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Rechtsprechung

Aktenzeichen: III-3 RBs 119/10 OLG Hamm

Leitsatz: Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ist nicht verletzt, wenn ein Betroffener bei der Begehung eines Verkehrsverstoßes verdachtsabhängig gezielt fotografisch erfasst wird.

Senat: 3

Gegenstand: Rechtsbeschwerde

Stichworte: Geschwindigkeitsmessung, Verwertbarkeit, Recht auf informationelle Selbstbestimmung

Normen: StPO 100h

Beschluss:

In pp.
hat der 3. Senat für Bußgeldsachen des OLG Hamm am 25.05.2010 beschlossen:
Der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde wird als unbegründet verworfen.
Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens trägt der Betroffene
Gründe:
I.
Durch Urteil des Amtsgerichts Bielefeld wurde der Betroffene wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften zu einer Geldbuße von 120,- Euro verurteilt.
Hiergegen wendet sich der Betroffene mit seinem Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde.
II. Die Rechtsbeschwerde ist nur zuzulassen, wenn es geboten ist, die Nachprüfung des Urteils zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen (§ 80 Abs. 1 Nr. 1 OWiG) oder das Urteil wegen Versagung des rechtlichen Gehörs (§ 80 Abs. 1 Nr. 2 OWiG) aufzuheben.
a) Die auf die Sachrüge hin vorzunehmende materiell-rechtliche Überprüfung des Urteils führt nicht zur Aufdeckung einer Rechtsfrage, die die Zulassung der Rechtsbeschwerde zur Fortbildung des Rechts gebietet. Eine Fortbildung des Rechts kommt nur bei Rechtsfragen in Betracht, die entscheidungserheblich, klärungsbedürftig und abstraktionsfähig sind. Sie besteht darin, Leitsätze aufzustellen und zu festigen, die bei der Auslegung von Rechtssätzen und dem Ausfüllen von Gesetzeslücken zur Anwendung kommen (vgl. Göhler, OWiG, 15. Aufl., 2009, § 80 Rn. 3). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Bei dem verwendeten Messverfahren Traffipax "speedophot" handelt es sich um ein standardisiertes Messverfahren (OLG Hamm OLG Hamm VA 2004,175). Insoweit ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung die Frage des erforderlichen Umfangs der tatsächlichen Feststellungen bei standardisierten Messverfahren hinreichend geklärt (zu vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 13.08.2001, 2 Ss OWi 725/01, Verkehrsrecht Aktuell 2001, 168; OLG Hamm, Beschluss vom 24.03.2000, 2 Ss OWi 267/00, MDR 2000, 765; OLG Hamm, NStZ 1990, 546; BGHSt 39,291 = NJW 1993, 3081) . Darüber hinaus muss sich der Tatrichter nur dann von der Zuverlässigkeit der Messungen überzeugen, wenn im Einzelfall konkrete Anhaltspunkte für Messfehler gegeben sind (vgl. OLG Hamm, NStZ 1990, 546, DAR 200,129) oder geltend gemacht werden (OLG Dresden, VRR 2005, 315). Diese lagen aber nach den Ausführungen der erkennenden Richterin nicht vor.
b) Auch der Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung scheidet vorliegend aus. Er wäre nur dann anzunehmen, wenn sonst schwer erträgliche Unterschiede in der Rechtsprechung entstehen oder fortbestehen würden, wobei es darauf ankommt, welche Bedeutung die angefochtene Entscheidung für die Rechtsprechung insgesamt hat (vgl. Göhler, § 80 Rn. 4 m.w.Nachw.). Dies trifft etwa zu, wenn entweder Verfahrensgrundsätze von elementarer Bedeutung verletzt sind oder das Urteil mit Fehlern behaftet ist und entweder die Gefahr der Wiederholung besteht oder der Fortbestand der Entscheidung zu krassen und augenfälligen, nicht mehr hinnehmbaren Unterschieden in der Rechtsprechung führen würde (vgl.
Göhler, § 80 Rn. 5, 6 und 8, jew. m.w.Nachw.). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Es ist weder ein elementarer Verfahrensgrundsatz verletzt noch ist die angefochtene Entscheidung mit Fehlern behaftet, die eine Wiederholung besorgen lassen oder zu krassen, nicht mehr hinnehmbaren Unterschieden in der Rechtsanwendung führen können.
c) Die Rüge der Versagung rechtlichen Gehörs (§ 80 Abs.1 Nr. 2 OWiG) ist nicht erhoben.
d) Soweit der Betroffene die Verwertbarkeit der durchgeführten Geschwindigkeitsmessung wegen einer fehlenden Ermächtigungsgrundlage als Eingriff in sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung rügt, ist dieser mit der Verfahrensrüge geltend zu machende Einwand nicht in zulässiger Weise ausgeführt worden.
Am Rande sei nur erwähnt, dass nach Auffassung des Senates das Recht auf informationelle Selbstbestimmung nicht verletzt ist, wenn ein Betroffener bei der Begehung eines Verkehrsverstoßes verdachtsabhängig gezielt fotografisch erfasst wird (OLG Hamm, Beschluss vom 19. Januar 2010, -3 RBs 46/10-; OLG Hamm Beschluss vom 19.11.2009, -4 Ss OWi 880/09-; Beschluss vom 13.10.2009, -1 Ss OWi 780/09-).
Wenn – wie hier – bei einer Verkehrsüberwachungsmaßnahme nur dann Bildmaterial erzeugt wird, wenn zuvor eine Geschwindigkeitsüberschreitung festgestellt worden ist und damit der konkrete Verdacht einer Ordnungswidrigkeit besteht, ist Rechtsgrundlage für die Herstellung von Bildaufnahmen § 100 h Abs. 1 Nr. 1 StPO iVm. § 46 Abs. 1 OWiG ( vgl. auch OLG Bamberg NJW 2010, 100; OLG Stuttgart DAR 2010, 148) oder § 163 b StPO i.V.m. § 46 Abs.1 OWiG.
Im Übrigen zöge eine fehlerhafte Beweiserhebung – eine solche unterstellt – nicht zwangsläufig ein Beweisverwertungsverbot nach sich (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 52. Auflage, Einl. Rn. 55 m.w.N.; BVerfG NJW 2009, 3293 m.w.N.).Dies ist in den Fällen, in denen keine ausdrückliche gesetzliche Regelung besteht, anhand einer Betrachtung der jeweiligen Umstände des Einzelfalles zu entscheiden (BVerfG aaO).
Danach ist nach Auffassung des Senats dem Interesse des Staates an der Aufklärung und Ahndung massenhaft vorkommender Delikte, die u.U. erhebliche Gefahren für Leib und Leben Dritter beinhalten und deren Nachweis auf andere Weise kaum möglich ist, gegenüber dem Individualinteresse eines Betroffenen in Anbetracht der geringen Schwere des Eingriffs in Form einer fotografischen Dokumentation der Vorrang zu geben, so dass ein Verwertungsverbot zu verneinen ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 473 Abs. 1 StPO.




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