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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 2 Ss OWi 541/98

Leitsatz: 1. Zu den Anforderungen an die Beweiswürdigung im tatrichterlichen Urteil.
2. Es ist daran festzuhalten, daß dem amtsgerichtlichen Urteil zu entnehmen sein muß, daß der Tatrichter sich der Möglichkeit bewußt gewesen sein muß, gegen eine Erhöhung der Regelgeldbuße von einem Regelfahrverbot absehen zu können.

Senat: 2

Gegenstand: OWi

Stichworte: Beweiswürdigung, Darstellung, Fahrverbot, Bewußtsein, absehen zu können, Auseinandersetzung von Zeugenaussagen, bloße Wiedergabe von Zeugenaussagen, Möglichkeit

Normen: StPO 261, StPO 267

Fundstelle: VRS 95, 263

Beschluss: OLG Hamm, Beschluß vom 03.06.1998
- Seite 264 -
I. Das AG hat gegen den Betr. wegen eines fahrlässigen Verstoßes gegen die §§ 18 Abs. 7, 49 StVO, 24 StVG eine Geldbuße von 300 DM festgesetzt und außerdem ein Fahrverbot von einem Monat verhängt. Hiergegen wendet sich der Betr. mit seiner Rechtsbeschwerde, mit der er insbesondere geltend macht, die vom AG vorgenommene Beweiswürdigung sei lückenhaft. Die GeneralStA hat beantragt, die Rechtsbeschwerde zu verwerfen.
II. Zunächst: Die Frage, ob nach Einfügung des § 80 a OWiG durch das am 01.03.1998 in Kraft getretene Gesetz zur Änderung des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten und anderer Gesetze vom 26.01.1998 (BGBl I S 156, 340) bei Verhängung einer nichtvermögensrechtlichen Nebenfolge (hier: Fahrverbot) der Bußgeldsenat mit drei Richtern oder nur mit einem Richter als Einzelrichter besetzt ist, ist umstritten (vgl. den Vorlagebeschluß des Senats vom 13.03.1998 - 2 Ss OWi 257/98 - ZAP EN-NR 269/98, siehe auch OLG Köln NZV 1998, 165, gegen den Beschluß des 2. Senats für Bußgeldsachen des BayObLG vom 02.03.1998 - 2 ObOWi 48/98; vgl. ferner OLG Düsseldorf NZV 1998, 215).
Im Interesse einer weiterhin sachgerechten und zügigen Bearbeitung von Verfahren der vorliegenden Art empfiehlt sich nicht deren Zurückstellung bis zu einer Entscheidung des BGH. Vielmehr hat der Senat - in Übereinstimmung mit den anderen Senaten für Bußgeldsachen des hiesigen OLG der Auffassung des BayObLG (zunächst) folgend - in der Besetzung mit drei Richtern entschieden. Dadurch ist der Betr. vorliegend nicht beschwert, da dies hier angesichts der Einstimmigkeit der Entscheidung (§ 349 Abs. 2 StPO i.V.m. § 79 Abs. 3 OWiG) in der Sache zu keinem anderen Ergebnis führen konnte. An der Entscheidung ist nämlich auch der ansonsten in den Fällen des § 80 a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 OWiG, in denen eine Übertragung auf den mit drei Richtern besetzten Senat nach Absatz 3 dieser Vorschrift nicht in Betracht kommt, zuständige Einzelrichter beteiligt gewesen.
III. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig und hat auch in der Sache teilweise - zumindest vorläufig - Erfolg.
1. Soweit mit der Sachrüge geltend gemacht wird, die tatrichterliche Beweiswürdigung sei rechtsfehlerhaft, weil lückenhaft, hat die Rechtsbeschwerde - im Ergebnis - keinen Erfolg und war - insoweit entsprechend dem Antrag der GeneralStA - zu verwerfen.
Der Senat weist allerdings darauf hin, daß sich aus den §§ 261, 267 StPO die Verpflichtung des Tatrichters ergibt, die in der Hauptverhandlung erhobenen Beweise zu würdigen. Er hat eine Gesamtwürdigung aller in der Hauptverhandlung festgestellten Tatsachen vorzunehmen (vgl. dazu im einzelnen Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 43. Aufl., § 267 Rdn 12 mit weiteren Nachweisen). Nicht ausreichend ist es, wenn nur die Einlassung des Betr. und/oder die von Zeugen in der Hauptverhandlung gemachten Angaben wiedergegeben werden. Eine solche Darstellung enthält keine Auseinandersetzung mit den erhobenen Beweisen, sondern gibt nur das Ergebnis der Beweisaufnahme inhaltlich wieder. Auch muß das Tatgericht dartun, warum es z.B. den Angaben von Zeugen und nicht der Einlassung des Angekl. folgt. Entsprechendes gilt, wenn der Tatrichter einem oder mehreren Zeugen folgt, anderen hingegen nicht, weil er ihre Angaben als unglaubhaft oder die Zeugen als unglaubwürdig ansieht. Anderenfalls ist für das Rechtsbeschwerdegericht nämlich nicht nachvollziehbar, weshalb das Tatgericht von dem von ihm festgestellten Sachverhalt ausgeht.
