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Entscheidungen

Corona

Corona, Maskenaffäre, Ermittlungsverfahren, Korruptionsverdacht, Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern

Gericht / Entscheidungsdatum: OLG München, Beschl. v. 17.11.2021 – 8 St 3/21 u. 8 St 4/21

Leitsatz: Ein Mandatsträger macht sich durch die Annahme von unberechtigten Vermögensvorteilen nicht strafbar, wenn er lediglich die Autorität seines Mandats oder seine Kontakte nutzt, um Entscheidungen von außerparlamentarischen Stellen, zum Beispiel Behörden und Ministerien, zu beeinflussen.


In pp.

1. Auf die Beschwerden des Beschuldigten gegen die Durchsuchungsbeschlüsse der Ermittlungsrichterin des Oberlandesgerichts München vom 11. März 2021 (Az. OGs 51/21, OGS 52/21, OGs 53/21, OGs 54/21, OGs 55-56/21, OGs 57-58/21) wird festgestellt, dass diese - soweit sie sich gegen ihn richten - gegen § 102, § 169 Abs. 1 Satz 1 StPO, § 120b GVG verstoßen.
2. Auf die Beschwerde des Beschuldigten wird der Beschluss der Ermittlungsrichterin des Oberlandesgerichts München vom 12. März 2021 (Az. OGs 65/21), mit welchem gegen ihn ein Vermögensarrest in Höhe von 1.243.000,00 EUR angeordnet worden ist, aufgehoben.
3. Das Verfahren wird zur Entscheidung über den Antrag der Generalstaatsanwaltschaft München auf Erlass eines Vermögensarrestes sowie über die Kosten des Beschwerdeverfahrens an den zuständigen Ermittlungsrichter bei dem Amtsgericht München verwiesen.

Gründe

I.

Die Generalstaatsanwaltschaft München führt gegen den Beschwerdeführer ein Ermittlungsverfahren wegen der Vorwürfe der Bestechlichkeit von Mandatsträgern und StHmmZH- gemäß § 108e Abs. 1 StGB, § 53 StGB.

1. Auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft hat die Ermittlungsrichterin des Oberlandesgerichts München am 11. März 2021 sechs Durchsuchungsbeschlüsse (Az. OGs 51/21, OGS 52/21, OGs 53/21, OGs 54/21, OGs 55-56/21, OGs 57-58/21) und am 12. März 2021 einen Arrestbeschluss in Höhe von 1.243.000,00 EUR (Az. OGs 65/21) erlassen. Diesen Beschlüssen hat der Verdacht folgenden Sachverhalts zugrunde gelegen:

Zu einem nicht genau bekannten Zeitpunkt Anfang März 2020 entwickelten die Mitbeschuldigten K. und L. den Plan, angesichts des aufgrund der Covid-19-Pandemie hohen Bedarfs an Schutzausrüstung in Deutschland große Mengen an zertifizierten FFP2- und FPP-3 Masken im Ausland preisgünstig einzukaufen, um diese gewinnbringend an deutsche Behörden weiterzuverkaufen.

Um direkt und erfolgreich Kontakt mit den bei den Bundes- und Landesbehörden für den Ankauf von Schutzausrüstung zuständigen Zentraleinkäufern aufnehmen zu können und um sich dabei gegenüber den konkurrierenden Anbietern als besonders vertrauenswürdig hervorzuheben, vereinbarten sie, dass der Mitbeschuldigte K. an die beiden ihm persönlich gut bekannten Politiker, den Beschuldigten und den Mitbeschuldigten Dr. N., herantreten würde, um diese für die Durchführung ihrer Geschäftsidee als Mitwirkende zu gewinnen. Wie die Mitbeschuldigten K. und L. wussten, war der Beschuldigte Mitglied des Bayerischen Landtags, der Mitbeschuldigte Dr. N. Mitglied des Deutschen Bundestags und stellvertretendes Mitglied im Ausschuss für Gesundheit des Deutschen Bundestages. Die Aufgabe der beiden Abgeordneten sollte nach dem Plan der Mitbeschuldigten L. und K. sein, an die Zentraleinkäufer von Bundes- und Landesbehörden heranzutreten und sich dafür einzusetzen, dass die Behörden die von ihnen benötigten großen Mengen an zertifizierten FFP2- und FFP3-Schutzmasken von der Firma L. GmbH & Co. KG kaufen würden.

Die von ihrem Geschäftsführer M. D. vertretene Firma L. GmbH & Co. KG mit dem Sitz in , die über Erfahrung und Kontakte für die rasche Abwicklung von Importgeschäften mit Staaten außerhalb der EU verfügte, war vom Mitbeschuldigten L. damit beauftragt worden, die mit den Bundes- und Landesbehörden ausgehandelten Maskenkaufverträge abzuschließen, die zur Erfüllung dieser Verträge im Ausland bestellten Masken zu importieren, an die Behörden auszuliefern und die Kaufpreiszahlungen entgegenzunehmen. Den Kontakt zwischen dem Mitbeschuldigten L. und dem Geschäftsführer M. D. hatte der dem Mitbeschuldigten L. bereits länger bekannte Rechtsanwalt M. F. hergestellt.

Vereinbarungsgemäß unterbreitete der Mitbeschuldigte K. dem Beschuldigten die von ihm und dem Mitbeschuldigten L. entwickelte Geschäftsidee und stellte dem Beschuldigten in Aussicht, dass der Teil des Kaufpreises, der die anfallenden Aufwendungen und die Provision der Firma L. GmbH & Co. KG übersteigen würde, ihm, den drei Mitbeschuldigten K., L. und Dr. N. sowie Rechtsanwalt F. als Gewinn zustehen würde. Sie würden diesen zu gleichen Anteilen erhalten. Der Beschuldigte erklärte sich mit dem unterbreiteten Vorschlag einverstanden.

In Umsetzung der geschlossenen Vereinbarung nahm der Beschuldigte in der Folge telefonischen Kontakt mit der für die Maskenbeschaffung im Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege zuständigen Mitarbeiterin, Frau Dr. D., auf. Im Anschluss an das geführte Telefonat übersandte er ihr am 12. März 2020 um 17.23 Uhr von der EMail-Adresse der Kanzlei S. & W. mit der Unterschrift und der Signatur „A. S. Rechtsanwalt“ den Text einer Interessenbekundung und bat sie, diese auf Briefpapier des Ministeriums an den Mitbeschuldigten L. zu senden. Erklärend fügte er hinzu, dass dieser im Gespräch mit dem Inhaber der ausländischen Lieferfirma V. Safety & Health Pvt. Ltd. sei und den in diesem Zusammenhang abzuschließenden Vertrag vermittle. Zudem übersandte er der Mitarbeiterin den Katalog der gesamten angebotenen Ware einschließlich der zugehörigen Zertifikate.

Die Ministeriumsmitarbeiterin reagierte am 14. März 2020 um 22.18 Uhr mit einer E-Mail an den Beschuldigten zur E-Mailadresse der Kanzlei S. & W., in der sie Bedenken hinsichtlich der angebotenen Atemschutzmasken der Firma V. äußerte unter Hinweis auf eine negative Bewertung der Zertifikate seitens ihres Ministeriums. Diese E-Mail beantwortete der Beschuldigte am 16. März 2020 um 16.17 Uhr von der E-Mail-Adresse der Kanzlei S. & W. mit der Unterschrift „A. S.“ und der Signatur „A. S. MdL“. Er teilte ihr - unter Hinweis auf beigefügte Unterlagen - mit, dass der Mitbeschuldigte L. von Vertretern des zuständigen TÜV die Auskunft erhalten habe, dass die angebotenen Virusschutzmasken tatsächlich für den EURaum zertifiziert seien. Er bat sie um Mitteilung, ob die besprochenen Mengen der vorgesehenen Modelle nunmehr bestellt werden sollten. Er bot ihr die kurzfristige Zuleitung eines entsprechenden Kaufvertragsentwurfs an und stellte ihr die Lieferung der Masken in der 13. Kalenderwoche in Aussicht.

Daraufhin bat das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege den Beschuldigten am 18. März 2020 Uhr um 14.03 Uhr per E-Mail um die Übersendung eines Vertragsentwurfs. Mit einer am 18. März 2020 um 20.09 Uhr mit seinen Initialen „AS“ unterschriebenen E-Mail kündigte der Beschuldigte daraufhin dem Ministerium an, den Kaufvertragsentwurf am Vormittag des nächsten Tages zuzuleiten. Die erste Maskenlieferung stellte er erneut für die 13. Kalenderwoche in Aussicht. Am 19. März 2020 übermittelte der Beschuldigte von der E-Mail-Adresse der Kanzlei S. & W. mit der Unterschrift „A. S.“ und der Signatur „A. S. MdL“ dem Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege wunschgemäß den Entwurf eines Kaufvertrages.

