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aus StRR 2010, 93

(Ich bedanke mich bei der Schriftleitung von "StRR" für die freundliche Genehmigung, diesen Beitrag aus "StRR" auf meiner Homepage einstellen zu dürfen.)

Die anwaltliche Vergütung in der Strafvollstreckung

von Rechtsanwalt Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Münster/Augsburg

Die BRAGO honorierte die Tätigkeit des Rechtsanwalts im Strafvollstreckungsverfahren nur durch eine Gebühr nach § 91 Nr. 1 bzw. Nr. 2 BRAGO. Dies hatte in der Praxis zu unangemessen niedrigen Gebühren geführt, und zwar vor allem dann, wenn es im Zusammenhang mit der Entlassung des Verurteilten zu mündlichen Anhörungen gekommen ist, an denen der Verteidiger teilgenommen hat. Um aber auch in Strafvollstreckungssachen eine angemessene Verteidigung bzw. Vertretung der Verurteilten sicherzustellen, sieht das RVG nun in Teil 4 Abschnitt 2 VV RVG in den Nrn. 4200 ff. VV RVG besondere „Gebühren in der Strafvollstreckung" vor. Diese sollen mit den nachfolgenden Ausführungen vorgestellt werden (vgl. dazu auch schon Burhoff RVGreport 2007, 8).

I. Persönlicher Geltungsbereich des Teil 4 Abschnitt 2 VV RVG

Die Gebühren des Teil 4 Abschnitt 2 VV RVG (Nrn. 4200 ff. VV RVG) stehen sowohl dem Wahlanwalt als auch dem gerichtlich bestellten oder beigeordneten Rechtsanwalt zu. Im Strafvollstreckungsverfahren ist eine Verteidigerbestellung in § 463 Abs. 3 Satz 4 und 5 StPO zur Vorbereitung der Entscheidungen nach § 67d Abs. 2 und 3 StGB vorgesehen. Im übrigen kommt eine Verteidigerbestellung in Betracht, wenn die Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage oder die Unfähigkeit des Verurteilten, seine Rechte sachgerecht wahrzunehmen, dies gebietet (vgl. dazu u.a. OLG Hamm StraFo 2000, 32 = NStZ-RR 2000, 113; StraFo 2001, 394 = StV 2002, 320; KG StraFo 2002, 244; OLG Jena StV 2003, 684; s. im Übrigen Meyer-Goßner, StPO, 52. Aufl., 2009, § 140 Rn. 33 f. m.w.N.; jetzt auch Burhoff, Handbuch für das strafrechtliche Ermittlungsverfahren, 5. Aufl., 2009, Rn. 1217a ff.).

Hinweis:

Die Rechtswirkung der Pflichtverteidigerbestellung für das Hauptverfahren endet mit dem rechtskräftigen Abschluss dieses Verfahrens. Sie erstreckt sich nicht auf das Strafvollstreckungsverfahren (Meyer-Goßner, a.a.O.; Burhoff, EV, 1217b m.w.N.). Deshalb muss der Verteidiger, der im Hauptverfahren beigeordnet war, für das Strafvollstreckungsverfahren, wenn er dort tätig wird, seine Beiordnung ausdrücklich beantragen.

II. Anwendungsbereich der Regelung des Teil 4 Abschnitt 2 VV RVG

1. Allgemeines

Teil 4 Abschnitt 2 VV RVG gilt für die Tätigkeit des Verteidigers in der Strafvollstreckung. Gemeint ist damit der Rechtsanwalt, dem die Verteidigung in diesem Bereich insgesamt übertragen worden ist. Wird der Rechtsanwalt in der Strafvollstreckung nur mit einzelnen Tätigkeiten beauftragt, gilt Teil 4 Abschnitt 3 VV RVG (siehe dazu u. IV). Maßgeblich für die Abgrenzung von der Einzeltätigkeit ist beim Wahlanwalt der Umfang des erteilten Auftrags und beim Pflichtverteidiger der der gerichtlichen Beiordnung. Auch hier ist aber grds. von voller Vertretung bzw. Beiordnung auszugehen, i.d.R. wird der Auftrag bzw. die Beiordnung daher nicht nur für einen einzelnen Termin oder zur Fertigung eines bestimmten Schriftsatzes erteilt/erfolgen (so zutreffend OLG Schleswig RVGreport 2005, 70 = AGS 2005, 120 = JurBüro 2005, 25 = StV 2006, 206; OLG Frankfurt NStZ-RR 2005, 253 = AGS 2006, 76; KG RVGreport 2005, 102 = NStZ-RR 2005, 127 = JurBüro 2005, 251 = AGS 2005, 393; OLG Jena AGS 2006, 287 = RVGreport 2006, 470; a.A. offenbar AG Koblenz JurBüro 2007, 86).

