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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 2 Ausl. 128/16 OLG Hamm

Leitsatz: Zur Zulässigkeit der Auslieferung aus Deutschland nach Albanien zur Vollstreckung einer lebenslangen Freiheitsstrafe wegen Mordes.

Senat: 2

Gegenstand: Auslieferungsverfahren

Stichworte: Auslieferung, Albanien, Vollstreckung, lebenslange Freiheitsstrafe

Normen: IRG 29; IRG 73; EuAlÜbk Art. 2

Beschluss:

Auslieferungsverfahren
In pp.
hat der 2. Strafsenat des OLG Hamm am 31.01.2017 beschlossen:

1.) Die Auslieferung des Verfolgten nach Albanien zur Strafvollstreckung wegen der ihm in dem Urteil des Gerichts Durres vom 13.10.2015 (Entscheidung Nr. 910) zur Lasten gelegten Taten ist zulässig.
2.) Die Auslieferungshaft dauert fort.

Gründe:
I.
Die Republik Albanien hat den Verfolgten aufgrund des Haftbefehls des Gerichts Durres vom 18. Oktober 2013 zur Festnahme ausgeschrieben.

Das Auslieferungsersuchen ist gestützt auf das seit dem 23.10.2015 rechtskräftige Urteil des Gerichts Durres vom 13.10.2015, durch das der Verfolgte gem. Artikel 79/DH, 22, 25 i. V. m. Artikel 278/5 des albanischen Strafgesetzbuches wegen Mordes unter erschwerenden Umständen und unerlaubten Besitzes von Waffen und Munition zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt worden ist.

Mit dem vorgenannten Urteil wird dem Verfolgten Folgendes zur Last gelegt:

Am 11.10.2013 kam es in dem Ort K/Bezirk Durres zwischen dem Verfolgten einerseits und Y Z, X Z, A Z und B Z andererseits zu einer Auseinandersetzung wegen des Sammelns von Kiefernzapfen, die derart eskalierte, dass der Verfolgte den Geschädigten Y Z mit einer Pistole – für die er keinen Waffenschein besaß - durch einen Schuss in die Brust tötete sowie den Geschädigten X Z und den Vater der Brüder, A Z, mit der Schusswaffe und den weiteren Bruder B Z mit einem scharfen Gegenstand verletzte.

Das Urteil des Gerichts Durres vom 13.10.2015 ist in Abwesenheit des Verfolgten ergangen. Der Verfolgte war in der Hauptverhandlung aber durch zwei vom Gericht bestellte, durch die Familie des Verfolgten ausgewählte Verteidiger vertreten.

Das erstinstanzliche Gericht Durres hat durch Beschluss vom 08.02.2016 die Vollstreckung der verhängten Strafe angeordnet.

Der Verfolgte ist aufgrund des albanischen Festnahmeersuchens am 04.08.2016 festgenommen worden und befindet sich seither in Auslieferungshaft, derzeit in der JVA Hamm.

Anlässlich seiner Anhörung durch den Ermittlungsrichter des Amtsgerichts Gelsenkirchen am 5. August 2016 hat der Verfolgte angegeben, albanischer Staatsangehöriger und am Vortag aus Albanien angereist zu sein. Einen festen Wohnsitz habe er nicht. Zu seinen persönlichen Verhältnissen und sozialen Bindungen in der Bundesrepublik hat er angegeben, dass seine Frau mit drei seiner Kinder sowie seine Mutter und seine vier Brüder in P wohnten. Er sei über Griechenland und Italien nach Deutschland gereist. Er habe hier zwei Tage mit seiner Familie verbringen und sich dann freiwillig stellen wollen. Die Haft wolle er hier verbüßen.

