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Entscheidungen

StPO

Pflichtverteidiger, nachträgliche Bestellung, sofortige Beschwerde

Gericht / Entscheidungsdatum: LG Braunschweig, Beschl. v. 21.10.2021 – 4 Qs 299/21

Eigener Leitsatz: Die sofortige Beschwerde gegen die nicht erfolgte Bestellung eines Pflichtverteidigers ist wegen prozessualer Überholung nach ihrer Einlegung gegenstandslos, wenn das Strafverfahren nach Beschwerdeeinlegung eingestellt wird. Denn eine nachträgliche Pflichtverteidigerbestellung kommt nicht in Betracht.


Landgericht Braunschweig

Beschluss
4 Qs 299/21

In der Strafsache
gegen pp.

wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis

hier: Sofortige Beschwerde gegen die Versagung der Beiordnung einer Pflichtverteidigung

hat die 4. große Strafkammer des Landgerichts Braunschweig am 21.10.2021 beschlossen:

Die sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Amtsgerichts Braunschweig vom 30.09.2021 (3 Gs 2249/21) ist erledigt.

Gründe:

Am 03.08.2021 beantragte die Verteidigung des Beschwerdeführers mittels Schreibens an die Polizei Wolfsburg die Beiordnung als Pflichtverteidiger. Mit weiterem Schreiben des Verteidigers vom 31.08.2021 beantragte der Beschwerdeführer beim Amtsgericht Braunschweig eine gerichtliche Entscheidung hinsichtlich des vorgenannten Antrages.

Die Ermittlungsakte ging am 21.09.2021 bei der Staatsanwaltschaft Braunschweig ein. Am 27.09.2021 leitete die Staatsanwaltschaft Braunschweig gegen den Beschwerdeführer ein Ermittlungsverfahren wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis ein. Mit Verfügung vom selben Tage stellte die Staatsanwaltschaft Braunschweig das Verfahren nach § 154 Abs. 1 StPO ein und übersandte die Akte zur Entscheidung an das Amtsgericht Braunschweig.

Mit angefochtenem Beschluss vorn 30.09.2021 (3 Gs 2249/21) wies das Amtsgerichts Braunschweig den Antrag des Beschwerdeführers ab. Das Zustellungsdatum des Beschlusses ergibt sich mangels Empfangsbekenntnisses nicht aus der Akte.
Gegen den vorgenannten Beschluss legte der Beschwerdeführer per Fax seines Verteidigers vorn 08.10.2021 — am selben Tage beim Amtsgericht Braunschweig eingegangen — sofortige Beschwerde ein.

Es kann dahinstehen, ob die sofortige Beschwerde rechtzeitig eingelegt worden ist.

Die sofortige Beschwerde ist wegen prozessualer Überholung . nach ihrer Einlegung gegenstandslos geworden und damit nunmehr mangels Beschwer unzulässig (vgl. OLG Braunschweig, Beschluss vom 02. März 2021 —1 Ws 12/21 Rn. 8, juris; a. A. OLG Bamberg, Beschluss vorn 29. April 2021 ='1 Ws 260/21 —, juris).

An dieser Rechtslage hat sich auch nach der Reform durch das Gesetz zur Neureglung der notwendigen Verteidigung vorn 10. Dezember 2019 nichts geändert. Denn mit der Neuregelung, die die Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/1919 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Oktober 2016 über Prozesskostenhilfe für Verdächtige und beschuldigte Personen in Strafverfahren sowie für gesuchte Personen in Verfahren zur Vollstreckung eines Europäischen Haftbefehls (PKH-Richtlinie) bezweckte, sollte nach dem Willen des Gesetzgebers (vgl. dazu S. 20 ff. des Gesetzentwurfs der Bundesregierung, Drucksache 19/13829) gerade kein Systemwechsel verbunden sein. Vielmehr ergibt sich aus den Gesetzesmaterialen (S. 44 der Drucksache 19/13829) ausdrücklich, dass die sofortige Beschwerde eine fortbestehende Beschwer voraussetzt (OLG Braunschweig a. a. O. Rn. 10).

Es folgt auch kein anderes Ergebnis aus Art. 4 Abs.1 der PKH-Richtlinie. Die Richtlinie sieht nicht vor, den Betroffenen in jedem Fall von den Kosten der Verteidigung freizuhalten. Nach Art. 4 Abs. 1 haben die Mitgliedstaaten zwar sicherzustellen, dass die von der Richtlinie erfassten Personen über ausreichende Mittel zur Bezahlung eines Rechtsbeistands verfügen. Die Beiordnung bezweckt jedoch den „Zugang zu einem Rechtsanwalt" (Art. 3 der PKH Richtlinie) und setzt deshalb gemäß Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie voraus, dass die Bereitstellung finanzieller Mittel „im Interesse der Rechtspflege erforderlich" ist (OLG Braunschweig a. a. 0. Rn. 11).

Ein solches Erfordernis besteht hier gerade nicht mehr, weil das Ermittlungsverfahren durch Einstellung (derzeit) erledigt ist (vgl. Hanseatisches Oberlandesgericht in Bremen, Beschluss vom 23. September 2020 —1 Ws 120/20 —, Rn. 6, juris für den Fall einer vorläufigen Einstellung nach § 154 Abs. 2 StPO).

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (OLG Braunschweig a. a. O. Rn. 12).


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