Nachdem auch der Mitbeschuldigte Dr. N. vereinbarungsgemäß mit den Zentraleinkäufern der am Ankauf von Schutzmasken interessierten Bundesbehörden Kontakt aufgenommen und sich dafür eingesetzt hatte, dass diese mit der Firma L. GmbH & Co. KG Kaufverträge über zertifizierte FFP2- und FFP3-Schutzmasken abschließen würden, kam es insgesamt zum Abschluss von drei Kaufverträgen.

Am 20. März 2020 schloss das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege mit der Firma L. GmbH & Co. KG einen Kaufvertrag über die Lieferung von drei Millionen FFP2-Masken zu einem Stückpreis von 3,60 EUR und 500.000 FFP3-Masken zu einem Stückpreis von 6,90 EUR, also insgesamt über einen Netto-Kaufpreis von 14,25 Millionen EUR ab.

Am selben Tag schloss auch das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat, vertreten durch das Polizeipräsidium in Potsdam, mit der Firma L. GmbH & Co. KG einen Kaufvertrag über die Lieferung von drei Millionen FFP2-Masken zu einem Stückpreis von 3,80 EUR, also über einen Netto-Kaufpreis von insgesamt 11,4 Millionen EUR ab.

Am 28. März 2020 schlossen das Bundesministerium für Gesundheit und die Firma L. GmbH & Co. KG einen Kaufvertrag über die Lieferung von sieben Millionen FFP2-Masken zu einem Stückpreis von 3,80 EUR und 1,5 Millionen FFP3-Masken zu einem Stückpreis von 7,10 EUR, also insgesamt über einen Netto-Kaufpreis von 37,25 Millionen EUR ab.

Nach den Vertragsabschlüssen vergab der Geschäftsführer der Firma L. GmbH & Co. KG, M. D., wie zwischen ihm und dem Mitbeschuldigten L. besprochen, die Aufträge an die Produzenten und Lieferanten der Schutzmasken, wickelte die entsprechenden Lieferketten sukzessive ab und stellte den Behörden die jeweiligen gelieferten Masken in Rechnung. Von den eingegangenen Kaufvertragszahlungen zog der Geschäftsführer der Firma L. GmbH & Co. KG zunächst die für die Beschaffung der Masken entstandenen Unkosten sowie den der Firma L. vereinbarungsgemäß zustehenden Provisionsbetrag von 30%, jedoch maximal 0,50 EUR pro Maske, ab. Den jeweiligen Restbetrag teilte M. D. anschließend dem Mitbeschuldigten L. mit, woraufhin dieser als Geschäftsführer der Firma P. Fund Management Ltd. über diese Summen an die Firma L. GmbH & Co. KG jeweils eine Rechnung für Beratungs- und Provisionsleistungen stellte. Daraufhin veranlasste M. D. die Überweisung der Rechnungssummen vom Konto der Firma L. GmbH & Co. KG auf das Geschäftskonto der Firma P. Fund Management Ltd. bei der Bank H. in Liechtenstein.

Somit hatten sich bis November 2020 beim Mitbeschuldigten L. erhebliche Summen aus dem Maskengeschäft zur Gewinnverteilung angesammelt, die er über die Firma P. Fund Management Ltd., deren Mitgesellschafter und Geschäftsführer er war, für die Auszahlung bereithielt.

Daraufhin machte der Beschuldigte seinen fälligen Anspruch auf Auszahlung seines Gewinnanteils gegenüber dem Mitbeschuldigten L. geltend und wies diesen an, den ihm zustehenden Betrag in Höhe von 1.243.000,00 EUR auf das Geschäftskonto der Firma Pe. GmbH, bei der Sparkasse zu überweisen. Infolgedessen wies der Mitbeschuldigte L. am 1. Dezember 2020 die H. Bank an, von dem Geschäftskonto der Firma P. Fund Management Ltd. 1.243.000,00 EUR auf das Geschäftskonto der Firma Pe. GmbH bei der Sparkasse … zu überweisen und nannte gegenüber der Bank als Zahlungszweck „Provision A. S.“.

Auf Rückfrage eines Mitarbeiters der H. Bank gab der Mitbeschuldigte L. der Wahrheit zuwider an, dass die Zahlung als Provision an die Firma Pe. GmbH gehe und A. S. lediglich den Kontakt zur Firma Pe. GmbH hergestellt habe. Auf dem schriftlichen Zahlungsauftrag gab der Mitbeschuldigte L. daraufhin als Zahlungsreferenz „Provision Pre.“ an. Der angewiesene Betrag wurde dem Geschäftskonto der Firma Pe. GmbH bei der Sparkasse am 5. Januar 2021 gutgeschrieben.

2. Die Durchsuchungsbeschlüsse sind von der Generalstaatsanwaltschaft am 17. März 2021 vollzogen worden. Die Durchsicht der sichergestellten Unterlagen und Daten ist seit dem 22. Oktober 2021 abgeschlossen. Aufgrund der Hinterlegung des festgesetzten Geldbetrages ist die Vollziehungsmaßnahme des Arrestbeschlusses abgewendet worden.

3. Mit Schreiben vom 19. Juli 2021 hat der Verteidiger des Beschuldigten Beschwerde gegen die Durchsuchungsbeschlüsse und den Arrestbeschluss eingelegt und beantragt, die „Durchsuchungsbeschlüsse, soweit sie sich gegen Herrn A. S. richten“ und „sämtliche erfolgten Sicherungen oder Beschlagnahmen aufzuheben“. Außerdem hat er beantragt, den Arrestbeschluss und sämtliche Maßnahmen in Vollziehung des Arrestbeschlusses aufzuheben und den hinterlegten Betrag in Höhe von 1.243.000,00 EUR freizugeben.

Der Verteidiger des Beschuldigten hat seine Beschwerden gegen die Durchsuchungsbeschlüsse und den Arrestbeschluss im Wesentlichen damit begründet, dass weder ein Verdacht auf Erfüllung des Tatbestandes des § 108e StGB noch auf Erfüllung des Tatbestandes in dem Zeitpunkt bestanden habe, in dem die Generalstaatsanwaltschaft den Erlass der Beschlüsse beantragt habe, noch sich ein solcher im Zuge der weiteren Ermittlungen ergeben habe.

Im Sinne des § 108e StGB handle nur derjenige Abgeordnete „bei der Wahrnehmung seines Mandates“, der im Rahmen des parlamentarischen Entscheidungsprozesses tätig werde. Vorliegend fehle den dem Beschwerdeführer vorgeworfenen Handlungen jeglicher Bezug zur parlamentarischen Arbeit.

Der Beschwerdeführer habe im Zusammenhang mit der Zahlung der Firma P. Fund Management Ltd. an die Firma Pe. GmbH nichts i.S. d. § 73 StGB „erlangt“. Der Betrag sei nicht ihm, sondern der Firma Pe. GmbH zugeflossen. Im übrigen enthalte der Arrestbeschluss auch keine belastbare Begründung eines Sicherungsbedürfnisses, das auch ansonsten nicht erkennbar sei.

4. Die Ermittlungsrichterin des Oberlandesgerichts München hat den Beschwerden mit Beschluss vom 21. Juli 2021 nicht abgeholfen und diese dem zuständigen Strafsenat des Oberlandesgerichts München zur Entscheidung vorgelegt.

5. Mit Schreiben vom 4. August 2021 hat die Generalstaatsanwaltschaft München zu dem Beschwerdevortrag Stellung genommen und beantragt, die Beschwerden des Beschuldigten kostenfällig als unbegründet zu verwerfen, wobei sie die auf Aufhebung der „erfolgten Sicherungen oder Beschlagnahmen“ und der Arrestvollzugsmaßnahmen gerichteten Anträge als ein an sie gerichtetes Herausgabeverlangen für den Fall einer erfolgreichen Beschwerde gegen die Durchsuchungsbeschlüsse und den Arrestbeschluss ausgelegt hat.