Praxistipp:

Jedes einzelne Vollstreckungsverfahren stellt eine gesonderte Angelegenheit i.S. von § 15 RVG dar. Daher entstehen z.B. in mehreren zeitlich aufeinander folgenden Widerrufsverfahren die Gebühren des Teil 4 Abschnitt 2 VV RVG immer wieder neu (Burhoff in: Burhoff (Hrsg.), RVG Straf- und Bußgeldsachen, 2. Aufl., ABC-Teil: Angelegenheiten [§§ 15. ff.], Rn. 26; Burhoff in: Gerold/Schmidt, RVG, 18. Aufl., Vorb. 4.2. Rn. 4; N.Schneider in: Hansens/Braun/Schneider, Praxis des Vergütungsrechts, 2. Aufl., Teil 15 Rn. 740). Entsprechendes gilt für die Überprüfungsverfahren nach § 67e StGB (OLG Schleswig, a.a.O.; s. dazu auch KG, a.a.O.).

2. Begriff der Strafvollstreckung

Gebühren nach Teil 4 Abschnitt 2 VV RVG können frühestens ab Rechtskraft des Urteils entstehen (OLG Hamm StRR 2009, 39 = RVGreport 2009, 149). Was unter „Strafvollstreckung“ zu verstehen ist, ergibt sich aus der StPO. Dort sind im 1. Abschnitt des 7. Buches die unter den Begriff der „Strafvollstreckung“ fallenden Tätigkeiten des Verteidigers zusammengefasst. Danach gilt für den Anwendungsbereich (siehe dazu eingehend auch Burhoff/Volpert, RVG, Vorbem. 4.2 Rn. 3 ff.):

  • Zur Strafvollstreckung gehören alle Maßnahmen und Anordnungen, die auf die Vollstreckung der von einem Strafgericht erlassenen Entscheidungen gerichtet sind. Gemeint ist aber nicht nur die Strafvollstreckung im engeren Sinne, sondern erfasst werden auch weitere Maßnahmen und Anordnungen, die auf Verwirklichung, Abänderung, befristete oder endgültige Aufhebung der von einem Strafgericht erlassenen Entscheidung gerichtet sind (s. z.B. §§ 453a und 453b).
  • Auch die in §§ 453, 463 StPO geregelten Verfahren auf Widerruf einer Strafaussetzung zur Bewährung oder Widerruf der Aussetzung einer Maßregel der Besserung und Sicherung zur Bewährung sind in den Anwendungsbereich des Teil 4 Abschnitts 2 VV RVG einbezogen (arg. e Nr. 4300 Ziff. 3 VV RVG).

Praxistipp:

Auch die Vollstreckung von Entscheidungen gegen Jugendliche und Heranwachsende wird von Teil 4 Abschnitt 2 VV RVG erfasst (Burhoff/Volpert, RVG; Vorbem. 4.2 Rn. 7).

Teil 4 Abschnitt 2 VV RVG gilt also nur dann, wenn der Verteidiger nach diesen Vorschriften im Rahmen der Vollstreckung von Kriminalstrafen und strafrechtlichen Maßnahmen tätig wird. Daher gilt die Abschnitt nicht, wenn eine gerichtliche Entscheidung im OWiG (vgl. Teil 5 VV), Ordnungs- und Zwangshaft in Straf- und Bußgeldsachen (vgl. Vorbem. 4.1 VV RVG und Teil Abschnitt 3 VV RVG) oder eine Disziplinarmaßnahme nach den Disziplinargesetzen (Teil 6 Abschnitt 2 des VV) vollstreckt wird. Teil 4 Abschnitt 2 VV RVG gilt auch nicht im Verfahren nach § 27 JGG. Es handelt sich nicht um Strafvollstreckung i.S.v. Teil 4 Abschnitt 2 VV RVG, da ein zu vollstreckendes strafrechtliches Erkenntnis noch nicht vorliegt (Burhoff/Burhoff, RVG, ABC-Teil: Angelegenheiten [§§ 15 ff.]; Rn. 21). Vielmehr wird das ursprüngliche Erkenntnisverfahren fortgesetzt mit der Folge, dass der Rechtsanwalt für die Teilnahme an dem weiteren Termin eine weitere Terminsgebühr für die Hauptverhandlung nach Teil 4 Abschnitt 1 VV RVG erhält.

