschluss der V. kleinen Strafkammer des Landgerichts Bielefeld vom 16.01.2008 hat der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 06. 03. 2008 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, die Richterin am Oberlandesgericht und
den Richter am Landgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Der Bewährungsbeschluss der V. kleinen Strafkammer des Landgerichts Bielefeld in der Fassung des Beschlusses der vorgenannten Strafkammer vom 16.01.2008 wird dahingehend abgeändert, dass dem Verurteilten die Weisung erteilt wird, jegliche Haltung und Betreuung von Tieren, mit Ausnahme der Haltung und Betreuung von Hunden, Katzen und Heimtieren, zu unterlassen.

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet verworfen.

Die Kosten des Rechtsmittels trägt der Verurteilte.

Gründe:
I.
Der Beschwerdeführer ist durch Urteil des Amtsgerichts Bünde vom 29.05.2006 wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt worden. Seine gegen dieses Urteil gerichtete und auf das Strafmaß beschränkte Berufung hat das Landgericht Bielefeld durch Urteil vom 05.12.2007 mit der Maßgabe verworfen, dass die verhängte Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt wird.

Durch Beschluss der Strafkammer vom selben Tage gemäß § 268 a StPO wurde die Bewährungszeit auf fünf Jahre festgesetzt und dem Angeklagten die Weisung erteilt, jeglichen Umgang, jegliche Betreuung oder Haltung von Tieren zu unterlassen.

Auf den Antrag des Verurteilten vom 11.12.2007, den Bewährungsbeschluss vom 05.12.2007 aufzuheben, soweit er sich nicht nur auf das Verbot mit dem Umgang von Pferden bezieht, hat die V. kleine Strafkammer des Landgerichts Bielefeld durch Beschluss vom 16.01.2008 ihren Bewährungsbeschluss vom 05.12.2007 dahingehend abgeändert, dass dem Verurteilten die Weisung erteilt wird, jeglichen Umgang, jegliche Betreuung und Haltung von Tieren, mit Ausnahme von Kleinsttieren, zu unterlassen. Gleichzeitig wurde die durch den Beschwerdeführer beantragte Aussetzung der Vollziehung der angefochtenen Entscheidung zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Verurteilten vom 31.01.2008, mit der beantragt wird, den Beschluss vom 16.01.2008 aufzuheben, soweit er sich nicht nur auf das Verbot des Haltens, des Handelns und des beruflichen Umgangs mit Pferden bezieht, und die Vollziehung der angefochtenen Entscheidung auszusetzen.

Das Landgericht Bielefeld hat durch Beschluss vom 19.02.2008 der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II.
Die sofortige Beschwerde ist zulässig, hat aber in der Sache nur den aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Erfolg.

Soweit sich das Rechtsmittel des Verurteilten gegen die ihm erteilte Weisung aus dem Bewährungsbeschluss der Strafkammer vom 05.12.2007 in der Fassung des Beschlusses vom 16.01.2008 richtet, führt es gemäß § 305 a Abs. 1 S. 2 StPO nur zu der eingeschränkten Überprüfung, ob die erteilte Anordnung gesetzeswidrig ist. Im Rahmen dieser Prüfung ist zu klären, ob die angefochtene Entscheidung in der angewendeten Vorschrift eine ausreichende Rechtsgrundlage hat, ob ein etwaiger Ermessensmissbrauch vorliegt sowie, ob der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und der Bestimmtheitsgrundsatz eingehalten sind (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 50. Aufl., § 453 Rdnr. 12 m.w.N.).

Ein Tierhaltungs- und Betreuungsverbot kann grundsätzlich Gegenstand einer zulässigen Weisung nach § 56 c StGB sein, wenn der Verurteilte im Zusammenhang mit dem Halten und Betreuen von Tieren bereits Straftaten begangen hat und nur mit ihrer Hilfe dem Verurteilten eine günstige Sozialprognose gestellt werden kann. Insoweit kann auf die zutreffenden Ausführungen der Strafkammer in dem angefochtenen Beschluss vom 16.01.2008 Bezug genommen werden.

