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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 2 RVs 37/10 OLG Hamm

Leitsatz: Zum erforderlichen Umfang der Begründung einer Aufklärungsrüge.

Senat: 2

Gegenstand: Revision

Stichworte: Aufklärungsrüge, Begründung, Anforderungen,

Normen: StPO 344

Beschluss:

Strafsache
gegen pp.
wegen Beleidigung

Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil der 4. kleinen Strafkammer des Landgerichts Bochum vom 25. März 2010 hat der 2. Strafsenat des Oberlandes-gerichts Hamm am 13.07.2010 durch auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft nach Anhörung des Angeklagten bzw. seines Verteidigers einstimmig beschlossen:

Die Revision wird gemäß § 349 Abs. 2 StPO als offensichtlich unbegründet verworfen.

Die Kosten des Rechtsmittels fallen dem Angeklagten zur Last (§ 473 Abs. 1 StPO).

Gründe:

I.
Das Amtsgericht Bochum hat den Angeklagten am 27.11.2009 (32 Ds 33 Js 139/09 – 503/09) wegen Beleidigung zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten verurteilt.

Die gegen dieses Urteil eingelegte Berufung hat die 4. Kleine Strafkammer des Landgerichts Bochum durch Urteil vom 25.03.2010 verworfen.
In Abweichung von dem amtsgerichtlichen Urteil ist die Kammer dabei von einer sich aus der Alkoholisierung des Angeklagten im Tatzeitpunkt ergebenden verminderten Schuldfähigkeit im Sinne des § 21 StGB ausgegangen. Eine Schuldunfähigkeit nach § 20 StGB vermochte sie hingegen insbesondere im Hinblick auf das unmittelbare Nachtatverhalten sicher auszuschließen. Unter Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Gesichtspunkte hat die Kammer dann die verhängte Freiheitsstrafe von 6 Monaten dem nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen des §185 StGB entnommen.

Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte durch Schriftsatz seines Verteidigers vom gleichen Tag – bei Gericht eingegangen am 29.03.2010 – Revision eingelegt und diese - nach am 13.04.2010 erfolgter Zustellung des Urteils an den Verteidiger – mit am 11.05.2010 bei Gericht eingegangenem Anwaltsschriftsatz vom 10.05.2010 begründen lassen.

Mit der Revision wird die Verletzung formellen sowie materiellen Rechts gerügt und die Rügen im Einzelnen näher erläutert.

II.
Die rechtzeitig eingelegte und frist- sowie formgerecht begründete Revision ist zulässig, jedoch offensichtlich unbegründet.

1. Die Verteidigung rügt zunächst explizit die Verletzung des § 261 StPO und führt hierzu näher aus:

„Angesichts des Vorlebens des Angeklagten hätte sich eine psychiatrische Begutachtung des Angeklagten aufgedrängt. Bestehen bei Tat oder Täter massive Besonderheiten, sind diese bei der Diagnose und der Erörterung der Voraussetzungen von §§ 20, 21 StGB ausführlich abzuhandeln, denn je größer die biographischen Besonderheiten im Vorleben des Täters, je unerklärlicher, sinnloser die Tat, desto notwendiger ist eine solche Begutachtung anzusehen.
Hier hat sich der Verurteilte immer wieder speziell in Bezug auf Polizeibeamte dazu hinreißen lassen, verbal auffällig zu werden und diese zu beleidigen.
Die allgemeine Aufklärungspflicht des Gerichts gebiete es von allen zu Gebote stehenden Beweismitteln Gebrauch zu machen, die der Wahrheitsfindung dienen können. Dabei sind an die Aufklärungspflicht umso höhere Anforderungen zu stellen, je mehr voneinander abweichende Aussagen verschiedener Zeugen oder Auffälligkeiten und Besonderheiten vorliegen. Gerade in solch einem Fall dürfen keine Aufklärungsmöglichkeiten außer Betracht bleiben, die geeignet sind Widersprüche aufzuklären. Es ist insbesondere Vorsicht geboten, wenn das Gericht die Absicht verfolgt, zum Nachteil des Angeklagten Vorverurteilungen zu berücksichtigen. …“

Aus diesen näheren Erläuterungen der Rüge ergibt sich, dass Letztere auf eine Verletzung des § 261 StPO gerade nicht gestützt werden sollte. Denn § 261 StPO verpflichtet nur zu einer umfassenden, rechtsfehlerfreien Würdigung der in der Hauptverhandlung erhobenen Beweise, die Rüge der Verletzung des § 261 StPO verspricht nur Erfolg, wenn ohne Rekonstruktion der Beweisaufnahme der Nachweis geführt werden kann, dass die im Urteil getroffenen Feststellungen nicht durch die in der Hauptverhandlung verwendeten Beweismittel und nicht durch Vorgänge gewonnen worden sind, die zum Inbegriff der Hauptverhandlung gehören (vgl. Meyer Goßner, StPO, 52. Aufl. 2009, § 261, Rn 38a mwN).
Wird hingegen die nicht hinreichende weitere Aufklärung gerügt – hier durch Nichteinholung eines Sachverständigengutachtens zur Frage der Schuldfähigkeit des Angeklagten nach §§ 20, 21 StGB -, so stellt sich dies als Rüge der Verletzung der allgemeinen Aufklärungspflicht nach § 244 Abs. 2 StPO dar, die einen unverzichtbaren Anspruch aller Prozessbeteiligten darauf begründet, dass sich die Beweisaufnahme auf alle Tatsachen und alle tauglichen Beweismittel erstreckt, die für die Entscheidung von Bedeutung sind, (Meyer-Goßner, aaO, § 244, Rn 11 mwN; vgl. auch Beschluss des erkennenden Senats vom 14.11.2006 – 2 Ss 498/06).

