Diese Homepage verwendet Cookies, um Inhalte und Anzeigen zu personalisieren, Funktionen für soziale Medien anbieten zu können und die Zugriffe auf die Website zu analysieren. Außerdem gebe ich Informationen zu Ihrer Nutzung meiner Website an meine Partner für soziale Medien, Werbung und Analysen weiter.

OK Details ansehen Datenschutzerklärung

Rechtsprechung

Aktenzeichen: 5 RVs 3/14 OLG Hamm

Leitsatz: Zur Bildung einer nachträglichen Gesamtstrafe.

Senat: 5

Gegenstand: Revision

Stichworte: Gesamtstrafenbildung, nachträgliche

Normen: StGB 55

Beschluss:

Strafsache
In pp.
wegen Betruges u.a..

Auf die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil der XI. kleinen Strafkammer des Landgerichts Essen vom 23. August 2013 hat der 5. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 06.03.2014 durch


nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft sowie der Angeklagten und ihrer Verteidiger gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO


einstimmig b e s c h l o s s e n :


1.

Das angefochtene Urteil wird hinsichtlich des Angeklagten X im Rechtsfol-genausspruch betreffend die Bildung einer Gesamtstrafe mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

Die weitergehende Revision des Angeklagten X wird verworfen.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Ent-scheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Essen zurückverwiesen.

2.

Die Revision des Angeklagten Y wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).

Die Kosten seines Rechtsmittels trägt der Angeklagte Y (§ 473 Abs. 1 StPO).


G r ü n d e

I.

Am 3. April 2013 verurteilte das Amtsgericht Essen den Angeklagten X im Verfahren 47 Ds 27 Js 268/12 (291/12) wegen Betruges unter Einbeziehung der im Strafbefehl des Amtsgerichts Essen vom 7. Dezember 2012 gegen ihn im Verfahren 47 Ds 84 Js 924/12 (744/12) verhängten Einzelstrafen und Auflösung der dort gebil-deten Gesamtgeldstrafe zu einer Freiheitsstrafe von 7 Monaten. Die Vollstreckung der Freiheitsstrafe setzte es zur Bewährung aus.
Das Amtsgericht Essen verurteilte den Angeklagten X des weiteren im Verfahren 47 Ds 27 Js 247/13 (348/13) am 29. Mai 2013 wegen Diebstahls zu einer Freiheits-strafe von 8 Monaten.

Gegen das Urteil vom 3. April 2013 wandten sich sowohl der Angeklagte X als auch die Staatsanwaltschaft Essen mit dem Rechtsmittel der Berufung. Der Angeklagte Y legte zudem Berufung gegen seine Verurteilung durch das Amtsgericht Essen vom 29. Mai 2013 ein.

Das Landgericht Essen hat beide Berufungsverfahren zur gemeinsamen Verhand-lung und Entscheidung verbunden und mit Urteil vom 23. August 2013 auf das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft Essen hin die Verurteilung des Angeklagten X teilweise abgeändert.

Es hat den Angeklagten X nunmehr wegen Betruges unter Einbeziehung der im Strafbefehl des Amtsgerichts Essen vom 7. Dezember 2012 gegen ihn im Verfahren 47 Ds 84 Js 924/12 (744/12) verhängten Einzelstrafen und Auflösung der dort gebil-deten Gesamtgeldstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 7 Monaten verurteilt. Hinsichtlich des Diebstahls ist es bei der Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von 8 Monaten verblieben.
Die Rechtsmittel des Angeklagten X hat es als unbegründet verworfen.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte X mit seiner Revision, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Revision als offensichtlich unbe-gründet zu verwerfen.

II.

Die Revision des Angeklagten X ist zulässig und hat auch in der Sache den aus der Entscheidungsformel unter Ziffer 1. ersichtlichen Teilerfolg.

1.

Bezüglich des Schuldspruchs sowie der verhängten Einzelstrafen war die Revision entsprechend dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft gemäß § 349 Abs. 2 StPO als offensichtlich unbegründet zu verwerfen. Die von der Strafkammer getroffenen Feststellungen tragen die Verurteilung des Angeklagten wegen Betruges und Dieb-stahls. Die von ihr vorgenommene Beweiswürdigung ist nicht zu beanstanden. Glei-ches gilt für die Strafzumessungserwägungen der Strafkammer. Sie weisen keine Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf.

2.

Der Ausspruch über die festgesetzte Gesamtfreiheitsstrafe von 7 Monaten kann je-doch keinen Bestand haben. Die Bildung der Gesamtfreiheitsstrafe ist rechtsfehler-haft. Die Strafkammer hat entgegen der Bestimmung des § 55 StGB nicht geprüft, ob mit den Strafen aus der Vorverurteilung durch das Amtsgericht Velbert vom 14. November 2012 im Verfahren 23 Ls 721 Js 1615/09 (46/11) eine Gesamtstrafe nach §§ 53, 54 StGB zu bilden ist.