Der Umstand, dass § 20 TierSchG unter bestimmten Voraussetzungen, die hier allerdings zum Zeitpunkt der Verurteilung des Beschwerdeführers durch Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 05.12.2007 nicht vorlagen, als Maßregel der Besserung und Sicherung ein Verbot der Tierhaltung vorsieht, steht der Zulässigkeit einer solchen Weisung nicht entgegen. Denn aus dem Gesetz lässt sich jedenfalls ein uneingeschränkter Grundsatz, dass die Vorschriften über die Maßregeln der Sicherung und Besserung abschließende Sonderregelungen darstellen, die in ihrem Regelungsbereich die Anordnung von Maßnahmen, die Gegenstand einer Maßregel sein können, im Wege einer Weisung gemäß § 56 c StGB nicht zulassen, nicht entnehmen (vgl. BGH NJW 1956, 1447 betr. eine Bewährungsauflage, einen bestimmten Beruf nicht auszuüben; Groß in Münchener Kommentar, StGB, § 56 c Rdnr. 12; Gribbohm in LK, StGB, 11. Aufl., § 56 c Rdnr. 23 ff.; Stree in Schönke/Schröder, StGB, 27. Aufl., § 56 c Rdnr. 12; a.A. Horn in SK-StGB, 8. Aufl., § 56 c Rdnr. 6, 7). So lässt das Gesetz selbst Weisungen, die der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder in einer Entziehungsanstalt entsprechen, gemäß § 56 c Abs. 3 StGB unter bestimmten Voraussetzungen zu (vgl. Gribbohm a.a.O.; Stree a.a.O.; Groß a.a.O.). Weisungen, die in die Berufsfreiheit des Verurteilten eingreifen und einem jedenfalls zeitigen Berufsverbot gleichkommen, sind von der Rechtsprechung anerkannt worden (vgl. OLG Hamburg NJW 1972, 168; Gribbohm, a.a.O., § 56 c Rdnr. 24 m.w.N.). Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung NJW 1956, 1447 ausgeführt, dem Verurteilten könne nicht nur unter den Voraussetzungen des gesetzlich geregelten Berufsverbotes die Ausübung einer bestimmten beruflichen Tätigkeit untersagt werden. Vielmehr könne einem Verurteilten, der sich anfällig gegenüber den Versuchungen krimineller Natur, die sein Beruf mit sich bringe, zum Zwecke seiner Wiedereingliederung für die Dauer der Bewährungszeit aufgegeben werden, einen bestimmten Beruf nicht auszuüben, sofern dadurch nicht in unzumutbarer Weise in dessen Lebensführung eingegriffen werde. Diese Kriterien gelten nach Auffassung des Senats entsprechend, wenn Weisungen, die die Haltung und Betreuung von Tieren betreffen, in ihrer Wirkung einem Tierhaltungsverbot gemäß § 20 TierSchG gleichkommen.

Die mit dem angefochtenen Beschluss verhängte Weisung begegnet keinen rechtlichen Bedenken, soweit sie dem Verurteilten aufgibt, die Haltung und Betreuung von Pferden und auch von anderen größeren Tieren zu unterlassen. Denn angesichts der mehrmaligen Verstöße des Verurteilten in der Vergangenheit gegen das Tierschutzgesetz sowie unter Berücksichtigung der beengten wirtschaftlichen Verhältnisse des Verurteilten besteht die Gefahr, dass dieser nicht nur bei der Haltung und Betreuung von Pferden, sondern auch bei anderen größeren Tieren, die sich in seiner Obhut befinden, - insbesondere wenn diese im Freien gehalten werden - die Tiere nicht ausreichend versorgt und beaufsichtigt und damit die Gefahr weiterer Verstöße gegen das Tierschutzgesetz. Allerdings ist die dem Verurteilten erteilte Weisung insoweit als gesetzeswidrig zu bewerten, als sie nicht nur die Haltung und Betreuung von Tieren, sondern auch den Umgang mit diesen dem Verurteilten untersagt. Denn zu beanstanden ist, dass die Einhaltung dieses Verbotes nicht nur nicht kontrollierbar ist, sondern auch einen unzumutbaren Eingriff in die Lebensführung des Verurteilten bedeutet, da diesem bei Erfüllung der Weisung jeder, auch nur vorübergehende, Kontakt mit Tieren - außer mit Kleinsttieren - untersagt wäre, obwohl bei lediglich vorübergehenden Kontakten zu Tieren bei dem Verurteilten mit Verstößen gegen das Tierschutzgesetz nicht zu rechnen ist. Ein unzumutbarer Eingriff in die Lebensführung des Verurteilten liegt auch darin, dass dem Verurteilten lediglich die Haltung und Betreuung von Kleinsttieren gestattet worden ist. Die in der Vergangenheit von dem Verurteilten begangenen Verstöße gegen das Tierschutzgesetz wurden im Zusammenhang mit der Haltung von Pferden begangen, die sich überwiegend im Freien oder in Stallungen bzw. auf Weideflächen aufhielten, die in deutlicher Entfernung von dem Wohngrundstück des Verurteilten gelegen waren. Bei dieser Art der Tierhaltung besteht eine besondere Gefahr, dass die Tiere sich selbst überlassen und nur unzureichend versorgt und beaufsichtigt werden. Diese Gefahr besteht nicht im gleichen Maße bei der Haltung eines Hundes, einer Katze oder von Heimtieren. Mit der Pflege und Betreuung solcher Tiere ist der Verurteilte bisher auch nicht negativ in Erscheinung getreten. Unter Berücksichtigung dieser Umstände hat der Senat die dem Verurteilten erteilte Weisung in dem aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Umfang abgeändert.


III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 1 StPO. Für eine Anwendung der Vorschrift des § 473 Abs. 4 StPO hat der Senat keinen Anlass gesehen, da das Obsiegen des Verurteilten im Ergebnis nur als gering einzustufen ist.

Posthoff Giesert Richter am LG Teipel ist
aus dem Senat ausge-
schieden und darum
verhindert zu unter-
schreiben.

Hamm, den 18.03.08
Posthoff



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