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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 3 Ss 76/06 OLG Hamm

Leitsatz: Bei einer Bestrafung wegen eines versuchten Delikts muss die Strafzumessung erkennen lassen, dass die Frage der Milderung geprüft worden ist.

Senat: 3

Gegenstand: Revision

Stichworte: Strafzumessung; Versuch; Milderungsmöglichkeit; Anforderungen an die Begründung

Normen: StGB 23; StPO 267

Beschluss:

Strafsache
gegen B.N.
wegen versuchter Nötigung
Auf die (Sprung-)Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Bielefeld vom 30.11.2005 hat der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 28. 03. 2006 durch den Richter am Oberlandesgericht, die Richterin am Oberlandesgericht und die Richterin am Oberlandesgericht auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft gemäß § 349 Abs. 2 StPO und nach Anhörung des Angeklagten bzw. seines Verteidigers bzw. nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft einstimmig beschlossen:

Das angefochtene Urteil wird im gesamten Rechtsfolgenausspruch nebst den diesem zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Bielefeld zurückverwiesen.

Im Übrigen wird die Revision als unbegründet verworfen.

Gründe:
I.
Der Angeklagte ist durch Urteil des Amtsgerichts Bielefeld vom 30.11.2005 wegen versuchter Nötigung in drei Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 45 Tagessätzen in Höhe von je 15,- € verurteilt worden.

Nach den Urteilsfeststellungen hatte der Angeklagte am 5. Februar 2004, am 1. März 2004 und am 15. März 2004 Mitarbeiter des Hauses "Arafna" der von Bodelschwinghschen Anstalten Bethel, in dem sein schwerstbehinderter Sohn aufgenommen worden war, bedroht und auf diese Weise versucht, eine Änderung der Pflege und Versorgung seines Kindes nach seinen Vorstellungen durchzusetzen.

Den Rechtsfolgenausspruch hat das Amtsgericht wie folgt begründet:

"Was das Strafmaß betrifft, so war zu berücksichtigen, dass die Drohungen massiv und von den Mitarbeitern des Hauses Arafna durchaus ernst zu nehmen waren. Es kommt auch in Bielefeld wiederholt vor, dass Konflikte zwischen Personen unterschiedlicher Kulturen nicht durch das Anerkennen anderer Wertvorstellungen, sondern gewalttätig gelöst werden. Die von dem Angeklagten beschworene Gewaltlosigkeit muss nach den Ausführungen des Sachverständigen auch vor dem Hintergrund eines früheren Ermittlungsverfahrens bezweifelt werden. Zu Gunsten des Angeklagten hat das Gericht berücksichtigt, dass er subjektiv im Interesse seines behinderten Sohnes gehandelt hat. Es hat vor allen Dingen aber berücksichtigt, dass der Sohn inzwischen im Haushalt des Angeklagten lebt und somit keine Wiederholungsgefahr besteht. Aus diesen Gründen hielt das Gericht für den Vorfall vom 5. Februar 2004 eine Geldstrafe von 25 Tagessätzen, für den Vorfall vom 1. März 2004 eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen und für den Vorfall vom 15. März 2004 eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen für ausreichend und angemessen. Es hat daraus eine Gesamtgeldstrafe von 45 Tagessätzen gebildet. Der einzelne Tagessatz war - den wirtschaftlichen Verhältnissen des Angeklagten entsprechend - auf 15,- € festzusetzen."

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Angeklagten, mit der eine Verletzung formellen und materiellen Rechts gerügt wird.

II.
Die Revision hat mit der erhobenen Sachrüge vorläufig zumindest teilweise Erfolg. Sie führt zu einer Aufhebung des angefochtenen Urteils im Rechtsfolgenausspruch, und zwar sowohl hinsichtlich der verhängten Einzelgeldstrafen als auch in Bezug auf die gebildete Gesamtgeldstrafe, und im Umfang der Aufhebung zu einer Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht Bielefeld. Im Übrigen war die Revision als unbegründet zu verwerfen.

1. Die Überprüfung des Schuldausspruches des angefochtenen Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Insoweit war daher die Revision entsprechend dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet zu verwerfen.

2. Der Rechtsfolgenausspruch hält dagegen einer rechtlichen Überprüfung nicht Stand. Das Amtsgericht hat den Angeklagten wegen dreier versuchter Straftaten für schuldig befunden. Gemäß § 23 Abs. 2 StGB kann der Versuch milder bestraft werden als die vollendete Tat. Die Strafmilderung erfolgt dabei durch die Wahl eines niedrigereren Strafrahmens gemäß § 49 Abs. 1 StGB. Bei der Strafzumessung für eine versuchte Straftat ist daher zunächst zu entscheiden, ob der Regelstrafrahmen oder der niedrigerere Strafrahmen angewendet werden soll. Erforderlich ist eine Gesamtschau, die neben der Persönlichkeit des Täters, die Tatumstände im weitesten Sinne und dabei insbesondere die versuchsbezogenen Gesichtspunkte einbezieht, wie die Nähe zur Tatvollendung, die Gefährlichkeit des Versuches sowie die eingesetzte kriminelle Energie (vgl. BGH NStZ 2004, 620 m.w.N.). Dabei muss das Urteil erkennen lassen, dass die Frage der Milderung geprüft worden ist (vgl. Tröndle/Fischer, StGB, 53. Aufl., § 23 Rdnr. 5 m.w.N.).

Diesen Anforderungen genügt das angefochtene Urteil nicht. Denn es enthält weder Ausführungen zu dem angewendeten Strafrahmen noch ergibt sich aus dem Gesamtzusammenhang der Strafzumessungserwägungen, dass sich der Tatrichter der Möglichkeit des § 23 Abs. 2 StGB bewusst gewesen ist. Hinzu kommt, dass auch dann, wenn es beim Regelstrafrahmen bleibt, die Tatsache des bloßen Versuchs strafmildernd zu berücksichtigen ist (vgl. Tröndle/Fischer, a.a.O., § 23 Rdnr. 3). Aus dem angefochtenen Urteil ergibt sich aber nicht, dass der Tatrichter dem Umstand, dass die drei dem Angeklagten zur Last gelegten Straftaten im Versuchsstadium steckengeblieben sind, bei der konkreten Strafzumessung eine strafmildernde Bedeutung beigemessen hat.

Die oben dargelegten Kriterien waren bereits bei der Verhängung der Einzelgeldstrafen zu berücksichtigen, so dass sowohl diese als auch die aus ihnen gebildete Gesamtgeldstrafe auf die erhobene Sachrüge hin aufzuheben waren. Da die Verhängung von geringeren Strafen hier nicht völlig auszuschließen war, kam eine eigene Sachentscheidung des Senats nicht in Betracht. Vielmehr war die Sache zur erneuten Entscheidung über den Rechtsfolgenausspruch an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Bielefeld zurückzuverweisen.]



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