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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 2 Ws 332/06 OLG Hamm

Leitsatz: Zur (abgelehnten) Beiordnung eines Pflichtverteidigers für das Revisionsverfahren.

Senat: 2

Gegenstand: Beschwerde

Stichworte: Pflichtverteidiger; Beiordnung; Revisionsverfahren; Schwierigkeit der Sache; Schwere des Tat;

Normen: StPO 140

Beschluss:

Strafsache
gegen C.D.
wegen Beleidigung,
(hier: Ablehnung der Bestellung eines Pflichtverteidigers für das Revisionsverfahren).

Auf die Beschwerde des Angeklagten vom 6. Dezember 2006 gegen den Beschluss des Vorsitzenden der kleinen auswärtigen Strafkammer Recklinghausen des Landgerichts Bochum vom 27. November 2006 hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 15. 01. 2007 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Landgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Die Beschwerde wird auf Kosten des Angeklagten als unbegründet verworfen.

Gründe:
Der in den Jahren 2002 bis 2004 bereits zwei Mal wegen Beleidigung und einmal wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort rechtskräftig zu Geldstrafen verurteilte Angeklagte ist im vorliegenden Verfahren durch Urteil des Amtsgerichts Reckling-hausen vom 15. August 2006 wegen einer am 1. Februar 2006 begangenen Beleidigung zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 25,- € verurteilt worden. Seine hiergegen gerichtete Berufung ist durch Urteil der kleinen Strafkammer vom 26. Oktober 2006 verworfen worden. Mit seiner am 30. Oktober 2006 per Telefax erhobenen Revision gegen das Berufungsurteil hat der Angeklagte zugleich beantragt, ihm "Prozesskostenhilfe" zu bewilligen. Diesen Antrag hat der Vorsitzende der kleinen Strafkammer durch den nunmehr angefochtenen Beschluss vom 27. November 2006, den er zutreffend als Antrag auf Beiordnung eines Pflichtverteidigers für das Revisionsverfahren behandelt hat, mit der Begründung zurückgewiesen, dass die Voraussetzungen für eine notwendige Verteidigung gemäß § 140 StPO nicht vorliegen, insbesondere die Sach- und Rechtslage nicht schwierig sei. Ferner ist der Angeklagte in diesem Beschluss unter Hinweis auf den Beschluss des hiesigen 1. Strafsenats vom 5. Februar 1981 in 1 Ws 15/81 = NStZ 1982, 345 darauf hingewiesen worden, dass es ihm vorbehalten bleibe, seine Revisionsbegründung zu Protokoll des Rechtspflegers zu erklären.

Die hiergegen gerichtete zulässige Beschwerde ist nicht begründet.
Hierzu hat die Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Stellungnahme u. a. Folgendes ausgeführt:

