Diese Homepage verwendet Cookies, um Inhalte und Anzeigen zu personalisieren, Funktionen für soziale Medien anbieten zu können und die Zugriffe auf die Website zu analysieren. Außerdem gebe ich Informationen zu Ihrer Nutzung meiner Website an meine Partner für soziale Medien, Werbung und Analysen weiter.

OK Details ansehen Datenschutzerklärung

Rechtsprechung

Aktenzeichen: 3 Ws 436/07 OLG Hamm

Leitsatz: Zum Widerruf von Strafaussetzung zur Bewährung beim Verstoß gegen Weisungen.

Senat: 3

Gegenstand: Beschwerde

Stichworte: Strafaussetzung zur Bewährung; Widerruf; Weisungsverstoß; Therapieauflage; Anrechnung von Leistungen;

Normen: § 56 f StGB

Beschluss:

Strafsache
gegen pp.
wegen Vergewaltigung u.a.,
(hier: sofortige Beschwerde des Verurteilten gegen den Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung).

Auf die sofortige Beschwerde des Verurteilten vom 18. Juni 2007 gegen den Beschluss der III. großen Strafkammer – Jugendkammer als Jugendschutzkammer - des Landgerichts Bielefeld vom 5. Juni 2007 hat der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 16. 07. 2007 durch nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Die sofortige Beschwerde wird mit der Maßgabe auf Kosten des Verurteilten als unbegründet verworfen, dass die von dem Verurteilten zur Erfüllung der ihm erteilten Bewährungsauflagen geleistete gemeinnützige Arbeit und erbrachten Zahlungen dergestalt auf die durch Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 23. März 2006 verhängte Gesamtfreiheitsstrafe angerechnet werden, dass vier Wochen dieser Strafe als verbüßt gelten.

Gründe:
I.
Die III. große Strafkammer – Jugendkammer als Jugendschutzkammer – des Landgerichts Bielefeld hat den Beschwerdeführer am 23.03.2006 wegen schwerer Vergewaltigung und wegen Vergewaltigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Zugleich hat die Strafkammer dem Verurteilten mit dessen ausdrücklichem Einverständnis die Weisung erteilt, sich einer sexualtherapeutischen Behandlung zu unterziehen und diese so lange fortzusetzen, wie dies seitens der behandelnden Therapeuten für erforderlich erachtet wird.

Durch den angefochtenen Beschluss hat die Strafkammer die Aussetzung der verhängten Gesamtfreiheitsstrafe zur Bewährung gemäß § 56 f Abs. 1 StGB widerrufen und zur Begründung angeführt, der Verurteilte habe gröblich und beharrlich gegen die ihm erteilte Therapieweisung verstoßen und gebe deshalb in hohem Maße Anlaß zu der Besorgnis, dass er erneut Straftaten begehe.

Gegen diesen Beschluss wendet sich der Verurteilte mit seiner sofortigen Beschwerde.

II.
Die gemäß §§ 453 Abs. 2 StPO i.V.m. § 56 f StGB statthafte und im Übrigen zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte Beschwerde ist nicht begründet.

Zu Recht hat das Landgericht die Strafaussetzung zur Bewährung gemäß § 56 f Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB widerrufen. Denn der Verurteilte hat gegen die ihm erteilte Therapieweisung gröblich und beharrlich verstoßen und dadurch Anlass zu der Besorgnis gegeben, dass er erneut Straftaten begeht.

Die dem Verurteilten erteilte Weisung begegnet in ihrer Ausgestaltung keinen Bedenken, die im Falle eines Verstoßes einem Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung entgegen stehen.

Die einem Verurteilten gemäß § 56 c Abs. 2 StGB erteilte Weisung muss klar und bestimmt sowie in ihrer Einhaltung überprüfbar sein. Nur so können Verstöße einwandfrei festgestellt werden, und der Verurteilte weiß unmissverständlich, wann ihm der Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung droht (Senat, Beschluss vom 06.01.2004 – 3 Ss 512/03, 3 Ws 373/03 - ). Angesichts des Freiheitsgrundrechts (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG), in das durch den Bewährungswiderruf und die damit verbundene Vollstreckung der Freiheitsstrafe eingegriffen wird, und der Tatsache, dass die Entziehung der Freiheit dem Richter vorbehalten ist (Art. 104 Abs. 2 Satz 1 GG), ist die inhaltliche, dem Bestimmtheitsgebot entsprechende Ausgestaltung von Auflagen und Weisungen gemäß §§ 56 b, 56 c, 56 e StGB allein dem Gericht übertragen (Senat, a.a.O., OLG Frankfurt, NStZ-RR 2003, 199, Stree, in Schönke/Schröder, StGB, 27. Auflage, § 56 d, Rdnr. 4). Das Gericht darf die ihm allein obliegende Befugnis nicht an Dritte delegieren, sondern muss die konkrete Ausgestaltung einer Weisung grundsätzlich selbst vornehmen. Bei einer Therapieweisung ist allerdings zu berücksichtigen, dass es zunächst die ureigene Aufgabe des Therapeuten ist, in Zusammenarbeit mit dem Verurteilten die bei diesem vorliegenden Problematik herauszuarbeiten und sodann Art, Umfang und Inhalt der durchzuführenden Therapie zu bestimmen (OLG Hamm, NStZ 2000, 373). Zeigen sich jedoch schon zu Beginn einer auf längere Zeit angelegten Therapie erhebliche Vorbehalte und Widerstände des Verurteilten gegen Art und Inhalt der ihm auferlegten Therapie, so kann ein Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung gleichwohl in Betracht kommen, bevor das Gericht die Therapieweisung durch nachträgliche Entscheidungen gemäß § 56 e StGB in einer dem Bestimmtheitsgebot entsprechenden Weise näher ausgestaltet hat. Das gilt insbesondere dann, wenn dem Verurteilten völlig klar sein muss, dass eine Nichtbefolgung der Therapieweisung zwangsläufig zum Bewährungswiderruf führt.

