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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 1 Ss 183/01 OLG Hamm

Leitsatz: 1. Zur ausreichenden Begründung der Verfahrensrüge ist die konkrete Behauptung eines Verfahrensverstoßes erforderlich; Abgrenzung der Verfahrensrüge von der bloßen Protokollrüge.
2. Zur Sorgfaltspflichtverletzung eines Hundehalters

Senat: 1

Gegenstand: Revision

Stichworte: Verfahrensrüge, Protokollrüge, ausreichende Begründung

Normen: StPO 344; StGB 230

Beschluss: Urteil Strafsache
gegen H.B,
wegen fahrlässiger Körperverletzung.

Auf die Sprungrevision der Angeklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Werl vom 13. Dezember 2000 hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm in der Sitzung vom 06.06.2001, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht
als Vorsitzender,
Richter am Oberlandesgericht und Richter am Oberlandesgericht
als beisitzende Richter,
Staatsanwalt
als Vertreter der Generalstaatsanwaltschaft
Justizangestellte
als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
für Recht erkannt:

Die Revision der Angeklagten wird als unbegründet verworfen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Angeklagten auferlegt.

Gründe:
Das Amtsgericht Werl hat die Angeklagte in der Sitzung vom 13. Dezember 2000 wegen fahrlässiger Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 10 Tagessätzen zu je 100,00 DM verurteilt.

Sodann hat das Amtsgericht zusammenfassend festgestellt, dass die Angeklagte, die nähere Angaben zu ihren Vermögensverhältnissen nicht gemacht hat, oder ihr Ehemann Inhaber der Firma B. Leuchten in Niederense sei. Außerdem sei die Angeklagte Halterin zweier ausgewachsener Schäferhunde. Am 21. Juli 2000 habe sie diese beiden Hunde auf dem Gelände der Firma B. Leuchten auf einer Wiese nicht angeleint ausgeführt, nachdem sie dies dem Zeugen O., der sich auf dem Gelände befunden habe, durch Zuruf angekündigt habe. Als die Hunde auf den Zeugen zustürzten und ihn beschnüffelten, habe die Angeklagte die Hunde zurückgerufen. Dem seien diese zunächst auch gefolgt. Danach sei einer der Hunde auf den Zeugen O. zugelaufen, habe ihn angesprungen und ihm seine Vorderpfoten auf den Rücken gelegt. Der deswegen erschrockene Zeuge habe versucht, die Ladefläche seines LKWs zu erklettern, um sich vor dem Hund in Sicherheit zu bringen, wobei der Hund den rechten Oberschenkel des Zeugen gefaßt habe, ohne zuzubeißen. In seinem Bemühen, vor dem Hund zu flüchten, habe sich der Zeuge bei dem Versuch, den LKW zu erklimmen, an einem Metallteil des Fahrzeugs den Kopf verletzt. Wegen dieser stark blutenden Platzwunde sei er nach einer Erstversorgung mehrere Tage stationär im Krankenhaus behandelt worden.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die in zulässiger Weise erhobene Revision der Angeklagten, mit der sie unter näheren Ausführungen die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt.

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

Mit der Verfahrensrüge hat die Angeklagte zunächst geltend gemacht, dass der Zeuge O. der deutschen Sprache ersichtlich nicht ausreichend mächtig gewesen und in Anwesenheit einer Dolmetscherin vernommen worden sei. Dem Protokoll der Hauptverhandlung sei aber nicht zu entnehmen, dass die anwesende Dolmetscherin gemäß § 189 Abs. 1 GVG vereidigt worden sei oder sich gemäß § 189 Abs. 2 GVG auf einen allgemein geleisteten Eid berufen habe.

Die damit erhobene Verfahrensrüge genügt nicht den an diese gemäß § 344 Abs. 2 StPO zu stellenden strengen Anforderungen. Zu einer ordnungsgemäß erhobenen Verfahrensrüge gehört die bestimmte positive Behauptung, der geltend gemachte Fehler sei tatsächlich geschehen. Daran fehlt es hier. Die Angeklagte hat sich in ihrer Revisionsrechtfertigung letztlich allein darauf berufen, dass die Vereidigung der Dolmetscherin "dem gesamte Protokoll der Hauptverhandlung" nicht zu entnehmen sei. Damit hat sie jedoch lediglich den Inhalt des Protokolls gerügt, nicht aber - wie für die Verfahrensrüge erforderlich - die konkrete Behauptung aufgestellt, dass dieser wesentliche Vorgang in der Hauptverhandlung tatsächlich nicht erfolgt ist. Der Revisionsvortrag läßt vielmehr die Möglichkeit offen, dass die Vereidigung zwar erfolgt und nur versehentlich nicht beurkundet worden ist. Damit ist die Rüge nicht ordnungsgemäß erhoben, denn nicht das Schweigen des Sitzungsprotokolls über einen wesentlichen Vorgang, sondern nur dessen konkretes Unterbleiben in der Hauptverhandlung ist der Verfahrensfehler, auf den sich die Revision stützen kann. Deshalb kommt es in diesem Zusammenhang auf die Aufnahme oder Nichtaufnahme einer bestimmten Tatsache in das Protokoll nicht an.

