Diese Homepage verwendet Cookies, um Inhalte und Anzeigen zu personalisieren, Funktionen für soziale Medien anbieten zu können und die Zugriffe auf die Website zu analysieren. Außerdem gebe ich Informationen zu Ihrer Nutzung meiner Website an meine Partner für soziale Medien, Werbung und Analysen weiter.

OK Details ansehen Datenschutzerklärung

aus Praxis Steuerstrafrecht (PStR) 1999, 164

(Ich bedanke mich bei der Schriftleitung von "PStR" für die freundliche Genehmigung, diesen Beitrag aus "PStR" auf meiner Homepage einstellen zu dürfen.)

Strafverteidigung

Der Steuerberater als (Allein-)Verteidiger: Nur "erste Hilfe" für den Mandanten?

von Richter am OLG Detlef Burhoff, Ascheberg

Erfährt der Mandant – z.B. anlässlich einer Durchsuchung – dass gegen ihn ein Steuerstrafverfahren eingeleitet worden ist, wird er aufgrund des bestehenden Vertrauensverhältnisses zunächst von seinem steuerlichen Berater "erste Hilfe" erbitten. Für den Steuerberater stellen sich in diesem Verfahrensstadium folgende Fragen:

  • Wie kann ich in dieser Phase die Rechte des Mandanten sichern?
  • Soll ich im Steuerstrafverfahren als Verteidiger auftreten?
  • Wann bietet sich die Hinzuziehung eines Strafverteidigers an?

Dieser Beitrag wird Ihnen helfen, die für Ihren Mandanten richtige Entscheidung zu treffen (vgl. Bornheim, wistra 97, 212; Bornheim/Birkenstock, Steuerfahndung-Steuerstrafverteidigung, S. 175 ff.).

1. Der Steuerberater als "natürlicher" Verteidiger?

Häufig wird der Steuerberater als "natürlicher" Verteidiger des Mandanten angesehen (vgl. Stolz, PStR 98, 212). Begründet wird dies damit, dass der Berater die steuerrechtlichen Sachverhalte kennt und aufgrund seiner bisherigen Tätigkeit ein gutes Vertrauensverhältnis zum Mandanten hat. Das allein sollte ihn aber nicht dazu bewegen, als (Allein-)Verteidiger für seinen Mandanten tätig zu werden.

Er muß sich vielmehr den grundsätzlichen Unterschied zwischen der bislang für den Mandanten betriebenen Steuerberatung und der nun ins Auge gefassten Steuerstrafverteidigung verdeutlichen. Es gelten unterschiedliche gesetzliche Regelungen, die Auswirkungen auf die Stellung des Mandanten und damit auch des Steuerberaters haben.

Im Strafverfahren sind andere Qualitäten des Beraters gefragt

Im Besteuerungsverfahren treffen den Steuerpflichtigen weitgehende Offenbarungspflichten, deren Erfüllung nach den §§ 328 ff. AO erzwungen werden kann, es sei denn der Steuerpflichtige würde dadurch gezwungen, sich selbst zu belasten. Im Steuerstrafverfahren hat er hingegen das Recht, als Beschuldigter seine Mitwirkung zu verweigern (Bornheim, wistra 97, 213). Diese unterschiedliche Verfahrensstellung führt dazu, dass der Steuerberater im Besteuerungsverfahren als Mittler zwischen der Finanzbehörde und dem Steuerpflichtigen agiert, während er als Verteidiger im Steuerstrafverfahren einseitig die Interessen seines beschuldigten Mandanten zu vertreten und für dessen Rechte zu kämpfen hat. Nur der Steuerberater sollte sich daher für die Strafverteidigung seines Mandanten entscheiden, der die unterschiedlichen Handlungsgebote im Strafverfahren kennt und der bereit und in der Lage ist, den "Kampf" mit den Ermittlungsbehörden aufzunehmen.