Die Generalstaatsanwaltschaft ist im Hinblick auf das Vorliegen des Tatbestands des § 108e StGB der Ansicht, dass der Beschwerdeführer durch das Vermitteln des Vertragsschlusses mit dem Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege, wofür ihm wirtschaftlich 1,243 Millionen EUR Provision zugeflossen seien, eine Handlung „bei der Wahrnehmung seines Mandats“ vorgenommen habe. Sie ist insoweit der Auffassung, dass von einer Wahrnehmung des Mandats auch dann gesprochen werden könne, wenn der Abgeordnete Handlungen vorgenommen habe, die - wie hier - ohne Bezug zur parlamentarischen Arbeit sind und die für sich betrachtet als mögliche Nebentätigkeit in Betracht kämen, soweit der Abgeordnete die Tätigkeit in ausdrücklicher oder auch in einer aus den Gesamtumständen seines Verhaltens erkennbaren Art und Weise als Mandatsträger vorgenommen hat. Ihrer Auffassung nach habe es der Abgeordnete in der Hand, in welcher Eigenschaft er nach außen gegenüber Dritten auftrete; als Abgeordneter, der sein Mandat wahrnehme, nur seinem Gewissen verpflichtet sei und sich daher für seine Tätigkeit nicht bezahlen lasse, oder zum Beispiel als Unternehmer, dem es um seinen persönlichen Gewinn gehe. Nach der Wertung der Generalstaatsanwaltschaft sei der Beschwerdeführer als Abgeordneter aufgetreten und habe daher „bei Wahrnehmung seines Mandats“ gehandelt.

Zum Verdacht der pp. hat die Generalstaatsanwaltschaft ausgeführt, dass die Leistung nicht von der Firma Pe. GmbH erbracht worden sei. Diese habe im Rahmen des Leistungsaustausches keine Funktion gehabt. Sie sei weder Vertragspartner gewesen noch in den Leistungsaustausch einbezogen gewesen. Der Arrestgrund sei durch die Abwicklung des Geldflusses gemäß der Abrede des Beschwerdeführers unter Einschaltung ausländischer Konten und Firmen begründet.

6. Mit Schriftsatz vom 13. September 2021 hat der Verteidiger auf die Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft erwidert.

II.

Die - mit Blick auf die angegriffenen Durchsuchungsbeschlüsse in Feststellungsanträge umzudeutenden - Beschwerden sind zulässig und haben in der Sache Erfolg.

1. Die Beschwerden sind gemäß § 120b Satz 2, § 120 Abs. 3 Satz 2 GVG, § 304 Abs. 5 StPO zulässig.

a) Soweit die Anträge der Verteidigung darauf gerichtet sind, die Durchsuchungsbeschlüsse aufzuheben, steht einer Entscheidung durch den Senat nicht entgegen, dass die Beschlüsse zum Zeitpunkt der Einlegung der Beschwerden bereits vollzogen waren und der Eingriff in Art. 13 Abs. 1 GG beendet war. Denn die Notwendigkeit eines effektiven Rechtsschutzes gegen den Eingriff in das Grundrecht der Betroffenen aus Art. 13 Abs. 1 GG gebietet, dass auch nach Abschluss der Durchsuchung deren Rechtmäßigkeit mit dem grundsätzlich gegen diese Maßnahme gesetzlich vorgesehenen Rechtsmittel zur Überprüfung gestellt werden kann (BGH, Beschluss vom 21. November 2001 - StB 20/01, juris Rn. 2; BVerfG, Beschluss vom 15. Juli 1998 - 2 BvR 446/98, juris Rn. 8 ff.). Die Beschwerden sind insoweit in Anträge auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Durchsuchungsbeschlüsse umzudeuten.

b) Über den auf Aufhebung sämtlicher „erfolgten Sicherungen oder Beschlagnahmen“ lautenden Antrag hat der Senat nicht zu entscheiden.

Dieses Begehr wäre zwar von der Ermittlungsrichterin als gegen die (vorläufige) Sicherstellung zum Zwecke der Durchsicht nach § 110 StPO gerichteter Antrag auf gerichtliche Entscheidung gemäß § 98 Abs. 2 Satz 2 StPO analog auszulegen gewesen (BGH, Beschluss vom 21. November 2001 - StB 20/01, juris Rn. 1 f.; BGH, Beschluss vom 14. Dezember 1998 - 2 BGs 306/98, juris Rn. 10; BVerfG, Beschluss vom 20. September 2018 - 2 BvR 708/18, juris Rn. 22; Meyer-Goßner/Schmitt/Köhler, StPO, 64. Aufl., § 110 Rn. 10; § 98 Rn. 19 u. 23). Nachdem allerdings die Verteidigung der von der Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Stellungnahme vom 4. August 2021 vorgenommenen Auslegung, dass es sich bei diesem Antrag nicht um einen Antrag auf eine zusätzliche gerichtliche Entscheidung, sondern um ein an die Generalstaatsanwaltschaft gerichtetes Herausgabeverlangen für den Fall einer erfolgreichen Beschwerde gegen die Durchsuchungsbeschlüsse handle, nicht entgegen getreten ist, geht der Senat davon aus, dass die Generalstaatsanwaltschaft den Anfechtungswillen des Beschwerdeführers zutreffend gewürdigt hat und er insoweit keine Entscheidung des Senats begehrt.

c) Auch hinsichtlich der Anträge, sämtliche Maßnahmen in Vollziehung des Arrestbeschlusses aufzuheben und den hinterlegten Betrag freizugeben, war eine Entscheidung des Senats nicht veranlasst.

Der Beschwerdeführer hat sich auch diesbezüglich nicht gegen die Auslegung seines Antrags durch die Generalstaatsanwaltschaft gewandt, die von einem gegen sie gerichteten - bedingten - Aufhebungsverlangen ausgeht. Davon abgesehen hat der Beschuldigte den Vollzug des Arrestbeschlusses durch Hinterlegung des gemäß § 111e Abs. 4 Satz 2 StPO bestimmten Geldbetrags abgewandt, so dass keine Vollzugsmaßnahmen existieren, die aufgehoben werden könnten.

2. Die Beschwerden sind begründet.

a) Die angefochtenen Durchsuchungsbeschlüsse erweisen sich als rechtswidrig, da zum insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der ermittlungsrichterlichen Entscheidung kein Anfangsverdacht für eine Straftat nach § 108e Abs. 1 StGB gegeben und es der Ermittlungsrichterin am Oberlandesgericht aufgrund des damit einhergehenden Entfalls ihrer in § 169 Abs. 1 Satz 1 StPO, § 120b Satz 1 GVG geregelten Zuständigkeit verwehrt war, die Beschlüsse auf andere Straftatbestände zu stützen.

aa) Der gemäß § 102 StPO erforderliche Anfangsverdacht lag zum Zeitpunkt der ermittlungsrichterlichen Entscheidung (BVerfG, Beschluss vom 9. Februar 2005 - 2 BvR 1108/03, juris Rn. 15) mit Blick auf die zuständigkeitsbegründende Norm des § 108e Abs. 1 StGB nicht vor, da das Verhalten, dessen der Beschuldigte verdächtig war (und ist), nicht unter das Tatbestandsmerkmal „bei der Wahrnehmung seines Mandates“ zu subsumieren ist. Denn von diesem Merkmal werden Handlungen (oder Unterlassungen) nur dann erfasst, wenn sie einen gewissen parlamentarischen Bezug haben, insbesondere indem sie auf die Beeinflussung parlamentarischer Entscheidungen, Tätigkeiten, Prozesse oder Ähnliches abzielen.

(1) „Bei der Wahrnehmung seines Mandates“ ist nach dem insoweit eindeutigen Willen des Gesetzgebers so auszulegen, dass dieses Merkmal ausschließlich bei parlamentarischen Verhandlungsgegenständen vorliegt und Tätigkeiten nicht erfasst, die - wie das in Rede stehende Verhalten des Beschuldigten - darauf abzielen, unter (Aus-)Nutzung der Autorität des Mandats oder der Kontakte des Mandatsträgers einen in der Zuständigkeit einer anderen Stelle liegenden Vorgang zu beeinflussen. Dies ergibt sich aus der Entstehungsgeschichte des § 108e StGB und den seiner Reform zugrunde liegenden Gesetzesmaterialen.

(a) Wesentlicher Anlass für die Reform des § 108e StGB war das Bestreben des Gesetzgebers, die Voraussetzung für die Ratifikationen des Strafrechtsübereinkommens des Europarats über Korruption vom 27. Januar 1999 (im Folgenden: ER-Übk) sowie des Übereinkommens der Vereinten Nationen gegen Korruption vom 31. Oktober 2003 (im Folgenden: VN-Übk) zu schaffen und die entsprechenden Vorgaben der Übereinkommen zu erfüllen (BT-Drucks. 18/476, S. 1 und BT-Drucks. 18/607, S. 1). Er wollte insbesondere die in Art. 3 und 4 ER-Übk und Art. 15 VN-Übk statuierten Pönalisierungspflichten erfüllen, was er auch in den Denkschriften zu den beiden Ratifikationsgesetzen zum Ausdruck gebracht hat (BT-Drucks. 18/9234, S. 34 und Drucksache 18/2138, S. 81).

