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Rechtsprechung


Aktenzeichen: 3 Ss OWi 183/03 OLG Hamm

Leitsatz: Zum Absehen vom Fahrverbot im Fall des § 24 a StVG

Senat: 3

Gegenstand: Rechtsbeschwerde

Stichworte: Fahrverbot; Trunkenheitsfahrt, berufliche Umstände

Normen: StVG 24 a, BKatV 4

Beschluss: Bußgeldsache
gegen W.V.
wegen Verkehrsordnungswidrigkeit

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen vom 21. Oktober 2002 gegen das Urteil des Amtsgerichts Gütersloh vom 17. Oktober 2002 hat der 3. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 01. 04. 2003 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, die Richterin am Oberlandesgericht und den Richter am Landgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde wird auf Kosten des Betroffenen als unbegründet verworfen.

G r ü n d e :
I.
Das Amtsgericht Gütersloh hat gegen den Betroffenen wegen fahrlässiger Begehung einer Ordnungswidrigkeit gemäß §§ 29, 69a StVZO, 24, 24a StVG eine Geldbuße von 257,50 EUR festgesetzt und außerdem ein Fahrverbot von einem Monat Dauer verhängt. Zugleich hat es angeordnet, dass das Fahrverbot erst wirksam wird, wenn der Führerschein nach Rechtskraft des Urteils in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens jedoch mit Ablauf von vier Monaten (§ 25 Abs. 2a S. 1 StVG).

Dazu hat es folgende Feststellungen getroffen:

„I
Der zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung 48 Jahre alte Betroffene ist von Beruf Großhandelskaufmann und Kfz-Mechaniker.
Im Verkehrszentralregister sind berücksichtigungsfähige Voreintragungen nicht vorhanden.

II.
Am 19.01.02 befuhr der Betroffene gegen 01:08 Uhr als Führer des Lkw mit dem amtlichen Kennzeichen XXXXXXX in 33378 Rheda-Wiedenbrück den Nordring in Fahrtrichtung Am Sandberg.
Zwei um 01:25 Uhr und 01:28 Uhr mit dem Atemalkoholmessgerät Alcotest 7110
Evidential, Typ MK III, Serien-Nr. Armm-0335 der Fa. Dräger, zuletzt geeicht am 09.07.01, Gültigkeit der Eichdauer bis 01/2002, durchgeführte Messungen ergaben Messwerte von 0,304 und 0,300 mg/l und ein Gesamtmessergebnis von 0,30 mg/l. Seit dem Trinkende waren mindestens 20 Minuten vergangen. Vor der Messung wurde eine Kontrollzeit von 10 Minuten eingehalten.

Bei dem Fahrzeug war der Termin zur Hauptuntersuchung um mehr als 2 Monate überschritten.“

Diese Feststellungen beruhen auf der nachfolgenden Beweiswürdigung:
„III
Diese Feststellungen hat das Gericht nach dem Ergebnis der in der Hauptverhandlung durchgeführten Beweisaufnahme getroffen, deren Umfang und Förmlichkeiten sich aus dem Sitzungsprotokoll ergeben.

Der Betroffene hat sich zur Sache wie folgt eingelassen:
Der Vorwurf hinsichtlich der Hauptuntersuchung sei zutreffend. Auch das Ergebnis der Atemalkoholmessung werde nicht beanstandet.
Am 18.01.02 habe er zum Abendessen ½ l Bier getrunken. Gegen
22.00 Uhr sei er zu Bett gegangen. Zuvor habe er etwa eine Espressotasse voll Hustensaft zu sich genommen, weil er sehr stark erkältet gewesen sei. In dem Hustensaft müsse wohl auch Alkohol gewesen sein, anders könne er sich das Messergebnis nicht erklären.
Kurz nach 23:00 Uhr sei er geweckt worden. Er sei aufgefordert worden, noch in der Nacht ein Unfallfahrzeug abzuschleppen. Er sei aufgesprungen, habe sich seine Arbeitskleidung angezogen und sei sofort losgefahren. Daran, dass er am Abend Alkohol zu sich genommen habe, habe er nicht mehr gedacht.
Er sei der Auffassung, dass sein Verschulden so gering sei, dass in diesem Fall die Verhängung eines Fahrverbotes nicht erforderlich sei, wenn man zusätzlich berücksichtige, dass die Vollstreckung eines Fahrverbotes für ihn eine außergewöhnliche Härte darstellen würde. Er sei nämlich die einzige Arbeitskraft in der Firma seiner Frau, einem KFZ- und Abschleppbetrieb. Wenn er nicht Auto fahren dürfe, hätte die Firma für einen Monat keine Einnahmen.
Die Einstellung eines Ersatzfahrers für diese Zeit sei nicht möglich.

