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Rechtsprechung


Aktenzeichen: 1 Ws 138/04 OLG Hamm

Leitsatz: Für die Einlegung des Rechtsmittels (der sofortigen Beschwerde) gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss nach § 464 b StPO gilt die Wochenfrist des § 311 Abs. 2 Satz 1 StPO.

Senat: 1

Gegenstand: Beschwerde

Stichworte: sofortige Beschwerde; Kostenfestsetzungsbeschluss; Beschwerdefrist

Normen: StPO 464 b; StPO 311

Beschluss: Strafsache
gegen K.K.
wegen sexueller Nötigung
(hier: Festsetzung der aus der Landeskasse zu erstattenden notwendigen Auslagen des früheren Angeschuldigten nach Ablehnung der Eröffnung des Hauptverfahrens).

Auf die als „Erinnerung“ bezeichnete sofortige Beschwerde des früheren Angeschuldigten vom 8. März 2004 gegen den Beschluss der Rechtspflegerin des Landgerichts Dortmund vom 11. Februar 2004 hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 29. 06. 2004 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Oberlandesgericht nach Anhörung des Leiters des Dezernats 10 der Verwaltungsabteilung des Oberlandesgerichts Hamm sowie des früheren Angeschuldigten bzw. seines Verteidigers beschlossen:

1. Dem früheren Angeschuldigten wird von Amts wegen auf seine Kosten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin des Landgerichts Dortmund vom 11. Februar 2004 gewährt.
2. Die sofortige Beschwerde wird als unbegründet verworfen.
3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die dem früheren Angeschuldigten insoweit entstandenen notwendigen Auslagen trägt der frühere Angeschuldigte.
4. Der Beschwerdewert wird auf 139,20 € festgesetzt.

Gründe:
I.
Die Staatsanwaltschaft Dortmund legte dem - früheren - Angeschuldigten mit An klageschrift vom 28. Januar 2003 zur Last, in der Nacht zum 1. November 2002 in Dortmund die polnische Staatsangehörige B.D. mit Gewalt und unter Vorhalt eines Messers dazu genötigt zu haben, mehrfach mit ihm den Geschlechts-
verkehr zu vollziehen. Mit Schriftsatz vom 21. März 2003 zeigte Rechtsanwalt B. aus D. unter Vollmachtsvorlage die Verteidigung des Angeschuldigten an. Mit Beschluss des Landgerichts Dortmund vom 21. Mai 2003 wurde er zum Pflichtverteidiger bestellt. Mit weiterem Beschluss vom 20. August 2003, rechtskräftig seit dem 16. September 2003, lehnte die XI. Strafkammer des Landgerichts Dortmund die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen den Angeschuldigten aus tatsächlichen Gründen gemäß § 204 Abs. 1 StPO ab. Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten wurden der Staatskasse auferlegt.

Mit Schriftsatz vom 2. Februar 2004 bezifferte der Verteidiger seine Kosten einschließlich Mehrwertsteuer auf insgesamt 551,70 € und beantragte deren Festsetzung als aus der Staatskasse zu erstattende notwendige Auslagen des Angeschuldigten. Hierbei setzte der Verteidiger als Gebühr für die Verteidigung des Angeschuldigten im Zwischenverfahren gemäß §§ 11, 12, 84 Abs. 2 BRAGO eine Mittelgebühr in Höhe von netto 420,- € an.

Mit Beschluss vom 11. Februar 2004 setzte die Rechtspflegerin des Landgerichts Dortmund die dem Angeschuldigten zu erstattenden notwendigen Auslagen auf 412,50 € nebst Zinsen fest. Die Absetzung in Höhe von 139,20 € wurde mit einer Herabsetzung der Gebühr nach § 84 Abs. 2 BRAGO auf netto 300,- € begründet. In der Rechtsmittelbelehrung des Beschlusses vom 11. Februar 2004 heißt es:

„Gegen diesen Kostenfestsetzungsbeschluss ist die Erinnerung zulässig, die innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses bei dem oben bezeichneten Gericht eingegangen sein muss.“

Gegen diesen, ihm am 24. Februar 2004 zugestellten Beschluss legte der Verteidiger des Angeschuldigten für diesen mit Schriftsatz vom 8. März 2004, am selben Tage eingegangen beim Landgericht Dortmund, „Erinnerung“ ein. In der Rechtsmittelschrift wird die Auffassung vertreten, dass die angesetzte Mittelgebühr gemäß § 84 Abs. 2 BRAGO in Höhe von netto 420,- € angesichts der Bedeutung der Sache und der verschiedenen Besprechungstermine mit dem nur unzureichend der deutschen Sprache mächtigen Angeschuldigten gerechtfertigt sei. Dem ist der Leiter des Dezernats 10 der Verwaltungsabteilung des Oberlandesgerichts in seiner Stellungnahme vom 1. Juni 2004 mit näheren Ausführungen entgegen getreten.

