Diese Homepage verwendet Cookies, um Inhalte und Anzeigen zu personalisieren, Funktionen für soziale Medien anbieten zu können und die Zugriffe auf die Website zu analysieren. Außerdem gebe ich Informationen zu Ihrer Nutzung meiner Website an meine Partner für soziale Medien, Werbung und Analysen weiter.

OK Details ansehen Datenschutzerklärung

Rechtsprechung

Aktenzeichen: III-1 VAs 62/12 OLG Hamm

Leitsatz: Zur Aufnahme von Verurteilungen von Geldstrafen bis zu 90 Tagessätzen/Freiheitsstrafen bis zu 3 Monaten in ein Führungszeugnis, wenn im Bundeszentralregister mehrere derartiger Strafen eingetragen sind.

Senat: 1

Gegenstand: Beschwerde

Stichworte: Bundeszentralregister, Zweitverurteilung, Aufnahme, Führungszeugnis

Normen: BZRG 32

Beschluss:

In pp.

hat der 1. Strafsenat des OLG Hamm am 19.07.2012 beschlossen:

Der Antrag wird auf Kosten des Betroffenen als unbegründet verworfen.

Der Geschäftswert wird auf 2.500,- € festgesetzt.


Gründe
I.

Im Bundeszentralregister sind für den Betroffenen folgende Entscheidungen eingetragen:

1.

01.10.2010 AG Saarbrücken

(V 1109) - 29 Cs 53 VRs 62 Js 1070/10 (578/10) -

rechtskräftig seit 13.10.2010

Datum der (letzten) Tat: 01.05.2010

Tatbezeichnung: Vorsätzliche Trunkenheit im Verkehr

Angewendete Vorschriften: StGB § 316 Abs. 1, § 69 a, § 69

30 Tagessätze zu je 60,- € Geldstrafe

Sperre für die Fahrerlaubnis bis 31.01.2011

2.

25.01.2011 AG Saarbrücken

(V 1109) - 29 Cs 60 Js 1403/10 (44/11) -

rechtskräftig seit 15.02.2011

Datum der (letzten) Tat: 24.11.2010

Tatbezeichnung: Vorsätzliches Fahren ohne Fahrerlaubnis

Angewendete Vorschriften: StVG § 2, § 21 Abs. 1 Nr. 1

30 Tagessätze zu je 55,- € Geldstrafe

Das Bundesamt für Justiz erteilte dem Betroffenen am 04.05.2012 ein Führungszeugnis für den privaten Gebrauch, in dem die beiden genannten Verurteilungen aufgeführt waren.

Daraufhin hat der Betroffene selbst mit Schriftsatz vom 08.05.2012 und mit anwaltlichem Schriftsatz vom 11.05.2012 die Erteilung eines vermerkfreien Führungszeugnisses beantragt. Er ist der Auffassung, dass die genannten Verurteilungen nicht im Führungszeugnis erscheinen dürften. Nach den Regelungen in § 32 Abs. 2 Nr. 5 a BZRG sowie in § 38 Abs. 2 Nr. 3 BZRG dürften Verurteilungen von nicht mehr als

90 Tagessätzen in ein Führungszeugnis nicht aufgenommen werden, wenn im Register keine weitere Strafe eingetragen sei. Dies sei hier der Fall. Die beiden Verurteilungen beinhalteten Geldstrafen von nicht mehr als 90 Tagessätzen und seien daher in ein Führungszeugnis nicht aufzunehmen.

Das Bundesamt für Justiz hat den Antrag mit Bescheid vom 10.05.2012, der dem Betroffenen am 16.05.2012 zugestellt worden ist, abgelehnt. Mit seinem am 21.05.2012 beim Oberlandesgericht Hamm eingegangenen Anwaltsschriftsatz vom 18.05.2012 hat der Betroffene Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt, mit dem er sein Begehren auf Erteilung eines eintragungsfreien Führungszeugnisses weiter verfolgt. Er ist weiterhin der Ansicht, dass eine Eintragung nach den bereits o.g. Vorschriften nicht zulässig gewesen sei.

II.

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist zulässig, jedoch nicht begründet.

1.

