Diese Homepage verwendet Cookies, um Inhalte und Anzeigen zu personalisieren, Funktionen für soziale Medien anbieten zu können und die Zugriffe auf die Website zu analysieren. Außerdem gebe ich Informationen zu Ihrer Nutzung meiner Website an meine Partner für soziale Medien, Werbung und Analysen weiter.

OK Details ansehen Datenschutzerklärung

Rechtsprechung

Aktenzeichen: 2 Ss OWi 1021/98 OLG Hamm

Leitsatz: Zur ausreichenden Begründung des Zulassungsantrags, mit dem gerügt werden soll, dem Betroffenen sei das rechtliche Gehör versagt worden (§ 80 Abs. 1 Nr. 2 OWiG), ist substantiiert darzulegen, was der Betroffene im Fall seiner Anhörung geltend gemacht hätte. Das gilt besonders dann, wenn zunächst zum Ausdruck gebracht worden ist, der Betroffene werde sich zur Sache nicht äußern, nun aber behauptet wird, bei einer beantragten kommissarischen Vernehmung hätte der Betroffene Angaben zur Sache gemacht, so dass diese zu Unrecht abgelehnt worden sei.

Senat: 2

Gegenstand: Zulassung der Rechtsbeschwerde

Stichworte: Ausreichende Begründung des Zulassungsantrags; Verletzung des rechtlichen Gehörs, kommissarische Vernehmung, Angaben zur Sache, Ablehnung eines Beweisantrags

Normen: OWiG 80, OWiG 79

Fundstelle: ZAP EN-Nr. 888/98; NStZ-RR 1999, 23; VRS 99, 60; StraFo 1999, 132; NZV 1999, 220

Beschluss: Bußgeldsache gegen T.M., wegen fahrlässiger Geschwindigkeitsüberschreitung u.a.

Auf den Antrag des Betroffenen vom 18. Juni 1998 auf Zulassung der Rechtsbeschwerde gegen das Urteil des Amtsgerichts Lüdenscheid vom 20. Mai 1998 hat der 2. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 11.09.1998 durch den Richter am Oberlandesgericht (als Einzelrichter gem. § 80 a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 OWiG) nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde wird auf Kosten des Betroffenen verworfen.

G r ü n d e:
I. Das Amtsgericht hat gegen den Betroffenen im angefochtenen Urteil "wegen einer fahrlässigen Ordnungswidrigkeit nach Art. 15 VO EWG (3821/85), § 7 c Abs. 1 Ziffer 3 Bst. c FPersG, § 19 OWiG - nicht vollständige und richtige Eintragung des Schaublattes und Aufzeichnung - eine Geldbuße von 125,-- DM und wegen fahrlässiger Ordnungswidrigkeit in vier Fällen gem. §§ 3 Abs. 3, 18 Abs. 5 Ziffer 1, 49 Abs. 1 Nr. 3 StVO - Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit - eine Geldbuße in Höhe von je 180,-- DM festgesetzt. Hiergegen richtet sich das Rechtsmittel des Betroffenen. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, das Rechtsmittel als unbegründet zu verwerfen.

II. 1. Die vom Betroffenen fristgerecht eingelegte Rechtsbeschwerde ist als Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde umzudeuten. Die Wertgrenze des § 79 Abs. 1 Ziffer 1 OWiG, die nunmehr 500 DM beträgt, ist für keine der abgeurteilten Taten erreicht. Die verhängten Geldbußen sind auch nicht etwa zusammenzurechnen (vgl. dazu Göhler, OWiG, 12. Aufl., § 79 OWiG Rn 3 mit weiteren Nachweisen). Bei dem vom Tatrichter festgestellten Verstoß gegen das FPersG und den festgestellten vier Geschwindigkeitsüberschreitungen handelt es sich nämlich nicht nur um materiell-rechtlich, sondern auch um verfahrensrechtlich selbständige Taten. Mehrere Geschwindigkeitsüberschreitungen sind bei einer gebotenen natürlichen Betrachtungsweise nach übereinstimmender Auffassung in Rechtsprechung und Literatur nämlich dann nicht als einheitlicher Lebensvorgang anzusehen, wenn sie durch zeitlich genau festgestellte Anhaltevorgänge des betroffenen Fahrzeugs abgrenzbar sind (vgl. u.a. Göhler, a.a.O., vor § 59 OWiG Rn. 50a ff. mit weiteren Nachweisen; OLG Köln NZV 1994, 2921, OLG Düsseldorf NZV 1994, 119 f.) Das ist hier nach den vom Amtsgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen der Fall, da zwischen den festgestellten Geschwindigkeitsüberschreitungen mehrstündige Unterbrechungen liegen.

