Aktenzeichen: 4 Ws 422 u. 423/16 OLG Hamm
Leitsatz: Anfechtbare Grundlage einer Arrestanordnung ist grundsätzlich nur die letzte die Arrestanordnung betreffende gerichtliche Entscheidung. Das gilt jedenfalls dann, wenn der Arrest in dieser auf eine völlig neue rechtliche Grundlage gestellt wurde.
Senat: 4
Gegenstand: Beschwerde
Stichworte: gegenstandslose Arrestanordnung, Anfechtbarkeit Arrestanordnung
Normen: StPO 111 d
Beschluss:
Strafsache
In pp.
hat der 4. Strafsenat des OLG Hamm am 02.02.2017 beschlossen:
Die weitere Beschwerde wird auf Kosten der Beschuldigten (§ 473 Abs. 1 StPO) als unzulässig verworfen, soweit sie sich gegen die Verwerfung der Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Münster vom 17.08.2016 (23 Gs 3869/16) in Verbindung mit dem Berichtigungsbeschluss vom 27.09.2016 (23 Gs 4520/16) richtet.
Im Übrigen ist die weitere Beschwerde gegenstandslos geworden.
Gründe
I.
Gegen die Beschuldigte wurde zunächst wegen des Verdachts des Betruges und des Verstoßes gegen § 54 KWG im Zusammenhang mit der Cyberwährung OneCoin, begangen über das Unternehmen IMS J GmbH, deren Geschäftsführerin und Mitgesellschafterin die Beschuldigte ist, ermittelt.
Mit Beschluss vom 16.08.2016 (23 Gs 3862/16) hat das Amtsgericht Münster zur Sicherung der den Verletzten aus etwaigen Straftaten erwachsenen zivilrechtlichen Ansprüche den dinglichen Arrest in Höhe von 12,5 Mio. Euro in das Vermögen des o.g. Unternehmens angeordnet. Der Beschluss ist gestützt auf den Tatverdacht des Betruges bzw. eines Verstoßes gegen § 54 KWG. Mit Beschluss vom 17.08.2016 in Verbindung mit einem Berichtigungsbeschluss vom 27.09.2016 (23 Gs 3869/16 und 23 Gs 4520/16) hat das Amtsgericht Münster die Beschlagnahme des Kontos DE47################## des o.g. Unternehmens bei der E AG angeordnet. Die dagegen gerichteten Beschwerden hat das Landgericht Münster mit dem angefochtenen Beschluss als unzulässig verworfen. Es führt aus, dass die Rechtsmittel ausschließlich im Namen der Beschuldigten eingelegt worden seien, der es aber an einer Beschwer durch die angefochtenen Entscheidungen ermangele.
Mit Schriftsatz vom 24.11.2016 hat die Beschuldigte weitere Beschwerde gegen den landgerichtlichen Beschluss eingelegt, der das Landgericht mit Beschluss vom 25.11.2016 nicht abgeholfen hat.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die weitere Beschwerde als unzulässig (soweit sie sich gegen die Kontobeschlagnahme richtet) und als unbegründet (im Übrigen) zu verwerfen.
Zwischenzeitlich hat das Amtsgericht Münster auf eine erneute Beschwerde des o.g. Unternehmens den ursprünglichen Arrestbeschluss neu gefasst und den dinglichen Arrest (nur noch) in Höhe von 2.966.972 Euro in das Vermögen des o.g. Unternehmens angeordnet sowie dessen Beschwerde im Übrigen verworfen. Nunmehr wird der Arrest auf den Tatverdacht eines Verstoßes gegen § 31 Abs. 1 Nr. 2 ZAG gegen die Beschuldigte gestützt.
Die Generalstaatsanwaltschaft vertritt die Auffassung, die weitere Beschwerde habe sich soweit sie den Arrest betrifft erledigt.
1. Die weitere Beschwerde ist (soweit sie die Pfändungsanordnung betrifft) unzulässig.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat insoweit ausgeführt:
Soweit sich die weitere Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Münster vom 17.08.2016 i. V. m. dem Berichtigungsbeschluss des Amtsgerichts Münster vom 27.09.2016, mit dem die Beschlagnahme des Kontos bei der E2 AG angeordnet worden ist, richtet, ist sie bereits unzulässig.