Der Verfolgte hat gegen seine Auslieferung nach Albanien Einwendungen erhoben. Die Tat an sich hat der Verfolgte eingestanden. Er habe jedoch Angst, in Albanien erschossen zu werden. Die Vorbehalte seien nicht gegen den albanischen Staat gerichtet, sondern gegen Personen aus dem Umfeld der Geschädigten. Aus diesem Grund habe seine Familie auch in Deutschland Asyl beantragt. Seine Brüder seien bereits mehrmals mit Waffen bedroht worden.

Der Senat hat mit Beschluss vom 12.08.2016 gegen den Verfolgten zunächst die vorläufige Auslieferungshaft, sodann nach Eingang der Auslieferungsunterlagen mit Beschluss vom 12.09.2016 die förmliche Auslieferungshaft angeordnet.

Bei der Verkündung des vorläufigen Auslieferungshaftbefehls am 18.08.2016 durch den Ermittlungsrichter des Amtsgerichts Hamm hat der Verfolgte zu seinen persönlichen Verhältnissen und zu seinen sozialen Beziehungen seine Angaben, die er in der Anhörung vom 05.08.2016 gemacht hatte, wiederholt.

Ergänzend hat er angegeben, seine Familie wohne seit ca. zehn Monaten in P. Zu den Tatvorwürfen wolle er ohne einen Rechtsanwalt keine Angaben machen. Er hat weiter erklärt, soweit es die Gesetze ermöglichten, wolle er lieber in Deutschland bleiben und nicht ausgeliefert werden. Sobald er sich nach Albanien begeben würde, würde man ihn sofort erschießen. Er befürchte, dass ihn die Familie des Geschädigten Y Z umbringen würde, sobald er wieder nach Albanien käme. Er wolle seine Haftzeit in Deutschland absitzen.

Bei der Verkündung des förmlichen Auslieferungshaftbefehls durch die Ermittlungsrichterin des Amtsgerichts Hamm am 21.09.2016 hat der Verfolgte zu seinen persönlichen Verhältnissen und zu seinen sozialen Beziehungen seine Angaben, die er in der Anhörung vom 05.08.2016 bzw. 18.08.216 gemacht hatte, wiederholt. Ergänzend hat er angegeben, er sei seit der Tat im Oktober 2013 nicht mehr zu Hause in Albanien gewesen. Er habe nur noch versteckt gelebt. Die Verwandten des Opfers wollten ihn töten.

Zum Tatvorwurf hat er angegeben, er habe im August 2013 eine Erlaubnis bekommen, Kiefernzapfen zu sammeln. Er habe dies gemeinsam mit seinen Cousins gemacht. Das sei in K im Bezirk Durres gewesen. Er habe die Zapfen Tag und Nacht bewacht, deshalb habe er eine Waffe gehabt. Am 10. Oktober sei A mit einigen Familienmitgliedern gekommen. Er habe ihn in Notwehr erschossen. Die hätten ihn angreifen wollen. Er habe auf die Füße gezielt. Er habe ihn nicht umbringen wollen, sondern nur sich verteidigen. Seine Cousins und sein Vater seien ebenfalls verhaftet worden. Sein Vater sei zu einer Freiheitsstrafe von 14 Jahren verurteilt worden. Die Verurteilung beruhe auf den falschen Aussagen der Familie Z. Es habe 60 Zeugen gegeben, von denen aber nur 20 ausgesagt hätten. A habe die Zeugen bedroht.

Der Verfolgte hat weiter erklärt, er wolle die Strafe in Deutschland absitzen, weil er sicher sei, dass er in Albanien von den Verwandten des Opfers umgebracht werde. Hier sei er in Haft, aber er würde wenigstens leben. In Albanien wäre er tot.

Der Verfolgte ist in Deutschland nicht gemeldet. Ausweislich der Mitteilung des Bundesamtes für Flüchtlinge und Migration vom 09.11.2016 hat der Verfolgte zwischenzeitlich einen Asylantrag gestellt, der noch nicht abschließend bearbeitet sei. Die Anhörung habe am 19.10.2016 stattgefunden.