Obwohl die Bundesregierung die Übereinkommen bereits am 27. Januar 1999 und 9. Dezember 2003 unterzeichnetet hatte, hat sich der Bundestag erst im Jahr 2014 auf der Grundlage eines Entwurfs der damaligen Regierungsfraktionen (BT-Drucks. 18/476) auf eine neue Fassung des § 108e StGB einigen können. Diesem Entwurf gingen mehrere Entwürfe anderer Fraktionen voraus, die sich alle durch das Bestreben auszeichnen, die strafrechtliche Missbilligung einer Bestechlichkeit des Abgeordneten mit Blick auf die vorzunehmende Handlung oder Unterlassung auf dessen parlamentarische Tätigkeiten zu begrenzen.

(aa) Im Gesetzesentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN war das Merkmal „in Ausübung seines Mandates in der Volksvertretung oder im Gesetzgebungsorgan“ vorgesehen (BT-Drucks. 16/6726, S. 3). Damit sollte die Strafbarkeit auf solche Leistungen des Abgeordneten begrenzt werden, „die zum Kernbereich der Mandatsausübung gehören und deswegen das Schutzgut der freien Willensbildung und -betätigung der demokratisch-parlamentarischen Gesetzgebungsorgane unmittelbar tangieren“ (BT-Drucks. 16/6726, S. 4, vgl. auch den späteren Entwurf: BT-Drucks. 17/5933, S. 4 f.).

(bb) Nach dem Gesetzesentwurf der Fraktion DIE LINKE sollte die Gegenleistung des Abgeordneten „im Zusammenhang mit der Ausübung seines Mandats“ stehen (BT-Drucks. 16/8979, S. 4). Damit sollte ein Verhalten im Sinne des § 13 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages sowie dasjenige in Fraktionen und Arbeitskreisen erfasst werden (BT-Drucks. 16/8979, S. 6). Das Merkmal sollte auch dann erfüllt sein, „wenn sich die Tathandlungen auf ein Verhalten in der Bundesversammlung, dem Vermittlungsausschuss, dem Gemeinsamen Ausschuss oder dem Richterwahlausschuss beziehen, da die diesbezügliche Mitgliedschaft direkt an das Mandat anknüpft“ (BT-Drucks. 16/8979, S. 6).

(cc) Der Gesetzesentwurf der Fraktion der SPD grenzte die Gegenleistung des Abgeordneten mit den Worten „bei der Wahrnehmung seines Mandates“ ein (BT-Drucks. 17/8613, S. 2). Nach der dortigen Begründung sollten sämtliche Tätigkeiten in den Parlaments- und Fraktionsgremien, also Tätigkeiten im Rahmen der parlamentarischen Arbeit im Plenum, den Bundestagsausschüssen, den Arbeitskreisen und Arbeitsgruppen der Fraktionen erfasst werden. Auch Tätigkeiten in Gremien, wie Bundesversammlung, Vermittlungsausschuss, Gemeinsamer Ausschuss oder Richterwahlausschuss sollten darunterfallen. Nach Ansicht der SPD-Fraktion handelt der Abgeordnete nicht mehr „bei Wahrnehmung seines Mandats“, „wenn er lediglich seine,Autorität‘ als Mandatsträger dazu einsetzt, Verwaltungsabläufe in seinem Wahlkreis zu beeinflussen (BT-Drucks. 17/8613, S. 4).

(b) Diese bereits in den vorherigen Entwürfen aufgenommenen Einschränkungen der Gegenleistung dahin, dass sie „bei der Wahrnehmung seines Mandats“ erfolgen muss, sind in den Entwurf der Regierungsfraktionen eingeflossen, welcher der aktuellen Fassung des § 108e StGB zugrunde liegt. Unter Berücksichtigung der historischen Hintergründe des Entwurfs legen es die von den Regierungsfraktionen zu diesem Tatbestandsmerkmal genannten Beispiele (BT-Drucks. 18/476, S. 8) nahe, dass sie Handlungen im Blick hatten, die einen gewissen parlamentarischen Bezug haben, insbesondere auf parlamentarische Entscheidungen, Tätigkeiten, Prozesse oder Ähnliches abzielen. So sollen von diesem Merkmal „sämtliche Tätigkeiten in den Parlaments- und Fraktionsgremien, also Tätigkeiten im Rahmen der parlamentarischen Arbeit im Plenum, den Bundestagsausschüssen und den Arbeitskreisen und Arbeitsgruppen der Fraktionen“ erfasst werden. Ebenso sollen Tätigkeiten in Gremien darunterfallen, „die der Bundestag ganz oder teilweise besetzt und die parlamentarische Aufgaben wahrnehmen, wie z. B. Vermittlungsausschuss, Gemeinsamer Ausschuss oder Richterwahlausschuss“. Nicht erfasst werden sollten „Verhaltensweisen, die der Mandatsträger als Mitglied eines parteiinternen Gremiums oder im Rahmen einer Nebentätigkeit vollzieht“.

Wie die anschließende Diskussion des Entwurfs im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz des Bundestags und die dort durchgeführte Expertenanhörung belegen, waren sich die Mitglieder des Ausschusses des Problems der Abgrenzung bewusst, welche von der Unrechtsvereinbarung erfassten Handlungen bzw. Unterlassungen eines Abgeordneten strafbar sein sollten und welche nicht. Die Abgeordnete Dr. L. äußerte gegen Ende der Anhörung die Befürchtung, dass das Tatbestandsmerkmal „bei der Wahrnehmung des Mandats“ die diesbezüglichen Überlegungen in der Gesetzesbegründung nicht ausreichend wiedergeben könnte, in der man sich „überwiegend auf die Arbeiten im Parlament“ bezogen habe (Protokoll-Nr. 18/7 des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz, S. 39). Auf ihren Vorschlag, dieses Tatbestandsmerkmal durch die Formulierung „bei parlamentarischer Arbeit“ klarer zu fassen, antwortete die Sachverständige W., dass sie keinen Mehrwert der Formulierung sehe, weil man bei der Auslegung von Gesetzen immer auch in die Gesetzbegründung blicken und schauen müsse, was der Gesetzgeber gewollt habe (ProtokollNr. 18/7 des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz, S. 39). Wenn man das Schutzgut und auch die Gesetzesbegründung nehme, werde schon klar sein, was gewollt sei (Protokoll-Nr. 18/7 des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz, S. 39).

Vor diesem Hintergrund hat der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz in seinem Bericht vom 19. Februar 2014 ausgeführt (BT-Drucks. 18/607, S. 8):
„Der Ausschuss stellt weiterhin fest, dass eine Handlung oder Unterlassung „bei der Wahrnehmung des Mandats“ ausschließlich bei parlamentarischen Verhandlungsgegenständen vorliegt. Nicht erfasst dagegen sind Tätigkeiten außerhalb der durch das Mandat begründeten Zuständigkeiten, etwa wenn lediglich die Autorität des Mandats oder die Kontakte des Mandatsträgers genutzt werden, um einen in der Zuständigkeit einer anderen Stelle liegenden Vorgang zu beeinflussen. “

Der Begriff des parlamentarischen „Verhandlungsgegenstands“ kommt in der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestags (im Folgenden: BTGO) an mehreren Stellen vor und zeichnet sich dadurch aus, dass es sich dabei um ein Thema handelt, über das im Bundestag oder einem seiner Ausschüsse beraten, debattiert und/oder entschieden wird. § 75 Abs. 1 BTGO listet die sog. selbständigen Vorlagen auf, die als Verhandlungsgegenstand auf die Tagesordnung des Bundestages gesetzt werden können. § 75 Abs. 2 BTGO definiert die dort aufgezählten unselbständigen Vorlagen als Vorlagen zu Verhandlungsgegenständen. Mit Blick auf die Ausschüsse des Bundestags definiert § 64 Abs. 1 BTGO, die Verhandlungsgegenstände als die dem Ausschuss überwiesenen Vorlagen und Fragen aus seinem Geschäftsbereich. Daneben wird der Begriff u. a. auch in den § 20 Abs. 3 Satz 1, § 23, § 29 Abs. 1 BTGO erwähnt.