Praxistipp:

Teil 4 Abschnitt 2 VV RVG gilt auch nicht bei Tätigkeiten des Rechtsanwalts im Strafvollzug. Dieser Abschnitt ist nicht Strafvollstreckung i.S. des RVG (Burhoff/Volpert, RVG, Vorbem. 4.2 Rn. 8). Tätigkeiten des Rechtsanwaltes in Verfahren nach dem Strafvollzugsgesetz werden von Teil 3 VV RVG erfasst (vgl. dazu Burhoff/Burhoff, ABC-Teil: Verfahren nach dem Strafvollzugsgesetz).

3. Die von Teil 4 Abschnitt 2 VV RVG erfassten Verfahren

Das RVG unterteilt die Verfahren, in denen Gebühren in der Strafvollstreckung entstehen könne, in zwei Gruppen. Das sind einmal die besonders bedeutsamen Verfahren der Nr. 4200 VV RVG und zum anderen die sonstigen Verfahren der Nr. 4204 VV RVG. Diese werden hinsichtlich der Gebührentatbestände und der allgemeinen Fragen gleich behandelt. Unterschiede bestehen lediglich hinsichtlich der Gebührenhöhe.

Zu den bedeutsamen Verfahren der Nr. 4200 VV RVG zählen (vgl. wegen der Einzelheiten Burhoff/Volpert, RVG, Nr. 4200 VV Rn. 3 ff.):

  • die Erledigung oder Aussetzung der Maßregel der Unterbringung (Ziff. 1),
    • a) in der Sicherungsverwahrung,
    • b) in einem psychiatrischen Krankenhaus,
    • c) in einer Entziehungsanstalt,
  • die Aussetzung des Restes einer zeitigen Freiheitsstrafe oder einer lebenslangen Freiheitsstrafe (Ziff. 2),
  • den Widerruf einer Strafaussetzung zur Bewährung oder den Widerruf der Aussetzung einer Maßregel der Besserung und Sicherung zur Bewährung (Ziff. 3).

Zu den sonstigen Verfahren der Nr. 4204 VV RVG zählen z.B. (vgl. auch dazu Burhoff/Volpert, RVG, Nr. 4204 Rn. 2 f.)

  • Verfahren zur Aussetzung eines Berufsverbotes zur Bewährung bzw. zum der Widerruf der Aussetzung eines Berufsverbots zur Bewährung,
  • Verfahren über nachträgliche Entscheidungen über eine Verwarnung mit Strafvorbehalt (vgl. §§ 56 ff., 58, 59 a, 59 b StGB, 453 Abs. 1 StPO,
  • Verfahren über Einwendungen gegen Entscheidungen der Vollstreckungsbehörde gem. §§ 459a, 459 c, 459h StPO,
  • Verfahren zur nachträglichen Bildung einer Gesamtstrafe gem. § 460 StPO,
  • aber auch Verfahren/Anträge auf vorzeitige Aufhebung einer Sperre für die Wiederteilung der Fahrerlaubnis u.a. (§ 69 a Abs. 7 StGB)
  • Verfahren nach § 35 BtMG über die Zurückstellung der Strafvollstreckung.

III. Die einzelnen Gebühren

1. Verfahrens- und Terminsgebühr

Die Gebührentatbestände in Teil 4 Abschnitt 2 VV RVG entsprechen der (allgemeinen) Struktur der strafverfahrensrechtlichen Gebühren in Teil 4 des VV RVG. Der Verteidiger erhält daher grds. Verfahrens- und Terminsgebühr (vgl. die Nrn. 4200, 4202 VV RVG; Nrn. 4204, 4206 VV RVG).

Praxistipp:

Eine Grundgebühr (vgl. Nr. 4100 VV) entsteht für den Rechtsanwalt in der Strafvollstreckung nicht. In Teil 4 Abschnitt 2 VV RVG ist eine solche nicht vorgesehen. Die Systematik des VV RVG verbietet den Rückgriff auf die Grundgebühr der Nr. 4100 VV RVG (vgl. dazu KG RVGreport 2008, 463 = RVGprofessionell 2008, 212 NStZ-RR 2009, 31 = JurBüro 2009, 83 = StRR 2009, 156; OLG Schleswig RVGreport 2005, 70 = AGS 2005, 120 = JurBüro 2005, 252 = StV 2006, 206; LG Berlin AGS 2007, 562 = StRR 2007, 280).

