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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 2 Ss 529/06 OLG Hamm

Leitsatz: Kommt die Gewährung eines sog. Härteausgleichs in Betracht, muss das erkennende Gericht darlegen, dass es sich dieser Sachlage bewusst ist.

Senat: 2

Gegenstand: Revision

Stichworte: Gesamtstrafenbildung; nachträgliche; Härteausgleich; Urteilsgründe; Anforderungen;

Normen: StGB 55; StPO 267

Beschluss:

Strafsache
gegen H.S.
wegen Diebstahls
Auf die Revision der Angeklagten vom 18. August 2006 gegen das Urteil des Landgerichts Bochum vom 17. August 2006 hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 08. 01. 2007 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und die Richterin am Oberlandesgericht auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft nach Anhörung der Angeklagten und ihrer Verteidigerin einstimmig beschlossen:

Das angefochtene Urteil wird im Rechtsfolgenausspruch mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Bochum zurückverwiesen.

Im Übrigen wird die Revision als offensichtlich unbegründet verworfen.

Gründe:
I.
Das Amtsgericht hat die Angeklagte durch Urteil vom 12. September 2005 wegen Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt. Die dagegen gerichtete Berufung der Angeklagten hat das Landgericht mit dem angefochtenen Urteil verworfen. Hiergegen richtet sich die Revision der Angeklagten, mit der sie die Verletzung materiellen Rechts rügt. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, das angefochtene Urteil im Rechtsfolgenausspruch aufzuheben, im Übrigen aber die Revision zu verwerfen.

II.
Die Revision ist zulässig. Sie hat auch in der Sache - zumindest vorläufig - teilweise Erfolg. Das angefochtene Urteil war im Rechtsfolgenausspruch aufzuheben.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat ihren Aufhebungsantrag wie folgt begründet:

"Die rechtzeitig eingelegte sowie form- und fristgerecht begründete Revision ist zulässig. In der Sache ist ihr im Rechtsfolgenausspruch auch ein - zumindest vorläufiger - Erfolg nicht zu versagen.

1. Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts vorzunehmende Überprüfung des Schuldspruchs deckt Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten nicht auf. Die in sich widerspruchsfreien und nicht gegen Denkgesetze bzw. Erfahrungssätze verstoßenden tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts tragen die Verurteilung der Angeklagten wegen Diebstahls.

2. Der Rechtsfolgenausspruch hält dagegen der rechtlichen Überprüfung nicht stand. Die Urteilsgründe erweisen sich als lückenhaft zur Frage, ob ein Härteausgleich aufgrund der Vollverbüßung der seit dem 03.06.2005 rechtskräftigen und möglicherweise gesamtstrafenfähigen Verurteilung durch das Amtsgericht Ratingen vom 13.09.2004 vorzunehmen war. Die Strafzumessung hat das Landgericht u.a. wie folgt begründet (UA 5):

“Die Angeklagte ist zuletzt mit Urteilen vom 02.04.2003 und 13.09.2004 jeweils zu vollstreckbaren Freiheitsstrafen wegen Diebstahls verurteilt worden, wobei sie weder durch die Verbüßung der mit dem erstgenannten Urteil verhängten Freiheitsstrafe bis 11.11.2003 noch durch das letztgenannte Urteil vom 13.09.2004 von der Begehung des weiteren Diebstahls vom 28.04.2005 abgehalten wurde. Vielmehr hat sie die Tat während des nach ihrer Einlassung mit dem Ziel einer Bewährungsstrafe laufenden Berufungsverfahrens gegen das erst am 03.06.2005 rechtskräftig gewordenen Urteil des Amtsgerichts Ratingen vom 13.09.2004 begangen.“

Das Landgericht hat es hier unterlassen festzustellen, ob die seit dem 03.06.2005 rechtskräftige Verurteilung des Amtsgerichts Ratingen vom 13.09.2004 aufgrund einer Sachentscheidung des Berufungsgerichts im dortigen Verfahren ursprünglich gesamtstrafenfähig war (§ 55 Abs. 1 S. 2 StGB). Hierzu hätte bereits eine Entscheidung über die Strafaussetzung zur Bewährung genügt (zu vgl. BGHSt 15, 66 ff, 70 f).

Da eine Gesamtstrafenbildung aufgrund der Vollverbüßung der durch Urteil des Amtsgerichts Ratingen vom 13.09.2004 erkannten Freiheitsstrafe am 22.02.2006 nach dem erstinstanzlichen Urteil dieses Verfahrens nicht mehr in Betracht kam, hätte die Kammer in diesem Falle, um dem Rechtsgedanken des § 55 Abs. 1 StGB Rechnung zu tragen, im Rahmen der Strafzumessung einen Härteausgleich vornehmen müssen (zu vgl. Tröndle/Fischer, StGB, 53. Aufl., § 55 Rdnr. 21 ff). Kommt die Gewährung eines Härteausgleichs in Betracht, muss das erkennende Gericht darlegen, dass es sich dieser Sachlage bewusst ist (zu vgl. BGHSt 41, 310, 313) und in den Urteilsgründen alle für die Entscheidung maßgeblichen Tatsachen mitteilen (zu vgl. Tröndle/Fischer, StGB, 53. Aufl., Rdnr. 34). Daran mangelt es hier jedoch. Das Landgericht teilt nur das Rechtskraftdatum des Urteils des Amtsgerichts Ratingen vom 13.09.2004 mit, ohne dass den Urteilsgründen zu entnehmen ist, ob noch eine Sachentscheidung des Berufungsgerichts über das Urteil vom 13.09.2004 erfolgte oder ob das Berufungsverfahren sich anderweitig erledigte. Den Urteilsgründen ist auch nicht anderweitig zu entnehmen, dass sich das erkennende Gericht der etwaigen Notwendigkeit der Gewährung eines Härteausgleichs aufgrund der verbüßten Vorverurteilung bewusst war.

Dieser Begründungsmangel zwingt zur Aufhebung des Urteils im Rechtsfolgenausspruch (zu vgl. Tröndle / Fischer, StGB, 53. Aufl.; § 55 Rdz. 34). Eine eigene Sachentscheidung des Senats gemäß § 354 Abs. 1 a StPO ist aufgrund der lückenhaften Feststellungen nicht möglich."

Diesen überzeugenden Ausführungen tritt der Senat nach eigener Sachprüfung bei. Demgemäß war das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landgericht Bochum zurückzuverweisen.



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