Die albanischen Behörden haben mit Zuschriften vom 05.10.2016 und 17.10.2016 die von dem Senat in seinen Beschlüssen vom 12.08.2016 und 12.09.2016 aufgeworfenen Fragen beantwortet.

Sie haben zugesichert, dass dem Verfolgten das Recht auf eine neue Verhandlung zusteht, in dem der Tatvorwurf einschließlich aller Beweismittel vollumfänglich erneut geprüft wird, sowie dass er in der Justizvollzugsanstalt in Fier entsprechend den Europäischen Mindeststandards untergebracht werde. Dort könne er auch jederzeit von einem Mitarbeiter der deutschen Auslandsvertretung besucht werden. Mit Zuschrift vom 17.10.2016 haben die albanischen Behörden mitgeteilt, dass jeder zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe Verurteilter gem. Art. 65 des albanischen Strafgesetzbuches die Möglichkeit hat, nach Verbüßung von 25 Jahren Freiheitsstrafe bedingt entlassen zu werden, sofern sich der Verurteilte vorbildlich geführt hat und der Resozialisierungszweck erreicht wurde.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat mit Zuschrift vom 07.12.2016 beantragt, die Auslieferung des Verfolgten nach Albanien zu Strafvollstreckung wegen der ihm in dem Urteil des Gerichts Durres vom 13.10.2015 (Entscheidung Nr. 910) zur Lasten gelegten Taten für zulässig zu erklären.

Der Verfolgte hat mit Zuschrift seines Verteidigers vom 21.12.2016 gebeten, ihm die Stellungnahmen der albanischen Behörden zu übersenden, damit er hierzu umfassend Stellung nehmen könne.

Der Senat hat daraufhin mit Beschluss vom 27.12.2016 die Entscheidung über die Zulässigkeit der Auslieferung zurückgestellt und die Fortdauer der Auslieferungshaft angeordnet.

Der Verfolgte hat nunmehr mit Schriftsatz seines Beistandes vom 26.01.2017 zu dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft Stellung genommen. Er hat erneut Einwendungen gegen seine Auslieferung erhoben. Zur Begründung hat er mit nähren Ausführungen dargelegt, er befürchte, nach seiner Auslieferung aufgrund entsprechender Ankündigungen in der Justizvollzugsanstalt durch Mitglieder der Familie Z getötet zu werden. Er ist zudem der Auffassung, dass die Tatschilderung der albanischen Behörden völlig unzureichend und der Sachverhalt bislang nicht genügend aufgeklärt worden sei. Er habe in Notwehr gehandelt, was von den deutschen und albanischen Behörden nicht berücksichtigt und gewürdigt worden sei. Diesbezüglich stellt er den Geschehensablauf aus seiner Sicht dar. Wegen der Einzelheiten wird auf die Zuschrift vom 26.01.2017 verwiesen.

II.
Da sich der Verfolgte mit seiner vereinfachten Auslieferung nicht einverstanden erklärt, hat der Senat gemäß der §§ 29 f IRG über die Zulässigkeit der Auslieferung zu entscheiden.

Entsprechend dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft war die Auslieferung des Verfolgten nach Albanien zu Strafvollstreckung wegen der ihm in dem Urteil des Gerichts Durres vom 13.10.2015 (Entscheidung Nr. 910) zur Lasten gelegten Taten für zulässig zu erklären.

Der Auslieferungsverkehr mit Albanien findet nach dem Europäischen Auslieferungsübereinkommen vom 13. Dezember 1957 i. V. m. dem zweiten Zusatzprotokoll vom 17. März 1978 zu dem vorbezeichneten Übereinkommen statt.

Die auf dem den dafür vorgesehenen diplomatischen Geschäftsweg (Art. 12 Abs. 1 EuAlÜbk) übermittelten Auslieferungsunterlagen genügen den an sie gem. Art. 12 Abs. 2 EuAlÜbk zu stellenden Anforderungen.

