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RVG Entscheidungen

§ 14 – Bußgeldverfahren

Bußgeldverfahren, Gebührenbemessung

Gericht / Entscheidungsdatum: LG Neuruppin, Beschl. v. 08.02.2010 - 16 Qs 9/10

Leitsatz: Wird ein Bußgeldverfahren wegen Geschwindigkeitsüberschreitung mit Festsetzung einer Geldbuße von 130 Euro und drei Punkten im Verkehrsregister wegen Doppelverfolgung auf Kosten der Staatskasse eingestellt und beschränkt sich die Verteidigung auf die Sichtung einer VHS-Videokassette, die Rüge der Zuständigkeit des Gerichts und die Geltendmachung des Einwands der Doppelverfolgung in zwei einseitigen Schriftsätzen, so handelt es sich gebührenrechtlich um eine weit unterdurchschnittliche Angelegenheit. Die Gebühren können demnach nicht in Höhe der Mittelgebühr festgesetzt werden. Angemessen ist vielmehr eine Festsetzung auf 50 Prozent unter der Mittelgebühr.


In pp.

Die sofortige Beschwerde des Betroffenen gegen den Beschluss des Amtsgerichts Oranienburg vom 21.12.2009 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Der Beschwerdewert beträgt 211,23 €.
Gründe:
I.
Die zentrale Bußgeldstelle der Polizei des Landes Brandenburg hat gegen den Betroffenen einen Bußgeldbescheid unter anderem wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung erlassen. Hierbei wurde eine Geldbuße in Höhe von 130,– EUR festgesetzt; es sollten drei Punkte im Verkehrszentralregister eingetragen werden. Der Betroffene hat gegen diesen Bescheid Einspruch eingelegt. Nach Abgabe durch das örtlich unzuständige Amtsgericht Neuruppin hat der Bußgeldrichter des Amtsgerichts Oranienburg das Verfahren gemäß § 206a StPO i.V.m. § 46 OWiG auf Kosten der Staatskasse wegen einer Doppelverfolgung eingestellt und eine Kostentragung der Landeskasse für die notwendigen Auslagen des Betroffenen angeordnet. Dieser Einstellung ging eine Einspruchsrücknahme des Betroffenen im Verfahren 13e OWi 121/09 vor dem Amtsgericht Oranienburg voraus.
Der Verteidiger hat daraufhin die Erstattung notwendiger Auslagen in Höhe von 615,83 € beantragt. Die Grundgebühr, die beiden Verfahrensgebühren und die Gebühr nach Nr. 5115 VV RVG für die Mitwirkung am Verfahren für eine Entbehrlichkeit der Hauprverhandlung hat er jeweils in Höbe der Mittelgebühr festgesetzt. Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 21.12.2009 die dem Betroffenen aus der Staatskasse zu erstattenden notwendigen Auslagen auf 404,60 € festgesetzt und dabei die Grundgebühr, die beiden Verfahrensgebühren und die Gebühr nach Nr. 5115 VV RVG für die Mitwirkung am Verfahren für eine Entbehrlichkeit der Hauptverhandlung jeweils 50 % unter der Mittelgebühr festgesetzt.
Gegen diese amtsgerichtliche Kostenfestsetzung richtet sich die Beschwerde des Betroffenen.
II.
Die Beschwerde des Betroffenen ist zulässig, aber unbegründet. Die Kostenfestsetzung in dem Beschluss vom 21.12.2009 erfolgte rechtmäßig.
