Diese Homepage verwendet Cookies, um Inhalte und Anzeigen zu personalisieren, Funktionen für soziale Medien anbieten zu können und die Zugriffe auf die Website zu analysieren. Außerdem gebe ich Informationen zu Ihrer Nutzung meiner Website an meine Partner für soziale Medien, Werbung und Analysen weiter.

OK Details ansehen Datenschutzerklärung

Rechtsprechung

Aktenzeichen: 4 Ss OWi 436/07 OLG Hamm

Leitsatz: Erwerbstätigkeit i.S.v. § 7 Abs. 4 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch liegt nur dann vor, wenn ein zumindest in etwa leistungsgerechtes Entgelt gezahlt wird. Auch bei der Beschäftigung naher Verwandter muss dieses Entgelt über bloße Unterhaltsleistungen deutlich hinausgehen.

Senat: 4

Gegenstand: Rechtsbeschwerde

Stichworte: Erwerbstätigkeit; Verdienst; Verwandter

Normen: SGB IV 7

Beschluss:

Bußgeldsache
gegen pp.
wegen Verstoßes gegen das Aufenthaltsgesetz.

Auf den Antrag des Betroffenen auf Zulassung der Rechtsbeschwerde gegen das Urteil des Amtsgerichts Münster vom 8. März 2007 hat der 4. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 09. 10. 2007 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht sowie die Richter am Oberlandesgericht und nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen (Entscheidung des Einzelrichters).

Das angefochtene Urteil wird aufgehoben und der Betroffene freigesprochen.

Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen des Betroffenen trägt die Landeskasse.

Gründe:
I.
Das Amtsgericht hat gegen den Betroffenen wegen einer fahrlässig begangenen Ordnungswidrigkeit gemäß §§ 4 Abs. 3 AufenthG, 404 Abs. 2 Nr. 3 SGB III eine Geldbuße in Höhe von 250,- € verhängt. Hiergegen wendet sich der Betroffene mit der Rechtsbeschwerde, deren vorherige Zulassung er beantragt.

Die Generalstaatsanwaltschaft beantragt die Verwerfung des Zulassungsantrags als unbegründet.

II.
Das Amtsgericht hat folgende Feststellungen getroffen:

„Der Betroffene, der ordnungsrechtlich bisher noch nicht in Erscheinung getreten ist, ist libanesischer Staatsangehöriger. Auf der Grundlage einer ihm erteilten unbefristeten Niederlassungserlaubnis betreibt der Betroffene als selbständiger Inhaber der Firma „X — Automobile“ in Münster den An- und Verkauf sowie den Export von Kraftfahrzeugen.

Vom 01 .07.2003 bis zum 17.02.2005 beschäftigte der Betroffene den libanesischen Staatsangehörigen X.X., bei dem es sich um seinen Vater handelt, in seinem Betrieb und setze ihn beim An- und Verkauf von Kraftfahrzeugen ein. Dazu meldete der Betroffene seinen Vater, dem auf der Grundlage einer Duldung von der Stadt Münster für diesen Zeitraum eine entsprechende Arbeitserlaubnis erteilt worden war, bei der zuständigen Sozialversicherung als Beschäftigten ohne besondere Merkmale an.

Nachdem die Arbeitserlaubnis für ihn nicht verlängert worden war, hielt sich der Vater des Betroffenen mit dessen Einverständnis ab dem 17.02.2005 mehrmals in der Woche im Betrieb des Betroffenen auf. Dabei beaufsichtigte er den Büroraum, nahm bei Verhinderung des Betroffenen Telefonate entgegen, gab Fahrzeugschlüssel aus und erteilte den Kunden der Firma anhand vorhandener Computerdateien Auskünfte über Fahrzeuge. Ein Entgelt zahlte der Betroffene seinem Vater dafür nicht.

Wegen dieser Tätigkeit erließ die Bußgeldbehörde unter dem 20.06.2006 einen Bußgeldbescheid gegen Herrn X.X. und verhängte gegen diesen eine Geldbuße von 75,- Euro. Seinen dagegen eingelegten Einspruch nahm Herr X.X. mit Schreiben vom 12.01.2007 zurück.“

III.
Die Rechtsbeschwerde ist zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung gemäß § 80 Abs. 1 Nr. 1 2. Fall OWiG zuzulassen, da über den Einzelfall hinausreichende, übergreifende Gesichtspunkte betroffen sind und die Rechtsfrage über den entschiedenen Einzelfall hinaus für die Rechtsprechung im Ganzen von Bedeutung ist. Zu entscheiden ist nämlich, ob für das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses eine Entgeltzahlung nicht erforderlich ist - wie das Amtsgericht Münster meint - oder ob eine tatsächliche Vergütung tatsächlich gezahlt worden sein muss. Ohne Überprüfung des Urteils auf diese Frage hin würde eine uneinheitliche Rechtsprechung Platz greifen können.

IV.
Die zulässige Rechtsbeschwerde hat Erfolg.

Die vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen tragen eine Verurteilung des Betroffenen wegen einer fahrlässig begangenen Ordnungswidrigkeit gemäß §§ 4 Abs. 3 AufenthG, 404 Abs. 2 Nr. 3 SGB III nicht. Gemäß § 4 Abs. 1 u. 2 AufenthG ist die Ausübung einer Erwerbstätigkeit von Ausländern an dort näher aufgezeigte Voraussetzungen geknüpft. Den Begriff der Erwerbstätigkeit definiert das Aufenthaltsgesetz in § 2 Abs. 2. Danach ist Erwerbstätigkeit die selbstständige Tätigkeit und die Beschäftigung i.S.v. § 7 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch. In Rechtsprechung und Literatur (vgl. Kasseler Kommentar/Seewald, Sozialversicherungsrecht, 54. Ergänzungslieferung 2007, SGB IV § 7 Rdnr. 104 m.w.N.) ist anerkannt, dass eine Erwerbstätigkeit i.S.v. § 7 SGB IV nur dann vorliegt, wenn ein zumindest in etwa leistungsgerechtes Entgelt gezahlt wird. Auch bei der Beschäftigung naher Verwandter muss dieses Entgelt über bloße Unterhaltsleistungen deutlich hinausgehen. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt, da den Feststellungen des Amtsgerichts zufolge keinerlei Entgelt gezahlt worden ist.

V.
Das Urteil beruht auf diesem Rechtsfehler und ist aufzuheben. Da nicht zu erwarten ist, dass weitere Ermittlungen zu der Feststellung der Entgeltlichkeit der Erwerbstätigkeit führen, entscheidet der Senat in der Sache und spricht den Betroffenen frei.

VI.

Die Kostenentscheidung trägt dem Erfolg des Rechtsmittels Rechnung.



zur Startseite "Rechtsprechung"

zum Suchformular

Die Nutzung von Burhoff-Online ist kostenlos. Der Betrieb der Homepage verursacht aber für Wartungs-, Verbesserungsarbeiten und Speicherplatz laufende Kosten.

Wenn Sie daher Burhoff-Online freundlicherweise durch einen kleinen Obolus unterstützen wollen, haben Sie hier eine "Spendenmöglichkeit".