2. Da keine der vom Tatrichter festgesetzten Geldbußen mehr als 200 DM beträgt, richten sich die Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde nach § 80 Abs. 2 OWiG. Danach ist die Rechtsbeschwerde in den Verfahren mit den sog. weniger bedeutsamen Fällen nur zulässig zur Fortbildung des materiellen Rechts (§ 80 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 80 Abs. 2 OWiG) oder, wenn das Urteil wegen Versagung des rechtlichen Gehörs aufzuheben ist (§ 80 Abs. 1 Nr. 2 OWiG).

a) Eine Zulassung der Rechtsbeschwerde zur Fortbildung des materiellen Rechts (§ 80 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 80 Abs. 2 OWiG) kam nicht in Betracht. Die an die Feststellung zu Geschwindigkeitsüberschreitungen durch Auswertung von Fahrtenschreibern/EG-Kontrollgerät-Schaublättern zu stellenden Anforderungen sind in der obergerichtlichen Rechtsprechung, worauf die Generalstaatsanwaltschaft zutreffend hinweist, ausreichend geklärt (vgl. Jagusch, Straßenverkehrsrecht, 33. Aufl., § 57 a StVZO Rn. 6 mit zahlreichen Nachweisen aus der obergerichtlichen Rechtsprechung).

Soweit der Betroffene außerdem gerügt hat, sein Beweisantrag vom 19. Mai 1998 sei mit unzutreffender Begründung abgelehnt worden, kann er damit vorliegend gem. § 80 Abs. 2 OWiG nicht gehört werden, da die Zulassung der Rechtsbeschwerde wegen dieses geltend gemachten formellen Fehlers nicht in Betracht kommt. Insoweit merkt der Senat außerdem nur an, dass es sich bei dem vom Verteidiger vor der Hauptverhandlung gestellten Beweisantrag wegen der Abwesenheit des Verteidigers und der Betroffenen in der Hauptverhandlung auch nur um eine Beweisanregung gehandelt haben dürfte, die das Tatgericht dann ohne Bindung an die §§ 244 Abs. 3, 4 StPO, 77 OWiG ablehnen durfte (vgl. dazu Göhler, a.a.O., § 74 Rn. 17 a mit weiteren Nachweisen).

b) Soweit der Betroffene die Verletzung rechtlichen Gehörs rügt und damit den Zulassungsgrund des § 80 Abs.1 Nr. 2 OWiG geltend macht, ist seine Verfahrensrüge (vgl. Göhler, a.a.O., § 80 OWiG Rn. 16 d; § 79 OWiG Rn. 27 d, 31) schon nicht ausreichend begründet, so dass der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde auch insoweit als (unzulässig) zu verwerfen war (Göhler, a.a.O.).

Nach einhelliger Auffassung aller Obergerichte kommt die Zulassung der Rechtsbeschwerde wegen Versagung des rechtlichen Gehörs nicht in Betracht, um nur die Nachprüfung des Urteils unter diesem Gesichtspunkt zu ermöglichen. Vielmehr ist bereits im Zulassungsverfahren zu prüfen, ob das rechtliche Gehör verletzt ist (BVerfG NJW 1992, 2811). Hierzu muß das Rechtsbeschwerdegericht schon im Zulassungsverfahren die erforderlichen Feststellungen treffen (Göhler, a.a.O., § 80 OWiG Rn. 16 c). Das bedeutet, dass der Betroffene mit seiner Rüge substantiiert darlegen muß, was er im Falle seiner Anhörung geltend gemacht hätte (vgl. u.a. Beschluss des Senats vom 3. September 1992 - 2 Ss OWi 864/92; siehe auch OLG Hamm NZV 1993, 244; siehe im übrigen die weiteren Rechtsprechungshinweise bei Göhler, a.a.O.). Denn nur dann ist das Rechtsbeschwerdegericht in der Lage zu prüfen, ob die angefochtene gerichtliche Entscheidung auf einer Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG beruht und dem Betroffenen tatsächlich rechtliches Gehör verwehrt worden ist.

