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RVG Entscheidungen

§ 61

Rechtsanwaltskosten nach Freispruch; Übergangsregelung

Gericht / Entscheidungsdatum: KG, Beschl. v. 18. 4. 2005, 4 Ws 159/04

Fundstellen:

Leitsatz: 1. Wenn ein nach dem 1. Juli 2004 zum Pflichtverteidiger bestellter Rechtsanwalt, der zuvor als Wahlverteidiger tätig war, nach dem Freispruch seines Mandanten im Strafverfahren den abgetretenen Kostenerstattungsanspruch des Mandanten gegen die Landeskasse im Wege der Kostenfestsetzung geltend macht, bestimmt sich die erstattungsfähige Vergütung nach der BRAGO.
2. Die dennoch nach Maßgabe des RVG berechneten Gebühren können dann auch nicht in Höhe der Gebühren nach der BRAGO festgesetzt werden, denn es fehlt an einer für die angefallenen BRAGO-Gebühren erforderlichen Gebührenbestimmung nach § 12 BRAGO.
3. Jedoch kann diese Bestimmung im Verlauf des Beschwerdeverfahrens durch Erstellung einer Kostenrechnung auf der Grundlage der BRAGO nachgeholt werden


4 Ws 159/04_______________________
(502) 61/55 Js 2454/03 KLs (16/04)


In der Strafsache gegen XX


wegen schwerer räuberischer Erpressung u.a.


hat der 4. Strafsenat des Kammergerichts in Berlin
am 18. April 2005 beschlossen:

Auf die sofortige Beschwerde des Rechtsanwalts H wird der Beschluß des Rechts-pflegers des Landgerichts Berlin vom 7. September 2004 aufgehoben.

Die notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers werden auf 796,34 EUR festgesetzt.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Der Beschwerdewert beträgt 1.405,34 EUR.

Gründe:
Der Beschwerdeführer war seit dem 6. Februar 2004 zunächst als Wahlverteidiger des Angeklagten tätig und ist für ihn am 12. Juli 2004 zum Pflichtverteidiger bestellt worden. Das Landgericht hat den Angeklagten in der anschließenden Hauptverhand-lung von dem Vorwurf der schweren räuberischen Erpressung in Tateinheit mit ver-suchter schwerer räuberischer Erpressung freigesprochen und die Kosten des Ver-fahrens sowie die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Landeskasse Berlin auferlegt. Den Antrag seines Verteidigers vom 21. Juli 2004, mit dem er aus abgetre-tenem Recht die Erstattung der notwendigen Auslagen des Freigesprochenen nach Maßgabe der Gebührensätze des RVG in Höhe von 1.405,34 EUR geltend gemacht hatte, hat der Rechtspfleger des Landgerichts durch Beschluß vom 7. September 2004 mit der Begründung zurückgewiesen, das neue Gebührenrecht sei für den be-reits vor dem 1. Juli 2004 beauftragten Verteidiger nicht anzuwenden. Hiergegen hat Rechtsanwalt H fristgemäß sofortige Beschwerde eingelegt. Im Rechtsmittelverfah-ren hat er nach der BRAGO spezifiziert die Festsetzung der Gebühren und Auslagen in Höhe von 1.109,54 EUR beantragt. Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung der an-gefochtenen Entscheidung und zu der erkannten Festsetzung der notwendigen Aus-lagen.

Die dem Beschwerdeführer zustehende Vergütung ist nach dem (alten) Gebühren-recht der BRAGO zu bemessen, da er bereits am 6. Februar 2004 mit der Verteidi-gung beauftragt worden war (§ 61 Abs.1 Satz 1 RVG). Auf die Rechtsprechung des Kammergerichts, wonach ein ab dem 1. Juli 2004 bestellter Verteidiger auch dann nach dem RVG zu entschädigen ist, wenn er vor diesem Stichtag in derselben Sache bereits als Wahlverteidiger tätig war (vgl. Senat, Beschluß vom 7. März 2005 – 4 Ws 145/04 -), kann sich der Beschwerdeführer hier nicht berufen. Denn er macht keine Pflichtverteidigervergütung, sondern den (abgetretenen) Erstattungsanspruch des Freigesprochenen geltend.

Mit der Ablehnung der Festsetzung der Gebühren und Auslagen nach den Bestim-mungen des RVG hat der Rechtspfleger offensichtlich die Auffassung vertreten, dass die Kostenrechnung des Verteidigers den Anforderungen des § 18 Abs. 2 BRAGO nicht genügt, weil er die unzutreffenden Kostenvorschriften angeführt hat. Die auf irriger Gesetzesanwendung beruhende Unrichtigkeit berührt aber das Bestehen der Berechnung nicht; allerdings sind nur die richtigen Beträge zu zahlen (vgl. Hartmann, Kostengesetze 33. Aufl., § 18 Rn. 21). In sinngemäßer Umstellung des Antrages vom 21. Juli 2004 hätte der Rechtspfleger die Auslagenpauschalen nach den §§ 26, 27 BRAGO festsetzen können, da es sich dabei um zweifelsfrei feststehende Auslagen handelt.

Anders verhält es ich bei den geltend gemachten Rahmengebühren, weil der Rechtsanwalt hier bei der Bestimmung der Höhe der Gebühren nach § 12 BRAGO ein Ermessen auszuüben hat, weshalb der Rechtspfleger die Vergütung nicht selbst auf der Grundlage der BRAGO festsetzen konnte. Der Beschwerdeführer hat jedoch seine Berechnung im Beschwerdeverfahren korrigiert. Daran war er nicht gehindert. Denn der Rechtsanwalt ist an seine Gebührenrechnung nicht gebunden und kann daher eine unrichtige Berechnung nachträglich ändern (vgl. BGH ZfS 1995, 269; Har-tung/Römermann, RVG 2004, § 10 Rn. 40).

Zu der Höhe der Rahmengebühren hat die Bezirksrevisorin des Landgerichts zutref-fend darauf hingewiesen, dass der Umfang und Schwierigkeitsgrad der Tätigkeit des Beschwerdeführers eher unterdurchschnittlich war. Der Umfang der Sache war für ein Verfahren vor der großen Strafkammer gering und die Sache rechtlich nicht schwierig. Demgegenüber wirken sich die Bedeutung der Sache für den Angeklag-ten, seine Inhaftierung während des gesamten Verfahrens und die wegen seiner feh-lenden Deutschkenntnisse bestehenden Verständigungsschwierigkeiten gebühren-erhöhend aus. Die Dauer des Verhandlungstermins am 12. Juli 2004 war mit 4h 20min unterdurchschnittlich.

Unter Berücksichtigung der aufgeführten Umstände hat der Senat die Gebühren und darüber hinaus die Auslagen des Beschwerdeführers wie folgt festgesetzt:

Gebühr nach §§ 84 Abs. 1, 210,00 EUR
83 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO
Gebühr nach § 83 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO 420,00 EUR
Auslagenpauschale nach § 26 BRAGO 15,00 EUR
Dokumentenpauschale nach § 27 BRAG0 41,50 EUR
686,50 EUR
Umsatzsteuer nach § 25 Abs. 2 BRAGO 109,84 EUR
796,34 EUR

Die Kostenentscheidung folgt aus der entsprechenden Anwendung des § 467 Abs. 2 Satz 1 StPO und aus § 473 Abs. 1 StPO, weil der Beschwerdeführer die Kosten-rechnung erst im Beschwerdeverfahren richtig gestellt und sein Rechtsmittel teilwei-se zurückgenommen hat.

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