Die Höhe des Atemalkoholmesswertes steht fest aufgrund des Messergebnisses des stationären Atemalkoholmessgerätes, wie es auf der Ablichtung des Messstreifens Bl. 3 d.A., auf dessen Einzelheiten gem. §§ 46 OWiG, 273 Abs. 1 Satz 3 StPO verwiesen wird, dokumentiert ist. Angesichts der auf dem Messstreifen niedergelegten Bemerkungen und der eichamtlichen Bescheinigung des Eichamtes Düsseldorf vom 09.07.01 über die zum Vorfallszeitpunkt gültige Eichung des Messgerätes hat das Gericht keine Zweifel an der Ordnungsmäßigkeit der Messung.
Angesichts der Einlassung des Betroffenen ist auch davon auszugehen, dass zwischen der Messung und dem Trinkende in jedem Fall mehr als 20 Minuten liegen.“

Gegen dieses Urteil wendet sich der Betroffene mit der Sachrüge, mit der er geltend macht, die Anordnung des Fahrverbotes stelle für ihn eine ganz außergewöhnliche Härte dar. Als einzige Arbeitskraft in dem Kfz- Reparatur- und Abschleppbetrieb seiner Ehefrau treffe ihn die Anordnung des Fahrverbotes besonders schwer. Der Betrieb sei für die Dauer des Fahrverbotes praktisch ohne Einnahmen. Die Einstellung eines Ersatzfahrers sei nicht möglich. Es sei deshalb zu befürchten, dass der Geschäftsbetrieb eingestellt werden müsse, wenn es bei dem Fahrverbot bleibe.
Im Übrigen treffe ihn nur ein geringes Verschulden. Vor dem Schlafengehen habe er eine Flasche Bier und eine größere Menge alkoholhaltigen Hustensaft getrunken. Bei Antritt der Fahrt habe er daran nicht mehr gedacht. Die bei ihm festgestellte Atemluftalkoholkonzentration sei auf den Hustensaft zurückzuführen.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Rechtsbeschwerde gemäß §§ 349 Abs. 2 StPO, 79 Abs. 3 OWiG als offensichtlich unbegründet zu verwerfen.

II.
Die zulässige Rechtsbeschwerde des Betroffenen hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Die auf die Sachrüge hin vorzunehmende Überprüfung des Schuldspruchs lässt Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen nicht erkennen. Die vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen tragen die Verurteilung des Betroffenen wegen eines Verstoßes gegen §§ 24a Abs. 1 Nr. 1 StVG, 29, 69a StVZO.

2. Auch die Überprüfung des Rechtsfolgenausspruchs lässt entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde Rechtsfehler, die zur Aufhebung des angefochtenen Urteils insoweit führen würden, nicht erkennen.
Das Amtsgericht hat die nach laufender Nummer 241 der Bußgeldkatalogverordnung für einen Verstoß gegen § 24a StVG vorgesehene Regelgeldbuße von 250,- EUR festgesetzt und diese wegen des tateinheitlich begangenen Verstoßes gegen §§ 29, 69a StVZO angemessen um 7,50 EUR erhöht.
Auch die Verhängung des nach § 25 Abs. 1 S. 2 StVG i.V.m. § 4 Abs. 3 BKatV vorgesehenen Regelfahrverbotes von einem Monat durch das Amtsgericht ist hier nicht zu beanstanden.
Nach § 25 Abs. 1 S. 2 StVG ist bei einer Verurteilung wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 24a StVG regelmäßig neben einer Geldbuße auch ein Fahrverbot zu verhängen. Davon darf das Gericht nur absehen, wenn ganz besondere Ausnahmeumstände äußerer und innerer Art vorliegen. Das ist der Fall, wenn die Tatumstände so aus dem Rahmen üblicher Begehungsweise fallen, dass die Vorschriften über das Regelfahrverbot offensichtlich darauf nicht zugeschnitten sind oder die Anordnung des Fahrverbotes eine Härte ganz außergewöhnlicher Art bedeuten würde (vgl. Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 37. Auflage, § 25 StVG, RdNr. 18, m.w.N.). Dabei unterliegt die Entscheidung, ob trotz des Vorliegens eines Regelfalls der konkrete Sachverhalt Ausnahmecharakter hat und deshalb die Verhängung eines Fahrverbotes nicht erfordert, in erster Linie der Würdigung des Tatrichters und ist vom Rechtsbeschwerdegericht bis zur Grenze des Vertretbaren hinzunehmen (vgl. OLG Hamm 2. Senat für Bußgeldsachen 2 Ss OWi 1527/99 Beschluss vom 29.01.1998).
Vorliegend ist das Amtsgericht in nicht zu beanstandender Weise zu der Überzeugung gelangt, dass das Führen eines Kraftfahrzeugs nach dem Genuss alkoholischer Getränke und der Einnahme alkoholhaltigen Hustensaftes einen unterdurchschnittlichen Grad der Fahrlässigkeit nicht zu begründen vermochte. Nach den getroffenen Feststellungen aufgrund der eigenen Einlassung des Betroffenen war diesem bewusst, dass der von ihm eingenommene Hustensaft Alkohol enthielt. Er hat sich dennoch zur Durchführung der Fahrt entschlossen, ohne sich Gedanken über den Grad seiner Alkoholisierung zu machen. Bei dieser Sachlage ist die Annahme „normaler Fahrlässigkeit“ durch das Amtsgericht nicht rechtsfehlerhaft.