Vorliegend führt der Betroffene in seinem Zulassungsantrag zwar aus, was er, wenn das Amtsgericht seine kommissarische Vernehmung durch das Amtsgericht Köln angeordnet hätte, dort erklärt hätte. Es kann dahinstehen, ob diese Ausführungen den von der Rechtsprechung aufgestellten Anforderungen an die Begründung der Rüge der Versagung des rechtlichen Gehörs entsprechen oder ob es sich nur, wie die Generalstaatsanwaltschaft meint, im wesentlichen lediglich um Andeutungen zu dem Inhalt der angeblich von dem Betroffenen im Fall seiner kommissarischen Vernehmung beabsichtigten Angaben handelt, ohne dass diese näher dargelegt werden. Denn selbst wenn man den Vortrag insoweit grundsätzlich als ausreichend ansieht, waren vorliegend wegen der besonderen Umstände des konkreten Falls weitere Darlegungen erforderlich, die der Zulassungsantrag jedoch vermissen lässt.

Dazu ist der Antrag des Betroffenen vom 17. April 1998, mit dem er beantragt hatte, von der Verpflichtung zum Erscheinen in der Hauptverhandlung entbunden und kommissarisch durch das Amtsgericht Köln vernommen zu werden, von maßgeblicher Bedeutung. In diesem Antrag hatte der Verteidiger des Betroffenen erklärt: "Der Betroffene wird sich in der Hauptverhandlung nicht zu Sache äußern. Er räumt allerdings ein, Fahrer des Lkw Daimler Benz K-CS 9946 gewesen zu sein....". Aufgrund dieses Antrags ist der Betroffene dann mit Beschluss des Amtsgerichts vom 21. April 1998 von der Pflicht zum Erscheinen in der Hauptverhandlung entbunden worden, die kommissarische Vernehmung beim Amtsgericht Köln wurde jedoch abgelehnt, da eine genügende Klärung des Sachverhalts auch ohne richterliche Vernehmung des Betroffenen möglich sei.

Bei dieser Sachlage bedurfte es zur Begründung der Rüge, das Recht des Betroffenen auf rechtlichen Gehörs sei durch die Ablehnung der kommissarischen Vernehmung verletzt, weiterer Darlegungen als nur dazu, was der Betroffene bei seiner kommissarischen Vernehmung ausgesagt hätte. Der Verteidiger des Betroffenen hatte in seinem Antrag vom 17. April 1998 unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass der Betroffene sich in der Hauptverhandlung zur Sache nicht äußern werde. Damit konnte und durfte der Tatrichter davon ausgehen, dass der Betroffene auch bei einer kommissarische Vernehmung, als vorweg genommenem Teil der Hauptverhandlung, keine Sacheinlassung erklären werde und somit die beantragte kommissarische Vernehmung wenig sinnvoll sein würde. Wenn nun mit der Rechtsbeschwerde behauptet wird, der Betroffene hätte bei einer kommissarischen Vernehmung doch Angaben zur Sache gemacht, hätte angesichts dieser Umstände zur ausreichenden Begründung der Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs näher dargelegt werden müssen, aufgrund welcher Gesichtspunkte der Tatrichter bei seiner Entscheidung, die kommissarischen Vernehmung abzulehnen, davon ausgehen konnte und musste, dass der Betroffene bei einer ggf. angeordneten mündlichen Anhörung durch den kommissarischen Richter nun doch - im Widerspruch zur Erklärung im Antrag vom 17. April 1998 - Angaben zur Sache machen würde. Solche Umstände sind den Akten nicht zu entnehmen. Ohne ihre daher erforderliche nähere Darlegung ist aber das Rechtsbeschwerdegericht nicht in der Lage zu prüfen, ob der Anspruch des Betroffenen auf rechtliches Gehör durch die Versagung der kommissarischen Vernehmung verletzt worden ist. Dieser Begründungsmangel führt daher zur Verwerfung des Zulassungsantrags auch insoweit.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 StPO i.V.m. § 46 OWiG.


zur Startseite "Rechtsprechung"

zum Suchformular

Die Nutzung von Burhoff-Online ist kostenlos. Der Betrieb der Homepage verursacht aber für Wartungs-, Verbesserungsarbeiten und Speicherplatz laufende Kosten.

Wenn Sie daher Burhoff-Online freundlicherweise durch einen kleinen Obolus unterstützen wollen, haben Sie hier eine "Spendenmöglichkeit".