Für den Abgeltungsbereich der entstehenden Gebühren gelten die allgemeinen Regeln. Die Verfahrensgebühr entsteht also für das Betreiben des Geschäfts in der Strafvollstreckung (vgl. Vorbem. 4 Abs. 2 VV RVG; dazu allgemein Burhoff/Burhoff, RVG, Vorbem. 4 VV Rn. 31 ff.; Burhoff RVGreport 2004, 127 ff.; ders. RVGreport 2009, ; s. auch Burhoff/Volpert, RVG, Nr. 4200 VV Rn. 11). Die Gebühr entsteht mit der ersten Tätigkeit des Rechtsanwaltes, die auf die Ausführung des Auftrages gerichtet ist. Das wird i.d.R. die Informationsaufnahme sein.

Die Terminsgebühr entsteht für die Teilnahme an einem gerichtlichen Termin (Vorbem. 4.1 Abs. 3 VV RVG; dazu allgemein Burhoff/Burhoff, a.a.O.; Vorbem. 4 VV RVG Rn. 56 ff.; Burhoff, RVGreport 2004, 177). Für die Teilnahme an anderen Terminen entsteht die Terminsgebühr nicht. Der Aufwand wird mit der Verfahrensgebühr abgegolten. Ausreichend für das Entstehen der Gebühr ist die bloße Anwesenheit des Rechtsanwalts im Termin. Er muss also z.B. keine Anträge gestellt und auch nicht zu bestimmten Fragen Stellung genommen haben. Unerheblich ist auch, ob der Verurteilte anwesend war. Nach Vorbem. 4 Abs. 3 Satz 2 und 3 VV RVG erhält der Rechtsanwalt die Terminsgebühr auch im Fall eines sog. geplatzten Termins. Nimmt der Rechtsanwalt im Strafvollstreckungsverfahren in derselben Instanz an mehreren gerichtlichen Terminen teil, entsteht die Terminsgebühr nach der gesetzlichen Regelung nur einmal (KG RVGreport 2006, 353 = AGS 2006, 549; OLG Hamm RVGreport 2007, 426 = AGS 2007, 618 = AGS 2008, 176; OLG Schleswig SchlHA 2006, 300 bei Döllel/Dreßen; LG Osnabrück Nds.Rpfl. 2007, 166). Eine Regelung wie bei den in Teil 4 Abschnitt 1 VV RVG geregelten Terminsgebühren, wonach die Terminsgebühr je Hauptverhandlungstag entsteht, ist in Teil 4 Abschnitt 2 Verteidiger nämlich nicht getroffen worden. Es verbleibt daher bei dem in § 15 Abs. 2 RVG aufgestellten Grundsatz, dass die Gebühr in derselben Angelegenheit in jedem Rechtszug nur einmal gefordert werden kann. Dies entspricht somit der Regelung für die Terminsgebühr in den von Teil 3 VV erfassten Verfahren (vgl. BT- Drucks. 15/1971, S. 212; ).

Praxistipp

Der Wortlaut der Regelung und die Systematik lassen eine andere Auslegung nicht zu. Ob das allerdings dem tatsächlichen Willen des Gesetzgebers entspricht, ist fraglich. Denn man wird kaum davon ausgehen können, der Gesetzgeber die Terminsgebühr im Strafvollstreckungsverfahren für die Wahrnehmung mehrerer Termine der Terminsgebühr nach Teil 3 VV RVG anpassen wollte. Vielmehr sollte die für das Vorbild sein und für das Strafvollstreckungsverfahren sollten inhaltlich gleiche Regelungen getroffen werden. Das ist aber nicht gelungen.

2. Besondere Gebühr für das Beschwerdeverfahren

Nach Vorbem. 4.2 VV RVG erhält der Rechtsanwalt im Verfahren über die Beschwerde gegen die Entscheidung in der Hauptsache die Gebühren des Abschnitts 2 besonders. Die insoweit erbrachten Tätigkeiten sind also nicht wie sonst das strafrechtliche Beschwerdeverfahren aufgrund des Pauschalcharakters der Gebühren durch die Gebühren im Ausgangsverfahren mitabgegolten (OLG Frankfurt NStZ-RR 2005, 253 = AGS 2006, 76; OLG Schleswig SchlHA 2006, 300 bei Döllel/Dreßen; LG Düsseldorf AGS 2007, 352).Für die Tätigkeit in der Beschwerdeinstanz gelten alle in Abschnitt 2 aufgeführten Gebührentatbestände. Es können also Verfahrens- und Terminsgebühr entstehen (vgl. dazu auch Burhoff/Volpert, RVG, Vorbemerkung 4.2 Rn. 22).