Der Antrag ist statthaft. Der Durchführung eines Beschwerdeverfahrens bedurfte es nicht, weil der Betroffene keine - nach Ermessensgesichtspunkten zu treffende - Anordnung der Nichtaufnahme in ein Führungszeugnis gemäß § 39 Abs. 1 S. 1 BZRG anstrebt, sondern die gesetzlichen Voraussetzungen für die Eintragungen der Entscheidungen des Amtsgerichts Saarbrücken vom 01.10.2010 und 25.01.2011 in ein Führungszeugnis überhaupt bestreitet.

2.

Der Antrag ist allerdings unbegründet, da die genannten Entscheidungen des Amtsgerichts Saarbrücken zu Recht in das Führungszeugnis aufgenommen worden sind und die Frist für die Nichtaufnahme dieser Verurteilungen in das Führungszeugnis jeweils noch nicht abgelaufen ist. Gemäß § 33 Abs. 1 S. 1 BZRG werden in das Führungszeugnis die in den §§ 4 - 16 BZRG bezeichneten Eintragungen aufgenommen. Bei den Entscheidungen des Amtsgerichts Saarbrücken vom 01.10.2010 und 25.01.2011 handelt es sich um strafgerichtliche Verurteilungen, durch die jeweils auf Strafe erkannt worden ist (§ 3 Nr. 1, § 4 Nr. 1 BZRG).

Zwar sind gemäß § 32 Abs. 2 Nr. 5 Buchst. a) BZRG Verurteilungen, durch die auf Geldstrafe von nicht mehr als 90 Tagessätzen erkannt worden ist, nicht in das Führungszeugnis aufzunehmen. Diese Ausnahme gilt jedoch nur, wenn im Register, d.h. im Zentralregister, keine weitere Strafe eingetragen ist. Hier sind indes die beiden oben erwähnten Strafen im Zentralregister eingetragen.

Die Vorschrift des § 32 Abs. 2 Nr. 5 Buchst. a) BZRG findet keine Anwendung, weil der Nichtaufnahme jeder der beiden Verurteilungen in das Führungszeugnis die Eintragung der jeweils anderen Strafe im Zentralregister entgegensteht. Diese Bestimmung ist nicht etwa einschränkend dahin auszulegen, dass als "weitere Strafe" nur eine solche in Betracht kommt, die selbst ohne Rücksicht auf weitere Eintragungen, ins Führungszeugnis zu übernehmen ist. Für eine solche einschränkende Auslegung ließe sich zwar die Erwägung anführen, dass eine alleine nicht aufzunehmende Verurteilung auch keine Rechtswirkung dahin ausüben dürfte, dass sie Ursache für die Aufnahme anderer Verurteilungen würde (OLG Hamm, MDR 1981, 783 [OLG Hamm 25.03.1981 - 7 VAs 8/81]). Dieser einschränkenden Auslegung steht jedoch schon der klare Wortlaut des Gesetzes entgegen, nach dem nur dann die Aufnahme einer "kleinen Verurteilung" ins Führungszeugnis entfällt, wenn im Register keine weitere Strafe eingetragen ist. Danach muss auch eine Geldstrafe von nicht mehr als 90 Tagessätzen genügen, um das Vorliegen des Ausnahmetatbetands des § 32 Abs. 2 Nr. 5 Buchst. a) BZRG auszuschließen und zu dem Regelzustand des § 32 Abs. 1 BZRG (grundsätzliche Aufnahme von Eintragungen ins Führungszeugnis) zurückzukehren (OLG Hamm, MDR 1981, 783 [OLG Hamm 25.03.1981 - 7 VAs 8/81]; OLG Hamm, Beschluss vom 05.08.2008 - 1 VAs 64/08 -; Pfeifer, NStZ 2000, 402, 407; Vollkommer, JuS 2007, 536, 537; Götz/Tolzmann, BZRG, 4. Aufl., § 32 Rdnr. 31; Haase, BZRG, § 32 Rdnr. 9).

