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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 2 Ws 118/10 OLG Hamm

Leitsatz: Zur Strafaussetzung zur Bewährung einer Reststrafe.

Senat: 2

Gegenstand: Beschwerde

Stichworte: Strafaussetzung zur Bewährung, Reststrafe, Grundlagen

Normen: StGB 57

Beschluss:

In pp.
hat der 2. Strafsenat des OLG Hamm am 15.06.2010 beschlossen:
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bochum zurückverwiesen.
Gründe:
I.
Der Verurteilte ist durch rechtskräftiges Urteil des Landgerichts Dortmund vom 29. Mai 2002 (KLs 162 Js 702/01 14 IX B 2/02) wegen gemeinschaftlicher sexueller Nötigung in Tateinheit mit gemeinschaftlichem schweren Raub, gefährlicher Körperverletzung, gemeinschaftlicher Nötigung, gemeinschaftlicher Bedrohung und gemeinschaftlicher Sachbeschädigung zu einer Freiheitsstrafe in Höhe von sieben Jahren und sechs Monaten verurteilt worden. Durch weiteres Urteil des Amtsgerichts Unna vom 15. Januar 2002 (9 Ls 102 Js 47/01 (38(01)) in Verbindung mit dem Urteil des Landgerichts Dortmund vom 13. Januar 2003 (Ns 102 Js 47/01 14 (XVII) B 6/02) ist gegen ihn wegen gemeinschaftlichen Raubes in Tateinheit mit versuchter Erpressung, wegen versuchter räuberischer Erpressung und wegen Freiheitsberaubung eine Gesamtfreiheitsstrafe in Höhe von zwei Jahren verhängt worden. Das Landgericht Dortmund führte diese Strafen unter Auflösung der in dem Urteil des Landgerichts Dortmund vom 13. Januar 2003 gebildeten Gesamtfreiheitsstrafe mit Beschluss vom 29. Oktober 2003 nachträglich auf eine Gesamtfreiheitsstrafe in Höhe von neun Jahren zurück.
Der Verurteilte befindet sich in vorliegender Sache und zur Verbüßung einer weiteren Freiheitsstrafe von neun Monaten, die vom 06. Dezember 2007 bis zum 05. September 2008 vollstreckt wurden, seit dem 05. Dezember 2001 in Haft, zuletzt in der Justizvollzugsanstalt Bochum. Zwei Drittel der vorliegenden Strafe waren am 05. Dezember 2007 vollstreckt, das Strafende ist auf den 05. September 2011 notiert.
Mit Beschluss vom 07. Mai 2009 holte die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bochum gemäß § 454 Abs. 2 Nr. 2 StPO ein sozial- und kriminalprognostisches Gutachten insbesondere zu der Frage ein, ob und ggf. mit welcher Wahrscheinlichkeit die Gefahr besteht, dass der Verurteilte erneut, insbesondere einschlägig straffällig wird. Als Sachverständigen hatte die Kammer Dr. X. aus E benannt, der das schriftliche Gutachten unter dem 17. Juni 2009 erstellte. Mit weiterem Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bochum vom 09. Dezember 2009 wurde der Sachverständige Dr. X. vor dem Hintergrund des – positiven – Berichts der Anstaltspsychologin X der Justizvollzugsanstalt Bochum vom 23. November 2009 insoweit um ergänzende Stellungnahme gebeten, die er unter dem 16. Februar 2010 erstellte. Der Sachverständige kommt hierin zu dem Ergebnis, dass unter näher von ihm ausgeführten Voraussetzungen eine bedingte Entlassung des Verurteilten verantwortbar erscheint.
Die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bochum setzte nach mündlicher Anhörung des Verurteilten und nach Anhörung der Staatsanwaltschaft sowie der Anstaltspsychologin der Justizvollzugsanstalt mit Beschluss vom 26. April 2010 die Vollstreckung des mit Ablauf des 06. Mai 2010 nicht verbüßten Restes der "durch Urteil des Landgerichts Dortmund vom 29.5.2002 verhängten Freiheitsstrafe von 7 Jahren und 6 Monaten" zu Bewährung aus. Hierbei stützte sich die Kammer auf das Gutachten des Sachverständigen Dr. X. vom 17. Juni 2009 und dessen Ergänzung vom 16. Februar 2010, die Einschätzung der Anstaltspsychologin und insbesondere den persönlichen Eindruck des Verurteilten in den Anhörungen vom 19. Oktober 2009 und 26. April 2010.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die fristgerechte sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft Dortmund vom 26. April 2010, der die Generalstaatsanwaltschaft in Hamm beigetreten ist.
