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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 2 (s) Sbd. 6 - 249/00 OLG Hamm

Leitsatz: Die Verjährungsfrist des Pauschvergütungsanspruchs beginnt im Fall der Entpflichtung des Pflichtverteidigers am Ende des Jahres, in dem der Pflichtverteidiger entpflichtet worden ist.

Senat: 2

Gegenstand: Pauschvergütung

Stichworte: Pauschvergütung; Beginn der Verjährungsfrist, Entpflichtung des Pflichtverteidigers

Normen: BRAGO 99

Beschluss: Strafsache gegen F.B. u.a.,
wegen Betruges (hier: Antrag auf Bewilligung einer Pauschvergütung für den gerichtlich bestellten Verteidiger gem. § 99 BRAGO).

Auf den Antrag des Rechtsanwalts J.O. in B. vom 12. Oktober 2000 auf Bewilligung einer Pauschvergütung für die Verteidigung des früheren Angeklagten Dr. M. hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 28.12.2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Oberlandesgericht nach Anhörung des Leiters des Dezernats 10 der Verwaltungsabteilung des Oberlandesgerichts beschlossen:

Der Antrag wird abgelehnt.

Gründen:
Der Antragsteller war seit seiner Bestellung am 19. Mai 1995 bis zu seiner Entpflichtung am 23. Januar 1997 neben einem weiteren Pflichtverteidiger und mehreren Wahlverteidigern für den Angeklagten Dr. M. im sogenannten „Balsam-Verfahren“ tätig, bei dem es sich um eines der umfangreichsten und spektakulärsten Wirtschaftsstrafverfahren der deutschen Rechtsgeschichte handelt, wie der Senat bereits in zahlreichen Beschlüssen bezüglich der Gewährung von Vorschüssen auf eine künftige Pauschvergütung (wie u.a. im Senatsbeschluss vom 14. August 1996 - 2 (s) Sbd. 4 - 130/96 - betreffend den Antragsteller) sowie bezüglich der endgültigen Bewilligung von Pauschvergütungen dargelegt hat (vgl. zuletzt Beschlüsse vom 28. September 2000 in 2 (s) Sbd. 6 - 157 u. 158/00 und vom 21. Dezember 2000 in 2 (s) Sbd. 6 - 242/00).

Den ursprünglich sieben Angeklagten wurde in erster Linie Betrug zum Nachteil verschiedener Banken mit einem Schaden in Milliardenhöhe zur Last gelegt. Der Angeklagte Dr. M. soll in 45 besonders schweren Fällen einen Betrug begangen haben sowie tateinheitlich hierzu als Abschlussprüfer über das Ergebnis der Prüfung eines Jahresabschlusses und eines Lageberichts einer Kapitalgesellschaft unrichtig berichtet, im Prüfungsbericht erhebliche Umstände verschwiegen und einen inhaltlich unrichtigen Bestätigungsvermerk in der Absicht, einen Dritten zu bereichern, erteilt haben.

Die im April 1995 erhobene Anklage vom 30. März 1995 umfasst rund 860 Seiten. Die Hauptverhandlung vor der Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Bielefeld hatte am 26. April 1996 gegen alle sieben Angeklagte begonnen. Das Verfahren gegen den früheren Angeklagten Dr. M. ist im Sommer 1999 durch ein freisprechendes Urteil beendet worden.

Der Antragsteller ist nach dem 52. Tag der Hauptverhandlung, von denen er an 48 Tagen teilgenommen hatte, am 23. Januar 1997 von der Pflichtverteidigung entbunden und durch einen anderen Pflichtverteidiger ersetzt worden. Seitdem war er aus dem Verfahren endgültig und auf Dauer ausgeschieden.

Durch den genannten Senatsbeschluss vom 14. August 1996 ist dem Antragsteller - insbesondere im Hinblick auf seine Tätigkeit bis zum Beginn der Hauptverhandlung - ein Vorschuss auf eine künftige Pauschvergütung in Höhe von 15.000,- DM bewilligt und ausgezahlt worden. Ferner sind dem Antragsteller entsprechend seinem Antrag vom 29. Januar 1997 die bis zur Zurücknahme seiner Bestellung entstandenen gesetzlichen Gebühren in Höhe von 18.240,- DM festgesetzt und im Februar 1997 ausgezahlt worden.

Nunmehr hat der Antragsteller mit Schriftsatz vom 12. Oktober 2000, welcher am folgenden Tage beim Landgericht Bielefeld einging, die Festsetzung einer Pauschvergütung gemäß § 99 BRAGO in Höhe von 80.000,- DM beantragt.

Es kann dahinstehen, ob die Voraussetzungen des § 99 Abs. 1 BRAGO für die Zuerkennung einer Pauschvergütung vorliegen, was vorliegend allerdings außer Frage stehen dürfte, weil der Anspruch auf Bewilligung einer endgültigen Pauschvergütung verjährt ist.

Der Antrag war abzulehnen, nachdem der Leiter des Dezernats 10 der Verwaltungsabteilung des hiesigen Oberlandesgerichts als Vertreter der Staatskasse in seiner Stellungnahme vom 1. Dezember 2000 die Einrede der Verjährung erhoben hat.

Er hat in dieser Stellungnahme u.a. ausgeführt:

„Nach der allgemeinen Meinung in Literatur und Rechtsprechung unterliegt der Anspruch des Pflichtverteidigers auf Bewilligung einer Pauschvergütung nach § 99 BRAGO der zweijährigen Verjährungsfrist gemäß §§ 196 Abs. 1 Ziffer 15, 198, 201 BGB. Der Lauf der Verjährungsfrist beginnt in dem Jahr, in dem der Vergütungsanspruch nach § 16 BRAGO fällig geworden ist (vgl. Beschlüsse des erkennenden Senats vom 28.06.1996 - 2 (s) Sbd. 4 - 52/96 -, veröffentlicht in JurBüro 1996, 642, und vom 14.08.1997 - 2 (s) Sbd. 5 - 129/97 -, veröffentlicht in AnwBl. 1998, 220; KG in JurBüro 1999, 26; OLG Braunschweig in JurBüro 2000, 475 - jeweils m. w. N.).