Beispiel (nach Burhoff/Volpert, RVG, Vorbem. 4.2 VV Rn. 24):

Rechtsanwalt R erhält den Auftrag, den Verurteilten V im Verfahren über die Aussetzung des Restes der verhängten lebenslangen Freiheitsstrafe gem. § 57a StGB zu vertreten. Die Strafvollstreckungskammer bestimmt gem. § 454 Abs. 1 Satz 3 StPO einen Termin zur mündlichen Anhörung des Verurteilten. R nimmt an der Anhörung teil. Nach der Anhörung weist die Strafvollstreckungskammer das Gesuch um Aussetzung des Strafrestes zurück. V beauftragt R mit der Einlegung der Beschwerde gegen den Beschluss, § 454 Abs. 3 StPO. R legt Beschwerde gegen die Entscheidung ein und begründet diese. Nach erneuter mündlicher Anhörung des Verurteilten unter Beteiligung des Verteidigers lehnt das Beschwerdegericht die Aussetzung ab. Die Kriterien des § 14 Abs. 1 RVG sind durchschnittlich.

Abrechnung der Gebühren

 

Wahlanwalt

Pflichtverteidiger

Verfahren vor der Strafvollstreckungskammer

 

 

Verfahrensgebühr Nr. 4201 VV RVG (Nr. 4200 Ziff. 2 VV RVG mit Zuschlag)

375,00 €

300,00 €

Terminsgebühr Nr. 4203 VV RVG (Nr. 4202 VV RVG mit Zuschlag)

181,25 €

145,00 €

Verfahren vor dem Beschwerdegericht

 

 

Zusätzliche Verfahrensgebühr als (Beschwerde)Verfahrensgebühr Nr. 4201 VV RVG i.V.m. Vorbem. 4.2 VV RVG

375,00 €

300,00 €

Terminsgebühr Nr. 4203 VV RVG (Nr. 4202 VV RVG mit Zuschlag)

181,25 €

145,00 €

Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG

20,00 €

20,00 €

zzgl. USt.

1.132,50 €

930,00 €

Die Gebühren entstehen besonders aber nur in einem Beschwerdeverfahren, das gegen die Entscheidung in der Hauptsache gerichtet ist. Wird nicht die Hauptsacheentscheidung des Gerichts, sondern eine „Nebenentscheidung“ angefochten, ist die Tätigkeit des Anwalts mit der erstinstanzlichen Verfahrensgebühr abgegolten. Eine Hauptsacheentscheidung liegt beispielsweise vor, wenn die Strafvollstreckungskammer eine Strafaussetzung zur Bewährung widerruft (§ 453 Abs. 2 StPO) oder die Aussetzung des Restes einer Freiheitsstrafe ablehnt (§ 454 Abs. 3 StPO).

Praxistipp.

Keine Beschwerde gegen eine Hauptsacheentscheidung ist z.B. die gegen den im Strafvollstreckungsverfahren ergangenen Kostenfestsetzungsbeschluss. Der Verteidiger erhält hierfür nicht die Gebühren nach Teil 4 Abschnitt 2 VV besonders, sondern nach Teil 3 VV RVG (Vorbem. 4 Abs. 5 Ziff. 1 VV RVG).

Umstritten ist, ob auch die Postentgeltpauschale Nr 7002 VV RVG im Beschwerdeverfahren erneut entsteht. Dies wird vom LG Düsseldorf (AGS 2007, 352) verneint, vom OLG Braunschweig (RVGprofessionell 2009, 83 = StRR 2009, 203 (Ls.) = StraFo 2009, 220 = AGS 2009, 327 m. abl. Anm. Volpert) und vom OLG Schleswig (SchlHA 2006, 300 bei Döllel/Dreßen) hingegen verneint (s. auch Burhoff/Volpert, RVG, Vorbemerkung 4.2 Rn. 26).

