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Rechtsprechung

Aktenzeichen: III-3 (s) Sbd. I — 8/15 OLG Hamm

Leitsatz: Zur Bestimmung der örtliche Zuständigkeit im Überprüfungsverfahren gem. § 119a StVollzG.

Senat: 3

Gegenstand: Bestimmung der Zuständigkeit

Stichworte: örtliche Zuständigkeit, Strafvollstreckungskammer, Überprüfungsverfahren

Normen: StVollzG 119a

Beschluss:

Strafsache
gegen pp.
zurzeit in der JVA Bochum,
wegen Geiselnahme u.a.,
(hier: Bestimmung der örtlich zuständigen Strafvollstreckungskammer),

Auf die Vorlage des Landgerichts Bochum vom 1. Juni 2015 zur Bestimmung der örtlich zuständi-gen Strafvollstreckungskammer hat der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 28. Juli 2015 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, die Richterin am Oberlandesgericht und den Richter am Oberlandesgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft und des Verurteilten beschlossen:

Die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bochum ist für das anstehende Überprüfungs-verfahren gemäß § 119a Abs. 1 Strafvollzugsgesetz zuständig.

Gründe

I.
Die Strafvollstreckungskammern der Landgerichte Arnsberg und Bochum streiten über die örtliche Zuständigkeit für das anstehende Überprüfungsverfahren gemäß § 119a StVollzG. Dem liegt fol-gendes Verfahrensgeschehen zugrunde.

Seit dem 23. September 2010 wurde gegen den Verurteilten zunächst eine Gesamtfreiheitsstrafe von 8 Jahren aus dem Urteil des Landgerichts Bochum vom 21. Mai 2010 wegen Vergewaltigung vollstreckt. Wegen eines am 20. August 2012 begangenen gewaltsamen sexuellen Übergriffs auf eine in der Justizvollzugsanstalt Schwerte tätige Lehrerin wurde der Inhaftierte durch weiteres Ur-teil des Landgerichts Hagen vom 7. August 2013 — rechtskräftig seit dem 15. August 2013 — we-gen Geiselnahme in Tateinheit mit besonders schwerer Vergewaltigung und gefährlicher Körper-verletzung zu einer (weiteren) Freiheitsstrafe von 9 Jahren verurteilt. Ferner wurde seine Unter-bringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet.

Zwei Drittel der Strafe aus dem Urteil des Landgerichts Bochum vom 21. Mai 2010 waren unter Anrechnung von Untersuchungshaft am 7. Mai 2015 verbüßt. Seit dem 8. Mai 2015 wird die Strafe aus dem Urteil des Landgerichts Hagen von 7. August 2013 vollstreckt.

Der Verurteilte wurde am 20. August 2012 von der Justizvollzugsanstalt Schwerte in die Justizvoll-zugsanstalt Werl verlegt.

Mit Verfügung vom 25. August 2014 hat das Landgericht Arnsberg das Überprüfungsverfahren gemäß § 119a StVollzG eingeleitet und zu diesem Zweck eine Stellungnahme der Justizvollzugs-anstalt Werl sowie das Vollstreckungsheft von der Staatsanwaltschaft Hagen angefordert.

Nachdem die Justizvollzugsanstalt mit Schreiben vom 16. September 2014 gegenüber der Straf-vollstreckungskammer Arsnberg mitgeteilt hatte, dass der Verurteilte nach Rücksprache mit der Leiterin der Justizvollzugsanstalt Hagen voraussichtlich im November 2014 zwecks Teilnahme am Einweisungsverfahren abgerufen werde und im Hinblick darauf, dass zunächst die Einweisungs-entschließung abgewartet werden solle, bislang keine Behandlungsplanung erfolgt sei, entschloss sich die Strafvollstreckungskammer mit Verfügung vom 23. September 2014, das Verfahren nach § 119a StVollzG wegen der noch zu treffenden Einweisungsentschließung vorläufig noch nicht ein-zuleiten und übersandte das Vollstreckungsheft zurück an die Staatsanwaltschaft Hagen mit der Bitte, das Vollstreckungsheft Anfang 2015 erneut vorzulegen.

Am 4. November 2014 ist der Verurteilte in die Justizvollzugsanstalt Hagen und von dort am 22. Dezember 2014 in die Justizvollzugsanstalt Bochum verlegt worden, wo er sich auch derzeit noch befindet.

