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RVG Entscheidungen

Nr. 7002 VV

Bußgeldverfahren, Rahmengebühren, Befriedungsgebühr, Festgebühr, Akenversendungspauschale, Auslagenpauschale

Gericht / Entscheidungsdatum: LG Leipzig, Beschl. v. 28.10.2010 - 5 Qs 164/10

Fundstellen:

Leitsatz: 1. In Verkehrsordnungswidrigkeitensachen sind i.d.R. nur Gebühren unterhalb der Mittelgebühr angemessen.
2. Die Gebühr Nr. 5115 VV RVG ist eine Festegbühr
3. Die Aktenversendungspauschale der Nr. 9033 KV GKG kann neben der Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG geltend gemacht werden.


Aktenzeichen: 5 Qs 164/10
Beschluss
der 5. Großen Strafkammer - Kammer für Bußgeldsachen - vom 28.10.2010
In der Bußgeldsache
gegen pp.
wegen Verkehrsordnungswidrigkeit
hier: Kostenfestsetzungsbeschwerde
1. Auf die sofortige Beschwerde vom 18.10.2010 wird der Kostenfestsetzungsbescheid der Landeshauptstadt Dresden vom 07.05.2010 unter Aufhebung des Beschlusses des Amtsgerichts Dresden vom 07.08.2010 dahingehend abgeändert, dass di der Betroffenen entstandenen notwendigen Auslagen über den zuerkannten Betrag von 190,40 Euro hinaus auf insgesamt
309,40 Euro festgesetzt werden.
2. Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens haben je zur Hälfte die Betroffene und die Staatskasse zu tragen.
Beschwerdewert: 273,80 Euro

Gründe:
I.
Die Landeshauptstadt Dresden - Ordnungsamt - setzte gegen die Betroffene durch Bußgeldbescheid vom 17.10.2007 wegen der Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften am 01.09.2009 in Dresden eine Geldbuße in Höhe von 50,00 Euro fest, die mit der Eintragung von einem Punkt im Verkehrszentralregister in Flensburg verbinden war (Az. 999943475532). Auf den hiergegen gerichteten Einspruch durch den Verteidiger der Betroffenen hat die Landeshauptstadt Dresden mit Verfügung vom 19.12.2007 das Bußgeldverfahren gegen die Betroffene eingestellt und die Kosten des Verfahrens der Stadtkasse auferlegt. Mit Kostenfestsetzungsantrag vom 29.04.2010 beantragte der Verteidiger der Betroffenen, seine notwendige Auslagen auf insgesamt 464,20 Euro festzusetzen. Dabei legte er hinsichtlich der Grundgebühr (Nr. 5100 VV RVG), der Verfahrensgebühr (Nr. 5103 VV RVG) sowie hinsichtlich der Erledigungsgebühr (Nr. 5115 VV RVG) jeweils die Mittelgebühr von 85,00 Euro und zweimal 135,00 Euro zugrunde. Außerdem beanspruchte er neben der Auslagenpauschale über 20,00 Euro die Akteneinsichtspauschale Nr. 9003 VV RVG im Wert von 12,00 Euro. Durch Kostenfestsetzungsbescheid vom 07.05.2010 setzte die Landeshauptstadt Dresden die erstattungsfähigen Kosten auf insgesamt 190,40 Euro fest. Zur Begründung führte sie in Wesentlichen aus, die Angelegenheit sei insgesamt als unterdurchschnittlich einzustufen, weshalb die geltend gemachten Gebühren jeweils nur unterhalb der hälftigen Mittelgebühr als erstattungsfähig festzusetzen seien. Ein Entgelt für die Aktenversendungspauschale in Höhe von 12,00 Euro sei nicht zu gewähren, da der Verteidiger bereits die Auslagenpauschale Nr. 7002 V; RVG geltend gemacht habe und ein Anspruch auf Erstattung der beiden Gebühren kumulativ nicht bestehe.
Auf den hiergegen gerichteten Antrag auf gerichtliche Entscheidung des Verteidigers der Betroffenen vom 14.05.2010 hat das Amtsgericht Dresden durch Beschluss vom 05.08.2010 den Antrag - im Wesentlichen mit der Begründung aus dem Kostenfestsetzungsbescheid - als unbegründet verworfen. Hiergegen legte der Verteidiger der Betroffenen unter dem 18.10.2010 unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens sofortige Beschwerde ein.

II. Die sofortige Beschwerde ist gemäß § 108 Abs. 2 Satz 2 2. Halbsatz OWiG statthaft und auch im Übrigen zulässig.

In der Sache hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg.