Bei Verkehrsordnungswidrigkeiten der vorliegenden Art sind regelmäßig nur geringe Gebühren angemessen. Bei der Beurteilung der angemessenen Gebühren sind nicht nur Verkehrsordnungswidrigkeiten in Betracht zu ziehen, sondern sämtliche mögliche und tatsächlich vorkommende Bußgeldverfahren. Denn der Gebührenrahmen der Nr. 5100 VV ff. umfasst auch solche außerhalb des Verkehrsrechts anfallenden Bußgeldverfahren. Daraus folgt, dass der Gegenstand des vorliegenden Verfahrens als einfach gelagerte Verkehrsordnungswidrigkeit in Bezug auf den Gebührenrahmen grundsätzlich als unterdurchschnittlich anzusehen ist. Zum einen ist die Bedeutung des vorliegenden Ordnungswidrigkeitenverstoßes im Vergleich zu einer Vielzahl von Ordnungswidrigkeiten, die mit weit höheren Geldbußen – gemäß Nr. 5109 und 5110 VV – bis zu 5.000,00 EUR. bedroht sind und mit erheblichen persönlichen und wirtschaftlichen Nachteilen sowie mit negativen Auswirkungen auf Stellung und Ansehen des Betroffenen verbunden sein können als unter dem Durchschnitt liegend einzuordnen. Zum anderen stehen den Bußgeldverfahren wegen Verkehrsordnungswidrigkeiten auch hinsichtlich des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit eine umfangreiche Anzahl von anderen spezialgesetzlichen Bußgeldtatbeständen – etwa aus dem Umwelt-, Wirtschafts- und Steuerrecht – gegenüber, bei deren Bearbeitung häufig rechtliche Schwierigkeiten zu überwinden und umfangreiche Verfahren zur Sachaufklärung durchzuführen sind. Der mittlere Gebührenrahmen muss solchen Verfahren vorbehalten bleiben.
Nach diesen Grundsätzen war auch die vorliegende Ordnungswidrigkeit als weh unterdurchschnittlich einzuordnen.
Die Schwierigkeit und der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit war weit unterdurchschnittlich. Die Verteidigung beschränkte sich darauf, nach Sichtung einer VHS-Videokassette die örtliche Unzuständigkeit des Amtsgerichts Neuruppin gehend zu machen und den Einwand der Doppelverfolgung zu erheben. Diesen Einwand hat der Verteidiger in zwei 1-seitigen Schriftsätzen näher ausgeführt, auf die dann im weiteren Verfahrensfortgang verwiesen wurde.
Die Bedeutung der anwaltlichen Tätigkeit war ebenfalls als weit unterdurchschnittlich einzuordnen. Hierbei ist die individuelle Bedeutung des Falles für den Mandanten zu ermitteln (LG Leipzig, Beschluss vom 02.09.2008 – 6 Qs 70/08, zitiert nach juris). Dabei ist der Umstand, dass dem Betroffenen neben der Geldbuße von 130,– EUR die Eintragung von drei Punkten im Verkehrszentralregister drohte, bei der Festsetzung, der Verteidigergebühren hinreichend berücksichtigt.
Anhaltspunkte für besondere Einkommens- und Vermögensverhältnisse oder sonstige Umstände im Sinne des § 14 Abs. 1 S. 1 RVG, die zu einer durchschnittlichen Einordnung der vorliegenden Sache führen können, sind nicht ersichtlich. Alleine die durch keine weiteren Angaben hinterlegte Berufsbezeichnung des Betroffenen als Unternehmer kann hierbei bereits angesichts der Vielzahl hiervon umfasster Betätigungs- und Verdienstmöglichkeiten keine besonderen Einkommensverhältnisse begründen.
Der bei der Gebührenbemessung zu berücksichtigende Beurteilungsspielraum des Verteidigers steht der vorliegend vorgenommenen Kürzung der beantragten Gebühren nicht entgegen. Zwar findet § 14 Abs. 1 S. 4 RVG auch im Kostenfestsetzungsverfahren Anwendung, da die Staatskasse Dritter im Sinne dieser Bestimmung ist. Das Amtsgericht ist jedoch zutreffend davon ausgegangen, dass die Gebührenbestimmung des Verteidigers im Sinne des § 14 Abs. 1 S. 4 RVG unverbindlich ist. Denn neben dem Fehlen einer Begründung für die Ansetzung der Mittelgebühren weichen die von dem Verteidiger festgesetzten Gebühren um mehr als 20 % von den angemessenen Gebühren ab und sind daher auch aus diesem Grund unbeachtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 StPO.

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