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RVG Entscheidungen

§ 51

Vorschuss auf eine Pauschgebühr

Gericht / Entscheidungsdatum: KG, Beschl. v. 16. 08. 2005, 4 ARs 26 u. 27/05

Fundstellen:

Leitsatz: 1. Für die Bewilligung eines Vorschusses auf eine demnächst zu gewährende Pauschgebühr nach § 51 Abs. 1 Satz 4 RVG ist auf die Kriterien abzustellen, die die Rechtsprechung zum Vorschuss auf eine Pauschgebühr unter Geltung der BRAGo entwickelt hat.
2. Zu den Voraussetzungen für die Bewilligung eines Vorschusses auf eine Pauschgebühr.


Kammergericht
Beschluss
4 ARs 26 und 27/05
(535) 69 Js 45/03 KLs (3/04}
In der Strafsache gegen S. und andere
hier nur gegen R.
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u. a.
hat der 4. Strafsenat des Kammergerichts in Berlin
am 16. 08. 2005 beschlossen:

Die Anträge der Pflichtverteidiger, Rechtsanwalt S. und Rechtsanwalt W. auf Bewilligung von Vorschüssen auf zu erwartende Pauschgebühren werden z u r ü c k g e w i e s e n .

Gründe:
I dem, bei dem Landgericht Berlin- Schwurgerichtskammer - anhängigen Strafverfahren wegen unerlaubten Handeltreibens ~alt Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u. a. sind die Antragsteller dem Angeklagten R. nach Anklageerhebung am 25. August 2004 als Pflichtverteidiger beigeordnet worden. Die Hauptverhandlung in dem am 27. September 2004 eröffneten Hauptverfahren wird seit dem 1. Juni 2005 gegen fünf Angeklagte durchgeführt und hat bislang an zehn Verhandlungstagen stattgefunden. Nach den dem Senat vorliegenden Unterlagen hat Rechtsanwalt W. bereits entstandene gesetzliche Gebühren in Höhe von 484,-- Euro und Rechtsanwalt S. von 758,-- Euro erhalten.
Die Anträge der Pflichtverteidiger, ihnen auf später zu erwartende Pauschgebühren gemäß § 51 Abs. 3 Satz 4 RVG Vorschüsse in Höhe von jeweils 10.000,-- Euro zu bewilligen, haben keinen Erfolg _

1. Es ist das R'VG anwendbar, denn die Antragsteller sind nach dem Inkrafttreten des RVG--, als Pflichtverteidiger beigeordnet worden {vgl. Senat, Beschluss vom 10. März 2005 - 4 Ws 17/05 - m.w.Nachw.).

2. Mit der Einführung des § 51 Abs. 1 Satz 4 in das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz ist eine Regelung über die Bewilligung eines Vorschusses auf eine später zu erwartende Pauschgebühr aufgenommen worden. Eine solche Bestimmung enthielt die Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung nicht. Der Senat hat jedoch in ständiger Rechtsprechung Abschlagszahlungen auf künftig zu bewilligende Pauschvergütungen in Ausnahmefällen anerkannt; dies unter der Voraussetzung, dass die künftige Bewilligung hinreichend wahrscheinlich war und es dem Pflichtverteidiger nicht zuzumuten war, außergewöhnliche Arbeitsleistungen für längere Zeit ohne Vergütung zu erbringen, wobei der Verteidiger auf die Möglichkeit verwiesen wurde, nach den §§ 97 Abs. 4, 127 BRAGO einen Vorschuss auf die bereits entstandenen Gebühren zu verlangen, der eine ansonsten möglicherweise bestehende Unzumutbarkeit ausgleichen konnte. Die Gewährung eines Vorschusses kam nur in Extremfällen in Betracht, in denen der Rechtsanwalt infolge des außergewöhnlichen Umfangs seiner Pflichtverteidigertätigkeit eine sehr lange Zeit- an der Ausübung seiner weiteren beruflichen Tätigkeit weitgehend gehindert war und die Versagung von Teilzahlungen auf eine voraussichtliche spätere Pauschvergütung als eine unzumutbare Härte für den Verteidiger erscheinen musste (vgl. etwa Beschluss vom 29. Dezember 1999 - 4 ARs 92199-). Auch nach der Neuregelung ist dem Rechtsanwalt ein angemessener Vorschuss zu bewilligen, wenn ihm insbesondere wegen der langen 'Verfahrensdauer und der Höhe der zu erwartenden Pauschgebühr nicht zugemutet werden kann, die Festsetzung der Pauschgebühr abzuwarten. Das Gesetz knüpft danach die Bewilligung eines Vorschusses an dieselben Voraussetzungen, die der Senat in seiner Rechtssprechung bereits aufgestellt hat.

3. Unter Beachtung der genannten Kriterien kommt ein Vorschuss nur in Betracht, wenn im Rahmen einer Gesamtschau die Bewilligung der Pauschgebühr mit Sicherheit zu erwarten ist (vgl. Hartmann, Kostengesetze 35. Aufl., § 51 RVG Rdn. 37)1. Nach § 51 Abs. 1 Satz 1 RVG ist Voraussetzung für die Bewilligung der Pauschgebühr, dass die Strafsache besonders umfangreich oder besonders schwierig ist und die in den Teilen 4 bis 6 des Vergütungsverzeichnisses bestimmten gesetzlichen Gebühren nicht zumutbar sind. Das ist hier nicht der Fall_

