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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 4 Ws 155 und 165/07 OLG Hamm

Leitsatz: Zum Widerruf der Strafaussetzung und der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus zur Bewährung.

Senat: 4

Gegenstand: Beschwerde

Stichworte: Widerruf der Strafaussetzung, Widerruf der Unterbringung, Aufhebung, Zurückweisung des Widerrufsantrages, Weisungsverstoß, Gefahr neuer Straftaten nicht erkennbar, kein Kontakt zum Bewährungshelfer, ambulante ärztliche Behandlung

Normen: StGB 56 f Abs. 1 Nr. 2, StGB 67 g Abs. 1 Nr. 2

Beschluss:

]
Norm[ ]
Beschluss[ Strafvollstreckungssache gegen M. B.,
wegen Untreue,
hier: Widerruf der Strafaussetzung und der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus zur Bewährung.

Auf die sofortige Beschwerde des Verurteilten vom 9. Februar 2007 gegen den Beschluss der 2. Strafkammer des Landgerichts Paderborn vom 2. Februar 2007 hat der 4 . Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 27. März 2007 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Leygraf, den Richter am Oberlandesgericht Duhme und den Richter am Amtsgericht Meiring nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.
Der Antrag der Staatsanwaltschaft Paderborn, die bewilligte Strafaussetzung zur Bewährung zu widerrufen, wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Staatskasse, die auch die dem Verurteilten entstandenen notwendigen Auslagen zu erstatten hat.

Gründe: I. Der nur wegen gemeinschädlicher Sachbeschädigung und vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu jeweils geringen Geldstrafen vorbestrafte Verurteilte wendet sich mit seiner zulässigen sofortigen Beschwerde gegen den Beschluss der 2. Strafkammer des Landgerichts Paderborn, durch den die Aussetzung der Strafe sowie der Maßregel zur Bewährung aus dem Urteil desselben Gerichts vom 17. November 2003 widerrufen worden ist. Zugrunde lag eine Verurteilung wegen Untreue zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten und Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus, beides für eine Bewährungszeit von fünf Jahren zur Bewährung ausgesetzt. Nach den Feststellungen des Urteils litt der Verurteilte, der sich bereits zuvor mehrmals stationär in psychiatrischer Behandlung befunden hatte, bei Begehung der Tat unter einer hebephrenen Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis, die zu einer erheblichen Einschränkung seiner Steuerungsfähigkeit geführt habe. Da sich der krankheitseinsichtige Verurteilte seinerzeit in einer sozialpsychiatrischen Rehabilitationsbehandlung befunden hatte und medikamentös gut eingestellt war, waren Strafe und Maßregel zur Bewährung ausgesetzt worden.
Die Strafkammer hat sowohl die Strafaussetzung als auch die Aussetzung der Unterbringung zur Bewährung widerrufen, weil der Verurteilte gröblich und beharrlich gegen die ihm erteilte Weisung verstoßen habe, sich weiter einer psychiatrischen Behandlung zu unterziehen. Seit August 2006 sei er bei dem ihn behandelnden Arzt nicht mehr vorstellig worden.
Die Generalstaatsanwaltschaft beantragt, die sofortige Beschwerde zu verwerfen.
II. Das Rechtsmittel hat Erfolg. Der angefochtene Beschluss war aufzuheben und der - allein - gestellte Antrag der Staatsanwaltschaft Paderborn, die bewilligte Strafaussetzung zur Bewährung zu widerrufen, abzulehnen.
Die Voraussetzungen für einen Widerruf liegen nicht vor.
Nach § 67 g Abs. 1 Nr. 2 StGB widerruft das Gericht die bewilligte Aussetzung der Unterbringung, wenn der Verurteilte gröblich und beharrlich gegen ihm erteilte Weisungen verstößt und sich daraus ergibt, dass der Zweck der Maßregel seine Unterbringung erfordert. Nach § 56 f Abs. 1 Nr. 2 StGB ist eine Strafaussetzung zur Bewährung zu widerrufen, wenn der Verurteilte gegen Weisungen gröblich und beharrlich verstößt und er dadurch Anlass zur Besorgnis gibt, dass er erneut Straftaten begehen wird.
Diese Voraussetzungen liegen jedenfalls derzeit nicht vor.
Ein Widerruf der Strafaussetzung nach § 56 f Abs. 1 Nr. 2 StGB erfordert eine negative Kriminalprognose des Gerichts nach Vornahme einer Gesamtwürdigung des Verhaltens des Verurteilten in der Bewährungszeit im Hinblick auf die konkrete Bedeutung der Verstöße. Es muss die Gefahr gleichartiger Straftaten wie die, die der Verurteilung zugrunde lagen, gegeben sein (vgl. Tröndle/Fischer, StGB, 54. Auflage, § 56 f Rdnr. 11).
Vorliegend ist zu berücksichtigen, dass der Verurteilte zum Bewährungshelfer stets angemessenen Kontakt gehalten hat. Seine stationäre psychiatrische Behandlung hatte er zunächst bis Ende 2005 in der Rehabilitationseinrichtung und einer Außenwohngruppe abgeschlossen. Anschließend hatte er die ambulante Abhandlung bei Dr. Da. fortgesetzt, bis er die Arztbesuche im August 2006 abgebrochen hatte. Ein Ermittlungsverfahren wegen Unterschlagung eines von einem anderen Kunden im Geldausgabeschacht eines Geldautomaten vergessenen 50,00 Euro-Scheines (Tatzeit: 1. Februar 2005) ist nach § 153 bzw. 153 a StPO - die Angaben im Bewährungsheft dazu sind widersprüchlich - eingestellt worden. In der mündlichen Anhörung hat der Verurteilte angegeben, er habe sich nunmehr wieder bei Dr. Da. vorgestellt und eine Einweisung für die Westfälische Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie in Paderborn erhalten, wohin er sich sofort begeben werde, um dort weiter stationär behandelt zu werden.
Bei dieser Sachlage ist schon fraglich, ob im Zeitpunkt der Anhörung überhaupt (noch) ein gröblicher und beharrlicher Verstoß gegen die Weisung, sich behandeln zu lassen, vorgelegen hat. Jedenfalls ist aber die Annahme der Gefahr neuer Straftaten nicht zu begründen, da dafür hinreichende Anhaltspunkte nicht bestehen. Insbesondere lässt sich die Gefahr nicht aus den bisherigen Vorstrafen, denen kein großes Gewicht zukommt, herleiten.
Dasselbe gilt sinngemäß für den Widerruf der Unterbringung, wobei das eingestellte Ermittlungsverfahren - unabhängig von der Frage der Täterschaft des Verurteilten - schon vom Gewicht der Tat den Widerruf nicht zu rechtfertigen vermag.
Der angefochtene Beschluss war daher aufzuheben.
Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass jedenfalls nach der Aktenlage Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die ursprüngliche Diagnose nicht aufrechtzuerhalten ist und der Verurteilte möglicherweise nur an einer posttraumatischen Belastungsstörung leidet. Dieser Punkt wäre ggfls. in einem erneuten Widerrufsverfahren vorab aufzuklären, da vom tatsächlichen Krankheitsbild die Art der erforderlichen Therapie abhängen dürfte. Außerdem erscheint es dem Senat zweifelhaft, dass eine hebephrene Psychose die Gefahr von der Verurteilung entsprechenden gleichartigen Vermögensstraftaten signifikant erhöht.
Die Kostenentscheidung trägt dem Erfolg des Rechtsmittel Rechnung, § 467 analog.



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