Auch der insoweit erhobenen Aufklärungsrüge bleibt jedoch der Erfolg versagt.
Zwar ist unschädlich, dass die in der Sache erhobene Aufklärungsrüge nicht als solche, sondern als Verletzung des § 261 StPO bezeichnet worden ist, da allein maßgebend nur die wirkliche rechtliche Bedeutung des Revisionsangriffs ist, wie er Sinn und Zweck des Revisionsvorbringens entnommen werden kann; eine Bezeichnung der verletzten Gesetzesvorschrift ist nicht erforderlich (vgl. BGH, NJW 2007, 92; Meyer-Goßner, aaO, § 344, Rn 10 mwN).
Allerdings ist die Aufklärungsrüge nicht in der zulässigen Form erhoben worden.
Die zulässige Erhebung der Aufklärungsrüge erfordert die Benennung der Tatsache, die das Gericht zu ermitteln unterlassen hat, die Bezeichnung des hierfür in Betracht kommenden Beweismittels, die Benennung der Umstände, aufgrund derer sich das Gericht zu weiteren Ermittlungen hätte gedrängt sehen müssen und die Angabe, welches Ergebnis von der unterbliebenen Beweiserhebung zu erwarten gewesen wäre (vgl. Meyer-Goßner, aaO, § 244, Rn 11 mwN; vgl. auch erkennender Senat, Beschluss vom 14.11.2006 – 2 Ss498/06 und Beschluss vom 09.02.2004 – 2 Ss 21/04).
Insoweit mangelt es schon an einer hinreichenden Konkretisierung der Umstände, aufgrund derer sich das Gericht zu weiteren Ermittlungen hätte gedrängt sehen müssen. Der pauschale Hinweis auf „biographische Besonderheiten im Vorleben des Täters“ und die Sinnlosigkeit der Tat ist insoweit nicht ausreichend. Auch bleibt offen, welches Ergebnis von der Beweiserhebung in Form der Einholung eines Sachverständigengutachtens zu erwarten gewesen wäre.

2. Auch die auf die Sachrüge vorzunehmende Überprüfung des angefochtenen Urteils deckt Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten nicht auf.

Ein solcher Rechtsfehler ergibt sich insbesondere nicht aus einer fehlerhaften Berücksichtigung tilgungsreifer Vorstrafen, wie mit der Revisionsbegründung ausdrücklich gerügt wird. Ein bereits auf die Sachrüge hin zu berücksichtigender Verstoß gegen § 51 Abs. 1 BZRG ( vgl. BGH, NStZ-RR 2009, 291) liegt in der Sache nicht vor.
Mag sich unter Berücksichtigung der sich aus § 46 BZRG ergebenden Tilgungsfristen auch ergeben, dass diese Fristen hinsichtlich der unter II.a. 1.bis 6. - und zwischenzeitlich auch 7. - der Urteilsgründe aufgeführten Vorverurteilungen abgelaufen sind, so steht dies allein ihrer Verwertung im vorliegenden Fall noch nicht entgegen. Denn bei Eintragung mehrerer Verurteilungen im Register ist gemäß § 47 Abs. 3 S. 1 BZRG die Tilgung einer Eintragung erst zulässig, wenn für alle Verurteilungen die Voraussetzungen der Tilgung vorliegen. Dies ist hier aber ersichtlich nicht der Fall. So lange aber eine Verurteilung wegen Unzulässigkeit ihrer Tilgung berechtigterweise im Bundeszentralregister eingetragen ist, steht ihrer Berücksichtigung das Verwertungsverbot des § 51 Abs. 1 BZRG nicht entgegen.

Auch im Übrigen sind die Strafzumessungserwägungen rechtsfehlerfrei. Es ist nicht ersichtlich, dass die Kammer die ihr nach § 46 StGB obliegende Pflicht zur Abwägung der für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände verletzt, insbesondere rechtlich anerkannte Strafzwecke nicht in den Kreis ihrer Erwägungen einbezogen hätte, oder die Strafe bei Berücksichtigung des zur Verfügung stehenden Strafrahmens unvertretbar hoch oder niedrig wäre. (vgl. Meyer-Goßner, aaO, § 337, Rn 34 mwN).

Gleiches gilt im Hinblick auf die Erwägungen zur Nichtaussetzung der Strafe zur Bewährung. Auch insoweit weist das Urteil Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten nicht auf.



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