Es trifft allerdings zu, dass die Sache umfangreich ist. Denn das Verfahren richtet sich gegen 5 Angeklagte, denen mehrere Taten zur Last gelegt werden. Zweifellos ist auch bei einem Verfahren mit 34 Bänden Akten zuzüglich Beiakten nicht von einem durchschnittlichen Verfahren auszugehen. Angesichts dessen aber, dass bereits im Juli 2004 Anklage erhoben und die Verteidiger am 25, August 2004 dem Angeklagten beigeordnet wurden, die Hauptverhandlung jedoch erst am 1. Juni 2005 begann, stand ihnen eine ungewöhnlich lange Zeit zur Verfügung, sich in die Sache einzuarbeiten. Dieser Zeitraum ließ den Antragstellern genügend Spielraum, andere Mandate zu, übernehmen, so dass die Ratio des Gesetzes, wonach dem Verteidiger durch seine Inanspruchnahme in einem besonders umfangreichen oder besonders schwierigen Verfahren kein Sonderopfer zugemutet werden soll, insoweit jedenfalls hier nicht greift und die Bewilligung einer Pauschgebühr wegen des Umfanges der Akten nicht zu erwarten ist.

Gewisse Erschwernisse könnten sich daraus ergeben, dass sich die zu langjährigen Strafen verurteilten Belastungszeugen A. und M. in den Niederlanden in Haft befinden und sich auch von der Staatsanwaltschaft benannte Zeugen in den Niederlanden aufhalten. Ob die Zeugen A. und M. auf Grund der vorliegenden Rechtshilfeersuchen sowie die übrigen Zeugen, sofern sie benötigt werden; in Deutschland vernommen werden können, ist ungewiss. Deshalb ist zumindest insoweit auch die zukünftige Gestaltung der Hauptverhandlung nicht vorhersehbar. Die weitere Beweisaufnahme wird erst ergeben, ob die Antragsteller umfangreiche Verfahrensund Beweisanträge sowie umfangreiche Plädoyers vorbereiten müssen. Der diesbezügliche Vortrag der Verteidiger beruht auf Mutmaßungen, aus denen sich zu Gunsten der erstrebten Vorschüsse nichts herleiten lässt. Dies gilt auch für die Tatsache, dass 43 Hauptverhandlungstage terminiert sind. Denn es kommt nicht nur auf das Aussageverhalten der Angeklagten, sondern vor allem auf das der beiden Belastungszeugen an. Der Fortgang der Hauptverhandlung ist demzufolge nicht abzusehen.

Im Übrigen ist - erfahrungsgemäß - zu erwarten, dass nicht den gesamten Tag verhandelt wird, so dass sich die Verteidiger anderen Geschäften zuwenden können. Die Behauptung der Antragsteiler, durch einen Verhandlungstag gehe ein Arbeitstag verloren, entspricht im Hinblick auf die nunmehr unterschiedlich normierten Terminsgebühren nicht der Auffassung des Gesetzgebers. Dieser geht vielmehr von einer üblichen Verhandlungsdauer von fünf Stunden aus, bei der ohne die Möglichkeit weiterer anwaltlicher Tätigkeit besteht.

Der Senat bleibt bei seiner Auffassung, dass der Umstand, sich mit dem Angeklagten mit Hilfe eines Dolmetschers verständigen zu müssen, für den Verteidiger keine besondere Erschwernis darstellt. Da in Berlin zahlreiche Ausländer leben, von denen einige straffällig werden, müssen sich auch die Verteidiger auf den Umgang mit der deutschen Sprache unkundigen Angeklagten einstellen (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. Beschluss vom 24. Juni 2004 - 4 ARs 34104 - m.w.Nachw.).

Der Senat lehnt es ab, sich näher mit dem Vorbringen der Antragsteller zu befassen, die Auseinandersetzung mit widersprechenden Zeugenaussagen stelle an die Verteidigung erhöhte Anforderungen, gehört dies doch, zumal es sich nicht um einen schwierigen Indizienprozess handelt, zu den üblichen Aufgaben eines Verteidigers im Strafverfahren. Eine besondere Schwierigkeit sieht der Senat auch nicht darin, dass sich die Antragsteller Kenntnisse im niederländischen Recht aneignen müssen. Dies erschließt sich jedenfalls nicht aus ihrem Vorbringen. Es ist auch sonst nicht ersichtlich, dass die Einarbeitung in teile des niederländischen Rechts besonders schwierig sein könnte.

Darüber hinaus ist bei der vorzunehmenden Gesamtschau- des Verfahrens entgegen dem Vorbringen der Antragsteller zu berücksichtigen, dass der Angeklagte von zwei Verteidigern vertreten wird, was - insbesondere hinsichtlich der Teilnahme an der Hauptverhandlung - zu der Möglichkeit der Arbeitsteilung führen kann.

Die Antragsteller können sich schließlich nicht auf den zusätzlichen Zeitaufwand berufen, der dadurch entstehen kann, dass einzelne Aktenbestandteile im Wege des Selbstleseverfahrens gemäß § 249 Abs. 2 StPO in die Hauptverhandlung eingeführt werden sollen. Ein Rechtsanwalt muss sich stets auf die Hauptverhandlung vorbereiten und zu diesem Zweck die Akten lesen. Deshalb kann in der Regel der durch das Selbstleseverfahren entstandene zusätzliche Zeitaufwand nicht als erheblich bewertet werden (vgl. Senat, Beschluss vom 28. November 2002 - 4 ARs 64/02 - m.w.Nachw.).

Nach alledem liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung von Pauschgebührenvorschüssen nicht vor. Es ist im Übrigen weder unbillig noch unzumutbar, die Antragsteller auf die bereits in deutlichem Umfang entstandenen gesetzlichen Gebühren zu verweisen, die sie im Vorschusswege geltend machen können.

Einsender: RA Wiens, Berlin

Anmerkung:


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