Soweit der Verfolgte geltend macht, dass die Tatschilderung der albanischen Behörden völlig unzureichend und der Sachverhalt bislang nicht genügend aufgeklärt worden sei, geht dies ins Leere. Mit seiner diesbezüglichen Einwendung zielt der Verfolgte – wie aus seinem weiteren Vorbringen ersichtlich ist – nicht darauf ab, dass die vorgelegten Auslieferungsunterlagen nicht den Anforderungen des Art. 12 Abs. 2 EuAlÜbk genügen, sondern dass infolge einer unzureichenden Sachaufklärung die seiner Ansicht nach bestehende Notwehrlage von den albanischen Behörden nicht ausreichend berücksichtigt worden sei. Die damit von dem Verfolgten offensichtlich angestrebte Tatverdachtsprüfung durch den Senat bzw. die Bewilligungsbehörde findet im Auslieferungsverkehr jedoch grundsätzlich nicht statt, sondern nur dann, wenn besondere Umstände vorliegen, § 10 Abs.2 IRG. Solche besonderen Umstände, die eine Tatverdachtsprüfung zuließen, liegen jedoch allein aufgrund der subjektiv gefärbten eigenen Sachverhaltsdarstellung durch den Verfolgten nicht vor.

Die Auslieferungsfähigkeit der dem Verfolgten vorgeworfenen Straftaten ergibt sich aus § 3 Abs. 1 und 2 IRG i. V. m. Artikel 2 des EuAlÜbk. Das dem Verfolgten zur Last gelegte Tat geschehen ist sowohl nach Artikeln 79/DH, 278/2 des albanischen Strafgesetzbuches als auch nach deutschem Recht gem. §§ 211, 212 StGB als Mord oder zumindest als Totschlag in Tateinheit mit einem Verstoß gegen das Waffengesetz strafbar (§ 3 Abs. 1 IRG).

Der Verfolgte ist durch das Urteil des Gerichts Durres vom 13.10.2015 zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt worden, so dass auch die Voraussetzung des Art. 2 Abs. 1 Satz 2 EuAlÜbk erfüllt ist.

Die Strafvollstreckung ist weder nach albanischem noch deutschem Recht verjährt, Art. 10 EuAlÜbk.

Auslieferungshindernisse - insbesondere nach § 73 IRG - sind nicht ersichtlich.

Anhaltspunkte für eine politische Verfolgung des Verfolgten im Sinne des Art. 3 EuAlÜbK, § 6 IRG liegen nicht vor. Eine politische Verfolgung hat der Verfolgte auch im Rahmen seiner Anhörung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge am 19.10.2016 nicht geltend gemacht. Soweit der Verfolgte Einwendungen gegen die Auslieferung erhebt, begründet er diese – was er auch allein als Asylgrund geltend gemacht hat - ausschließlich mit Angst vor Repressalien durch die Angehörigen der Geschädigten.

Ein Auslieferungshindernisnach § 73 IRG ergibt sich auch nicht daraus, dass der Verfolgte befürchtet, durch Verwandte des von ihm Getöteten nach seiner Auslieferung – ggbfs. auch in der Justizvollzugsanstalt – getötet zu werden. Es ist nicht ersichtlich, dass der von dem Verfolgten behaupteten Bedrohungslage in Albanien durch die dortigen Behörden nicht hinreichend entgegen gewirkt werden kann. Konkrete und belastbare Anhaltspunkte dafür, dass die Sicherheit des Verfolgten in Albanien bzw. in einer dortigen Justizvollzugsanstalt nicht gewährleistet werden kann, hat der Verfolgte nicht dargelegt. Allein die angeblich – ihm zudem nur vom Hörensagen bekannten - von der Familie Z ausgestoßenen Drohungen reichen insoweit nicht aus, zumal der Verfolgte (vgl. dazu unten) aufgrund der Zusicherung der albanischen Behörden in der JVA Fier untergebracht werden wird, die den Europäischen Mindeststandards und damit auch den Sicherheitsbestimmungen genügt.