Der Berater wird schnell selbst zum Beschuldigten

Darüber hinaus muß der Steuerberater bei seiner Entscheidung weitere Umstände berücksichtigen (vgl. Bornheim/Birkenstock, S. 169 ff.). Von Bedeutung ist zunächst die Gefahr, dass der Steuerberater, der schon während der Tatzeit für den Mandanten tätig war, in den Verdacht der Tatbeteiligung geraten kann. Dies könnte für ihn – aber auch für seinen Mandanten – die Unsicherheit des (späteren) Verteidigerausschlusses nach § 138a Abs. 1 Nr. 1 StPO bedeuten. Hinzu kommt, dass Mandanten sich häufig gegen den Vorwurf der Steuerhinterziehung damit verteidigen, der Steuerberater habe von dem ihnen vorgeworfenen steuerstrafrechtlich relevanten Verhalten gewusst bzw. sogar dazu geraten. Damit gerät der Steuerberater in eine nicht gewünschte Zeugenstellung. Zwar führt das nicht automatisch zu seinem Ausschluss als Verteidiger aus dem Verfahren, daraus können sich jedoch praktische Probleme ergeben, die die Verteidigung des Mandanten erschweren.

Strafverteidigung "im Team" ist effektiver

Aus allem sollte der Steuerberater den Schluss ziehen, dass sich die Strafverteidigung des Mandanten durch ihn allein letztlich nicht empfehlen wird. Vielmehr sollte sich der Berater darauf beschränken, dem Mandanten und seinem Verteidiger – auch während des Steuerstrafverfahrens – beratend zur Seite zu stehen und seine Kenntnisse von den im Strafverfahren bedeutsamen Sachverhalten sowie seine besonderen Erfahrungen in das Verfahren einzubringen (so auch Bornheim, wistra 97, 214; Bornheim/Birkenstock, S. 171). Das schließt natürlich nicht aus, dem Mandanten "erste Hilfe" zu gewähren. Das sollte für jeden Steuerberater selbstverständlich sein.

2. Mitverteidigung ist der Alleinverteidigung vorzuziehen

Haben sich Steuerberater und Mandant trotz der dargelegten Bedenken für die Verteidigung durch den Berater entschieden, stellt sich die Frage, ob dieser den Mandanten allein oder nur in Gemeinschaft mit einem Strafverteidiger verteidigen soll.

Grundsätzlich wäre dem Steuerberater – zumindest zu Beginn des (Steuerstraf-)Verfahrens die Alleinverteidigung des Mandanten erlaubt. Grundsätzlich sind auch nach § 138 Abs. 1 StPO im (allgemeinen) Strafverfahren nur Rechtsanwälte und Rechtslehrer an deutschen Hochschulen als Verteidiger zugelassen. Im Ermittlungsverfahren betreffend eine ausschließliche Steuerstraftat nach §§ 369 Abs. 1 und 386 Abs. 1 Nr. 1 AO können aber gem. § 392 Abs. 1 AO auch Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer allein als Vertreter gewählt werden. Das gilt allerdings nur, soweit die Finanzbehörde das Strafverfahren selbständig durchführt. Ist das nicht der Fall, können sie die Verteidigung nur in Gemeinschaft mit einem Rechtsanwalt führen. Darüber hinaus können – im allgemeinen Strafverfahren – Steuerberater nach § 138 Abs. 2 StPO mit Genehmigung des Gerichts auch als (Allein-)Verteidiger auftreten, sofern kein Fall notwendiger Verteidigung/Pflichtverteidigung i.S.d. § 140 StPO vorliegt.

Berechtigung des Beraters zur Verteidigung kann jederzeit enden

Die Befugnis zur Alleinverteidigung endet in der Regel, wenn die Finanzbehörde nach Abschluss der Ermittlungen die Akten der Staatsanwaltschaft vorlegt, weil die Sache nicht zur Erledigung mit Strafbefehl geeignet erscheint (§ 400 AO) oder sie die Strafsache an die Staatsanwaltschaft abgibt oder letztere die Sache an sich zieht (§ 386 Abs. 4 AO). Das Recht zur Alleinverteidigung lebt aber wieder auf, wenn die Sache von der Staatsanwaltschaft an die Finanzbehörde zurückgegeben wird (§ 386 Abs. 4 Satz 3 AO).