1. Allerdings scheint vorliegend die Bestimmung der Grund- und Verfahrensgebühr in Höhe der Mittelgebühr durch den Verteidiger nicht angemessen. Diese Gebührenbestimmung bewegt sich nicht innerhalb der zuzubilligenden Toleranzgrenze und ist daher unverbindlich.
Nach ständiger Rechtsprechung der Kammer kommt als angemessene Gebühr für die Verteidigung eines Betroffenen dem eine durchschnittliche Verkehrsordnungswidrigkeit mit geringer Bedeutung zur Last gelegt wird, grundsätzlich nicht die Mittelgebühr, sondern nur eine niedrigere Gebühr in Betracht (Beschluss vom 25.03.2004, Az. 5 Qs 103/04). Dies rechtfertigt sich daraus, dass Bußgeldsachen wegen Verkehrsordnungswidrigkeiten in ihrer Wertigkeit und Bedeutung regelmäßig beträchtlich hinter andere Bußgeldsachen einzustufen sind (ebenso LG Göttingen, Beschluss vom 05.12.2005, Az. .7 Qs 131/05; LG Magdeburg, Beschluss vom 02.08.2007, Az 28 Qs 129/07 - jeweils zitiert nach Juris). Verkehrsordnungswidrigkeiten stellen Delikte mit Massencharakter dar. Ein Vergleich mit den Bußgeldtatbeständen anderer Rechtsgebiete, etwa auf dem Gebiet des Wirtschafts-, Steuer- oder Umweltrecht zeigt, dass diese Tatbestände häufig mit erheblichen rechtlichen Schwierigkeiten und umfangreicher Sachaufklärung verbunden sind und teilweise beträchtliche Bußgelder drohen. Ohne Hinzutreten besonderer Umstände sind daher grundsätzlich nur unter den Rahmenmittelsätzen liegende Verteidigergebühren angemessen. Solche gebührenerhöhende Umstände sind vorliegend für die Betroffene nicht gegeben. Das Bußgeld lag im unteren Bereich der zu verhängenden Sanktionen. Auch die angedrohte Verhängung von einem Punkt im Verkehrszentralregister in Flensburg wirkte sich - wegen des in § 4 Abs. 3 StVG normierten Punktesystems - nicht gebührenerhöhend aus. Die Sache wies auch weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht besondere Schwierigkeiten auf. Der Verteidiger konnte sich auf die denkbar einfachste Verteidigungsstrategie des Bestreitens der Fahrereigenschaft beschränken.

Die Sachakte selbst war dünn und überschaubar.

Aufgrund dieser Gesamtumstände erscheint daher - wie es der Rechtsprechung der Kammer in vergleichbaren Fällen entspricht - eine Festsetzung der Grund- und Verfahrensgebühr in Höhe von etwa 40 % der jeweiligen Mittelgebühr angemessen.

2. Die Betroffene dringt mit ihrer Beschwerde allerdings durch, soweit die Landeshauptstadt Dresden - bestätigt durch das Amtsgericht - ihrem Verteidiger die Erledigungsgebühr nach Nr. 5115 VV RVG gekürzt hat. Diese Gebühr bestimmt sich - auch wenn die Verfahrensgebühr unterhalb der Mittelgebühr liegt -, wie sich aus dem ausdrücklichen Wortlaut der Nr. 5115 VV RVG Abs. 3 ergibt im Falle des - hier vorliegenden - Wahlanwalts nach der Rahmenmitte. Es handelt sich idS um eine Festgebühr.

3. Der Verteidiger der Betroffenen kann auch neben der verlangten Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG die Akteneinsichtspauschale Nr. 9003 VV RVG in Höhe von 12,00 Euro beanspruchen. Diese gehört nicht zu den Portokosten und ist auch nicht sonstiges Entgelt für Post- und Telekommunikationsleistungen (einhellige Meinung, vgl. Müller-Raabe RVG, Nr. 7001 Rz. 9 m.w.N.).

Hinsichtlich der verlangten Akteneinsichtspauschale ist auch weiter die Umsatzsteuer hinzuzusetzen. Die Weiterberechnung der Aktenversendungspauschale unterliegt der Umsatzsteuer. Es handelt sich nicht um einen durchlaufenden Posten bei der der Verteidiger lediglich nur die Funktion einer Mittelsperson ausübt. Der Rechtsanwalt selbst ist vielmehr gegenüber der Aktenversendungsbehörde Schuldner.

Hiernach waren die der Betroffenen zu erstattenden notwendigen Auslagen wie folgt festzusetzen:
Grundgebühr (Nr. 5100 VV RVG): 34,00 Euro
Verfahrensgebühr (Nr. 5103 VV RVG): 54,00 Euro
Erledigungsgebühr (Nr. 5115 VV RVG): 135,00 Euro
Post- und Telekommunikationspauschale
(Nr. 7002 VV RVG): 20,00 Euro
Dokumentenpauschale (Nr. 7000 VV RVG): 5,00 Euro
Akteneinsichtspauschale (Nr. 9003 VV RVG): 12,00 Euro
Zwischensumme: 260,00 Euro
19 % Umsatzsteuer (Nr. 7008 VV RVG): 49,40 Eu:o
Endsumme: 309,40 Euro

Die Kostenentscheidung beruht auf 46 Abs. 1 OWiG in Verbindung mit § 473 Abs. 4 StPO und berücksichtigt angemessen den Erfolg des Beschwerdeverfahrens.

Einsender: RA P.Fricke, Leipzig

Anmerkung:


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