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Rechtsprechung

Aktenzeichen: III-3 RBs 133/12 OLG Hamm

Leitsatz: Zur Verwertbarkeit von Voreintragúngen im Verkehrszentralregister (hier: 5-Jahres-Frist nach § 29 Abs. 8 Satz 2 StVG).

Senat: 3

Gegenstand: Rechtsbeschwerde

Stichworte: Verwertbarkeit, Voreintragungen

Normen: StVG 29

Beschluss:

Bußgeldsache
In pp.
hat der 3. Senat für Bußgeldsachen des OLG Hamm am 02.07.2012 beschlossen:

Das angefochtene Urteil wird im Rechtsfolgenausspruch mit den dazugehörigen Feststellungen aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht Bielefeld zurückverwiesen.

Die weitergehende Rechtsbeschwerde wird als unbegründet verworfen.

Gründe
I.
Das Amtsgericht hat den Betroffenen am 8. Februar 2012 wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit (um 55 km/h außerhalb geschlossener Ortschaften) zu einer Geldbuße von 300 € verurteilt und ein Fahrverbot für die Dauer von einem Monat angeordnet.

Mit seiner Rechtsbeschwerde rügt der Betroffene die Verletzung sachlichen Rechts.

II.
Das Rechtsmittel hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen (vorläufigen) Teilerfolg. Im Übrigen ist es unbegründet.

1. Die Überprüfung des Schuldspruches aufgrund der Beschwerderechtfertigung hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen ergeben.

2. Der Rechtsfolgenausspruch hält hingegen materiell-rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

Das Amtsgericht hat die in Nr. 11.3.8 des Bußgeldkatalogs zur BKatV vorgesehene Regelgeldbuße von 240 € „aufgrund der Voreintragungen des Betroffenen“ auf 300 € erhöht. Zu den Voreintragungen des Betroffenen im Verkehrszentralregister hat das Amtsgericht folgende Feststellungen getroffen:

„Der Verkehrszentralregisterauszug vom 15. Juli 2011 enthält für den Betroffenen vier Eintragungen. Am 22. Mai 2006 wurde dem Betroffenen gemäß § 111a StPO von dem Amtsgericht Stolzenau die Fahrerlaubnis vorläufig entzogen. Am 20.Juni 2006 wurde der Betroffene von dem Amtsgericht Stolzenau zu einer Geldstrafe in Höhe von 30 Tagessätzen zu je 30 € wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr verurteilt. Am 4. September 2007 wurde ihm die allgemeine Fahrerlaubnis von der zuständigen Behörde in O erteilt. Am 15. August 2008 wurde ihm von dem Kreis Wolfenbüttel eine Geldbuße wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 22 km/h in Höhe von 40 € auferlegt.“

Der Senat geht angesichts der Formulierung der Urteilsgründe davon aus, dass das Amtsgericht bei der Bemessung der Geldbuße die Entscheidungen des Amtsgerichts Stolzenau vom 20. Juni 2006 und des Landkreises Wolfenbüttel vom 15. August 2008 zum Nachteil des Betroffenen verwertet hat. Den Feststellungen des Amtsgerichts lässt sich indes nicht entnehmen, dass die Entscheidung vom 20. Juni 2006 noch zum Nachteil des Betroffenen verwertet werden durfte.

Die Entscheidung vom 20. Juni 2006 unterliegt nach § 29 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVG einer zehnjährigen Tilgungsfrist im Verkehrszentralregister und darf gemäß § 29 Abs. 8 Satz 2 StVG nach Ablauf eines Zeitraumes, der einer fünfjährigen Tilgungsfrist entspricht, nur noch für ein Verfahren verwertet werden, das die Erteilung oder Entziehung einer Fahrerlaubnis zum Gegenstand hat. Die demnach hier für die Verwertbarkeit der Entscheidung maßgebende Frist von fünf Jahren begann entweder nach § 29 Abs. 4 Nr. 1 StVG mit dem Tag des ersten Urteils – hier wohl dem 20. Juni 2006 – oder – falls dem Betroffenen in der Entscheidung vom 20. Juni 2006 die Fahrerlaubnis entzogen worden sein sollte oder eine Sperre für die Neuerteilung der Fahrerlaubnis angeordnet worden sein sollte – nach § 29 Abs. 5 Satz 1 StVG erst mit der Neuerteilung der Fahrerlaubnis, hier also mit dem 4. September 2007. Im erstgenannten Fall wäre die fünfjährige Frist zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht bereits abgelaufen gewesen, da die Bußgeldentscheidung des Landkreises Wolfenbüttel hinsichtlich der strafgerichtlichen Verurteilung vom 20. Juni 2006 nach § 29 Abs. 6 Satz 3 StVG nicht zu einer Ablaufhemmung im Sinne des § 29 Abs. 6 StVG führen konnte. Im zweiten Fall (Fristbeginn erst mit der Neuerteilung der Fahrerlaubnis) wäre die Entscheidung vom 20. Juni 2006 zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung hingegen noch verwertbar gewesen. Dass in der Entscheidung vom 20. Juni 2006 eine Entziehung der Fahrerlaubnis oder eine Sperre für die Neuerteilung der Fahrerlaubnis angeordnet worden ist, lässt sich dem angefochtenen Urteil indes nicht entnehmen. Dies mag zwar sehr wahrscheinlich sein, ist aber nicht zwingend der Fall.

3. Wegen der Wechselwirkung zwischen der Höhe der Geldbuße und dem Fahrverbot ist das angefochtene Urteil nach § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, § 353 StPO im gesamten Rechtsfolgenausspruch mit den dazugehörigen Feststellungen aufzuheben und die Sache insoweit nach § 79 Abs. 6 OWiG zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht zurückzuverweisen.


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