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RVG Entscheidungen

§ 14 – Bußgeldverfahren

Rahmengebühr, Mittelgebühr, Terminsdauer, Bußgeldverfahren

Gericht / Entscheidungsdatum: LG Kaiserslautern, Beschl. v. 04.02.2015 - 5 Qs 9/15

Leitsatz: Die Dauer des Hauptverhandlungstermins von (nahezu) einer Stunde rechtfertigt im Bußgeldverfahren regelmäßig nicht die Einstufung als unterdurchschnittlich.


In dem Bußgeldverfahren
wegen Verkehrsordnungswidrigkeit
hier: Sofortige Beschwerde gegen Kostenfestsetzungsbeschluss
hat die 5. Strafkammer des Landgerichts Kaiserslautern durch ppp. am 04.02.2015 beschlossen:
1. In Abänderung des angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschlusses des Amtsgerichts Rockenhausen vom 27.11.2014 werden die von der Staatskasse dem früheren Betroffenen - Beschwerdeführer - zu erstattenden notwendigen Auslagen auf 655,45 € festgesetzt.
2. Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde als unbegründet verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu 63% zu tragen. Von seinen eigenen im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen Auslagen hat er 63% zu tragen. Im Übrigen werden die Verfahrenskosten und die notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers der Staatskasse auferlegt.
4. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 401,62 € festgesetzt.
Gründe:
I.
Durch Urteil des Amtsgerichts Rockenhausen vom 24.09.2014, Az.: 6072 Js 9818/14 2a OWi wurde der ehemalige Betroffene und nunmehrige Beschwerdeführer rechtskräftig vom Vorwurf des Begehens einer Verkehrsordnungswidrigkeit - Handyverstoß - freigesprochen. Die Kosten des Verfahrens sowie die notwendigen Auslagen des Betroffenen wurden der Staatskasse auferlegt. Das im Bußgeldverfahren festgesetzte Bußgeld betrug 40,- €. Die Eintragung von 1 Punkt im Verkehrszentralregister wurde angekündigt. Die am 24.09.2014 beim Amtsgericht Rockenhausen durchgeführte Hauptverhandlung dauerte insgesamt 53 Minuten an. Es wurden zwei Zeugen vernommen. Mit Kostenfestsetzungsantrag seiner Verteidigerin hat der ehemalige Betroffene und Beschwerdeführer die Festsetzung von Rechtsanwaltsgebühren inklusive Mehrwertsteuer in Höhe von insgesamt 905,35 € wie folgt beantragt:
Gebührennummer nach RVG-VV Bezeichnung Gebühr
5100 Grundgebühr 100,00 €
5103 Verfahrensgebühr 160,00 €
5109 Verfahrensgebühr 160,00 €
5110 Terminsgebühr 255,00 €
7002 Post- u. Telekommunikationsdienstl. 20,00 €
695,00 €
7003 Fahrtkosten zum Termin 24.09.2014 28,80 €
7005 Abwesenheitspauschale 25,00 €
Verwaltungsgebühr für Akteneinsicht 12,00 €
65,80 €

Zwischensumme 760,80 €
7008 Mehrwertsteuer 19% 144,55 €

Summe 905,35 €
Der Beschwerdeführer trägt vor, der Ansatz der beantragten Gebühren in Höhe der Mittelgebühr sei rechtlich nicht zu beanstanden. Es habe mehrere Besprechungstermine zwischen Betroffenem und Verteidigerin gegeben und in der Hauptverhandlung seien zwei Zeugen vernommen worden.
Mit angefochtenem Kostenfestsetzungsbeschluss vom 27.11.2014 wurden nach Anhörung der Bezirksrevisorin beim Landgericht Kaiserslautern die Wahlverteidigergebühren auf 503,73 € festgesetzt. Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, die Kriterien des § 14 RVG seien in allen Kriterien nur unterdurchschnittlich ausgeprägt. Dabei hat das Amtsgericht bei der Bemessung dieser Wahlverteidigergebühren jeweils einen Abschlag von 50% auf die Mittelgebühr vorgenommen wie folgt:
Gebührennummer nach RVG-VV Bezeichnung Gebühr
5100 Grundgebühr 50,00 €
5103 Verfahrensgebühr 80,00 €
5109 Verfahrensgebühr 80,00 €
5110 Terminsgebühr 127,50 €
7002 Post-u. Telekommunikationsdienstl. 20,00 €
357,50 €
7003 Fahrtkosten zum Termin 24.09.2014 28,80 €
7005 Abwesenheitspauschale 25,00 €
Verwaltungsgebühr für Akteneinsicht 12,00 €
65,80 €
Zwischensumme 423,30 €
7008 Mehrwertsteuer 19% 80,43 €

