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RVG Entscheidungen

Nr. 4141 VV

Befriedungsgebühr; Rücknahme der Berufung; Berufungshauptverhandlungstermin;

Gericht / Entscheidungsdatum: AG Wittlich, Beschl. v. 15. 8. 2006, 8004 Js 11520/05

Fundstellen:

Leitsatz: Die Gebühr Nr. 4141 Anm. 1 Ziff. 3 VV RVG entsteht durch Rücknahme der Berufung auch dann, wenn die Berufung zurückgenommen wird, nachdem bereits ein Berufungshauptverhandlung statt gefunden hat, in dem das Verfahren nicht erledigt worden ist.


- 8004 Js 11520105. 3 Ds -

Amtsgericht Wittlich j
BESCHLUSS
In dem Erinnerungsverfahren
gegen pp.
wegen Verg. g. Betäubungsmittelgesetz
1. Der Beschluss des Amtsgerichts Wittlich vom 19.07.2006 wird dahingehend abgeändert, dass dem Pflichtverteidiger auch die zusätzliche Gebühr VV Nr. 4141 RVG in Höhe von 216,-- EUR zu erstatten ist.
2. Das Verfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:
Durch Beschluss des Amtsgerichts Wittlich vom 19.07.2006 wurde der Antrag des Pflichtverteidigers auf Festsetzung der Pflichtverteidigervergütung gemäß VV Nr. 4141 RVG (Gebühr für die Einstellung des Verfahrens) zurückgewiesen, da ein Berufungshauptverhandlungstermin stattgefunden habe. Die Gebühr falle nur dann an, wenn die Berufung früher als zwei Wochen vor dem Termin zurückgenommen werde. Dem lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Mit Urteil des Amtsgerichts Wittlich vom 28.09.2005 wurde der Angeklagte wegen unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln sowie wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Monaten verurteilt. Gegen das Urteil wurde form- und fristgerecht Berufung eingelegt. Die erste Berufungsverhandlung fand am 28.11.2005 vor dem Landgericht Trier statt. Nach umfangreicher Beweisaufnahme deutete die Staatsanwaltschaft an, dass eine erneute Strafaussetzung zur Bewährung ihrer Meinung nach nicht mehr in Betracht käme. Allenfalls sei eine Strafzurückstellung gem. § 35 BtMG bei entsprechenden Maßnahmen seitens des Angeklagten denkbar. Allerdings müsse der Angeklagte in Vorlage treten und mitteilen, dass eine stationäre Therapie unmittelbar bevorstehe. Der Verteidiger erklärte, dass voraussichtlich in Vollziehung des § 35 BtMG die Berufung zurückgenommen werde, falls dies so laufe und der Angeklagte einen stationären Therapieplatz gefunden habe. Sodann baten Staatsanwaltschaft und Verteidigung darum, dem Angeklagten die Möglichkeit zu geben, einen Therapieplatz zu suchen und nicht vor Ablauf von 3 Monaten neu zu terminieren. Daraufhin erging seitens des Gerichts der Beschluss, dass die Hauptverhandlung auf unbestimmte Zeit vertagt wird und neuer Termin von Amts wegen bestimmt wird.

Zu einem neuen Berufungshauptverhandlungstermin kam es nicht mehr, da der Angeklagte durch seinen Verteidiger mit Schriftsatz vom 04.04.2006 nach Antritt einer stationären Therapie die Zurücknahme der Berufung erklärte.

In dem Kostenfestsetzungsantrag beantragte der Pflichtverteidiger u.a. die Festsetzung einer Gebühr für die Einstellung des Verfahrens gem. VV Nr. 4141 RVG, da durch die Berufungsrücknahme eine (erneute) Berufungsverhandlung vermieden worden sei.

II.
Die sofortige Beschwerde des Pflichtverteidigers gegen den o.g. Beschluss ist als Erinnerung im Sinne des § 56 RVG auszulegen, da dies (entgegen der erfolgten Rechtsmittelbelehrung) das statthafte Rechtsmittel ist. Der Rechtspfleger hat der „sofortigen Beschwerde" nicht abgeholfen.

Auf die Erinnerung hin war der Beschluss des Amtsgerichts Wittlich vom 19.07.2006 in dem oben ersichtlichen Umfang abzuändern.

Gemäß Nr. 4141 Abs.1 Nr. 3 RVG entsteht eine zusätzliche Gebühr in Höhe der jeweiligen Verfahrensgebühr, „wenn sich das gerichtliche Verfahren durch Rücknahme (...) der Berufung (...) des Angeklagten (...) erledigt; ist bereits ein Termin zur Hauptverhandlung bestimmt, entsteht die Gebühr nur, wenn 1...1 die Berufung (...) früher als zwei Wochen vor Beginn des Tages, der für die Hauptverhandlung vorgesehen war, zurückgenommen wird."

Zwar hat bereits am 28.11.2005 ein Hauptverhandlungstermin im Berufungsverfahren mit umfassender Beweisaufnahme stattgefunden, der durch die Berufungsrücknahme nicht vermieden wurde. Jedoch endete der Termin mit einem Beschluss, durch den das Verfahren auf unbestimmte Zeit vertagt wurde. Ein neuer Hauptverhandlungstermin wurde nicht mehr seitens des Gerichts bestimmt, da zuvor die Berufungsrücknahme erklärt wurde.

Grund für die Vertagung auf unbestimmte Zeit, obwohl die Sache offenbar entscheidungsreif gewesen wäre, war eine Vereinbarung zwischen Gericht, der Staatsanwaltschaft und dem Verteidiger, um dem Angeklagten die Möglichkeit zu geben, einen Therapieplatz zu suchen, um eine Strafzurückstellung gem. § 35 BtMG erwirken zu können.

Hätte der Angeklagte keinen Therapieplatz gefunden oder dennoch keine Berufungsrücknahme erklärt, wäre gem. § 229 Abs.4 StPO ein neuer
Hauptverhandlungstermin erforderlich gewesen, in dem von neuem zu beginnen gewesen wäre, da durch die Unterbrechung von mehr als drei Wochen die Einheitlichkeit der Hauptverhandlung durchbrochen wurde.

Zu dem neuen Hauptverhandlungstermin kam es nur deshalb nicht mehr, weil der Verteidiger namens seines Mandanten mit Schriftsatz vom 04.04.2006 die Berufungsrücknahme erklärte.

Da die statt gefundene Berufungsverhandlung aufgrund der Regelung des § 229 StPO nicht mehr zur Entscheidung verwertbar war, ist somit durch die entscheidende Berufungsverhandlung durch die anwaltliche Mitwirkung entbehrlich geworden, so dass eine zusätzliche Gebühr gem. Nr. 4141 RVG angefallen ist.

Die Entscheidung ergeht gem. § 56 Abs.2 S. 2, 3 RVG gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

Wittlich, den 15. August 2006


Einsender: Rechtsfachwirtin Thönes, Trier

Anmerkung:


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