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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 2 Ws 228/13 OLG Hamm

Leitsatz: Die sofortige Beschwerde des Nebenklägers gegen die Kosten- und Auslagenentscheidung des Berufungsgerichts nach erfolgter Berufungsrücknahme ist unzulässig, wenn Jugendstrafrecht Anwendung gefunden hat.

Senat: 2

Gegenstand: Revision Rechtsbeschwerde Beschwerde Haftprüfung durch das OLG Pauschgebühr Justizverwaltungssache Antrag auf gerichtliche Entscheidung

Stichworte: Zulässigkeit Beschwerde, Nebenkläger, Kosten- und Auslagenentscheidung, Jugendstrafverfahren, Berufungsrücknahme

Normen: StPO 464, JGG 55

Beschluss:

Strafsache
In pp.
hat der 2. Strafsenat des OLG Hamm am 22.10.2013 beschlossen:


Die sofortige Beschwerde wird auf Kosten des Beschwerdeführers als unzulässig verworfen.

Gründe
I.
Mit Urteil vom 03.01.2013 hat das Amtsgericht Lüdenscheid den zur Tatzeit 19 Jahre und sieben Monate alten Verurteilten des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung und in Tateinheit mit Beleidigung für schuldig befunden und ihm aufgegeben, zur Schadenswiedergutmachung (Schmerzensgeld) einen Betrag in Höhe von 1.000,-- € an den Geschädigten N N in monatlichen Raten zu 100,-- € zu zahlen.

Zudem hat das Amtsgericht dem Verurteilten die Kosten des Verfahrens auferlegt und bestimmt, dass dieser seine notwendigen Auslagen selbst zu tragen hat.

Nachdem der Verurteilte unter dem 10.01.2013 gegen dieses Urteil Berufung eingelegt hatte, hat der Geschädigte N sich am 13.06.2013 dem Berufungsverfahren als Nebenkläger angeschlossen und beantragt, die Nebenklage zuzulassen sowie den von ihm beauftragten Rechtsanwalt als Beistand beizuordnen.

Mit Beschluss vom 17.06.2013 hat das Landgericht Hagen die Nebenklage zugelassen und den Antrag auf Beiordnung eines Rechtsanwalts zurückgewiesen, da kein Beiordnungsgrund gem. § 397a StPO vorliege.

Im Termin zur Berufungshauptverhandlung vom 19.06.2013 hat der Verurteilte seine Berufung zurückgenommen. Im Anschluss daran hat das Landgericht Hagen dem Verurteilten mit Beschluss vom selben Tage die Kosten des Berufungsverfahrens, seine diesbezüglichen Auslagen sowie die dem Nebenkläger durch die Berufung erwachsenen notwendigen Auslagen auferlegt.

Gegen diese Kosten- und Auslagenentscheidung richtet sich die am selben Tag beim Landgericht Hagen eingegangene sofortige Beschwerde des Verurteilten vom 25.06.2013, mit der er insbesondere geltend macht, die ihm nunmehr auferlegten Kosten kämen einer (unzulässigen) Geldstrafe aus dem Erwachsenenstrafrecht gleich. Zudem sei die Auferlegung der notwendigen Auslagen des Nebenklägers auch deshalb unbillig, weil der Nebenkläger erst kurz vor der Berufungshauptverhandlung die Anschlusserklärung abgegeben und die Zulassung der Nebenklage beantragt habe.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat mit Zuschrift vom 25.07.2013 beantragt, die sofortige Beschwerde als unbegründet zu verwerfen. Der Nebenklägervertreter hat sich dieser Stellungnahme mit Schriftsatz vom 25.09.2013 angeschlossen.

II.
Die sofortige Beschwerde ist nicht statthaft.

Nach § 464 Abs. 3, S. 1, 2. Hs. StPO ist die sofortige Beschwerde gegen eine Entscheidung über die Kosten und notwendigen Auslagen unzulässig, wenn eine Anfechtung der in § 464 Abs. 1 StPO genannten Hauptentscheidung nicht statthaft ist. Ein solcher Fall ist vorliegend gegeben, da nach § 55 Abs. 2 i. V. m. § 109 Abs. 2 JGG - ausweislich des amtsgerichtlichen Urteils ist gegen den Verurteilten nach §105 Abs. 1 JGG materielles Jugendrecht angewendet worden - gegen ein in der Hauptsache entscheidendes Berufungsurteil kein Rechtsmittel gegeben wäre.

§ 464 Abs. 3, S. 1, 2. HS StPO ist auf das Jugendstrafrecht anwendbar (OLG Hamm, RPfl 1999, 291 m.w.N.; KG, NStZ-RR 2008, 263; OLG Düsseldorf, NStZ 1985, 522; OLG Koblenz, MDR 1978, 595; OLG Frankfurt bei Böhm NStZ 1982, 416; OLG Dresden NStZ-RR 2000, 224; OLG Oldenburg NStZ-RR 2006, 191; Meyer-Goßner, StPO, 56. Auflage, § 464 Rdn. 17; a. A. Eisenberg, JGG, 15. Auflage, § 55 Rdz. 72). Die Gegenmeinung widerspricht dem eindeutigen Wortlaut des § 464 Abs. 3 S. 1, 2.Hs. StPO; zudem steht ihr die Begründung zum Gesetzesentwurf der Neufassung der Vorschrift entgegen, in der ausdrücklich unter Einschluss des § 55 Abs. 2 JGG die Anfechtbarkeit der Kostenentscheidung von der Anfechtbarkeit der Hauptsacheentscheidung abhängig gemacht worden ist (vgl. BT-Drucksache 10/1313 S. 40). Auch die Ziele des Jugendstrafrechts erfordern keine dem eindeutigen Wortlaut widersprechende Auslegung der Vorschrift. § 55 Abs. 2 StPO bezweckt aus erzieherischen Gründen einen schnellen Verfahrensabschluss. Es besteht kein Anlass, die Nebenentscheidungen von dieser Beschränkung auszunehmen (so aber Eisenberg a.a.O.).

Der Unzulässigkeit der sofortigen Beschwerde aus den genannten Gründen steht auch nicht entgegen, dass es vorliegend infolge der Berufungsrücknahme nicht zu einer Entscheidung der Berufungskammer in der Hauptsache gekommen ist. § 464 Abs. 3 S. 1, 2. Hs. StPO erfasst vielmehr auch den Fall der Rücknahme eines Rechtsmittels, wenn gegen die Hauptsacheentscheidung, die ohne die Rücknahme hätte ergehen müssen, kein Rechtsmittel statthaft gewesen wäre (Meyer-Goßner, a.a.O., § 464 Rdz. 18; KG StraFo 2008, 91 [KG Berlin 24.08.2007 - 1 Ws 138/07;1 AR 1166/07]; OLG Dresden NStZ-RR 2000, 224 [OLG Dresden 09.03.2000 - 1 Ws 65/00]). Dies ist hier der Fall, da die nach Maßgabe des § 109 Abs. 2 JGG anwendbare Vorschrift des § 55 Abs. 2 JGG eine (weitere) Anfechtung der ohne Berufungsrücknahme ergangenen Berufungsentscheidung nicht in statthafter Weise zugelassen hätte.

III.

Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf §§ 473 Abs. 1 StPO, 74, 109 Abs. 2 JGG. Der Beschwerdeführer, der noch im Haushalt seiner Eltern wohnt, befindet sich mittlerweile im 3. Ausbildungsjahr zum Holzbearbeitungsmechaniker; er verfügt daher über ein Einkommen, das ausreicht, die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich seiner diesbezüglichen notwendigen Auslagen zu tragen.



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