Vor diesem Hintergrund liegt es nahe, dass der Rechtsausschuss des Deutschen Bundestags bei der Begrenzung des Tatbestandsmerkmals „bei der Wahrnehmung des Mandats“ auf ausschließlich parlamentarische Verhandlungsgegenstände das der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestags zugrunde liegende Verständnis des Verhandlungsgegenstands vor Augen hatte. Damit hat er klar zum Ausdruck gebracht, dass die von § 108e StGB erfassten Handlungen oder Unterlassungen des Mandatsträgers jedenfalls einen gewissen Bezug zum Parlament aufweisen und auf die Beeinflussung parlamentarischer Tätigkeiten, Entscheidungen, Prozesse oder Ähnliches zumindest abzielen müssen. Mit der Wendung „außerhalb der durch das Mandat begründeten Zuständigkeiten“ hat der Rechtsausschuss seine Entscheidung verdeutlicht, Unrechtsvereinbarungen, die ein Handeln oder Unterlassen eines Mandatsträgers zum Gegenstand haben, das keine Auswirkung auf einen parlamentarischen Vorgang hat, also keinen Weg in das Parlament finden wird, nicht pönalisieren zu wollen.

An der Eindeutigkeit des hierdurch geäußerten Willens eines maßgeblichen Organs des Gesetzgebers (vgl. hierzu BVerfG, Beschluss vom 6. Juni 2018 - 1 BvL 7/14 und 1 BvR 1375/14, juris Rn. 74) kann es - entgegen der Auffassung der Generalstaatsanwaltschaft - nichts ändern, dass der Rechtsausschuss möglicherweise von einem engeren Verständnis des Mandatsbegriffs ausgegangen ist, als es Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG zugrunde liegt. Denn selbst aus einem möglicherweise unrichtigen Verständnis des Mandatsbegriffs des Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG kommt der klare Wille des Ausschusses zum Vorschein, dass eine Strafbarkeit gemäß § 108e StGB „ausschließlich bei parlamentarischen Verhandlungsgegenständen“ und nicht etwa auch dann gegeben sein soll, wenn „lediglich die Autorität des Mandats oder die Kontakte des Mandatsträgers genutzt werden, um einen in der Zuständigkeit einer anderen Stelle liegenden Vorgang zu beeinflussen.“

(2) Dieses enge Verständnis des Gesetzgebers der von der Unrechtsvereinbarung erfassten Handlung bzw. Unterlassung des Abgeordneten findet seinen Ausdruck auch in dem von ihm als geschützt angesehenen Rechtsgut. Durch § 108e StGB wollte er „das öffentliche Interesse an der Integrität parlamentarischer Prozesse und der Unabhängigkeit der Mandatsausübung sowie der Sachbezogenheit parlamentarischer Entscheidungen“ schützen (BT-Drucks. 18/476, S. 6). Die „freie Willensbildung und -betätigung in den Parlamenten“ soll vor unzulässiger Einflussnahme bewahrt werden (BT-Drucks. 18/476, S. 6). Der Straftatbestand soll dabei „den Besonderheiten der parlamentarischen Willensbildung Rechnung […] tragen“ (BT-Drucks. 18/476, S. 5).

(3) Der so ermittelte Wille des Gesetzgebers (vgl. hierzu BVerfG, Beschluss vom 19. März 2013 - 2 BvR 2628/10, juris Rn. 66) kommt im Wortlaut des § 108e StGB ausreichend zum Ausdruck.

Das Tatbestandsmerkmal „bei der Wahrnehmung seines Mandats“ kann ohne sprachliche Probleme als „ausschließlich bei parlamentarischen Verhandlungsgegenständen“ interpretiert werden. Das diesen Worten im allgemeinen Sprachgebrauch zugemessene Verständnis und der Sinn dieser Worte werden durch die einschränkende Lesart nicht verfälscht oder gar in das Gegenteil verkehrt. Dass der Wortlaut auch eine weiter gehende Interpretation zulassen würde, spielt für die Auslegung keine entscheidende Rolle (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2010 - 2 BvR 2559/08, juris Rn. 80). Entgegen der Auffassung der Generalstaatsanwaltschaft erfordert er jedenfalls nicht zwingend ein Verständnis des Tatbestandsmerkmals dahin, dass auch Handlungen oder Unterlassungen des Mandatsträgers erfasst werden müssten, die nicht auf eine Beeinflussung parlamentarischer Entscheidungen, Tätigkeiten oder Prozesse abzielen.

(4) Die systematische Stellung des § 108e StGB im Vierten Abschnitt des Besonderen Teils des Strafgesetzbuchs steht dem bisher gefundenen Auslegungsergebnis ebenfalls nicht entgegen.

Bemerkenswert ist dabei die systematische Ferne des § 108e StGB zu den eigentlich artverwandten Vorschriften im Dreißigsten Abschnitt, die eine eigenständige Auslegung des Merkmals „bei der Wahrnehmung seines Mandats“ und eine inhaltliche Abgrenzung zu den Merkmalen „für die Dienstausübung“ in den §§ 331, 333 StGB und „eine Diensthandlung vorgenommen hat oder künftig vornehme und dadurch seine Dienstpflichten verletzt hat oder verletzen würde“ in den §§ 332, 334 StGB zulässt.

Auch die Überschrift des Vierten Abschnitts und die dortige Beschreibung als „Straftaten bei Wahlen und Abstimmungen“ spricht eher für eine Eingrenzung der Gegenleistung des Abgeordneten auf Handlungen und Unterlassungen mit Parlamentsbezug als dagegen.

(5) Schließlich sind den eingangs erwähnten internationalen Übereinkommen keine Hinweise zu entnehmen, dass das dem Beschuldigten in diesem Verfahren vorgeworfene Verhalten den dortigen Pönalisierungsverpflichtungen unterläge. Wäre es so, hätte dies zu einem Spannungsverhältnis zwischen der vom Gesetzgeber einerseits gewollten Begrenzung auf parlamentarische Verhandlungsgegenstände und dem ebenfalls klar geäußerten Willen geführt, die Verpflichtungen aus den beiden Übereinkommen zu erfüllen. Eine solche Perplexität des gesetzgeberischen Willens hätte den Weg zu einer völkerrechtsfreundlichen Auslegung des Tatbestandsmerkmals „bei der Wahrnehmung seines Mandats“ ebnen und zu der Annahme der Strafbarkeit des Verhaltens des Beschuldigten führen können. Das Gegenteil ist allerdings der Fall.

(a) Das dem Beschuldigten in diesem Verfahren vorgeworfene Verhalten ist von der in den Art. 3 und 4 ER-Übk geregelten Pönalisierungspflicht nicht erfasst. Es liegt nahe, dass es unter die in Art. 12 ER-Übk beschriebene „Missbräuchliche Einflussnahme“ zu subsumieren ist, deren Strafbarkeit die Bundesrepublik Deutschland bewusst nicht umgesetzt hat.

(aa) Wie sich aus der Denkschrift des „Entwurf[s] eines Gesetzes zu dem Strafrechtsübereinkommen des Europarats vom 27. Januar 1999 über Korruption und dem Zusatzprotokoll vom 15. Mai 2003 zum Strafrechtsübereinkommen des Europarats über Korruption“ ergibt, ist der Gesetzgeber der Auffassung, die Vorgaben der Art. 3 f. ER-Übk „durch den Straftatbestand der Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern, § 108e StGB, umgesetzt“ zu haben (BT-Drucks. 18/9234, S. 34). Ein Straftatbestand der missbräuchlichen Einflussnahme existiert seiner Auffassung nach im deutschen Recht nicht und sollte auch nicht im Zuge der Umsetzung des Strafrechtsübereinkommens geschaffen werden, weswegen von der Vorbehaltsmöglichkeit des Art. 37 Abs. 1 ER-Übk Gebrauch gemacht worden ist (BT-Drucks. 18/9234, S. 36).

(bb) Den Ausführungen im Erläuternden Bericht des Europarats zu dem Strafrechtsübereinkommen über Korruption vom 27. Januar 1999 ist zu entnehmen, dass dieser unter dem in Art. 3 ER-Übk aufgenommenen Merkmal „bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben“ („in the exercise of his or her functions“ und „dans l’exercice de ses fonctions“) mit Blick auf den in Art. 4 ER-Übk geregelten Personenkreis („ein Mitglied einer inländischen öffentlich-rechtlichen Vertretungskörperschaft, die Gesetzgebungs- oder Verwaltungsbefugnisse ausübt“) ausschließlich parlamentarische Tätigkeiten verstanden hat, soweit nicht hier nicht einschlägige Verwaltungsbefugnisse inmitten stehen.