Es erscheint, worauf die Rechtsbeschwerde zutreffend hinweist, fraglich, ob das angefochtene Urteil diesen Anforderungen gerecht wird. Der Tatrichter hat nämlich zunächst seinen - guten - persönlichen Eindruck von den Polizeibeamten, der dazu geführt hat, daß es deren Angaben und nicht der Einlassung des Betr. und den Angaben der übrigen Zeugen gefolgt ist, nicht dargelegt. Auch hätte es angesichts des Umstands, daß die die Einlassung des
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Betr. bestätigenden Zeugen "nur" kommissarisch vernommen worden sind, grundsätzlich näherer Darlegungen bedurft, wenn das AG deren Angaben als "Lügen" bewerten wollte. Schließlich dürften Ausführungen, die dem Rechtsbeschwerdegericht eine Nachprüfung ermöglicht hätten, dafür fehlen, warum die die Einlassung des Betr. bestätigenden Zeugen am Ausgang des Verfahrens interessiert sind.
Die vorgenannten Mängel der amtsgerichtlichen Beweiswürdigung führen vorliegend jedoch nicht zur Aufhebung auch des Schuldspruchs des angefochtenen Urteils. Die Einlassung des Betr. machte hier ausnahmsweise die entsprechenden Ausführungen entbehrlich. Der Betr. hat sich gegenüber dem ihm gemachten Vorwurf dahin eingelassen, daß er von den Polizeibeamten E und W zunächst aufgefordert worden sei, seinen Pkw ein Stück zurückzusetzen. Erst als er das getan habe, hätten die Polizeibeamten ein Verwarnungsgeld von ihm verlangt. Diese Einlassung, die von den dem Betr. bekannten Zeugen bestätigt worden ist, erscheint dem Senat - insbesondere auch unter Berücksichtigung der Angaben des Zeugen S - so unglaubhaft, daß ein näheres Eingehen auf die o.a. Fragen hier ausnahmsweise entbehrlich erschien.
2. Die Rechtsbeschwerde hat jedoch hinsichtlich des Schuldspruchs vorläufig Erfolg.
Allerdings ist die vom AG festgesetzte Geldbuße von 300,- DM nicht zu beanstanden. Sie entspricht der Regelbuße der BußgeldkatalogVO. Zutreffend ist das AG davon ausgegangen, daß Gründe, um von dieser abzuweichen, nicht erkennbar sind.
Das gegen den Betr. ebenfalls verhängte Fahrverbot kann jedoch keinen Bestand haben. Nicht zu beanstanden ist allerdings insoweit, daß das AG nach den bislang von ihm getroffenen Feststellungen nicht wegen Vorliegens einer "besonderen Härte" von der Verhängung des Fahrverbots abgesehen hat. Eine solche ist nämlich nicht erkennbar. Auch die Rechtsbeschwerde macht eine "besondere Härte" nicht geltend.
Das amtsgerichtliche Urteil läßt jedoch nicht erkennen, ob der Tatrichter sich der Möglichkeit bewußt gewesen ist, von der Verhängung des an sich verwirkten Regelfahrverbots bei gleichzeitiger Erhöhung der Regelgeldbuße absehen zu können. Dazu muß das Urteil nach ständiger Rechtsprechung des Senats aber Ausführungen enthalten (vgl. dazu nur aus jüngster Zeit Beschlüsse des Senats vom 19.05.1998 - 2 Ss OWi 553/98 mit weiteren Nachweisen und vom 22.05.1998 - 2 Ss OWi 506/98). An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest. Da hier auch aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe, was ggf. ausreichen würde, Entsprechendes nicht entnommen werden kann, war das angefochtene Urteil - wegen des Zusammenhangs zwischen Geldbuße und Fahrverbot insgesamt - im Rechtsfolgenausspruch aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das AG, das auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde zu befinden haben wird, zurückzuverweisen.


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