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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 4 Ss OWi 85/07 OLG Hamm

Leitsatz: Zur Ablehnung wegen der Besorgnis der Befangenheit, wenn im Bußgeldverfahren der Betroffene nicht auf die Herbeischaffung von Beweismitteln hingewiesen worden ist.

Senat: 4

Gegenstand: Revision Rechtsbeschwerde Beschwerde Haftprüfung durch das OLG Pauschgebühr Justizverwaltungssache Antrag auf gerichtliche Entscheidung

Stichworte: Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit, Besorgen von Fotos des Bruders, Geschwindigkeitsüberschreitung, Identifizierung, kein Hinweis auf Herbeischaffung der Fotos, Libi, kein Hinweis auf Abladung des Zeugen (Bruders), verspätete Anbringung des Befangenheitsgesuchs

Normen: StPO 267 Abs. 1 S. 3, StPO 344 Abs. 2 S. 2, StPO 338 Nr. 3, StPO 24, StPO 25, StPO 28 Abs. 2

Beschluss:

Bußgeldsache gegen Dr. H.-J. B.,
wegen fahrlässiger Geschwindigkeitsüberschreitung außerorts.

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Warstein vom 19. September 2006 hat der 4 . Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 11. April 2007 durch den Richter am Oberlandesgericht als Einzelrichter gemäß § 80 a Abs. 1 OWiG auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft nach Anhörung des Betroffenen bzw. seines Verteidigers beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Beschwerderechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen ergeben hat (§§ 79 Abs. 3 OWiG, 349 Abs. 2 StPO).
Die Kosten des Rechtsmittels trägt der Betroffene (§§ 46 Abs. 1 OWiG, 473 Abs. 1 StPO).