Gemäß § 310 Abs. 1 StPO können Beschlüsse, die von dem Landgericht auf eine Beschwerde hin erlassen worden sind, nur dann durch weitere Beschwerde angefochten werden, wenn sie eine Verhaftung, eine einstweilige Unterbringung oder eine Anordnung des dinglichen Arrestes nach § 111b Abs. 2 i. V. m. § 111d StPO betreffen. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Der angefochtene Beschluss betrifft nämlich keine Anordnung eines dinglichen Arrestes gemäß §§ 111b Abs. 2, 111d StPO, sondern die Anordnung einer Beschlagnahme gemäß §§ 111b Abs. 1, 111c StPO. Bei der Beschlagnahme und dem dinglichen Arrest handelt es sich um unterschiedliche Sicherungs-instrumentarien mit unterschiedlichen Voraussetzungen. Die Überprüfung der Beschlagnahme im Wege der weiteren Beschwerde hat der Gesetzgeber jedoch ausdrücklich nicht in den enumerativen Katalog des § 310 Abs. 1 StPO aufgenommen. Die weitere Beschwerde gegen die Beschlagnahmeanordnung ist daher unstatthaft, § 310 Abs. 2 StPO.
Diesen zutreffenden Ausführungen schließt sich der Senat an.
2. Im Übrigen (also bzgl. der Arrestanordnung) ist die weitere Beschwerde gegenstandslos geworden und eine Senatsentscheidung nicht mehr veranlasst. Mit dem Beschluss des Amtsgerichts Münster vom 24.11.2016 hat der Arrest in das Vermögen der Schuldnerin eine neue Grundlage erhalten und dem Rechtsmittel gegen die frühere Arrestentscheidung ist damit der Boden entzogen worden. Es ist prozessual überholt.
Für den Bereich der Haftbeschwerde ist anerkannt, dass gültige Grundlage der Untersuchungshaft und als solche anfechtbar grundsätzlich nur die letzte auf Haftfortdauer erkennende gerichtliche Entscheidung ist (OLG Hamm, Beschl. v. 19. 06.1991 2 Ws 223/91 juris); OLG Koblenz, Beschl. v. 23. 12. 2015 2 Ws 664/15 juris; OLG München, Beschl. v. 21.10. 2014 1 Ws 498/14 juris; OLG Naumburg, Beschl. v. 05.07. 2005 1 Ws 367/05 juris, jew. m.w.N.).
Etwas anderes kann auch nicht für den Fall einer (weiteren) Beschwerde gegen eine Arrestanordnung gelten. Denn mit der Aufhebung oder Abänderung der früheren Arrestentscheidung hätte die Beschuldigte nichts gewonnen, da ein Arrest oberhalb von 2.966.972 Euro ohnehin nicht mehr vorliegt und die erneute Arrestanordnung durch das Amtsgericht Münster vom 24.11.2016, die nicht Gegenstand dieses Verfahrens ist, dadurch nicht berührt würde.
Selbst wenn man argumentieren wollte, dass durch den Beschluss des Amtsgerichts Münster vom 24.11.2016 der ursprüngliche Arrest lediglich in geringerer Höhe aufrecht erhalten wurde und so die (weitere) Beschwerde gegen den ursprünglichen Arrest noch in dieser Höhe greifen könnte, so wäre diese gleichwohl gegenstandslos. Dadurch, dass das Amtsgericht Münster mit Beschluss vom 24.11.2016 seine Arrestanordnung auf einen anderen Straftatenverdacht (§§ 8, 31 ZAG) gestützt hat und sich die Arrestsumme nicht mehr nach den potentiellen Betrugsschäden, sondern nach der Höhe der Provisionen richtet, welche das o.g. Unternehmen für eine etwaige verbotswidrige gewerbsmäßige Erbringung von Finanztransfergeschäften erhalten hat, ist der Arrest auf eine völlig neue Grundlage gestellt worden und es handelt sich um einen anderen prozessualen Gegenstand.
Da der Senat keine Entscheidung in der Sache selbst getroffen hat, bedurfte es der Gewährung weiterer Akteneinsicht durch den Senat im Hinblick auf die angeforderte Stellungnahme der Deutschen C, welche der Verteidiger im Wege der Akteneinsicht durch das Landgericht ausweislich der Mitteilung der Generalstaatsanwaltschaft vom 27.01.2017 zudem inzwischen offenbar auch erhalten hat, nicht mehr.
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