Summe 503,73 €
Gegen den der Verteidigerin des Beschwerdeführers am 08.12.2014 zugestellten Kostenfestsetzungsbeschluss hat diese mit Schriftsatz vom 10.12.2014, eingegangen beim Amtsgericht Rockenhausen am selben Tag, „Erinnerung“ eingelegt.
Nach zustimmender Stellungnahme der Bezirksrevisorin beim Landgericht Kaiserslautern vom 19.01.2015 erfolgte die Nichtabhilfeentscheidung des Amtsgerichts Rockenhausen am 26.01.2015.
II.
Die als sofortige Beschwerde auszulegende „Erinnerung“ ist zulässig, in der Sache jedoch nur hinsichtlich der Terminsgebühr begründet. Im Ergebnis zu Recht hat das Amtsgericht die sonstigen Gebühren, wie geschehen, festgesetzt.
1. Die sofortige Beschwerde ist gemäß §§ 46 Abs. 1 OWiG, 464b S. 3 StPO, 11 Abs. 1, 21 Nr. 1 RPflG, 104 Abs. 3 ZPO zulässig, insbesondere auch fristgerecht (§ 46 Abs. 1 OWiG i. V. m. §§ 306 Abs. 1, 311 Abs. 2 StPO) eingelegt worden. Auch ist der Beschwerdewert nach § 46 Abs. 1 OWiG i. V. m. § 304 Abs. 3 StPO erreicht. § 56 RVG findet keine Anwendung, denn § 55 RVG betrifft nicht den Fall der Erstattung der notwendigen Auslagen des Freigesprochenen von der Staatskasse nach den §§ 464b, 467 StPO (Sommerfeldt/Sommerfeldt in BeckOK RVG, Stand: 01.12.2014, § 55, Rn. 2).
Die Kammer geht zugunsten des ehemals Betroffenen davon aus, dass der Antrag der Verteidigerin sowie das Rechtsmittel auch im Namen des ehemaligen Betroffenen eingelegt wurden (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 57. Aufl., § 464b, Rn. 2). Denn Antrags- und Rechtsmittelbefugnis stehen allein dem Antragsberechtigten bzw. dem von dem Kostenfestsetzungsbeschluss beschwerten ehemals Betroffenen zu. Vorliegend ist die besondere Vertretungsvollmacht für das Kostenfestsetzungsverfahren gemäß Nr. 3 der Verteidigervollmacht (Bl. 10 d. A.) erteilt. Auch kann die Verteidigerin nicht ausschließlich in eigenem Namen Rechtsmittel einlegen (vgl. nur LG Saarbrücken, Beschluss vom 09.07.2014 - 2 Qs 30/14, BeckRS 2014, 19367 m. w. N.).
Berufen zur Entscheidung über das Rechtsmittel ist gemäß §§ 73, 76 S. 1 GVG die Kammer in der Besetzung mit drei Berufsrichtern (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 57. Aufl., § 76 GVG, Rn. 16), nicht gemäß §§ 464 b S. 3 StPO, 568 S. 1 ZPO der Einzelrichter, denn mit Einführung der Einzelrichterzuständigkeit im Beschwerdeverfahren durch das Zivilprozessreformgesetz vom 27.07.2001 hat der Gesetzgeber nicht auch das strafprozessuale Kostenverfahren ändern wollen (vgl. hierzu OLG Hamm, Beschluss vom 03.12.2009 - 2 Ws 270/09, BeckRS 2010, 02547; LG Saarbrücken, Beschluss vom 09.07.2014 - 2 Qs 30/14, BeckRS 2014, 19367 m. w. N.).
2. In der Sache ist die Beschwerde nur teilweise, betreffend die Terminsgebühr, begründet. Zu Recht hat das Amtsgericht die im Übrigen von der Verteidigerin geltend gemachten Gebühren als unbillig angesehen. Diese unterliegen in dem vom Amtsgericht vorgenommenen Umfang der Korrektur.
a) Nach 14 RVG ist bei Rahmengebühren die Gebühr im Einzelfall innerhalb des dafür vorgegebenen Rahmens unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit sowie der Bedeutung der Angelegenheit zu bestimmen. Die Bestimmung nimmt der jeweilige Rechtsanwalt gemäß § 14 Abs. 1 S. 1 RVG vor. Ist wie im vorliegenden Fall aufgrund des Freispruchs die Gebühr von einem Dritten, hier der Staatskasse, zu erstatten, ist gemäß § 14 Abs. 1 S. 4 RVG die vom Rechtsanwalt getroffene Bestimmung der Gebührenhöhe nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist. In der Regel werden Abweichungen von 20% von der angemessenen Gebühr nicht als unbillig angesehen (OLG Hamm, Beschluss vom 03.12.2009 - 2 Ws 270/09, BeckRS 2010, 02547 m. w. N.).
b) Diese Unbilligkeit liegt hier bezüglich der Grund- und Verfahrensgebühren vor. Innerhalb des in den Nrn. 5100 ff. VV RVG normierten Gebührenrahmens ist nach der Art der Gewichtigkeit des jeweiligen Bußgeldverfahrens abzuschichten. Nach Auffassung der Kammer wäre es einerseits systemwidrig, bei der Mittelgebühr von einer „versteckten Festgebühr“ auszugehen (vgl. hierzu und zum Streitstand jedoch Mayer/Kroiß, RVG, 6. Aufl., Nrn. 5100-5200 VV, Rn. 16 m. w. N.). Gleiches gilt andererseits für eine generelle Einstufung von Bußgeldverfahren wegen Verkehrsordnungswidrigkeiten als unterdurchschnittlich, so dass nur unter den Rahmenmittelsätzen liegende Verteidigergebühren angemessen wären (vgl. Mayer/Kroiß, RVG, 6. Aufl., Nrn. 5100-5200 VV, Rn. 16).