Bei Vorliegen der Voraussetzungen ist die Anwendung des § 55 StGB zwingend vor-geschrieben (vgl. Senat, Beschlüsse vom 7. Oktober 2013 in III-5 RVs 86/13 und vom 26. Januar 2012 in III-5 RVs 118/11; BGHSt 55, 220). Die Bestimmung des § 55 StGB ermächtigt und verpflichtet den Tatrichter, unter den dort geregelten Voraussetzungen in rechtskräftige frühere Gesamtstrafen einzugreifen. Die Rechtskraft einer Gesamtstrafe stellt auch dann kein Hindernis dar, wenn nicht alle in ihr zusammengefaßten Einzelstrafen in eine neue Gesamtstrafe einzubeziehen sind, sondern sie vielmehr zu verschiedenen Gesamtstrafen - gegebenenfalls auch mit anderen früheren Vorverurteilungen - zusammengeführt werden müssen (vgl. BGH, NStZ-RR 2010, 9; NStZ 2007, 28, 29). Sofern eine nachträgliche Gesamtstrafen-bildung somit in Betracht kommt, sind in den Urteilsgründen die hierfür maßgeben-den Umstände darzulegen. Insbesondere sind die Daten von Vorverurteilungen oder Gesamtstrafenbeschlüssen, Tatzeiten der abgeurteilten Taten, Erledigungsstand der in Betracht kommenden Strafen sowie Höhe und wesentliche Zumessungsgründe von Einzelstrafen mitzuteilen (vgl. nur Fischer, StGB, 61. Aufl., § 55 Rdnr. 34 m.w.N.). Unter anderem ist ausdrücklich festzustellen, ob die frühere Strafe erledigt ist, ob also die in der früheren Verurteilung erkannte Strafe zum Zeitpunkt des letzten tatrichterlichen Sachurteils wegen der neuen Tat bereits vollstreckt, verjährt oder erlassen ist (vgl. Senat, Beschlüsse vom 7. Oktober 2013 und 26. Januar 2012, a.a.O.; Fischer, a.a.O., Rdnr. 6, 6 a).

Diesen Vorgaben wird das angefochtene Urteil nicht vollständig gerecht. Zwar hatte die Strafkammer zutreffend gesehen, daß die mit Strafbefehl des Amtsgerichts Essen vom 7. Dezember 2012 im Verfahren 47 Ds 84 Js 924/12 (744/12) verhängte Gesamtgeldstrafe von 130 Tagessätzen nach Maßgabe des § 55 StGB aufzulösen und die Einzelstrafen in die vorliegende Verurteilung einzubeziehen sind. Hinsichtlich der weiteren Vorverurteilung des Angeklagten durch das Amtsgericht Velbert mit Ur-teil vom 14. November 2012 im Verfahren 23 Ls 721 Js 1615/09 (46/11) hat die Strafkammer jedoch nicht geprüft, ob auch hier die Voraussetzungen für eine nach-trägliche Gesamtstrafenbildung nach § 55 StGB erfüllt sind. Nähere Ausführungen zu dieser Verurteilung des Angeklagten fehlen. Eine Auseinandersetzung mit diesem Urteil durch die Strafkammer erfolgt in den Urteilsgründen nicht. Lediglich im Rah-men der Auflistung der Vorstrafen des Angeklagten teilt die Strafkammer mit, dass er vom Amtsgericht Velbert mit Urteil vom 14. November 2012 wegen besonders schweren Diebstahls in 9 Fällen, hiervon in 6 Fällen gemeinschaftlich handelnd, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr und 10 Monaten unter Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt worden ist und die Bewährungszeit noch bis zum 13. November 2015 läuft.

Da im vorliegenden Verfahren der Betrug vom Angeklagten am 26. Februar 2012 begangen worden ist und nach den von der Strafkammer getroffenen Feststellungen die mit Strafbefehl des Amtsgerichts Essen vom 7. Dezember 2012 geahndeten Straftaten sich am 6. Februar 2012 ereigneten, kommt grundsätzlich eine neue Gesamtstrafenbildung mit den Strafen aus dem Urteil des Amtsgerichts Velbert vom 14. November 2012 in Betracht. Hierbei wird auch zu überprüfen sein, ob nicht ge-gebenenfalls noch die Bildung einer Gesamtstrafe aus der Verurteilung des Ange-klagten durch das Amtsgericht Essen mit Strafbefehl vom 7. Juli 2010 im Verfahren 47 Cs 27 Js 272/10 (479/10) mit Einzelstrafen aus dem Urteil des Amtsgerichts Velbert vom 14. November 2012 zu erfolgen hat. Im Verfahren 47 Cs 27 Js 272/10 (479/10) wurde der Angeklagte vom Amtsgericht Essen wegen Betruges zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen verurteilt. Weitere Einzelheiten zu diesen Verfahren werden nicht mitgeteilt.

III.

Auf Grund des vorstehend aufgezeigten Mangels war das angefochtene Urteil hin-sichtlich des Angekalgten X im Ausspruch über die verhängte Gesamtfreiheitsstrafe nach § 349 Abs. 4 StPO aufzuheben und die Sache an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Essen zur erneuten Verhandlung und Entscheidung auch über die Kosten des Rechtsmittels - gemäß § 354 Abs. 2 StPO zurückzuver-weisen.
Rein vorsorglich weist der Senat bezüglich der nunmehr zu bildenden Gesamtstrafe eventuell auch mehreren Gesamtstrafen - darauf hin, dass zu Gunsten des Angeklagten das Verbot der reformatio in peius gemäß § 331 StPO zu beachten ist (vgl. Fischer, a.a.O., § 55 Rdnr. 19; Meyer-Goßner, StPO, 56. Aufl., § 331 Rdnr. 18; vgl. auch Senat, Beschluss vom 20. August 2012 in III-5 RVs 80/12).






zur Startseite "Rechtsprechung"

zum Suchformular

Die Nutzung von Burhoff-Online ist kostenlos. Der Betrieb der Homepage verursacht aber für Wartungs-, Verbesserungsarbeiten und Speicherplatz laufende Kosten.

Wenn Sie daher Burhoff-Online freundlicherweise durch einen kleinen Obolus unterstützen wollen, haben Sie hier eine "Spendenmöglichkeit".