Auch soweit das Urteil des Gerichts in Durres vom 13.10.2015 in Abwesenheit des Verfolgten ergangen ist, liegt kein Auslieferungshindernis im Sinne des § 73 IRG vor, da der Verfolgte in der Hauptverhandlung durch zwei von seiner Familie ausgewählte Verteidiger vertreten worden ist. Im Übrigen haben die albanischen Behörden mit Zuschrift vom 05.10.2016 zugesichert, dass dem Verfolgten das Recht auf eine neue Verhandlung zusteht, in dem der Tatvorwurf einschließlich aller Beweismittel vollumfänglich erneut geprüft werde, sofern er dies binnen 10 Tagen nach seiner Auslieferung beantrage.

Die Auslieferung des Verfolgten ist auch nicht wegen der Höhe der verhängten lebenslangen Freiheitsstrafe bzw. der nach Wiederaufnahme des Verfahrens im Verurteilungsfall zu erwartenden lebenslangen Freiheitsstrafe unzulässig.

Die Auslieferung bei drohender Verhängung und Vollstreckung einer lebenslangen Freiheitsstrafe oder auch einer zeitigen Freiheitsstrafe von bis zu 30 Jahren verstößt nicht gegen unabdingbare Grundsätze der deutschen verfassungsrechtlichen Ordnung.

Die deutschen Gerichte sind von Verfassung wegen gehalten, im Auslieferungsverfahren zu prüfen, ob die Auslieferung und die ihr zu Grunde liegenden Akte mit dem nach Art. 25 GG in der Bundesrepublik verbindlichen völkerrechtlichen Mindeststandard und den unabdingbaren verfassungsrechtlichen Grundsätzen ihrer öffentlichen Ordnung vereinbar sind. Zu den unabdingbaren verfassungsrechtlichen Grundsätzen gehört der Kernbereich des aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitenden Gebots der Verhältnismäßigkeit. Den zuständigen Organen der Bundesrepublik Deutschland ist es danach verwehrt, einen Verfolgten auszuliefern, wenn die Strafe, die ihm im ersuchenden Staat droht, unerträglich hart, mithin unter jedem denkbaren Gesichtspunkt unangemessen erscheint. Tatbestand und Rechtsfolge müssen sachgerecht aufeinander abgestimmt sein (vgl BVerfGE 50, 205; 75,1). Ebenso gehört es wegen Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG zu den unabdingbaren Grundsätzen der deutschen verfassungsrechtlichen Ordnung, dass eine angedrohte oder verhängte Strafe nicht grausam, unmenschlich oder erniedrigend sein darf. Die zuständigen Organe der Bundesrepublik Deutschland sind deshalb gehindert, an der Auslieferung eines Verfolgten mitzuwirken, wenn dieser eine solche Strafe zu gewärtigen oder zu verbüßen hat (vgl. BVerfGE, 75,1; 108, 129). Anderes gilt hingegen dann, wenn die zu vollstreckende Strafe lediglich als in hohem Maß hart anzusehen ist und bei einer strengen Beurteilung anhand deutschen Verfassungsrechts nicht mehr als angemessen erachtet werden könnte. Das Grundgesetz geht nämlich von der Eingliederung des von ihm verfassten Staates in die Völkerrechtsordnung der Staatengemeinschaft aus. Es gebietet damit zugleich, insbesondere im Rechtshilfeverkehr, Strukturen und Inhalte fremder Rechtsordnungen und Anschauungen grundsätzlich zu achten (vgl. BVerfGE, a.a.O..; Beschluss vom 20.11.14, WM 2015, 65), auch wenn sie im Einzelnen nicht mit den deutschen innerstaatlichen Auffassungen übereinstimmen.

Als unerträglich hart oder unmenschlich kann die gegen den Verfolgten in Albanien verhängte lebenslange Freiheitsstrafe angesichts der Schwere der ihm zu Last gelegten Straftaten (u.a. Mord) nicht angesehen werden (vgl. BVerfG Beschluss vom 6. Juli 2005, BVerfGE 113, 154).