In der Folgezeit haben die Strafvollstreckungskammern der Landgerichte Arnsberg und Bochum jeweils wechselseitig ihre örtliche Unzuständigkeit für die Entscheidung gem. § 119a Abs. 1StVollzG angenommen. Das Landgericht Bochum hat die Vor-gänge letztlich mit Beschluss vom 1. Juni 2015 dem Senat zur Bestimmung der örtlich zuständigen Strafvollstreckungskammer vor-gelegt.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Arnsberg festzustellen.

II.
Das Oberlandesgericht Hamm ist gemeinschaftliches oberes Gericht für die Bestimmung der Zu-ständigkeit gemäß § 14 StPO i.V.m. § 120 Abs. 1 Satz 2 StVollzG, da die Landgerichtsbezirke Arnsberg und Bochum jeweils im Bezirk des Oberlandesgerichts Hamm liegen. Die Strafvollstre-ckungskammer des Landgerichts Bochum ist für die Entscheidung nach § 119a Abs. 1 StVollzG zuständig.

Gem. § 119a Abs. 6 Satz 3 StVollzG i.V.m. § 110 StVollzG ist für die Entscheidung die Strafvoll-streckungskammer zuständig, in deren Bezirk die beteiligte Vollzugsbehörde ihren Sitz hat. Bereits vor Inkrafttreten des § 119a StVollzG am 1. Juni 2013 konnte der von der Strafvollstreckungs-kammer Bochum in ihrem Vorlagebeschluss vom 1. Juni 2015 geäußerten Rechtsauffassung, es bleibe bei einer einmal begründeten örtlichen Zuständigkeit, bis die Strafvollstreckungskammer ab-schließend entschieden habe, nicht uneingeschränkt gefolgt werden. Denn sowohl Rechtsprechung als auch Literatur zu § 110 StVollzG haben insoweit auch Ausnahmen zugelassen, wie z.B. einen Verweisungsbeschluss bei einer nicht nur vorübergehenden Verlegung (vgl. BGH, Beschluss vom 23. November 1998 - 2 ARs 466-98, NStZ 1999, 158; OLG Celle, Beschluss vom 1. Juni 1981 - 3 Ws 144/8, NStZ 1981, 494; Arloth, StVollzG, 3. Auflage, § 110, Rdnr. 4 m.w.N.; Callies/Müller-Dietz, StVollzG, 11. Auf-lage, § 110 , Rdnr. 4 m.w.N.; Schwind/Böhm/Jehle/Laubenthal, StVollzG, 6. Auflage, § 110, Rdnr. 6; Bachmann in LNNV, 12. Auflage ‚Abschnitt P, § 110 StVollzG, Rdnr. 42), wobei lediglich umstritten war und ist, ob ein solcher Verweisungsbeschluss eines Antrages bedarf (vgl. Bachmann a.a.O. m.w.N.).

Unabhängig davon, dass die Änderung einer einmal begründeten örtlichen Zuständigkeit im Ge-gensatz zu § 462a StPO nach dem StVollzG somit grundsätzlich möglich ist, ist bei der Beantwor-tung der Frage, welche Strafvollstreckungskammer für die Entscheidung gemäß § 119a Abs. 1 StVollzG örtlich zuständig ist, auch in den Blick zu nehmen, dass die bislang zur örtlichen Zustän-digkeit nach § 110 StVollzG (soweit ersichtlich) ergangene Rechtsprechung sich auf Anträge auf gerichtliche Entscheidung im Sinne von § 109 StVollzG bezieht. Im Unterschied hierzu ist bei Ent-scheidungen gem. § 119a Abs. 1 StVollzG jedoch zu beachten, dass diese in erster Linie antrags-unabhängig von Amts wegen zu treffen sind (§ 119a Abs. 1 und 3 StVollzG) und ansonsten nur auf Antrag der Vollzugsbehörde (§ 119a Abs. 2 StVollzG).