Der Europarat versteht Korruption als (undefinierten) Oberbegriff, von dem Bestechung und Bestechlichkeit sowie missbräuchliche Einflussnahme Unterformen darstellen (Erläuternder Bericht Rn. 25 [BT-Drucks. 18/9234, S. 51]). Konsequenterweise hat er die letztgenannte Korruptionsform in dem eigenständigen Art. 12 ER-Übk geregelt. Mit Blick auf die von den einzelnen Artikeln geschützten Rechtsgüter legt der Europarat dar, dass Art. 2 f. ER-Übk sicherstellen soll, „dass die öffentliche Verwaltung ordnungsgemäß, d. h. transparent, fair und unparteiisch und im öffentlichen Interesse, arbeitet“ und dass „das Vertrauen der Bürger in ihre Verwaltung“ geschützt wird(Erläuternder Bericht Rn. 32 [BT-Drucks. 18/9234, S. 52]). Art. 4 ER-Übk soll „die Transparenz, die Fairness und die Unparteilichkeit des Entscheidungsprozesses inländischer öffentlich-rechtlicher Vertretungskörperschaften“ bewahren. Art. 2 f. ER-Übk schützt daher die Entscheidungsfindung der Verwaltung, Art. 4 ER-Übk diejenige der Parlamente.

Um einen möglichst umfassenden Schutz der Entscheidungsprozesse des Staates sicherzustellen, hat der Europarat Art. 12 ER-Übk geschaffen. Er bezeichnet die diesem Artikel zugrunde liegende Konstellation als „korruptive Dreiparteienbeziehung“, die sich dadurch auszeichne, dass die missbräuchlich Einfluss nehmende Person ein Außenstehender sei, der die vom Gewährer des Vorteils gewünschte Entscheidung nicht selbst treffen könne (Erläuternder Bericht Rn. 65 [BT-Drucks. 18/9234, S. 56]). Der Unterschied zwischen Art. 12 ER-Übk und dem Tatbestand der Bestechung bzw. Bestechlichkeit besteht nach Ansicht des Europarats darin, „dass die Einfluss nehmende Person nicht wie im Fall eines Amtsträgers ‘eine Handlung vornehmen oder unterlassen‘ muss“ (Erläuternder Bericht Rn. 65 [BTDrucks. 18/9234, S. 56]). Als Empfänger des ungerechtfertigten Vorteils hilft sie „der Person, die den ungerechtfertigten Vorteil gewährt, dadurch, dass [sie] auf den Dritten, der die Handlung wie verlangt vornehmen oder unterlassen kann, missbräuchlich Einfluss nimmt oder zu nehmen vorschlägt“ (Erläuternder Bericht Rn. 65 [BT-Drucks. 18/9234, S. 56]).

Der Europarat macht damit deutlich, dass der von Art. 12 ER-Übk geschützte Entscheidungsprozess nicht vor dem unlauteren Einwirken eines (Mit-)Entscheidenden selbst, sondern vor dem (bezahlten) Einfluss eines Außenstehenden geschützt werden soll. Der Außenstehende kann jede Person und damit auch ein Mitglied einer inländischen öffentlichrechtlichen Vertretungskörperschaft im Sinne des Art. 4 ER-Übk sein. Daraus ergibt sich, dass es das Merkmal „bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben“ in Art. 4 i.V.m. Art. 3 ER-Übk - unter Berücksichtigung seines vom Europarat definierten Schutzzwecks - nicht erfordert, dass auch Handlungen eines Abgeordneten davon erfasst werden, die nicht auf eine Beeinflussung von Entscheidungen, Tätigkeiten oder Prozessen des Parlaments abzielen, dem er angehört. Denn Handlungen, welche die Entscheidungsfindung eines Amtsträgers oder eines Mitgliedes einer (anderen) öffentlich-rechtlichen Vertretungskörperschaft beeinflussen, fallen in den Anwendungsbereich des Art. 12 ER-Übk, wenn sie die weiteren Voraussetzungen einer missbräuchlichen Einflussnahme erfüllen.

(b) Auch den Regelungen des Übereinkommens der Vereinten Nationen gegen Korruption vom 31. Oktober 2003 kann nicht entnommen werden, dass das dem Beschuldigten vorgeworfene Verhalten unter die dortigen Pönalisierungspflichten fiele.

Die in Art. 15 VN-Übk geregelte Bestechung und Bestechlichkeit inländischer Amtsträger, worunter gemäß Art. 2 Buchst. a) Ziffer i) VN-Übk auch Personen fallen, die in einem Vertragsstaat durch Wahl ein Amt im Bereich der Gesetzgebung innehaben, erfassen als Gegenleistung des Abgeordneten Handlungen oder Unterlassungen „in Ausübung seiner Dienstpflichten“ („in the exercise of his or her official duties“ und „dans l’exercice de ses fonctions officielles“). Auch wenn den „Travaux preparatoires of the negotiations for the elaboration of the United Nations Convention against Corruption“ keine so detaillierten Überlegungen entnommen werden können wie dem Erläuternden Bericht des Europarats, ergibt sich doch aus dem in Art. 1 Buchst. c) VN-Übk definierten Zweck, die Rechenschaftspflicht und die ordnungsgemäße Verwaltung öffentlicher Vermögensgegenstände zu fördern, und der Tatsache, dass die Vertragsstaaten in Art. 18 VN-Übk aufgefordert werden zu erwägen, auch die missbräuchliche Einflussnahme unter Strafe zu stellen, ein Gleichlauf dieser Vorschriften mit denjenigen des Europarats, zumal das Europaratsübereinkommen zeitlich vorher erarbeitet worden ist und der Entwurf des Übereinkommens der Vereinten Nationen auf einem gemeinsamen Entwurf der Europaratsmitglieder Österreich und den Niederlanden basiert.

Mit Blick auf Art. 18 VN-Übk ist es bemerkenswert, dass die Person, der ein Vorteil als Gegenleistung dafür versprochen, angeboten oder gewährt wird, dass sie ihren tatsächlichen oder vermuteten Einfluss auf eine Verwaltung oder eine Behörde missbraucht, als „Amtsträger oder eine andere Person“ bezeichnet wird. Der ausdrücklichen Aufnahme des Wortes „Amtsträger“ ist zu entnehmen, dass es Konstellationen geben kann, in denen das Verhalten des korrumpierten Amtsträgers nicht von Art. 15 VN-Übk, sondern (nur) von Art. 18 VN-Übk erfasst wird. Für eine trennscharfe Unterscheidung zwischen Bestechlichkeit und missbräuchlicher Einflussnahme spricht die Tatsache, dass das Übereinkommen in Art. 15 eine Pönalisierungspflicht statuiert, wohingegen in Art. 18 lediglich angeregt wird, die Strafbarkeit der missbräuchlichen Einflussnahme zu erwägen. Daraus ist zu schließen, dass es das Merkmal „in Ausübung seiner Dienstpflichten“ in Art. 15 VN-Übk nicht erfordert, auch Handlungen eines Abgeordneten zu erfassen, die nicht auf eine Beeinflussung von Tätigkeiten, Handlungen oder Prozessen des Parlaments abzielen, dem er angehört. Nach der Systematik des Übereinkommens gilt dies jedenfalls dann, wenn sich diese Handlungen als missbräuchliche Einflussnahme im Sinne des Art. 18 VN-Übk darstellen, um von einer Verwaltung oder einer Behörde einen ungerechtfertigten Vorteil zu erlangen.

Der deutsche Gesetzgeber wollte der Anregung der Vereinten Nationen nicht nähertreten und hat auch in der Denkschrift zum „Entwurf eines Gesetzes zu dem Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 31. Oktober 2003 gegen Korruption“ konstatiert, dass ein Straftatbestand der missbräuchlichen Einflussnahme im deutschen Recht nicht existiere und auch nicht im Zuge der Umsetzung des Übereinkommens geschaffen werden sollte (BT-Drucks. 18/2138, S. 82). „Zuwendungen an Personen, die zwar die von dem Gewährenden erstrebte (Dienst-)Handlung nicht selbst vornehmen können, die aber Einfluss auf den Amtsträger in der zuständigen Verwaltung oder Behörde haben oder vorgeben zu haben“, sollten nach dem Willen des deutschen Gesetzgebers daher nicht sanktioniert werden (BT-Drucks. 18/2138, S. 82).

(6) Die vom Senat vorgenommene Auslegung des Tatbestandsmerkmals „bei der Wahrnehmung seines Mandats“ wird von der im Schrifttum vorherrschenden Auffassung im Ergebnis geteilt.