Zusatz: Ergänzend zur Antragsschrift der Generalstaatsanwaltschaft vom 15. März 2007 führt der Senat aus:
1. Die Rüge der Verletzung des § 338 Nr. 3 StPO ist jedenfalls unbegründet. Dieser absolute Revisionsgrund liegt nur dann vor, wenn bei dem Urteil ein Richter mitgewirkt hat, nachdem er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt worden war und das Ablehnungsgesuch entweder für begründet erklärt oder zu Unrecht verworfen worden war. Diese Rüge, die ihrer Natur nach eine sofortige Beschwerde nach § 28 Abs. 2 StPO darstellt, ist vom Rechtsbeschwerdegericht nach Beschwerdegesichtspunkten zu behandeln (Meyer-Goßner, StPO, 49. Auflage, § 338 Rdnr. 25, 27).
Das Ablehnungsgesuch des Betroffenen ist jedoch im Ergebnis zu Recht verworfen worden.
a) Soweit der Betroffene sein Befangenheitsgesuch darauf gestützt hatte, das Amtsgericht habe "hinter dem Rücken von Betroffenem und Verteidiger" die Polizei beauftragt, Fotos von dem Zeugen Dr. H. B. anzufertigen, war das Befangenheitsgesuch bereits unzulässig, denn es war nicht rechtzeitig i.S.d. § 25 StPO angebracht worden. Die in diesem Zusammenhang vom Betroffenen gerügten Umstände waren ihm und seinem Verteidiger, wie sich aus dessen Schriftsatz vom 23. August 2006 ergibt, jedenfalls seit diesem Tage bekannt. Das hierauf gestützte Ablehnungsgesuch hätte deshalb bis zum Beginn der Vernehmung des Betroffenen über seine persönlichen Verhältnisse angebracht werden müssen, § 25 Abs. 1 StPO, was aber ausweislich des Protokolls nicht der Fall ist.
Im übrigen wäre das Ablehnungsgesuch und damit die Rüge der Verletzung von § 338 Nr. 3 StPO insoweit auch unbegründet. Mißtrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters ist nur gerechtfertigt, wenn der Ablehnende bei verständiger Würdigung des ihm bekannten Sachverhalts Grund zu der Annahme hat, daß der abgelehnte Richter ihm gegenüber eine innere Haltung einnimmt, die seine Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit störend beeinflussen kann. Abzustellen ist dabei auf einen vernünftigen Betroffenen (vgl. Meyer-Goßner, a.a.O. § 24 Rdnr. 8). Angesichts der generell geringeren Bedeutung von Bußgeldsachen und des Umstandes, daß sich der Betroffene und sein sehr erfahrener Verteidiger gegebenenfalls schnell und einfach auf dieses neue Beweismittel, wenn es denn herbeigeschafft und in die Hauptverhandlung eingeführt worden wäre, hätten einstellen können, bestand keine zwingende Notwendigkeit, auf die Anordnung der Herbeischaffung der Fotos gesondert hinzuweisen. Aus verständiger Sicht konnten sich hieraus keine Bedenken gegen die Unparteilichkeit des Richters ergeben.
b) Soweit im Befangenheitsgesuch beanstandet worden ist, das Gericht habe nicht für notwendig erachtet mitzuteilen, warum der Zeuge Dr. B., der geltend gemacht hatte, am Terminstag beruflich in Italien verhindert zu sein, abgeladen worden sei, ist der erhobene Vorwurf schon objektiv nicht zu halten, das Befangenheitsgesuch und damit auch die Rüge der Verletzung von § 338 Nr. 3 StPO daher jedenfalls unbegründet. Das Gericht hatte die allein maßgebliche Information der Abladung unter dem 28. August 2006 erteilt. Nähere Erläuterungen zum Grund der Abladung mußte das Gericht nicht geben.
Falls das Ablehnungsgesuch auch darauf gestützt worden sein sollte, das Gericht habe im Zeitpunkt der Mitteilung der Abladung des Zeugen Dr. B. nicht darauf hingewiesen, das Gericht habe Lichtbilder von diesem Zeugen über die Meldebehörde herbeigeschafft, bestehen Bedenken an der Zulässigkeit der erhobenen Rüge, weil nicht hinreichend mitgeteilt worden ist, daß dem Amtsgericht die Fotos der Meldebehörde im Zeitpunkt der Abladungsmitteilung bereits vorlagen. Die Rüge ist aber jedenfalls unbegründet, da, wie bereits ausgeführt, eine solche Mitteilung vor der Hauptverhandlung schon nicht zwingend erforderlich war. Ersichtlich hat das Gericht zu Beginn der Hauptverhandlung am 7. September 2006 darauf hingewiesen, daß Lichtbilder über den Zeugen beigebracht worden seien. Das läßt sich jedenfalls dem Schriftsatz des Verteidigers vom 19. September 2006 entnehmen, in dem ausgeführt wird, daß der Verteidiger nach der entsprechenden Mitteilung des Gerichts um Unterbrechung der Hauptverhandlung und Akteneinsicht gebeten habe. Dem entspricht das Hauptverhandlungsprotokoll, aus dem sich ergibt, daß nach Erklärung des Betroffenen, sich nicht zur Sache äußern zu wollen, die Sitzung unterbrochen und dem Verteidiger Akteneinsicht gewährt wurde. Erst nach Stellung des Ablehnungsgesuchs sind im Rahmen der Beweisaufnahme die streitigen Lichtbilder in Augenschein genommen worden. Dieses Vorgehen reichte jedenfalls aus, um den Betroffenen und seinen Verteidiger zu informieren, und ist nicht zu beanstanden. Es vermag daher aus verständiger Sicht die Besorgnis der Befangenheit des abgelehnten Richters nicht zu begründen.
Nur am Rande merkt der Senat an, daß dem Betroffenen und seinem Verteidiger durch eine entsprechende Mitteilung des Zeugen Dr. H. B. bereits am 23. August 2006 bekannt war, daß sich das Gericht um Lichtbilder von dem Zeugen Dr. H. B. bemüht hatte. Dieser hatte jedoch ausweislich des Vermerks der Polizei Hamburg vom 17. August 2006 die Anfertigung von Lichtbildern unter Hinweis auf aktuelle Lichtbilder beim Einwohnermeldeamt verweigert. Daß der Zeuge Dr. H. B. den Betroffenen, seinen Bruder, hierüber nicht informiert hat, erscheint wenig wahrscheinlich.
c) Soweit der Betroffene sein Befangenheitsgesuch auf den lose bei den Akten befindlichen Internetausdruck aus der Homepage der Rechtsanwälte Sp. & J. mit Foto und Lebenslauf des Betroffenen bezieht, ist festzustellen, daß es sich dabei ersichtlich nicht um Aktenbestandteile gehandelt hat, sondern um eigene Arbeitsunterlagen des Richters, die sich jetzt nicht mehr bei den Akten befinden und auch nicht mehr befinden müssen. Sie sind auch nicht in die Hauptverhandlung eingeführt worden. Warum sich daraus Bedenken gegen die Unbefangenheit des abgelehnten Richters ergeben können sollen, ist weder im Ablehnungsverfahren noch im Revisionsverfahren vorgebracht worden und auch für das Rechtsbeschwerdegericht nicht ersichtlich.
d) Auf neue Tatsachen oder Beweismittel kann die Rüge der Verletzung des § 338 Nr. 3 StPO nicht gestützt werden (Meyer-Goßner, a.a.O. § 338 Rdnr. 27), so daß die vermutete "Verärgerung hinsichtlich des erneuten Verlegungswunsches des Zeugen Dr. H. B." hier keine Beachtung mehr findet.
2. Die Rüge der Verletzung des § 244 Abs. 3 StPO führt aus den zutreffenden Gründen der Antragsschrift der Generalstaatsanwaltschaft ebenfalls nicht zum Erfolg. Auch der Senat ist der Ansicht, daß es sich bei dem Antrag auf Vernehmung der Zeugin K. der Sache nach nur um einen Beweisermittlungsantrag gehandelt hat. Insoweit hätte allenfalls eine Aufklärungsrüge erhoben werden können, was aber nicht erfolgt ist.



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