Damit hat der Steuerberater zwar die Möglichkeit der Alleinverteidigung, er sollte von diesem Recht aber nur ausnahmsweise Gebrauch machen. Auch sollte er nicht übersehen, dass gerade Fehler im Ermittlungsverfahren von entscheidender Bedeutung für den gesamten weiteren Verfahrensablauf sind und im späteren Verfahren in der Regel nicht oder nur mit großen Schwierigkeiten repariert werden können. Insbesondere die Bestimmung einer Verteidigungsstrategie erfordert strafprozessuale Kenntnisse und Erfahrungen, über die der Steuerberater oft nicht verfügen wird. Hinzu kommt, dass spätestens nach Abschluss der Ermittlungen ein Rechtsanwalt als Verteidiger beigezogen werden muß, der dann bis zum Beginn der Hauptverhandlung nur noch (zu) kurze Zeit zur Einarbeitung in das Verfahren hat.

Dies alles führt zu der Empfehlung, dass der Steuerberater, wenn er denn überhaupt als Verteidiger seines Mandanten tätig werden und diesen bzw. seinen Verteidiger nicht nur aus seiner steuerrechtlichen Sicht beraten will, von vornherein nur neben einem Rechtsanwalt als Verteidiger (mit-)verteidigt (so auch Bornheim, wistra 97, 216; a.A. Stolz, PStR 98, 213). In dieses Team kann er sein Wissen von den wirtschaftlichen und steuerlichen Verhältnissen des Mandanten einbringen und mit seinen steuerrechtlichen Kenntnissen, die häufig denen des Rechtsanwalts überlegen sind, dazu beitragen, den steuerstrafrechtlichen Vorwurf gegen den Mandanten zu entkräften.

3. Die prozessuale Stellung des Alleinverteidigers

Will der Steuerberater dennoch zunächst als Alleinverteidiger für den Mandanten tätig werden, stehen ihm alle strafprozessualen Rechte unbeschränkt zu. Das gilt insbesondere für das Recht auf Akteneinsicht aus § 147 StPO, auf schriftlichen und mündlichen Verkehr mit dem Beschuldigten aus § 148 StPO, auf Anwesenheit bei bestimmten Ermittlungshandlungen, wie z.B. gem. § 168c Abs. 3 StPO bei richterlichen Vernehmungen, und auch für das Recht, eigene Ermittlungen führen zu dürfen.

4. "Erste Hilfe" für den Mandanten

Unabhängig von der Frage, ob der steuerliche Berater seinen Mandanten auch steuerstrafrechtlich vertreten soll, wird er ihm jede "erste Hilfe" gewähren:

  • Dazu gehört vor allem, dass er den Mandanten über die ihm zustehenden strafprozessualen Rechte als Beschuldigter informiert. Das ist einmal das Recht, zu den erhobenen Vorwürfen zu schweigen (§ 136 Abs. 1 StPO), sowie das Recht – in jeder Lage des Verfahrens – einen Verteidiger beauftragen zu dürfen (§ 137 StPO).
  • Zusammen mit dem Mandanten sollte der Steuerberater auch prüfen, ob es ggf. noch Sinn hat, Selbstanzeige zu erstatten (vgl. dazu Kahlen, PStR 98, 135 ff.).
  • Wird der Steuerberater zu einer Durchsuchung hinzugerufen, sollte er dieser Bitte des Mandanten umgehend Folge leisten und die Rechtmäßigkeit der Durchsuchungsanordnung sowie die der Durchführung der Maßnahme prüfen (vgl. Krekeler, PStR 98, 6 ff.).
  • Schließlich wird er den Mandanten auch über mögliche Zeugnisverweigerungsrechte von nahen Angehörigen und ggf. bestehende Auskunftsverweigerungsrechte nach § 55 StPO belehren sowie darüber, dass – auch für Zeugen – keine Verpflichtung zur Aussage vor der Steuerfahndung besteht (vgl. Stolz PStR 98, 213).

zurück zu Veröffentlichungen - Überblick


Die Nutzung von Burhoff-Online ist kostenlos. Der Betrieb der Homepage verursacht aber für Wartungs-, Verbesserungsarbeiten und Speicherplatz laufende Kosten.

Wenn Sie daher Burhoff-Online freundlicherweise durch einen kleinen Obolus unterstützen wollen, haben Sie hier eine "Spendenmöglichkeit".