Einige Stimmen stellen dabei ebenfalls maßgeblich auf den in den Gesetzmaterialien zum Ausdruck kommenden Willen des Gesetzgebers (insoweit a. A. Peters, Korruption in Volksvertretungen, 2017, S. 276 u. 304) ab. So führt der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestags aus, dass „ausweislich der Gesetzesbegründung“ die mögliche Strafbarkeit auf solches Verhalten beschränkt ist, das sich „im Rahmen der parlamentarischen Arbeit abspielt“ (Sachstand der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestags vom 17. Dezember 2014 „Zur Neufassung von § 108e StGB (Mandatsträgerbestechung)“ - WD7-3000- 257/14, S. 10). Derselbe Gedanke findet in der Formulierung, dass „der Gesetzgeber“ mit diesem Merkmal „die Begrenzung des Anwendungsbereichs von § 108e StGB auf Tätigkeiten innerhalb der parlamentarischen Zuständigkeit des Abgeordneten zum Ausdruck bringen“ wollte, seinen Niederschlag (Busch, Ist die strafwürdige Beeinflussung und Beeinflussbarkeit von Bundestagsabgeordneten durch § 108e StGB hinreichend geregelt? 2018, S. 101).

Andere Stimmen schränken die von dem Tatbestandsmerkmal „bei der Wahrnehmung seines Mandats“ erfassten Handlungen oder Unterlassungen des Mandatsträgers - ähnlich wie der Senat - dahingehend ein, dass mit diesen „auf parlamentarische Vorgänge Einfluss genommen werden soll“ (MüKoStGB/H. E. Müller, 4. Aufl. 2021, StGB § 108e Rn. 32) oder dass „der Abgeordnete auf parlamentarische Prozesse Einfluss zu nehmen versucht“ (Kubiciel/Hoven, NK 2014, 339, 345). Zwar bringt auch die Ansicht, dass „solche Einschränkungen [dieses Tatbestandsmerkmals] nur insoweit gelten dürften, als sich korruptiv beeinflusste Parteibeschlüsse oder Zusicherungen nicht auf Entscheidungen des parlamentarischen Gremiums auswirken, dem der Mandatsträger angehört, bzw. das nebenamtliche Gutachten eines Mandatsträgers nicht zu Gunsten eines Zuwendungsgebers in den parlamentarischen Entscheidungsprozess einfließt“ (Schönke/Schröder/Eser, 30. Aufl. 2019, StGB § 108e Rn. 20) einen ähnlichen Gedanken zum Ausdruck. Da für die Strafbarkeit nach § 108e StGB die tatsächliche Vornahme der Handlung in Ausübung des Mandats allerdings nicht erforderlich ist (BT-Drucks. 18/476, S. 8), ist das Tatbestandsmerkmal „bei der Wahrnehmung seines Mandats“ nicht erst dann erfüllt, wenn sich die als Gegenleistung vereinbarte Handlung auf Entscheidungen des parlamentarischen Gremiums auswirkt oder wenn sie in den parlamentarischen Entscheidungsprozess einfließt. „Bei der Wahrnehmung seines Mandats“ ist vielmehr bereits dann erfüllt, wenn die Handlung auf eine Auswirkung oder ein Einfließen abzielt.

Diejenigen Stimmen, die sich in einer negativen Umschreibung des Tatbestandsmerkmals versuchen, führen abstrakt aus, dass es nicht genüge, „dass die Tätigkeit in einem irgendwie gearteten Zusammenhang mit dem Mandat steht“ (LK/Weiß, StGB, 13. Aufl., § 108e Rn. 8), oder erklären, dass Verhaltensweisen „mit lediglich mittelbarem Bezug zur Mandatsausübung“ nicht erfasst seien (SK-StGB/Sinn, 9. Aufl. § 108e Rn. 9). Konkreter stellt sich die Formulierung dar, dass ein Einwirken des Mandatsträgers auf Verwaltungsverfahren, „um sie im Sinne eines Vorteilsgebers zu beeinflussen, […] keine strafbare Gegenleistung des Tatbestands“ sei (Eckhardt, Novellierung der Abgeordnetenbestechung, 2016, S. 110). Ähnlich verhält es sich mit der Feststellung, dass „die häufigen entgeltlichen Tätigkeiten von Mandatsträgern als Lobbyisten“ straflos seien, „selbst wenn die Bezahlung des Abgeordneten unangemessen hoch und auf unlautere politische Einflussnahme gerichtet sein sollte“ (BeckOK StGB/Heintschel-Heinegg, 50. Ed., § 108e Rn. 18.1).

Soweit vereinzelt darauf hingewiesen wird, dass im Ausnahmefall auch Tätigkeiten außerhalb des parlamentarischen Gremiums erfasst sein können, wenn diese gerade Ausfluss der eigentlichen Mandatstätigkeit sind (Sachstand der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestags vom 17. Dezember 2014 „Zur Neufassung von § 108e StGB (Mandatsträgerbestechung)“ - WD7-3000-257/14, S. 10; Braasch, jurisPR-StrafR 11/2015 Anm. 1; Trips-Hebert, JR 2015, 372, 374; Fritz, NJW-Spezial 2014, 184), kann darin ebenfalls kein Widerspruch zu dem hier gefundenen Auslegungsergebnis erblickt werden. Abgesehen davon, dass unklar ist, was konkret darunter zu verstehen ist, dass eine Tätigkeit „gerade Ausfluss der eigentlichen Mandatstätigkeit“ ist, dürfte die dem Beschuldigten vorgeworfene Einflussnahme auf eine Entscheidung der Exekutive auch nach dieser Ansicht keinen solchen „Ausfluss“ darstellen.

Die singulär gebliebene Auffassung, dass sich aus dem Wortlaut der Norm keine Einschränkung des Tatbestands ergebe und eine „Wahrnehmung des Mandats“ daher auch dann vorläge, „wenn ein Abgeordneter außerhalb seiner parlamentarischen Zuständigkeit’ die Nähe zu politischen Entscheidungsträgern nutzt, um,auftragsgemäß‘ fremde Interessen durchzusetzen (Fischer, StGB, 68. Aufl., § 108e Rn. 28) vermag demgegenüber nicht zu überzeugen. Sie steht im Widerspruch zu der von ihr selbst erkannten „Auffassung des Gesetzgebers“ (Fischer, StGB, 68. Aufl., § 108e Rn. 27) und kann deshalb den Entscheidungen der an Recht und Gesetz gebundenen Gerichte nicht zugrunde gelegt werden.

bb) Unter Zugrundelegung der dargestellten Maßstäbe stellen sich die dem Beschuldigten vorgeworfenen Handlungen, nämlich die Kommunikation mit dem Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege mit dem Zweck der Herbeiführung eines Vertragsschlusses zwischen dem Ministerium und der Firma L., nicht als Handlungen dar, die er „bei der Wahrnehmung seines Mandats“ vornahm. Bei der Kommunikation mit der Exekutive als solcher handelt es sich - von Großen Anfragen an die Bundesregierung und ihre Beantwortung abgesehen, § 75 Abs. 1 Buchst. f) BTGO - grundsätzlich nicht um „parlamentarische Verhandlungsgegenstände“. Die dem Beschuldigten vorgeworfenen Handlungen zielten auch nicht darauf ab, einen Vorgang im Bayerischen Landtag zu generieren oder auf einen solchen Einfluss zu nehmen, geschweige denn, eine Entscheidung dieses Parlaments herbeizuführen oder auf eine solche einzuwirken.

Dem Beschuldigten werden letztlich Handlungen vorgeworfen, die sich als (Aus-)Nutzung der Autorität seines Mandats oder seiner Kontakte darstellen, um einen in der Zuständigkeit einer anderen (außerparlamentarischen) Stelle liegenden Vorgang zu beeinflussen. Dies wollte der Gesetzgeber ausdrücklich nicht von § 108e Abs. 1 StGB erfasst wissen. Daher spielt es - entgegen der Ansicht der Generalstaatsanwaltschaft - keine entscheidende Rolle, dass der Beschuldigte im Rahmen seiner Kommunikation mit dem Ministerium in E-Mails mehrfach seine Abgeordneten-Signatur verwendete.

Der vorliegende Sachverhalt ist dem Regelungsgehalt des Art. 12 ER-Übk und des Art. 18 VN-Übk zuzuordnen. Denn die nach Ansicht der internationalen Normgeber im konkreten Fall schützenswerte Entscheidung ist diejenige des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege, den von den Gewährern des Vorteils gewünschten Vertrag zu schließen. Diese Entscheidung konnte der beschuldigte Abgeordnete allerdings nicht selbst treffen. Gegenleistung der Versprechen und Zahlungen der Mitbeschuldigten war lediglich der Versuch des Beschuldigten, Einfluss auf die entscheidenden Personen im Ministerium zu nehmen, was ihm im Ergebnis auch gelungen ist.