Die Fahrverbotsentscheidung des Amtsgerichts ist auch im Übrigen nicht zu beanstanden. Außergewöhnliche Umstände, nach denen die Anordnung des Fahrverbots für den Betroffenen eine Härte ganz außergewöhnlicher Art bedeuten würde, sind nicht festgestellt und werden auch mit der Rechtsbeschwerde nicht behauptet. Eine außergewöhnliche Härte in diesem Sinne ist nicht schon dann gegeben, wenn das Fahrverbot zu beruflichen Nachteilen führt. Vielmehr kann erst dann, wenn ein Existenzverlust als unausweichliche Folge eines Fahrverbotes drohen würde, ausnahmsweise von der Anordnung des Fahrverbotes abgesehen werden (vgl. Hentschel a.a.O., RdNr. 18).
Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde hat sich das Amtsgericht mit der Einlassung des Betroffenen auseinandergesetzt, er sei die einzige Arbeitskraft in dem Kfz-Betrieb seiner Ehefrau und deshalb auf die Fahrerlaubnis angewiesen. Das Amtsgericht hat dabei bewusst offen gelassen, ob die insoweit von dem Betroffen gemachten Angaben zutreffend sind. Es hat aber im Ergebnis zu recht auch für diesen Fall das Vorliegen einer außergewöhnlichen Härte verneint. Auch dem Vorbringen des Betroffenen kann nämlich nicht entnommen werden, dass die Vollziehung eines Fahrverbotes von einem Monat Dauer zu einer Existenzgefährdung für ihn führen würde. Insbesondere lässt sich seinen Angaben nicht entnehmen, warum die Einstellung eines Aushilfsfahrers für die Dauer des Fahrverbots unmöglich sein soll. Insoweit ist auch zu berücksichtigen, dass die Gewährung der „Viermonatsregel“ gemäß § 25 Abs. 2a S. 1 StVG durch das Amtsgericht es dem Betroffenen ermöglicht, über den Beginn des Fahrverbotes zu disponieren. Zwar verkennt auch der Senat nicht, dass ein Fahrverbot bei der Ausübung der beruflichen Tätigkeit des Betroffenen vorübergehend zu Schwierigkeiten führen wird. Diese hat er aber als die mit einem Fahrverbot üblicherweise verbundenen Schwierigkeiten hinzunehmen.

Schließlich ist nicht zu beanstanden, dass das amtsgerichtliche Urteil nicht erkennen lässt, dass der Tatrichter sich der Möglichkeit bewusst war, gegen Erhöhung der Geldbuße von der Verhängung eines Fahrverbotes absehen zu können. Vorliegend geht es um die Verhängung eines Fahrverbotes nach § 24a StVG i.V.m. § 25 Abs. 1 S. 2 StVG i.V.m. § 4 Abs. 3 BKatV und nicht um ein solches nach §§ 24, 25 Abs. 1 S. StVG. Für diese Fallgestaltung ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung die Forderung, dass dem Urteil entnommen werden können müsse, dass sich der Tatrichter der Möglichkeit der Erhöhung der Geldbuße bei Absehen vom Fahrverbot bewusst gewesen sei, nicht aufgestellt worden. Eine solche Forderung würde auch der gesetzlichen Regelung in § 25 Abs. 1 S. 1 und S. 2 StVG nicht gerecht werden. Bei Verstößen gegen § 24a StVG ist danach nämlich regelmäßig ein Fahrverbot anzuordnen, während es bei Verstößen nach § 24 StVG angeordnet werden kann. Im Fall ordnungswidrigen Führens eines Kfz unter Alkoholeinfluss (§ 24a StVG) ist also nach der Entscheidung des Gesetzgebers das Fahrverbot die regelmäßige Folge. Mithin hat der Tatrichter einen geringeren Ermessensspielraum als bei Verstößen gegen § 24 StVG. Das zu verhängende Fahrverbot ist in den Fällen des § 24a StVG vielmehr (eher) angemessen nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfG DAR 1996, 196). Für ein Absehen vom Fahrverbot besteht danach in der Regel kein Raum, mit der Folge, dass der Tatrichter in seiner Entscheidung auch nicht ausdrücklich zum Ausdruck bringen muss, dass er sich dieser ihm grundsätzlich eingeräumten Möglichkeit bewusst gewesen ist (vgl. OLG Hamm 2. Senat für Bußgeldsachen 2 Ss OWi 787/01 Beschluss vom 06.09.2001, BGHSt 38, 125).

III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 StPO in Verbindung mit § 79 Abs. 3 OWiG.


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