Unter Beachtung des anzulegenden Maßstabs anhand der Umstände des konkreten Falles gilt hinsichtlich der Festsetzung der Gebühren Folgendes: Die Schwierigkeit der Sache selbst stellt sich nach Auffassung der Kammer als weit unterdurchschnittlich dar. Die Geldbuße in Höhe von 40,- € war sehr geringfügig. Eine über den Verstoß selbst hinausgehende Rechtsfrage war vorliegend nicht zu klären. Ein Fahrverbot war nicht verhängt. Ferner war nur ein Punkt angekündigt.
Die Grundgebühr entsteht mit der erstmaligen Einarbeitung in den Rechtsfall, mit auftragsgemäßer Beschaffung und Entgegennahme der Erstinformation und dem ersten Aktenstudium. Diese erstmalige Einarbeitung war vorliegend aufgrund der bereits genannten Umstände denkbar einfach gelagert und von erheblich unterdurchschnittlicher Anforderung. Die Akte wies zum Zeitpunkt der ersten anwaltlichen Tätigkeit ein Volumen von sieben Seiten auf. Neben dem geringen Umfang wies die Angelegenheit weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht Schwierigkeiten auf, zumal der ehemals Betroffene von seinem Schweigerecht Gebrauch machte und es in der Sache um das bloße Bestreiten des Benutzens des Mobiltelefons ging.
Auch der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit ist erheblich unterdurchschnittlich und erschöpfte sich im Wesentlichen in einem mit der Bestellung erfolgten, kurzen Einspruch und einem Akteneinsichtsbegehren in eine bis dato sieben Seiten umfassende Verfahrensakte. Dass darüber hinaus weitere, einen durchschnittlichen Umfang einer Sache rechtfertigende Tätigkeiten entfaltet wurden, ist weder ersichtlich noch naheliegend. Die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit ist ebenfalls als (deutlich) unterdurchschnittlich anzusehen. Die Rechtslage war vorliegend einfach gelagert. Der Vorwurf betraf lediglich eine unzulässige Benutzung des Mobiltelefons. Die Verteidigerin hatte sich mit keinen rechtlich oder tatsächlich schwierigen Umständen auseinanderzusetzen. Schließlich bewertet die Kammer die Bedeutung der Angelegenheit für den ehemals Betroffenen als (deutlich) unterdurchschnittlich. Es handelte sich um einen Bußgeldbescheid, der eine Geldbuße von 40,- € und eine Eintragung von einem Punkt im Verkehrszentralregister vorsah.
Lediglich der Umfang der Hauptverhandlung - von 53 Minuten bei Vernehmung zweier Zeugen - stellt sich nach Einschätzung der Kammer nicht als unterdurchschnittlich dar. Wesentliches Kriterium bei der hierzu korrespondierenden Terminsgebühr ist regelmäßig die Dauer des Termins (OLG Hamm, Beschluss vom 03.12.2009 - 2 Ws 270/09, BeckRS 2010, 02547), welche hier nicht gering ist.
In der Gesamtschau der angeführten Umstände sieht die Kammer daher die Anwendung der Mittelgebühr nur im Falle der Terminsgebühr für gerechtfertigt an. Hingegen handelt es sich in den übrigen Belangen um eine weit unterdurchschnittliche Angelegenheit, welche dort einen hälftigen Ansatz der Mittelgebühr rechtfertigt. Eine im Rahmen der „20%-Grenze“ unschädliche Abweichung lag nicht vor.
Die Gebühren sind demnach wie folgt festzusetzen:
Gebührennummer nach RVG-VV Bezeichnung Gebühr
5100 Grundgebühr 50,00 €
5103 Verfahrensgebühr 80,00 €
5109 Verfahrensgebühr 80,00 €
5110 Terminsgebühr 255,00 €
7002 Post-u. Telekommunikationsdienstl. 20,00 €
485,00 €
7003 Fahrtkosten zum Termin 24.09.2014 28,80 €
7005 Abwesenheitspauschale 25,00 €
Verwaltungsgebühr für Akteneinsicht 12,00 €
65,80 €
Zwischensumme 550,80 €
7008 Mehrwertsteuer 19% 104,65 €

Summe 655,45 €

Unter Berücksichtigung der angepassten Gebühr Nr. 5110 VV RVG in Höhe von 255,- € (statt 127,50 €) sind dem Beschwerdeführer nach Berücksichtigung der Mehrwertsteuer 151,72 € zusätzlich, mithin insgesamt 655,45 € aus der Staatskasse zu erstatten. Im Übrigen war die Beschwerde als unbegründet zu verwerfen.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 464 Abs. 2, 464d, 473 Abs.1, Abs. 4 StPO. Die Festsetzung des Beschwerdewertes orientiert sich an der mit dem Rechtsmittel erstrebten Erhöhung des Kostenerstattungsbetrages.


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