Diese Auslegung entspricht auch dem Zweck der Regelung des § 32 BZRG. Durch diese Ausnahmevorschrift soll dem "erstmalig Bestraften eine echte Bewährungschance gegeben werden". Andererseits soll das für die Bewertung der Persönlichkeit eines Betroffenen maßgebliche wiederholte strafrechtliche Versagen, auch wenn es nur zu geringfügigen Bestrafungen geführt hat, in das Führungszeugnis aufgenommen werden (OLG Karlsruhe, NStZ-RR 2000, 274 [OLG Karlsruhe 20.03.2000 - 2 VAs 49/99]; Rebmann/Uhlig, BZRG, § 32 Rdnr. 30 f.; vgl. auch OLG Hamm, MDR 1981, 783 [OLG Hamm 25.03.1981 - 7 VAs 8/81] und BT-Drs. VI/1550 S. 13).

Schließlich sprechen die Gesetzesmaterialien für diese Auslegung. Es war seinerzeit im Gesetzgebungsverfahren (zur Vorgängervorschrift des § 30 Abs. 2 Nr. 4 BZRG-E) noch differenziert worden, zwischen Geldstrafen, wenn die Ersatzfreiheitsstrafe nicht mehr als einen Monat beträgt und solchen, bei denen sie mehr als einen Monat, aber nicht mehr als drei Monate beträgt. Zu der erstgenannten Art von Geldstrafe wird in den Gesetzesmaterialien ausgeführt (BT-Drs. VI/1550 S. 13):

"Ist der Betroffene mehrfach nacheinander zu einer Geldstrafe verurteilt worden, deren Ersatzfreiheitsstrafe jeweils über einen Monat nicht hinausgeht, wird demnach keine dieser Geldstrafen im Führungszeugnis berücksichtigt".

Hinsichtlich der an zweiter Stelle genannten Art von Geldstrafen heißt es hingegen:

"Eine Freiheitsstrafe von nicht mehr als drei Monaten (...) soll nicht im Führungszeugnis erscheinen, wenn keine weitere Freiheits- oder Geldstrafe im Register eingetragen ist (...). Dasselbe soll für eine Geldstrafe gelten, deren Ersatzfreiheitsstrafe nicht mehr als drei Monate beträgt."

Hier zeigt sich klar der Wille des Gesetzgebers, dass nur bei den ganz geringen Geldstrafen keinerlei Eintragung ins Bundeszentralregister vorzunehmen ist (eine Regelung, die aktuell aber nicht mehr existiert), ansonsten bei den Geldstrafen bis zu 90 Tagessätzen (die an die Stelle der Geldstrafen, deren Ersatzfreiheitsstrafe nicht mehr als drei Monate beträgt, getreten sind) schon.

§ 38 Abs. 2 Nr. 3 BZRG steht der Aufnahme der Verurteilung in das Führungszeugnis nicht entgegen. Der Inhalt des Führungszeugnisses, also die Frage, welche Eintragungen zunächst darin aufzunehmen sind, wird in § 32 BZRG geregelt. Wie sich sowohl aus dem Wortlaut des § 38 BZRG als auch aus seinem systematischen Zusammenhang mit den Fristenregelungen der §§ 33 ff. BZRG ergibt, regelt er nur die Länge der Fristen, während der Eintragungen in das Führungszeugnis aufzunehmen sind. Wollte man das anders sehen, so würde das Bundeszentralregistergesetz an zwei Stellen sich widersprechende Regelungen zur selben Frage enthalten (OLG Hamm, MDR 1981, 783 [OLG Hamm 25.03.1981 - 7 VAs 8/81]; OLG Karlsruhe, NStZ-RR 2000, 274; Pfeiffer, NStZ 2000, 402, 407). Auch die Materialien zur Vorgängervorschrift in § 36 BZRG zeigen, dass § 38 Abs. 2 Nr. 3 BZRG sich auf die Tilgungsfristen bezieht. Die vom Betroffenen angeführten Kommentarstellen aus der Kommentierung von Rebmann/Uhlig vermögen seine Ansicht hingegen nicht zu stützen.

III.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 30 EGGVG, 30, 130 KostO.


zur Startseite "Rechtsprechung"

zum Suchformular

Die Nutzung von Burhoff-Online ist kostenlos. Der Betrieb der Homepage verursacht aber für Wartungs-, Verbesserungsarbeiten und Speicherplatz laufende Kosten.

Wenn Sie daher Burhoff-Online freundlicherweise durch einen kleinen Obolus unterstützen wollen, haben Sie hier eine "Spendenmöglichkeit".