II.
Das von dem Angeschuldigten gegen den Beschluss der Rechtspflegerin des Landgerichts Dortmund vom 11. Februar 2004 eingelegte Rechtsmittel ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

1. Das als „Erinnerung“ bezeichnete Rechtsmittel ist gemäß § 300 StPO im Hinblick auf die seit dem 1. Oktober 1998 geltenden Vorschriften des 3. Gesetzes zur Änderung des Rechtspflegergesetzes und anderer Vorschriften vom 6. August 1998 (BGBl. I, 2030 ff.) als gemäß §§ 464 b S. 3 StPO, 104 Abs. 3 S. 1 ZPO, 11 Abs. 1 RPflG statthafte sofortige Beschwerde anzusehen, die für eine Abhilfeentscheidung - anders als im Zivilverfahren nach § 572 Abs. 1 S. 1 ZPO - keinen Raum lässt. Die Nichtabhilfeentscheidung des Einzelrichters der VII. Strafkammer des Landgerichts Dortmund vom 11. Mai 2004 ging somit ins Leere.

2. Die sofortige Beschwerde ist auch als fristgerecht eingelegt zu behandeln. Zwar ist das als „Erinnerung“ bezeichnete Rechtsmittel des Angeschuldigten vom 8. März 2004 nicht innerhalb der mit Zustellung des angefochtenen Beschlusses am 24. Februar 2004 in Lauf gesetzten Wochenfrist des § 311 Abs. 2 StPO bei dem Landgericht Dortmund eingegangen. Dem Angeschuldigten ist jedoch in entsprechender Anwendung des § 44 S. 2 StPO von Amts wegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde zu gewähren, weil die angefochtene Entscheidung der Rechtspflegerin eine unzutreffende Rechtsmittelbelehrung mit dem fehlerhaften Hinweis auf eine Rechtsmitteleinlegungsfrist von zwei Wochen enthielt, an der sich der Verteidiger offenkundig orientiert hat und die gewahrt worden ist. Die in der Rechtsmittelbelehrung der angefochtenen Entscheidung genannte 2-Wochen-Frist entspricht zwar einer in Literatur und Rechtsprechung teilweise vertretenen Auffassung, nach der bei der Anfechtung von Kostenfestsetzungsbeschlüssen gemäss § 464 b StPO die 2-Wochen-Frist des § 569 Abs. 1 S. 1 ZPO gelten soll (vgl. OLG Düsseldorf VRS 99, 461; Rpfleger 2001, 96; OLG Koblenz Rpfleger 2000, 126; OLG Köln Rpfleger 2000, 422; OLG Nürnberg NStZ-RR 2001, 224). Nach wohl herrschender Auffassung, die auch vom 4. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm vertreten wird (vgl. Beschlüsse vom 25. September 2001 - 4 Ws 68/01 - und vom 16. Mai 2000 - 4 Ws 244/00 -) und der sich der erkennende Senat anschließt, gilt für die Einlegung des Rechtsmittels (der sofortigen Beschwerde) gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss nach § 464 b StPO die Wochenfrist des § 311 Abs. 2 S. 1 StPO (vgl. OLG Celle Rpfleger 2001, 97; OLG Dresden StV 2001, 634; OLG Düsseldorf Rpfleger 2000, 126; KG Rpfleger 2000, 38; OLG Karlsruhe Rpfleger 2000, 124; OLG Schleswig SchlHA 2001, 133; Meyer-Goßner, StPO, 47. Aufl., § 464 b Rdnr. 7). Da § 464 b S. 3 StPO hinsichtlich des Verfahrens die Vorschriften der Zivilprozessordnung lediglich für entsprechend anwendbar erklärt, beanspruchen diese nur insoweit Geltung, als die Strafprozessordnung selbst eine Regelungslücke aufweist; in Bezug auf das in § 311 StPO geregelte Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde und die dabei nach § 311 Abs. 2 StPO einzuhaltende Wochenfrist ist dies jedoch nicht der Fall, so dass ein Rückgriff auf die in § 569 Abs. 1 S. 1 ZPO vorgesehene 2-Wochen-Frist jedenfalls seit der Neufassung des § 11 RPflG ausscheidet.

3. Die danach zulässige sofortige Beschwerde des Angeschuldigten ist in der Sache jedoch nicht begründet. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen in der Stelungnahme des Leiters des Dezernats 10 der hiesigen Verwaltungsabteilung vom 1. Juni 2004, die dem Verteidiger mitgeteilt worden ist und denen der Senat beitritt, Bezug genommen.

Die sofortige Beschwerde war deshalb mit der Kostenfolge des § 473 Abs. 1 StPO als unbegründet zu verwerfen.


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