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Rechtsprechung

Aktenzeichen: III-3 RBs 257/12 OLG Hamm

Leitsatz: Zur Behinderung der Jagdausübung

Senat: 3

Gegenstand: Revision Rechtsbeschwerde Beschwerde Haftprüfung durch das OLG Pauschgebühr Justizverwaltungssache Antrag auf gerichtliche Entscheidung

Stichworte: Behinderung, Jagdausübung

Normen: LJGNW 25; LJGNW 55

Beschluss:

In pp.
hat der 3. Senat für Bußgeldsachen des OLG Hamm am 11. 10. 2012 beschlossen:

Das Urteil des Amtsgerichts Herford vom 26. April 2012 wird aufgehoben.

Die Betroffene wird freigesprochen.

Die Kosten des Verfahrens und die der Betroffenen entstandenen notwendigen Auslagen werden der Staatskasse auferlegt.


Gründe


1


I.

Das Amtsgericht Herford hat die Betroffene mit Urteil vom 26. April 2012 wegen


2


absichtlicher Behinderung der Jagd und wegen Fütterung ohne Benutzung bestimmter Fütterungseinrichtungen (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 bzw. Nr. 14 Landesjagdgesetz Nordrhein-Westfalen (LJG)) zu Geldbußen von jeweils 300,00 Euro verurteilt.


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In den Feststellungen heißt es:


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"Bei der Betroffenen handelt es sich um eine ausgesprochene Tierliebhaberin, die unter anderem aus dem Nest gefallene Jungvögel aufliest und aufpäppelt, wozu auch junge Rabenkrähen gehören. Als Ausdruck ihrer Tierliebe füttert sie regelmäßig die Vögel, wie insbesondere Rabenkrähen und Dohlen, in ihrer näheren Wohnumgebung, indem sie über das Feld bzw. Feldwege geht und insbesondere Erdnüsse an die Vögel verteilt.


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Vor diesem Hintergrund und vor dem Hintergrund von Beschwerden wegen der Zunahme der Population und der damit einhergehenden Beeinträchtigungen wurde der zuständige Jagdpächter, der Zeuge N2, durch den Kreis I2 gebeten, die Aaskrähen zu vergrämen und zu bejagen. Die Jagdausübung entging der Betroffenen aufgrund der mit der Schussabgabe verbundenen Geräuschkulisse nicht.


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So sah sich die Betroffene am Vormittag des 20.02.2010 veranlasst, nachdem sie eine entsprechende Jagdausübung aufgrund der Schussabgabe wahrgenommen hatte, zunächst ihren Ehemann und sodann den Zeugen I telefonisch zu informieren, damit diese vor Ort erscheinen.


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Da beide allerdings kurzfristig nicht vor Ort sein konnten, begab sie sich mit


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ihrem Hund auf einen Feldweg im Jagdbezirk C2 C3, Revierteil 'C4', um dort eine weitere Jagdausübung zu verhindern, was durch ihre bloße Anwesenheit - wie von ihr beabsichtigt - bereits gelungen ist. Der Zeuge N2, der sich im dortigen Bereich zum Zwecke der Jagdausübung aufhielt, stellte diese sofort ein, als er die Betroffene bemerkte. Er entfernte sich über einen anderen Feldweg, wo er mit einer Passantin, die dort mit ihrem Hund spazieren ging, zusammentraf.


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Zwischenzeitlich war die Betroffene zu ihrer Wohnanschrift zurückgekehrt. wo denn auch ihr Ehemann - der Zeuge L - sowie der Zeuge


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I eintrafen. Sie fuhren in zwei getrennten Fahrzeugen in den Jagdbezirk, wo der Zeuge I das Gespräch mit dem Zeugen N2 suchte.


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Bedingt durch die ständigen Fütterungen seitens der Betroffenen wurde diese durch den Kreis I2 schriftlich aufgefordert, diese zu unterlassen; dieser Aufforderung leistete sie jedoch keine Folge. So wurde sie am Vormittag des 09.05.2010 durch den Zeugen N beobachtet und fotografiert, wie sie erneut in dem entsprechenden Jagdrevier Rabenkrähen mit Erdnüssen


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fütterte und dabei nicht etwa geeignete Fütterungseinrichtungen verwandte."


