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RVG Entscheidungen

§ 14 – Strafverfahren

Terminsgebühr; Bemessung

Gericht / Entscheidungsdatum: LG Detmold, Beschl. v. 7. 5. 2008, 4 Qs 19/08

Leitsatz: Liegt die Dauer der Hauptverhandlung im unterdurchschnittlichen Bereich (hier: 15 Minuten beim Amtsgericht), so rechtfertigt dies eine Herabsetzung der Terminsgebühr unter die Mittelgebühr. Außerdem können Sprachprobleme des Auftraggebers die Beauftragung eines auswärtigen Rechtsanwalts und damit die Erstattungsfähigkeit der insoweit entstehenden Mehrkosten
rechtfertigen.


4 Qs 19/08

07.05.2008
Landgericht Detmold
Beschluss
Unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses werden die dem Beschwerdeführer aus der Staatskasse zu erstattenden notwendigen Auslagen auf 1 068,23 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28. September 2007 festgesetzt.
Im Übrigen wird die Beschwerde verworfen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Beschwerdeführer auferlegt, allerdings werden die Beschwerdegebühr um 40 % ermäßigt und 40 % der notwendigen
Auslagen des Beschwerdeführers der Staatskasse auferlegt.

Gründe:
Die Staatsanwaltschaft E ermittelte gegen den Beschwerdeführer wegen Körperverletzung und versuchter Nötigung. Während des laufenden Ermittlungsverfahrens meldete sich Rechtsanwalt X aus C zu den Akten und beantragte unter dem 25. August 2006 Akteneinsicht. Die Akteneinsicht wurde ihm Ende Oktober 2006 durch die Staatsanwaltschaft mittels Übersendung der Akten in sein Büro gewährt. Mit Anklageschrift vom 17. Januar 2007 klagte die Staatsanwaltschaft den Beschwerdeführer vor dem Amtsgericht -Strafrichter- in M wegen Körperverletzung in drei Fällen, davon in einem Fall mittels eines gefährlichen Werkzeugs, und wegen versuchter Nötigung an. Mit Beschluss vom 30. Mai 2007 eröffnete das Amtsgericht das Hauptverfahren vor dem Strafrichter und bestimmte Termin zur Hauptverhandlung, und zwar zunächst auf den 28. Juni 2007. Auf einen weiteren Antrag hin wurde dem Verteidiger am 6. Juni 2007 ein weiteres Mal Akteneinsicht durch Übersendung der Ermittlungsakten gewährt. Am 31. Juli 2007 fand der erste Hauptverhandlungstermin statt, der von 11.45 Uhr bis 12.00 Uhr dauerte. In dem Termin war Rechtsanwalt X als Verteidiger erschienen. Mit Hilfe eines Dolmetschers für die türkische Sprache sagte der Beschwerdeführer zur Person und zur Sache aus, bevor das Gericht den Termin auf den 20. September 2007 vertagte, weil eine Zeugin nicht erschienen war. Der neue Hauptverhandlungstermin, in dem wieder Rechtsanwalt X als Verteidiger auftrat, endete mit dem Freispruch des Beschwerdeführers. In dem freisprechenden Urteil wurden die Kosten des Verfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers der Staatskasse auferlegt.

Mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 21. September 2007 hat der Beschwerdeführer beantragt, die ihm durch das Strafverfahren entstandenen Rechtsanwaltskosten wie folgt gegen die Staatskasse festzusetzen: Unter Berücksichtigung der Stellungnahme des Bezirksrevisors bei dem Landgericht E vom 23. Oktober 2007 hat das Amtsgericht sodann mit Beschluss vom 8. November 2007 die erstattungsfähigen notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers auf insgesamt 984,13 EUR nebst 5 % Jahreszinsen über dem Basiszinssatz seit dem 28. September 2007 festgesetzt. Zur Begründung hat das Amtsgericht dabei ausgeführt, dass die Terminsgebühr für die Hauptverhandlung am 31. Juli 2007 aufgrund der geringen Dauer des Termins auf 115,00 EUR zu reduzieren sei. Eine höhere Gebühr erscheine angesichts der tatsächlichen Terminsdauer unbillig. Die angemeldete Dokumentenpauschale sei nur im Umfang von 17,00 EUR erstattungsfähig, da für die sachgemäße Bearbeitung der Angelegenheit nur 34 Kopien erforderlich gewesen seien. Kopien der Polizeistatistik und Mehrfachkopien seien nicht erforderlich gewesen. Hinsichtlich der Fahrtkosten, des Abwesenheitsgeldes und der Aktenversendungspauschale hat das Amtsgericht die Erstattungsfähigkeit in vollem Umfang abgelehnt. Diese Kosten wären bei der Beauftragung eines Lemgoer Anwalts, also am Wohnsitz des Beschwerdeführers, nicht entstanden.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers. In der Auswahl eines Verteidigers seines Vertrauens sei er durch seine mangelnden Deutschkenntnisse eingeschränkt gewesen. Ein in M ansässiger Rechtsanwalt wäre deshalb auf die Zuhilfenahme eines Dolmetschers angewiesen gewesen, so dass dadurch höhere Kosten entstanden wären. Im Übrigen könne der Beschwerdeführer nicht auf einen Verteidiger verwiesen werden, der bei dem Amtsgericht ein eigenes Gerichtsfach unterhalte. Die beantragte Höhe der Dokumentenpauschale sei deshalb entstanden, weil der Verteidiger auf einen vollständigen Aktenauszug angewiesen gewesen sei. Dieser sei durch eine Bürokraft gefertigt worden, die nicht jede einzelne Seite auf ihre Erheblichkeit
für die Verteidigung hätte prüfen können. Bei der Bemessung der Terminsgebühr sei auch die Zeit für die Terminsvorbereitung zu berücksichtigen, die sich aufgrund der wiederholten Verschiebung des ersten Hauptverhandlungstermins länger gestaltet habe. Jedenfalls seien 150,00 EUR für die gekürzte Hauptverhandlungsgebühr angemessen.

In seiner Stellungnahme vom 28. Dezember 2007 zu der Beschwerde hat der Bezirksrevisor bei dem Landgericht E ausgeführt, dass aufgrund des bereits seit 10 Jahren in M bestehenden Wohnsitzes des Beschwerdeführers und seiner Antragstellungen bei Behörden (so etwa auf Arbeitslosengeld) die Beauftragung eines muttersprachlichen Verteidigers nicht notwendig gewesen sei. Im Übrigen decke die Terminsgebühr nicht die Vorbereitung des Verteidigers auf den Termin mit ab.

Die zulässige Beschwerde hat nur zum Teil Erfolg. Soweit sich der Beschwerdeführer gegen die Kürzung der Terminsgebühr für den Hauptverhandlungstermin am 31. Juli 2007 wendet, hat seine Beschwerde keinen Erfolg. Die von dem Amtsgericht vorgenommene Kürzung der Terminsgebühr ist nicht zu beanstanden. Ausweislich des Protokolls der Hauptverhandlung hatte der Termin lediglich eine Viertelstunde lang gedauert. Bei dieser deutlich unterdurchschnittlichen Terminsdauer ist eine höhere Gebühr als die festgesetzten 115,00 EUR nicht gerechtfertigt.

Hinsichtlich der abgesetzten Dokumentenpauschale ist die Beschwerde begründet.

Im Zeitpunkt des zweiten Gesuchs um Akteneinsicht am 4. Juni 2007 hatten die Akten einen Umfang von 55 Blatt erreicht. Die verbundenen Akten StA E 41 Js 779/06 umfassten nochmals 17 Blatt. Der Ansatz der geltend gemachten 64 Kopien ist deshalb nach Grund und Höhe nicht zu beanstanden.

Auch hinsichtlich der beantragten Fahrtkosten und des Abwesenheitsgeldes ist die Beschwerde begründet. Insoweit sind die angefallenen Kosten als ersatzfähige notwendige Auslagen anzusehen. Der angefochtene Beschluss trägt dem von dem Beschwerdeführer geltend gemachten Umstand keine Rechnung, dass bei dem Beschwerdeführer ein massives Sprachproblem vorliegt, was den Kreis der für ihn unmittelbar (ohne Hilfe eines Dolmetsches) ansprechbaren Rechtsanwälte deutlich reduziert. Aus den Akten ergibt sich (Bl. 2 d.A.), dass es bereits bei der Anzeigenaufnahme durch die Polizeibeamten aufgrund der Sprachschwierigkeiten des Beschwerdeführers nicht möglich war, mit diesem den Sachverhalt zu erörtern, so dass eine Klärung vor Ort nicht möglich war.

Ebenso ist die Beschwerde auch hinsichtlich der abgesetzten Aktenversendungspauschale begründet. Zur sachgerechten Verteidigung des Beschwerdeführers waren die Einsichtnahmen in die Akten unumgänglich. Der Aufwand für eine Einsichtnahme auf der Geschäftsstelle wäre unvertretbar hoch gewesen. Danach ergibt sich folgende Abrechnung der zu erstattenden Auslagen

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 473, 467 analog StPO.

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