Das deutsche Strafrecht sieht in § 211 Abs.1 StGB als Strafe für einen Mord ebenfalls die lebenslange Freiheitsstrafe vor. Die lebenslange Freiheitsstrafe für solche schwersten Rechtsgutverletzungen ist mit dem verfassungsrechtlichen Gebot des sinn- und maßvollen Strafens grundsätzlich vereinbar (vgl BVerfGE, 45, 187; 64, 261). Auch die mögliche Vollstreckung einer lebenslangen Freiheitsstrafe verstößt vorliegend nicht gegen unabdingbare verfassungsrechtliche Grundsätze.

Zu den Voraussetzungen eines menschenwürdigen Strafvollzuges gehört es jedoch auch, dass dem zu lebenslanger Freiheitsstrafe Verurteilten grundsätzlich eine Chance verbleibt, je wieder die Freiheit zu erlangen (vgl BVerfGE 45, 187; 113, 154).

Die Voraussetzungen, unter denen die Vollstreckung einer lebenslangen Freiheitsstrafe ausgesetzt werden kann und das dabei anzuwendende Verfahren sind gesetzlich zu regeln (vgl BVerfG, a.a.O.).

Nach den Auskünften der albanischen Behörden kann der Verfolgte gemäß Art. 65 des albanischen Strafgesetzbuches nach einer Verurteilung zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe nach der Verbüßung von 25 Jahren einen Antrag auf bedingte Entlassung stellen, wenn er sich im Strafvollzug vorbildlich geführt hat und der Resozialisierungszweck erreicht wurde. Damit hat der Verfolgte die realistische Chance, wieder in Freiheit zu kommen, so dass trotz der Verhängung einer lebenslangen Freiheitsstrafe ein Verstoß gegen den deutschen ordre public (§ 73 S. 2 IRG) auch insoweit nicht gegeben ist.

Auch die Haftbedingungen in Albanien stehen der Zulässigkeit der Auslieferung nicht entgegen. Zwar sind ausweislich einer Mitteilung des Bundesamtes der Justiz vom 30.08.2016 die Haftbedingungen in Albanien durch Überbelegungen, schlechte hygienische Bedingungen und teilweise unzureichende Verpflegung und medizinische Versorgung geprägt. Eine Ausnahme stellt nach dieser Mitteilung jedoch die neu errichtete Haftanstalt in Fier dar, die den Anforderungen der Europäischen Menschenrechtskonvention an die Haftbedingungen entspreche. Die albanischen Behörden haben mit Zuschrift vom 05.10.2016 zugesichert, dass der Verfolgte nach seiner Auslieferung ausschließlich in dieser Haftanstalt untergebracht werden wird, so dass durchgreifende Bedenken gegen eine menschenwürdige und den europäischen Mindeststandards entsprechende Haftsituation nicht bestehen.

Nach alledem war die Auslieferung des Verfolgten nach Albanien zu Strafvollstreckung wegen der ihm in dem Urteil des Gerichts Durres vom 13.10.2015 (Entscheidung Nr. 910) zur Lasten gelegten Taten für zulässig zu erklären.

III.
Zugleich war gegen den Verfolgten die Fortdauer der Auslieferungshaft anzuordnen (§ 26 IRG).Der Haftgrund der Fluchtgefahr besteht unverändert fort. Er hat im Falle seiner Auslieferung in die Republik Albanien mit der Vollstreckung einer empfindlichen Freiheitsstrafe zu rechnen, die einen erheblichen Fluchtanreiz darstellt. Es besteht daher die begründete Gefahr, dass sich der Verfolgte dem Auslieferungsverfahren oder der Durchführung der Auslieferung entziehen wird, sofern er auf freien Fuß gelangt.

Angesichts der Schwere des Tatvorwurfs ist der weitere Vollzug der Auslieferungshaft auch weiterhin nicht unverhältnismäßig.



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