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Gegen dieses Urteil richtet sich die Rechtsbeschwerde der Betroffenen vom


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27. April 2012, mit der sie die Verletzung materiellen und formellen Rechts rügt.


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Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Betroffene freizusprechen.


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II.

1.

Die Rechtsbeschwerde ist statthaft und zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet.


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2.

Die Rechtsbeschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Auf die Sachrüge hin ist das Urteil aufzuheben und die Betroffene freizusprechen, da die getroffenen Feststellungen eine Verurteilung nicht tragen.


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a)

Die Betroffene hat durch ihr Verhalten am 20. Februar 2010 den Bußgeldtatbestand des § 55 Abs. 1 Nr. 1 LJG nicht verwirklicht. Nach dieser Vorschrift handelt ordnungswidrig, wer absichtlich das berechtigte Aufsuchen, Nachstellen, Erlegen und Fangen von Wild behindert. Behindern bedeutet dabei das gegenwärtige Stören der Jagdausübung (vgl. Drees u. a., Das Jagdrecht in Nordrhein-Westfalen, Stand: 11. Nachlfg. Aug. 2011, §§ 55, 56 LJG).


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In der obergerichtlichen Rechtsprechung ist anerkannt, dass von einem rechtswidrigen Stören jedenfalls in den Fällen nicht gesprochen werden kann, in denen sich das Verhalten des vermeintlichen Störers noch im Rahmen des zulässigen Gemeingebrauchs von Wald und Flur bewegt (vgl. nur OLG Düsseldorf, NJW-RR 1988, 526 [OLG Düsseldorf 21.10.1987 - 9 U 59/87]; OLG Koblenz, Urteil vom 04.04.1990, Az. 7 U 1623/88, bei [...]; jeweils zu einem zivilrechtlichen Unterlassungsanspruch). Denn grundsätzlich steht es in


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Nordrhein-Westfalen jedem frei, Wald und Flur zu betreten, solange er nicht schutzwürdige Interessen Dritter verletzt (vgl. § 2 Landesforstgesetz Nordrhein-Westfalen bzw. § 49 Abs. 1 Landschaftsgesetz Nordrhein-Westfalen). Daher kann das Betreten und Durchqueren von Wald und Flur allein nicht als ordnungswidriges Behindern der Jagdausübung angesehen werden, mag sich der Jäger auch subjektiv beeinträchtigt fühlen (vgl. OLG Düsseldorf, aaO.). Der Tatbestand des Behinderns ist vielmehr nur erfüllt, wenn der Täter darüber hinaus ein äußeres Verhalten zeigt, das geeignet ist, die Jagd zu stören, beispielsweise indem er absichtlich dem Jäger die Schussbahn versperrt oder durch Lärmen das Wild aufscheucht (weitere Beispiele bei Hencke, Jagdrecht in Nordrhein-Westfalen, 2. Aufl. 1972, S. 168). Ein solches Verhalten der Betroffenen ergibt sich aus den tatrichterlichen Feststellungen jedoch gerade nicht. Der Vorwurf gegen sie richtet sich lediglich darauf, sie sei im Jagdrevier anwesend gewesen, worauf der Zeuge N2 die Jagd eingestellt habe. Dies reicht zur Erfüllung des § 55 Abs. 1 Nr. 1 LJG nicht aus.