Da ein Antrag der Vollzugsbehörde entsprechend § 119a Abs. 2 StVollzG zumindest bislang nicht vorliegt, hat die gem. § 119a Abs. 1 StVollzG zu treffende Entscheidung von Amts wegen zu erfol-gen. Gemäß § 119a Abs. 3 Satz 1 StVollzG sind die Entscheidungen von Amts wegen grundsätz-lich alle zwei Jahre zu treffen, wobei § 119a Abs. 3 Satz 3 StVollzG festlegt, dass die Frist für die erste Entscheidung mit dem Vollzug der Freiheitsstrafe zu laufen beginnt. Obwohl die Freiheitsstra-fe aus dem die Anordnung der Sicherungsverwahrung anordnenden Urteil des Landgerichts Hagen vom 7. August 2013 erst seit dem 8. Mai 2015 vollstreckt wird, vertritt der Senat im Hinblick auf die Gesetzesbegründung die Auffassung, dass die Frist bei vorheriger Vollstreckung verfahrensfrem-der Freiheitsstrafen bereits mit Rechtskraft der die Sicherungsverwahrung anordnenden Entschei-dung beginnt. Denn der Gesetzgeber wollte entsprechend der Vorgabe des Bundesverfassungsge-richts u.a. erreichen, dass schon während des Strafvollzugs alle Möglichkeiten ausgeschöpft wer-den, um die Gefährlichkeit des Gefangenen zu reduzieren (vgl. BT-Drs. 17/9874, Seite 28; Bach-mann in LNNV, 12. Auflage, Abschnitt P, § 119a StVollzG, Rdnr. 118). Dies kann aber nur dann erreicht werden, wenn auch die Vollstreckung verfahrensfremder Freiheitsstrafen bei der Fristbe-rechnung Berücksichtigung findet.

Dies vorausgesetzt ist die Frist für eine von Amts wegen zu treffende Entscheidung gem. § 119a Abs. 1 StVollzG im vorliegenden Verfahren erstmalig am 15. August 2015 abgelaufen, Unabhängig davon, ob insoweit der Rechtsauffassung des OLG Karlsruhe zu folgen ist, wonach eine Entschei-dung gemäß § 119a Abs. 1 StVollzG von Amts wegen erst nach Ablauf dieser Frist getroffen wer-den darf (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 4. September 2014 — 1 Ws 91/14, BeckRS 2014, 19285), war der Beginn des Prüfungsverfahrens bereits im August 2014 unabhängig von der Viel-zahl der möglicherweise bei der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Arnsberg Mitte 2015 anstehenden Entscheidungen nach Auffassung des Senats jedenfalls verfrüht, so dass eine Zu-ständigkeit der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Arnsberg durch die Anforderung einer Stellungnahme der Justizvollzugsanstalt bzw. der Vollstreckungsakte bei der Staatsanwaltschaft nicht begründet werden konnte. Denn anderenfalls wäre es grundsätzlich denkbar, auf diese Weise zu einer gewillkürten Zuständigkeit zu gelangen, was dem grundgesetzlich garantierten Recht auf den gesetzlichen Richter widersprechen würde (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG). Zudem bestünde zu-mindest im vorliegenden Verfahren auch die Gefahr divergierender Entscheidungen, wenn die Voll-zugsbehörde zusätzlich zu der von Amts wegen zu treffenden Entscheidung im Jahre 2015 einen Antrag gem. § 119a Abs. 2 StVollzG gestellt hätte.

Im hier zu entscheidenden Verfahren kommt hinzu, dass die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Arnsberg unter dem 23. September 2014 im Hinblick auf die noch zu treffende Ein-weisungsentschließung verfügt hat, das Verfahren noch nicht einzuleiten und die Staatsanwalt-schaft um erneute Vorlage der Akten erst zu Beginn des Jahres 2015 gebeten hat, so dass bei Verlegung des Verurteilten in die Justizvollzugsanstalten Hagen bzw. Bochum tatsächlich gar kein Prüfungsverfahren im Sinne von § 119a Abs. 1 StVollzG betrieben wurde.

Da der Betroffene seine Strafen seit dem 22. Dezember 2014 in der Justizvollzugs-anstalt Bochum verbüßt und die zweijährige Frist erstmalig am 15. August 2015 ab-laufen wird, bestand seit seiner. Verlegung hinreichend Zeit, um ein Prüfungsverfahren im Sinne von § 119a Abs. 1 StVollzG durchzuführen, so dass die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bochum für die von Amts wegen zu treffende Entscheidung gem. § 119a Abs. 1 StVollzG zuständig ist.




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