Der eine Teil der Rechtsprechung und Literatur stellt dabei auf den ersten Fälligkeitszeitpunkt ab (vgl. KG und OLG Braunschweig a. a. O.). Der andere Teil der Rechtsprechung stellt auf den Termin ab, zu dem erstmals eine abschließende Gesamtschau der Tätigkeiten des Pflichtverteidigers möglich ist - das ist in der Regel der rechtskräftige Verfahrensabschluss (vgl. Beschlüsse des erkennenden Senats a. a. O.).

Im vorliegenden Verfahren ist der Antragsteller bereits mit Beschluss vom 23.01.1997 entpflichtet worden.

Mit seiner Entpflichtung ist die Vergütung für Rechtsanwalt Osterwald gemäß § 16 S. 1 Alternative 1 BRAGO fällig geworden. Da anschließend keine weiteren Tätigkeiten mehr erbracht werden konnten, die im Pauschvergütungsverfahren ür die Bewertung von Umfang und Schwierigkeit des Verfahrens zu berücksichtigen gewesen wären, war auch die erforderliche abschließende Gesamtschau seit der Entpflichtung möglich.

Folglich ist nach beiden o. g. in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Meinungen der Pauschvergütunganspruch für Rechtsanwalt Osterwald verjährt.

Denn infolge der Entpflichtung des Antragstellers am 23.01.1997 begann die Verjährungsfrist am 31.12.1997. Sie endete demgemäß mit Ablauf des 31.12.1999.“

Der Senat schließt sich diesen zutreffenden Ausführungen an und bemerkt - auch im Hinblick auf die Ausführungen im Schriftsatz des Antragstellers vom 19. Dezember 2000 - ergänzend:

Die Vergütung eines beigeordneten Verteidigers wird zwar in der Regel deshalb mit Eintritt der Rechtskraft der das Verfahren abschließenden Entscheidung fällig, weil nämlich der Pflichtverteidiger in der Regel auch bis zu diesem Zeitpunkt tätig ist und beigeordnet bleibt.

Scheidet der Pflichtverteidiger - wie hier - aber vor Abschluss des Verfahrens endgültig aus, so ist sein Vergütungsanspruch auch zu diesem Zeitpunkt fällig (vgl. Senatsbeschluss vom 17. März 1997 in 2 (s) Sbd. 5 - 240/96 = AnwBl. 1998, 220). Dabei kommt es nicht darauf an, welchen weiteren Verlauf das Verfahren nimmt und mit welchem Ergebnis es abgeschlossen wird, weil der Umfang und der Grad der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit allein bis zum Ausscheiden des Pflichtverteidigers in einer Gesamtschau der bis zu diesem Zeitpunkt entfalteten Tätigkeiten zu beurteilen ist.

So ist auch entsprechend der insoweit ständigen Rechtsprechung des Senats einer im September 1998 - vorzeitig - aus dem Verfahren ausgeschiedenen Pflichtverteidigerin eines Mitangeklagten durch Senatsbeschluss vom 5. August 1999 (2 (s) Sbd. 6 - 150/99 -) eine endgültige Pauschvergütung bewilligt worden.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den vom Antragsteller in seinem Schriftsatz vom 19. Dezember 2000 zitierten Senatsbeschlüssen vom 14. August 1997 (= AnwBl. 1998, 220 = RPfl. 1998, 38) und vom 28. Juni 1996 (= AnwBl. 1996, 479), da in jenen Verfahren der Pflichtverteidiger gerade bis zum rechtskräftigen Beschluss des Verfahrens tätig gewesen ist und der Hinweis auf den rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens als Zeitpunkt der Fälligkeit der gesamten Vergütung insoweit erforderlich erschien, als dieser nicht bereits zu einem früheren Zeitpunkt - wie z.B. dem Abschluss einer Instanz - eingetreten war.

Auch der Antrag des Antragstellers vom 17. Juni 1996 auf Bewilligung eines Vorschusses auf eine künftige Pauschvergütung, dem der Senat mit Beschluss vom 14. August 1996 entsprochen hatte, kann nicht als Antrag auf eine endgültig zu bewilligende Pauschvergütung gesehen und ausgelegt werden. Unabhängig davon, dass mit diesem Antrag lediglich ein Vorschuss begehrt und tatsächlich auch bewilligt worden ist, hätte ein bereits zum damaligen Zeitpunkt gestellter Antrag auf endgültige Pauschvergütung mangels Fälligkeit und wegen des Fehlens der Möglichkeit einer Beurteilung der gesamten Tätigkeit in einer Gesamtschau abgelehnt werden müssen, so dass es auch in diesem Falle einer erneuten Antragstellung zur Bewilligung einer endgültigen Pauschvergütung bedurft hätte.

Schließlich kann auch der am 30. Januar 1997 eingegangene Antrag des Antragstellers auf Festsetzung der ihm zustehenden gesetzlichen Gebühren nicht zugleich auch als Antrag auf Festsetzung einer Pauschvergütung ausgelegt werden, weil in diesem Antrag auch im Hinblick auf die Höhe der geltend gemachten Gebühren keinerlei Hinweis darauf enthalten ist, dass über die gesetzlichen Gebühren hinaus ein weiterer Betrag im Wege der Pauschvergütung bewilligt und gezahlt werden soll.

Nach alledem war der Antrag somit abzulehnen.


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