IV. Tätigkeiten in der Strafvollstreckung als Einzeltätigkeiten

Wird der Rechtsanwalt in der Strafvollstreckung nur mit einzelnen Tätigkeiten beauftragt, gilt Teil 4 Abschnitt 3 VV RVG (vgl. wegen der Einzelh. die Kommentierung zu Teil 4 Abschnitt 3 VV RVG bei Burhoff/Volpert, a.a.O.). Auch hier sieht das RVG zwei Gruppen von Tätigkeiten vor. Für die Anfertigung oder Unterzeichnung einer Schrift in Verfahren nach den §§ 57a und 67e StGB entsteht danach eine Verfahrensgebühr nach Nr. 4300 Ziffer 3 VV und für die sonstigen Tätigkeiten in der Strafvollstreckung eine Verfahrensgebühr nach Nr. 4301 Ziffer 6 VV. Nimmt der Rechtsanwalt an einem Anhörungstermin teil, entsteht für die Beistandsleistung in dem Termin die Gebühr nach Nr. 4301 Ziff. 4 VV RVG. Nach Vorbem. 4.3 Abs. 3 Satz 2 VV RVG ist das Beschwerdeverfahren ebenfalls eine besondere Angelegenheit (zur Abgrenzung der Einzeltätigkeit in der Strafvollstreckung von der vollen Verteidigung s. OLG Schleswig RVGreport 2005, 70 = AGS 2005, 120 = JurBüro 2005, 25 = StV 2006, 206; OLG Frankfurt NStZ-RR 2005, 253 = AGS 2006, 76; KG RVGreport 2005, 102 = NStZ-RR 2005, 127 = JurBüro 2005, 251 = AGS 2005, 393; OLG Jena AGS 2006, 287 = RVGreport 2006, 470).

V. Höhe der Gebühren

Für den Wahlanwalt sind Betragsrahmen- , für den Pflichtverteidiger Festbetragsgebühren vorgesehen (wegen der Betragsrahmen s. die Tabelle bei Burhoff/Volpert, RVG, Vorbemerkung 4.2 Rn. 31).

Praxistipp:

Die Gebühren entstehen mit Zuschlag, wenn sich der Mandant nicht auf freiem Fuß befindet (vgl. dazu Vorbem. 4 Abs. 4 VV RVG; dazu Burhoff/Burhoff, RVG, Vorbem. 4 VV Rn. 83 ff.), was häufig der Fall sein wird. Es gelten die allgemeinen Regeln (vgl. allgemein zum Haftzuschlag Burhoff StRR 2009, 174; ders., StRR 2007, 54).

Bei der Bemessung der Wahlanwaltsgebühr sind die Kriterien des § 14 Abs. 1 RVG zugrunde zu legen (vgl. dazu Burhoff/Burhoff, RVG, ABC-Teil, Rahmengebühren [§ 14]). Von Belang sind also vor allem der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit und die Schwierigkeit der Tätigkeit. D.h., dass der Rechtsanwalt darauf achten muss, den von ihm erbrachten zeitlichen Aufwand sorgfältig darzulegen. Bei der Bemessung kann allerdings die Bedeutung des Verfahrens, in dem der Rechtsanwalt tätig geworden ist (s.o. II, 3), nicht mehr von Belang sein. Denn dessen Bedeutung ist schon bei der Frage, welche Gebührentatbestände überhaupt zugrunde zu legen sind, berücksichtigt worden. Die Gebühr in einem „sonstigen Verfahren“ kann also nicht (noch einmal) mit der Begründung gesenkt bzw. niedriger bemessen werden, es handele sich um ein nicht so bedeutendes Verfahren. Insoweit gilt ein „gebührenrechtliches Doppelverwertungsverbot“.

VI. Bewilligung/Festsetzung einer Pauschgebühr (§§ 51, 42 RVG

Auch nach Einführung der eigenständigen Gebührenregelung für die Strafvollstreckung kann dem Verteidiger, der in der Strafvollstreckung gerichtlich beigeordnet worden ist, eine Pauschgebühr bewilligt werden, wenn die gesetzlichen Gebühren im Hinblick auf die von ihm erbrachte Tätigkeit immer noch nicht ausreichend sein sollten. An der grds. Zulässigkeit einer Pauschvergütung für den Pflichtverteidiger hat sich durch das RVG nichts geändert. Insoweit gelten dann die allgemeinen Regeln (vgl. dazu die Kommentierung bei Burhoff/Burhoff, § 51.).

Hinweis:

Für den in der Strafvollstreckung tätigen Wahlanwalt besteht die Möglichkeit, sich ggf. eine Pauschgebühr nach § 42 RVG feststellen zu lassen. Es gelten die allgemeinen Regeln (vgl. dazu Burhoff/Burhoff, RVG, § 42 Rn. 1 ff. bzw. die Kommentierung zu § 42 RVG bei Gerold/Schmidt/Burhoff).


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