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Rechtsprechung

Aktenzeichen: III-2 RBs 146/10 OLG Hamm

Leitsatz: Wurde der Betroffene von seiner Pflicht zum persönlichen Erscheinen entbunden, muss das Amtsgericht die Hauptverhandlung in Abwesenheit des Betroffenen durchführen. Dass auch der Verteidiger des Betroffenen zur Hauptverhandlung nicht erscheint, ist unerheblich, da der Betroffenen nicht verpflichtet ist, sich durch einen bevollmächtigten Verteidiger vertreten zu lassen.

Senat: 2

Gegenstand: Rechtsbeschwerde

Stichworte: Entbindung, Anwesenheitspflicht, Hauptverhandlung, Verwerfung, Einspruch

Normen: OWiG 73; OWiG 74

Beschluss:

In pp.
hat der 2. Senat für Bußgeldsachen des OLG Hamm am 25.02.2011 beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.



Das Urteil des Amtsgerichts Recklinghausen wird mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.



Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht Recklinghausen zurückverwiesen.

Gründe

I.

Das Amtsgericht Recklinghausen hat mit Urteil vom 13.10.2010 den Einspruch des Betroffenen gegen den Bußgeldbescheid des Landrats des Kreises S vom 08.09.2009, durch den gegen ihn wegen Nichteinhaltung des Mindestabstandes von 50 m auf Autobahnen für Fahrzeuge über 3,5 t zulässiges Gesamtgewicht eine Geldbuße in Höhe von 120,- € verhängt worden ist, gemäß § 74 Abs. 2 OWiG verworfen, da der Betroffene, der von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen im Termin nicht entbunden worden sei, zum Hauptverhandlungstermin ohne genügende Entschuldigung ausgeblieben sei. Tatsächlich hatte der Verteidiger des Betroffenen mit Schriftsatz vom 09.09.2010 den Antrag gestellt, den Betroffenen vom Erscheinen im Hauptverhandlungstermin am 13.10.2010 zu entbinden, worauf das Amtsgericht mit Verfügung vom 15.09.2010 dem Verteidiger mitteilte, dass der Betroffene von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen entbunden wird.

Gegen das Urteil vom 13.10.2010 richtet sich der Antrag des Betroffenen auf Zulassung der Rechtsbeschwerde, mit dem die Versagung des rechtlichen Gehörs gerügt wird.

II.

Der Antrag des Betroffenen auf Zulassung der Rechtsbeschwerde erweist sich als begründet.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat in ihrer Stellungnahme vom 08.12.2010 u.a. Folgendes ausgeführt:

"Der rechtzeitig angebrachte und form- und fristgerecht begründete Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde ist zulässig und in der Sache — zumindest vorläufig - auch erfolgreich.

Der Betroffene dringt mit der Rüge der Versagung rechtlichen Gehörs durch.

Die Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs ist in einer den Anforderungen des § 80 Abs. 3 S. 3 OWiG i.V.m. § 344 Abs. 2 S. 2 StPO genügenden Form ausgeführt worden und daher zulässig. Der Rechtsbeschwerdebegründungsschrift lässt sich entnehmen, welcher Ordnungswidrigkeitenvorwurf dem Betroffenen zur Last gelegt wird. Es wird weiterhin mitgeteilt, dass der Betroffene vom Gericht von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen entbunden worden ist. Zudem wird ausgeführt, dass weder der Betroffene noch sein Verteidiger zur Hauptverhandlung erschienen waren und wie das Gericht über den Einspruch gegen den Bußgeldbescheid entschieden hat.

Die Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs ist auch begründet. Durch das Prozessurteil vom 13.10.2010 ist der Betroffene in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör nach Artikel 103 Abs. 1 GG verletzt. Für die Verwerfung des Einspruchs nach § 74 Abs. 2 OWIG gibt es keine Rechtsgrundlage. Diese Vorschrift betrifft nur das Ausbleiben des Betroffenen ohne genügende Entschuldigung (zu vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 25.05.2010

— III — 5 RBs 103/10 -; OLG Köln, DAR 2005, 229; OLG Hamm, DAR 2001, 519; Göhler, OWiG, 15. Auflg., § 74 Rdn. 19). Da der Betroffene von seiner Pflicht zum persönlichen Erscheinen entbunden war, hätte das Amtsgericht nach § 74 Abs. 1 S. 1 OWiG verfahren und die Hauptverhandlung in Abwesenheit des Betroffenen durchführen müssen. Dass auch der Verteidiger des Betroffenen zur Hauptverhandlung nicht erschienen ist, ist unerheblich, da § 73 Abs. 3 OWiG den Betroffenen nicht verpflichtet, sich durch einen bevollmächtigten Verteidiger vertreten zu lassen (zu vgl. OLG Hamm, a.a.O.).

Dem Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde ist daher ein vorläufiger Erfolg nicht zu versagen."

Diesen zutreffenden Ausführungen schließt sich der Senat nach eigener Prüfung an und macht sie zur Grundlage seiner Entscheidung. Das rechtliche Gehör des Betroffenen ist durch den Erlass des Prozessurteils insoweit verletzt worden, als sich das Gericht mit seinem sachlichen Vorbringen inhaltlich nicht auseinandergesetzt hat (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 10.08.2004 - 3 Ss OWi 481/04 -). Das angefochtene Urteil war daher mit den getroffenen Feststellungen aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht Recklinghausen zurückzuverweisen.


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