Die Generalstaatsanwaltschaft stützt ihren Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Beschlusses unter Bezugnahme auf die Ausführungen der Staatsanwaltschaft Dortmund u.a. darauf, dass die Kammer in dem angefochtenen Beschluss von einer Freiheitsstrafe in Höhe von sieben Jahren und sechs Monaten ausging und nicht die durch nachträgliche Gesamtstrafenbildung erhöhte Strafe von neun Jahren berücksichtigt hat. Wegen der weiteren Beanstandungen wird auf die Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft Hamm vom 14. Mai 2010 Bezug genommen.
Der Verteidiger beantragt die Zurückweisung der Beschwerde unter Hinweis auf die Ausführungen des Sachverständigen und der Anstaltspsychologin.
II.
Die gem. § 454 Abs. 3 StPO, § 57 Abs. 1StPO statthafte und fristgerecht (§ 311 StPO) eingelegte sofortige Beschwerde ist zulässig. Sie hat auch in der Sache – zumindest vorläufig – Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und Zurückverweisung der Sache an die Strafvollstreckungskammer zur erneuten Behandlung und Entscheidung.
Die Strafvollstreckungskammer hat mit dem angefochtenen Beschluss die Vollstreckung des Restes der Freiheitsstrafe in Höhe von sieben Jahren und sechs Monaten aus dem Urteil des Landgerichts Dortmund vom 29. Mai 2002 zur Bewährung ausgesetzt. Diese Entscheidung ist rechtsfehlerhaft, da die genannte Strafe in den Gesamtstrafenbeschluss vom 29. Oktober 2003 eingeflossen ist und demzufolge über die Aussetzung der Vollstreckung des Restes der insoweit gebildeten Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren zu befinden gewesen wäre.
Der Senat kann nicht sicher ausschließen, dass die Strafvollstreckungskammer über ein bloßes Fassungsversehen hinaus die zutreffende Höhe der zu vollstreckenden Strafe und die dem zugrundeliegende weitere Verurteilung des Amtsgerichts Unna vom 15. Januar 2002 in Verbindung mit dem Urteil des Landgerichts Dortmund vom 13. Januar 2003 tatsächlich unberücksichtigt gelassen hat. Weder aus den Gründen des Beschlusses vom 26. April 2010 noch aus dem Verfahrensgang, insbesondere den Anhörungsprotokollen vom 19. Oktober 2009 und 26. April 2010, ergeben sich hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass die Kammer die zutreffende Strafhöhe und damit auch das der weiteren Verurteilung zugrundeliegende Tatgeschehen erkennbar in den Blick genommen hat.
Der Senat vermag auch nicht sicher festzustellen, dass dieser Fehler sich im Ergebnis nicht ausgewirkt hat. Der Sachverständige Dr. X. hat sowohl in seinem schriftlichen Gutachten vom 17. Juni 2009 als auch in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 16. Februar 2010 allein das Urteil des Landgerichts Dortmund vom 29. Mai 2002 mit der dort verhängten Freiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten zugrundegelegt. Nachdem sich der angefochtene Beschluss der Kammer neben dem persönlich von dem Verurteilten gewonnenen Eindruck - auch - auf die Ausführungen des Sachverständigen stützt, hält der Senat es nicht für ausgeschlossen, dass die unterbliebene Berücksichtigung der weiteren Verurteilung, die ein eigenständiges Bild von der Persönlichkeit des Angeklagten zeichnet, Einfluss auf die Entscheidungsfindung der Kammer genommen hat.
Die Sache ist zur erneuten Entscheidung an die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bochum zurückzuverweisen, da hier ein Verfahrensmangel vorliegt, den das Beschwerdegericht nicht beheben kann.



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