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Die Verteidigung und die Generalstaatsanwaltschaft hatten eine Anwendbarkeit von § 55 Abs. 1 Nr. 1 LJG mit anderer Begründung verneint. Zum Tatzeitpunkt hätten Rabenkrähen nicht bejagt werden dürfen. Folglich sei der Tatbestand des § 55 Abs. 1 Nr. 1 LJG nicht erfüllt, weil die Jagd des Zeugen N2 auf Rabenkrähen nicht im Sinne der Vorschrift "berechtigt" gewesen sei. Die Frage kann hier zwar letztlich dahinstehen. Der Senat weist aber trotzdem darauf hin, dass die Annahme einer fehlenden Berechtigung möglicherweise nicht zutrifft. Denn das Erfordernis der Berechtigung besagt allein, dass das Behindern (nur) des Jagdausübungsberechtigten oder eines befugten Jagdgastes ordnungswidrig ist. Ob diese Personen die ansonsten für die Jagd geltenden Vorschriften (beispielsweise über Schonzeiten) beachten, spielt hingegen keine Rolle. Dies ergibt sich aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift: In einer früheren, zwischenzeitlich ersatzlos aufgehobenen Fassung des damaligen § 55 Abs. 1 LJG hatte es nämlich noch geheißen (vgl. dazu Hencke, aaO., S. 165): "Ordnungswidrig handelt, wer absichtlich den Jagdausübungsberechtigten beim Aufsuchen, Nachstellen, Erlegen oder Fangen von Wild behindert." Mit der Wiedereinführung der Ordnungswidrigkeitenvorschrift des § 55 Abs. 1 Nr. 1 LJG im Jahr 1994 wollte der Gesetzgeber diesen Rechtszustand wiederherstellen, nachdem sich eine Pönalisierung als unentbehrlich erwiesen hatte (so ausdrücklich


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Begründung zum Gesetzentwurf zur Änderung des Landesjagdgesetzes vom 2. November 1993, Landtags-Drucksache 11/6197). Mit der Neuformulierung des "berechtigten" Aufsuchens usw. wird jetzt nicht mehr allein die Jagd des Jagdaus-übungsberechtigten, sondern auch diejenige des befugten Jagdgastes vor Störungen geschützt; beide handeln "berechtigt" im Sinne der Vorschrift (vgl. Drees u. a., aaO.).


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b)

Die Betroffene hat weiter durch ihr Verhalten am 9. Mai 2010 den Bußgeldtatbestand des § 55 Abs. 1 Nr. 14 LJG i. V. m. § 25 Abs. 2 S. 2 LJG nicht verwirklicht. Nach diesen Vorschriften handelt ordnungswidrig, wer außerhalb der Zeit vom 1. Dezember bis 30. April Niederwild nicht unter Benutzung von Fütterungseinrichtungen füttert, die eine Futteraufnahme durch Schalenwild ausschließen. Die Generalstaatsanwaltschaft hat dazu ausgeführt:


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"§ 25 Abs. 2 S. 2 LJG enthält ein Gebot, das sich ausschließlich an den Jagdausübungsberechtigten richtet. Dies ergibt sich sowohl aus dem systematischen Zusammenhang, als auch aus den allgemeinen Grundsätzen des Jagdrechts.


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§ 25 Abs. 1 LJG normiert Fütterungspflichten des Jagdausübungsberechtigten bei Äsungsmangel. Unbeschadet des Absatzes 1 enthält § 25 Abs. 2 S. 1 LJG ein Verbot der Sommerfütterung und nimmt damit einen konkreten Bezug zu der Fütterungspflicht des Jagdausübungsberechtigten vor. § 25 Abs. 2 S. 2 LJG stellt wiederum eine Ausnahmeregelung für Niederwild vom Verbot des § 25 Abs. 2 S. 1 LJG dar. Aus diesem Normzusammenhang und dem Verhältnis von Ausnahme und Rückausnahme der einzelnen Absätze lässt sich


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folgern, dass ein Verstoß gegen § 25 Abs. 2 S. 2 LJG durch unsachgemäße Fütterung auch nur durch den in § 25 Abs. 1 LJG Verpflichteten, also den Jagdausübungsberechtigten, begangen werden kann."


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Dem schließt sich der Senat nach eigener Sachprüfung an.


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c)

Die Verletzung anderer Ordnungswidrigkeiten-Tatbestände durch die Fütterung am 9. Mai 2010 fällt der Betroffenen ebenfalls nicht zur Last. Ein allgemeines Verbot der Fütterung wildlebender Tiere besteht in Nordrhein-Westfalen nicht (vgl. § 61 Abs. 1 Landschaftsgesetz Nordrhein-Westfalen).


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3.

Auf die ebenfalls von der Betroffenen erhobene Verfahrensrüge kommt es damit nicht mehr an.


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3.

Die Entscheidung über die Kosten und die notwendigen Auslagen der Betroffenen beruht auf §§ 46 Abs. 1 OWiG, 467 Abs. 1 StPO.



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