So liegt der Fall hier. Das Landgericht hat die Vollstreckung der Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren zur Bewährung ausgesetzt und dies maßgeblich damit begründet, dass der Verurteilte „nunmehr begonnen zu haben scheint, sich mit den Ursachen seines delinquenten Verhaltens auseinander zu setzen und in diesem Zusammenhang glaubhaft seine Bereitschaft bekundet hat, sich einer sexualtherapeutischen Behandlung zu unterziehen.“ Mit seinem ausdrücklichen Einverständnis ist dem Verurteilten sodann in dem Bewährungsbeschluss die Weisung erteilt worden, sich einer entsprechenden Therapie zu unterziehen. In den Folgemonaten hat der Verurteilte dann eine ambulante Psychotherapie bei dem Diplom-Psychologen S begonnen. Nach lediglich sechs probatorischen Sitzungen hat der Therapeut im Dezember 2006 erklärt, er sei nicht mehr bereit, die ambulante Psychotherapie fortzusetzen, weil sich der Verurteilte als unzuverlässig erwiesen habe. In einem richterlichen Anhörungstermin am 29.01.2007 ist dem Verurteilten daraufhin deutlich gemacht worden, dass die seitens der Kammer angeordnete sexualtherapeutische Behandlung weiterhin als dringend notwendig erachtet werde und eine Nichtdurchführung der Therapie zum Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung führe. Diese Ermahnung hat der Verurteilte zum Anlaß genommen, eine ambulante Therapie bei dem Facharzt für Psychiatrie Dr. Q in der X-Klinik H zu beginnen. Schon nach den ersten Sitzungen hat sich der Verurteilte aber nicht mehr an die therapeutischen Vereinbarungen gehalten. Er ist verspätet erschienen, hat Termine nicht eingehalten und für den Therapeuten „undurchschaubar“ agiert. Im Mai 2007 hat der Therapeut Dr. Q dann mitgeteilt, er sei aufgrund des Verhaltens der Verurteilten nicht mehr bereit, mit diesem weiterzuarbeiten. Er müsse „vorsichtshalber“ davon ausgehen, dass das Verhalten des Verurteilten als Widerstand gegen die Inhalte der Therapie zu verstehen sei.

Das gesamte Verhalten des Verurteilten zeigt, dass er erhebliche Vorbehalte und Widerstände gegen die Art und die Inhalte der ihm vom Landgericht auferlegten und auf längere Zeit angelegten Therapie hat. Bei zwei unterschiedlichen Therapeuten ist es jeweils nach dem Beginn der Therapie dazu gekommen, dass der Verurteilte weitere Terminsvereinbarungen nicht immer eingehalten und sich als unzuverlässig erwiesen hat. In beiden Fällen musste die Therapie deshalb frühzeitig beendet werden. Aufgrund seines ausdrücklich erklärten Einverständnisses, der eindeutigen Gründe des landgerichtlichen Urteils, der deutlichen Ermahnung im Anhörungstermin am 29.01.07 sowie der Hinweise des Therapeuten Dr. Q musste für den Verurteilten völlig klar sein, dass die Nichtbefolgung der Therapieweisung zwangsläufig zum Bewährungswiderruf führt.

Der Verstoß gegen die Therapieweisung ist gröblich und beharrlich erfolgt. Das Beschwerdevorbringen vermag eine andere Beurteilung nicht zu rechtfertigen. Insbesondere die Angaben des Verurteilten, die versäumten Termine aus Angst vor einem Arbeitsplatzverlust nicht wahrgenommen zu haben, sind als Schutzbehauptungen zu bewerten. Denn der Verurteilte hat einen mit Dr. Q vereinbarten Termin nach Beendigung seines Arbeitsverhältnisses ebenfalls nicht wahrgenommen.

Der Verstoß gegen die Therapieweisung gibt Anlaß zu der Besorgnis, dass der Verurteilte erneut Straftaten begehen wird. Der Verurteilte hat nach seinen eigenen Angaben weiterhin Fesselungsfantasien. Der Therapeut Dr. Q hält diese Fantasien vor dem Hintergrund der abgeurteilten Delikte für so brisant, dass mittelfristig von einer hohen Rückfallgefahr für ein einschlägiges Sexualdelikt auszugehen sei.

Abweichend von dem angefochtenen Beschluss waren die von dem Verurteilten geleisteten 118,75 Stunden gemeinnützige Arbeit sowie die von dem Verurteilten geleisteten Zahlungen von 250 € mit dem vom Landgericht in dem Beschluss vom 22.06.2006 zugrunde gelegten Umrechnungsfaktor (1 Stunde = 5 €) gemäß § 56 f Abs. 3 Satz 2 StGB mit 28 Tagen, also 4 Wochen, auf die Freiheitsstrafe anzurechnen. Dabei hat der Senat berücksichtigt, dass gemeinnützige Arbeit üblicherweise in einem Umfang von sechs Stunden pro Tag erbracht wird.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 StPO, der Teilerfolg ist nur geringfügig.



zur Startseite "Rechtsprechung"

zum Suchformular

Die Nutzung von Burhoff-Online ist kostenlos. Der Betrieb der Homepage verursacht aber für Wartungs-, Verbesserungsarbeiten und Speicherplatz laufende Kosten.

Wenn Sie daher Burhoff-Online freundlicherweise durch einen kleinen Obolus unterstützen wollen, haben Sie hier eine "Spendenmöglichkeit".