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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 2 Ws 155/01 OLG Hamm

Leitsatz: Zur Anrechnung von in anderer Sache erlittenen Untersuchungshaft.

Senat: 2

Gegenstand: Beschwerde

Stichworte: Anrechnung von in anderer Sache erlittene Untersuchungshaft; verfahrensfremde Untersuchungshaft, innerer Zusammenhang, Strafzeitberechnung

Normen: StGB 51

Beschluss: Strafsache gegen F.C.
wegen Diebstahls (hier: Strafzeitberechnung - Anrechnung von in anderer Sache erlittener Untersuchungshaft).

Auf die sofortige Beschwerde des Verurteilten vom 7. Juni 2001 gegen den Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Hagen vom 22. Mai 2001 hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 12.07.2001 durch den Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und die Richterin am Landgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Die in dem Verfahren 512 Js 231/98 StA Hagen vom 1. April 1998 bis zum 30. September 1998 erlittene Untersuchungshaft ist auf die im vorliegenden Verfahren verhängte Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten anzurechnen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der insoweit entstandenen notwendigen Auslagen des Verurteilten trägt die Staatskasse.

Gründe:

Der Beschwerdeführer ist im vorliegenden Verfahren durch seit dem 23. März 2001 rechtskräftiges Urteil des Amtsgerichts - erweitertes Schöffengericht - in Hagen vom 3. November 2000 wegen "gemeinschaftlichen Diebstahls im besonders schweren Fall in drei vollendeten und zwei versuchten Fällen, wegen Hehlerei in zwei Fällen und wegen Urkundenfälschung in zwei Fällen" zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt worden. Diese Strafe verbüßt er derzeit in der Justizvollzugsanstalt Schwerte seit dem Tage der Rechtskraft des Urteils, nachdem er sich zuvor bereits seit dem 15. Mai 2000 in Untersuchungshaft befunden hatte.

Die Taten hat der Beschwerdeführer zwischen dem 29. Februar und dem 15. Mai 2000 begangen.

Bereits im Jahr 1998 war gegen den Verurteilten das Ermittlungsverfahren 512 Js 231/98 StA Hagen anhängig. In jenem Verfahren hatte er sich in der Zeit vom 1. April bis zum 30. September 1998 aufgrund eines Haftbefehls des Amtsgerichts Hagen in Untersuchungshaft befunden. Das Verfahren wurde schließlich durch die Staatsanwaltschaft Hagen am 25. August 2000 gem. § 154 Abs. 1 StPO im Hinblick auf das vorliegende Verfahren, welches später zu der Verurteilung vom 3. November 2000 geführt hat, eingestellt. Insoweit hatte der Beschwerdeführer zuvor auf eine Haftkostenentschädigung verzichtet.

Den Antrag des Verurteilten auf Anrechnung der in dem Verfahren 512 Js 231/98 StA Hagen erlittenen Untersuchungshaft auf die Strafe des vorliegenden Verfahrens hat zunächst die Staatsanwaltschaft mit Verfügung vom 6. April 2001 und sodann die Strafvollstreckungskammer durch den angefochtenen Beschluss abgelehnt.

Zu der hiergegen gerichteten sofortigen Beschwerde des Verurteilten hat die Generalstaatsanwaltschaft u.a. wie folgt Stellung genommen:

"Die gem. §§ 458 Abs. 1, 462 Abs. 3 StPO, § 51 StGB statthafte und gem. § 311 Abs. 2 StPO fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde ist zulässig. Sie hat auch in der Sache Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses.

Die Freiheitsentziehung, die der Verurteilte für das Verfahren 512 Js 231/98 StA Hagen erlitten hat, ist gem. § 51 StGB auf die in diesem Verfahren verhängte Freiheitsstrafe anzurechnen. Die Anrechnung sogenannter verfahrensfremder Untersuchungshaft auf eine in anderer Sache erkannte Strafe ist durch eine weite Auslegung der Vorschrift des § 51 Abs. 1 StGB nach den Beschlüssen des Bundesverfassungsgerichts vom 28.09.1998 - 2 BvR 2232/94 - (NStZ 1999, 24 f.) und vom 07.11.1998 - 2 BvR 2535/95 - (NStZ 1999, 125 f.) im Hinblick auf Art. 2 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. Art. 3 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich geboten. Die 2. Kammer des 2. Senats des Bundesverfassungsgerichts weist in diesen Beschlüssen auf den Beschluss des Bundesgerichtshofes vom 26.06.1997 (BGHSt 43, 112 ff. = NStZ 1998, 134 ff.) hin, wonach nach der gesetzlichen Anrechnungsregel des § 51 Abs. 1 StGB erforderlich sei, dass zwischen den Strafverfolgungen hinsichtlich der die Untersuchungshaft auslösenden Tat und der Tat, die der Verurteilung zugrunde liege, ein Zusammenhang bestanden haben müsse oder zwischen ihnen ein irgendwie gearteter sachlicher Bezug vorhanden gewesen sei.

Die Anrechnungsvoraussetzungen lägen auch dann vor, wenn das die vorläufige Freiheitsentziehung betreffende Verfahren formal von dem anderen zur Verurteilung führenden Verfahren getrennt geführt worden sei, die vorläufige Freiheitsentziehung in dem einen Verfahren sich aber auf den Gang oder den Abschluss des anderen Verfahrens konkret ausgewirkt habe.

Es liege nahe, die Voraussetzungen einer solchen funktionalen Verfahrenseinheit vor allem in den Fällen anzunehmen, in denen das Verfahren, für das Untersuchungshaft verbüßt worden sei, nach § 154 StPO im Hinblick auf das mit einer Verurteilung endende Verfahren eingestellt worden sei oder in denen sich eine formal verfahrensfremde vorläufige Freiheitsentziehung auf ein anderes Verfahren in sonstiger Weise verfahrensnützlich ausgewirkt habe.

Diesen Anforderungen wird der angefochtene Beschluss insbesondere deshalb nicht gerecht, weil in ihm nicht berücksichtigt worden ist, dass das Verfahren, in dem der Verurteilte die Untersuchungshaft erlitten hat, im Hinblick auf die Strafe eingestellt worden ist, auf die der Verurteilte die Anrechnung begehrt. Hinzu kommt, dass eine in jener Sache gegebenenfalls zu erwartende Strafe mit der in vorliegender Sache verhängten Strafe gesamtstrafenfähig gewesen wäre und die dem Verurteilten in jenem Verfahren vorgeworfenen Taten bei der Strafzumessung in vorliegender Sache starfschärfend berücksichtigt worden sind (zu vgl. Bl. 32 d. VH).

Entgegen den Ausführungen in dem angefochtenen Beschluss kann auch die Regelung des Gesetzes über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen keinen stichhaltigen Grund gegen die Anwendung des § 51 Abs. 1 StGB bieten (zu vgl. BVerfG NStZ, 1999, 24 f.; 1999, 125 f.)."

Diesen zutreffenden Ausführungen tritt der Senat nach eigenständiger Prüfung bei, zumal der vorliegende Sachverhalt mit demjenigen, welchen das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 28. September 1998 zu beurteilen hatte, nahezu deckungsgleich ist, auch bezüglich des zuvor erklärten Verzichts auf eine Haftkostenentschädigung.

Danach war der angefochtene Beschluss aufzuheben und wie geschehen zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung folgt aus entsprechender Anwendung der §§ 473 u. 467 StPO.


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