Das angefochtene Urteil beruht allein auf den Vorgängen in der Hauptverhandlung, nicht auf deren Niederschrift. Die Rechtsprechung hat deshalb stets sogenannten Protokollrügen die Beachtung versagt (BGHSt 7, 162 m.w.N.; Löwe-Rosenberg-Hanack, StPO, 25. Aufl., § 344 Rdnr. 86).

Auch die im Übrigen von der Angeklagten vorgetragenen Verfahrensrügen genüge nicht den im Revisionsverfahren erforderlichen Anforderungen, weil sie sich gleichfalls in unzulässigen Protokollrügen erschöpfen. Soweit sich die Angeklagte darauf beruft, dass mehrere vom Amtsrichter getroffene tatsächliche Feststellungen sich nicht aus dem Protokoll der Hauptverhandlung ergeben, gilt das Vorstehende entsprechend: Zur Ausführung der Rüge, einzelne Feststellungen seien nicht aus dem Inbegriff der Hauptverhandlung gewonnen worden, kann nicht allein auf den Protokollinhalt verwiesen werden. Dies gilt umso mehr, als bezüglich der Einlassung der Angeklagten und den Aussagen der Zeugen - abgesehen vom Fall des § 273 Abs. 3 StPO - nur ein Inhaltsprotokoll geführt wird, das nicht sämtliche Aussageteile erlassen muss und deshalb auch nicht beweiskräftig ist.

Die vom Tatrichter getroffenen Feststellungen über die Ergebnisse der Beweisaufnahme sind deshalb - auch wenn diese sich nicht unmittelbar aus dem Wortlaut des Protokolls ergeben - für das Revisionsgericht bindend, denn es ist nicht auszuschließen, dass die von der Revision angegriffenen Feststellungen sich aus nicht protokollierten Aussagen der Angeklagten oder der Zeugen der Hauptverhandlung ergeben haben.

Insbesondere ist dem Revisionsgericht eine Rekonstruktion der allein dem Tatrichter vorbehaltenen Beweisaufnahme verwehrt.

Auch die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts hat keinen Erfolg. Soweit mit der Sachrüge zunächst Fehler in der Beweiswürdigung geltend gemacht werden, greift die Rüge gleichfalls nicht durch.

Zwar wägt das Amtsgericht zwischen den einzelnen Beweismitteln nicht ausdrücklich ab. Dem Zusammenhang der Urteilsgründe ist aber zu entnehmen, dass das Amtsgericht die vernommenen Zeugen für glaubwürdig hält und deshalb deren Aussagen den Feststellungen zugrunde gelegt hat. Dies konnte das Gericht umsomehr tun, als diese Aussagen der Einlassung der Angeklagten nicht entgegen standen.

Soweit die Revision in diesem Zusammenhang darauf verweist, dass sich aus der Wiedergabe der Zeugenaussagen und der Einlassung der Angeklagten im Urteil nicht alle Feststellungen ergeben, die Grundlage der rechtlichen Bewertung geworden sind, so ist dem entgegen zu halten, dass die Darstellung der Aussagen nicht in allen Einzelheiten vollständig sein muss. Denn die Beweiswürdigung dient nicht dazu, für alle Sachverhaltsfeststellungen einen Beleg zu erbringen (Kleinknecht/Meyer-Goßner, 44. Aufl., Rnr. 12 zu § 267).

Einer Erörterung hätte es nur dann bedurft, wenn die Angeklagte wesentliche Umstände bestritten hätte.

Auch die Angriffe gegen die Annahme einer Sorgfaltspflichtverletzung durch die Angeklagte greifen nicht durch. Die Angeklagte war als Halterin der Hunde für das Verhalten dieser Tiere verantwortlich. Den damit verbundenen Sorgfaltsanforderungen hat die Angeklagte nur unzureichend genügt, weil sie damit rechnen musste, dass fremde - sich mit ihrem Wissen berechtigt auf dem Grundstück aufhaltende - Personen bereits durch das Heranlaufen und Anspringen in Panik geraten und sich bei einem Fluchtversuch Verletzungen zuziehen konnten. Die im übrigen vom Amtsgericht herangezogenen Erwägungen zur Begründung eines fahrlässigen Verhaltens der Angeklagten sind nicht zu beanstanden. Auf sie wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen. Hieran vermag das Vorbringen der Revision, die insoweit zu großen Teilen von einem anderen als dem festgestellten Sachverhalt ausgeht, nichts zu ändern.

Soweit hinsichtlich der Strafzumessung gerügt wird, dass die Angeklagte über keinen Unterhaltsanspruch in Höhe von 3.000,00 DM verfüge, nachdem ihr Ehemann die eidesstattliche Versicherung abgegeben habe, kann auch dieses, sich nicht aus dem Urteil ergehende Vorbringen im Revisionsverfahren nicht mehr berücksichtigt werden. Nach den Feststellungen des Amtsgerichts hat die Angeklagte keine konkreten Angaben zu ihren Vermögensverhältnissen gemacht, sondern sich lediglich als Unternehmerin oder Ehefrau eines Unternehmers dargestellt. Die daraufhin vorgenommene Schätzung des Amtsgerichts ist nicht zu beanstanden. Sie entspricht zumindest durchschnittlichen Einkommensverhältnissen einer vergleichbaren Bevölkerungsgruppe.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 1 StPO.


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