"Der Vorsitzende der Strafkammer hat zu Recht davon abgesehen, dem Angeklagten für das Revisionsverfahren einen Pflichtverteidiger beizuordnen. Die Voraussetzungen für eine hier allein in Betracht zu ziehende Beiordnung nach § 140 Abs. 2 StPO liegen nicht vor. Danach hat der Vorsitzende dem Angeklagten dann einen Pflichtverteidiger zu bestellen, wenn dies wegen der Schwere der Tat oder wegen der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage geboten erscheint oder wenn ersichtlich ist, dass sich der Angeklagte nicht selbst verteidigen kann. Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Die Schwere der Tat beurteilt sich vor allem nach der zu erwartenden Rechtsfolgenentscheidung. In der Regel gebietet die Schwere der Tat dann die Beiordnung eines Pflichtverteidigers, wenn eine Freiheitsstrafe von einem Jahr oder mehr ohne Bewährung zu erwarten ist (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 49. Auflage, § 140 Rdnr. 23 m. w. N.). Vorliegend hat das Landgericht Bochum die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Recklinghausen vom 15.08.2006, mit dem der Angeklagte zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 25,00 € verurteilt worden ist, verworfen. Aufgrund des in der Revisionsinstanz zu beachtenden Verschlechterungsverbotes dürfen ungünstigere Rechtsfolgen gegen den Angeklagten nicht verhängt werden. Das Gewicht der zu erwartenden Rechtsfolgen gebietet die Beiordnung eines Pflichtverteidigers somit nicht.
Veranlassung zur Beiordnung eines Pflichtverteidigers besteht auch nicht aufgrund der Schwierigkeit der Sach- und/oder Rechtslage. Der Sachverhalt als Grundlage der sachlich-rechtlichen Beurteilung ist in der Revisionsinstanz schon deshalb nicht schwierig, weil er in dem angefochtenen Urteil für das Revisionsgericht bindend festgestellt ist. Soweit es um die tatsächlichen Voraussetzungen von Verfahrensrügen geht, ist nicht ersichtlich oder dargetan, dass eine als schwierig zu beurteilende Sachlage vorliegt. Das Gesetz oder das Gebot fairer Verfahrensführung verlangen nicht die Bestellung eines Verteidigers zu dem Zweck, möglicherweise vorhandene, aber noch nicht erkannte Verfahrensfehler "aufzuspüren“. Darüber hinaus ist nicht dargetan, dass der Angeklagte beabsichtigt, Verfahrensrügen zu erheben, deren Proto-kollierung nach § 345 Abs. 2 StPO der Rechtspfleger nicht gewachsen sein könnte (vgl. OLG Oldenburg, NStZ, 1984, 523).
Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass der Angeklagte nicht in der Lage ist, seine Verteidigung selbst sachgerecht wahrzunehmen, bestehen ebenfalls nicht."

Diesen zutreffenden Ausführungen tritt der Senat bei.
Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass sich bereits aus den in der vorliegenden Akte befindlichen Eingaben des Angeklagten ergibt, dass er durchaus in der Lage ist, seine Anliegen und - wenn auch nicht immer zutreffende - Rechtsmeinungen vorzubringen.
Überdies ergibt sich aus dem Berufungsurteil, dass der Angeklagte auch gegen frühere Entscheidungen vorzugehen in der Lage ist und auch Anträge vor einem Rechtspfleger bzw. einer Rechtspflegerin gestellt hat, soweit dies proessual erforderlich ist.
Das Beschwerdevorbringen, das der Angeklagte mit Schreiben vom 28. Dezember 2006 teilweise wiederholt hat, gibt zu einer anderen Entscheidung keinen Anlass.

Angesichts der bereits in den Tatsacheninstanzen äußerst einfach gelagerten Sach- und Rechtslage, die sich im Revisionsverfahren nicht anders darstellt, hat der Vorsitzende der Strafkammer den Angeklagten im angefochtenen Beschluss zutreffend erneut darauf hingewiesen, dass die Revision auch zu Protokoll des Rechtspflegers erklärt werden kann, worüber er im Übrigen auch bereits im Rahmen der Rechts-mittelbelehrung in der Berufungshauptverhandlung nach Verkündung des Urteils belehrt worden war.
Dies gilt auch vor dem Hintergrund, dass sich der Angeklagte schon zuvor durchaus sachgerechten Erklärungen und Anregungen bereits des Amtsrichters und auch des Vorsitzenden der Berufungsstrafkammer bislang nicht zugänglich gezeigt hat.

Ob der Angeklagte zwischenzeitlich von der ihm aufgezeigten Möglichkeit der Revisionsbegründung Gebrauch gemacht hat oder die Revisionsbegründung zwischenzeitlich durch einen von dem Angeklagten beauftragten Wahlverteidiger eingereicht worden ist, lässt sich den vorliegenden Akten nicht entnehmen.
Eine Beratung und Entscheidung über die Beschwerde vor dem 2. Januar 2007, dem Ablauf der Frist zur Begründung der Revision, war dem Senat schon deshalb nicht möglich, weil ihm die Akten vorher nicht vorgelegen haben.

Nach alledem war die Beschwerde mit der sich aus § 473 Abs. 1 StPO ergebenden Kostenfolge als unbegründet zu verwerfen.



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