Da der deutsche Gesetzgeber unmissverständlich zum Ausdruck gebracht hat, dass „eine Handlung oder Unterlassung 'bei der Wahrnehmung des Mandats' ausschließlich bei parlamentarischen Verhandlungsgegenständen vorliegt“ und er die Art. 12 ER-Übk und Art. 18 VN-Übk explizit nicht umsetzen wollte, ist es dem Senat als Teil der Judikative verwehrt, das dem Beschuldigten vorzuwerfende Verhalten unter die Strafnorm des § 108e Abs. 1 StGB zu subsumieren (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 6. Juni 2018 - 1 BvL 7/14 und 1 BvR 1375/14, juris Rn. 73; vom 14. Juni 2007 - 2 BvR 1447/05, juris Rn. 91). Der Senat hat es aufgrund der Gewaltenteilung hinzunehmen, dass die Vorstellung des Deutschen Bundestags über die Strafwürdigkeit gewisser Verhaltensweisen seiner Mitglieder (und der Mitglieder der Länder- und Kommunalparlamente) von der Auffassung der internationalen Normgeber substanziell abweicht, auch wenn die diesbezüglichen Erwägungen des deutschen Gesetzgebers, dass es keinen Anlass gebe, die missbräuchliche Einflussnahme unter Strafe zu stellen (BT-Drucks. 18/9234, S. 36) und dass ein Bedürfnis für eine derart weitgehende Bestrafung dritter Personen bislang nicht aufgetreten sei (BT-Drucks. 18/2138, S. 82), vor dem Hintergrund des vorliegenden Falls zweifelhaft erscheinen dürften.

cc) Für eine strafbare Beteiligung des Beschuldigten an etwaigem strafbaren Verhalten der Mitbeschuldigten im Zusammenhang mit im Raum stehenden Handlungen des Mitbeschuldigten Dr. N. liegt ebenfalls kein Anfangsverdacht vor. Denn es bestehen keine tatsächlichen Anhaltspunkte dafür, dass der Beschuldigte Handlungen des Mitbeschuldigten Dr. N. in seinen Vorsatz aufnahm, die über solche - ebenfalls nicht gemäß § 108e Abs. 1 StGB strafbaren - Handlungen gegenüber den Bundesministerien hinausgingen, wie er sie gegenüber dem Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege vornahm.

dd) Die Prüfung, ob die angefochtenen Durchsuchungsbeschlüsse zu Recht auch auf den Anfangsverdacht gestützt worden sind, oder ob sie - insbesondere vor dem Hintergrund der außergewöhnlichen Situation einer Pandemie - auf den Anfangsverdacht für die Verwirklichung anderer Straftatbestände, etwa des Betrugs (vgl. hierzu: LK/Tiedemann, StGB, 12. Aufl., § 263 Rn. 53 u. 66; BGH, Urteile vom 22. August 2001 - 3 StR 191/01; vom 8. Juli 1981 - 3 StR 457/80; Beschluss vom 28. Juni 1983 - 1 StR 576/82) oder des (Vermittlungs-)Wuchers (MüKoStGB/Pananis, 3. Aufl. 2019, StGB § 291 Rn. 21 u. 39; Schönke/Schröder/Heine/Hecker, 30. Aufl. 2019, StGB § 291 Rn. 17 u.19; LK/Wolff, StGB, 12. Aufl., § 291 Rn. 38 u. 52), hätten gestützt werden können, ist dem Senat aufgrund der Zuständigkeitsregelung der § 120b Satz 1 GVG, § 169 Abs. 1 Satz 1 StPO nicht möglich.

Hinsichtlich der in § 120 GVG geregelten Staatsschutzdelikte ist zwar anerkannt, dass die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts auch für Taten gegeben ist, die mit zumindest einem die Bundeszuständigkeit begründenden Staatsschutzdelikt materiell- oder verfahrensrechtlich eine Tat bilden und dass das Evokationsrecht des Generalbundesanwalts ausnahmsweise auch dann besteht, wenn ein derart enger persönlicher und deliktsspezifisch-sachlicher Zusammenhang vorliegt, dass eine getrennte Verfolgung und Aburteilung auch unter Beachtung der verfassungsrechtlichen Vorgaben für die Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern als in hohem Maße sachwidrig erschiene (BGH, Beschluss vom 13. Januar 2009 - AK 20/08, juris Rn. 39). In Fällen, in denen keine die Bundesgerichtsbarkeit begründenden Delikte gegeben sind, entfällt die Zuständigkeit allerdings insgesamt (BGH, Beschluss vom 20. Dezember 2007 - StB 12/07, juris Rn. 8).

Diese Maßstäbe sind, auch wenn die Oberlandesgerichte im Rahmen ihrer Zuständigkeit nach § 120b GVG keine Bundesgerichtsbarkeit ausüben (BT-Drucks. 18/607, S. 9), auf Verfahren nach § 108e StGB zu übertragen. Denn die Zuständigkeitsregelungen in § 169 Abs. 1 Satz 1 StPO, § 120b Satz 1 GVG bestimmen den gesetzlichen Richter im vorbereitenden Verfahren. Gemäß § 162 Abs. 2 StPO hat der Ermittlungsrichter zunächst zu prüfen, ob der Antrag der Staatsanwaltschaft als solcher zulässig ist, wozu insbesondere seine eigene Zuständigkeit gehört (KK-StPO/Griesbaum, 8. Aufl., § 162 Rn. 15; MüKoStPO/Kölbel, § 162 Rn. 22). Kommt er zu dem Ergebnis, dass er nicht zuständig ist, hat er den Antrag abzulehnen oder das Verfahren - ggf. nach Anhörung der Staatsanwaltschaft - an den zuständigen Richter zu verweisen (LR/Erb, StPO, 27. Aufl., § 162 Rn. 30).

Auch das Beschwerdegericht hat die Zuständigkeit des Erstgerichts zu überprüfen (LR/Erb, StPO, 27. Aufl., § 169 Rn. 13). In Fällen, in denen ein sachlich unzuständiges höheres Gericht (z. B. das Landgericht) anstelle des sachlich zuständigen niedrigeren Gerichts (z. B. das Amtsgericht) entschieden hat, ist es anerkannt, dass das Beschwerdegericht - in Abweichung von § 309 Abs. 2 StPO - die Sache an das zuständige Untergericht verweist (BeckOK StPO/Cirener, 39. Ed., § 309 Rn. 14; MüKoStPO/Neuheuser, § 309 Rn. 32; LR/Matt, StPO, 26. Aufl., § 309 Rn. 13; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 64. Aufl., § 309 Rn. 6; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29. Juli 1998 - 1 Ws 332/98, juris Rn. 13 f.; OLG Stuttgart, Beschluss vom 25. März 2013 - 2 Ws 21/13, juris Rn. 9; OLG Saarbrücken, Beschluss vom 21. Januar 2004 - 1 Ws 2/04, NStZ-RR 2004, 112, 113).

In dem vorliegenden Fall, in welchem die mit der Beschwerde angegriffenen Durchsuchungsbeschlüsse bereits vollzogen wurden und damit rechtlich verbraucht sind (siehe dazu: BVerfG, Beschluss vom 12. Februar 2004 - 2 BvR 1687/02, juris Rn. 22; MüKoStPO/Hauschild, § 105 Rn. 28; LR/Tsambikakis, StPO, 27. Aufl., § 105 Rn. 116), kommt eine Verweisung der Sache aufgrund der insoweit eingetretenen prozessualen Überholung nicht (mehr) in Betracht. Der Senat hatte auf die als Feststellungsantrag auszulegende Beschwerde daher auszusprechen, dass die Durchsuchungsbeschlüsse gegen § 102, § 169 Abs. 1 Satz 1 StPO, § 120b GVG verstoßen. Denn für eine Strafbarkeit gemäß § 108e StGB war (auch) zum Zeitpunkt der ermittlungsrichterlichen Entscheidung kein Anfangsverdacht gegeben und für den Erlass eines auf den Verdacht der Verwirklichung anderer Strafnormen gestützten Durchsuchungsbeschlusses fehlte der Ermittlungsrichterin des Oberlandesgerichts die sachliche Zuständigkeit.

b) Aus denselben Gründen war der mit der Beschwerde angegriffene Arrestbeschluss aufzuheben. Die Sache war insoweit zur erneuten Entscheidung über den Antrag der Generalstaatsanwaltschaft München auf Erlass eines Vermögensarrestes (sowie über die Kosten des Beschwerdeverfahrens) an den örtlich und sachlich zuständigen Ermittlungsrichter beim Amtsgericht München zu verweisen.

Anders als bei den gegen die Durchsuchungsbeschlüsse gerichteten Beschwerden ist mit Blick auf den ebenfalls angegriffenen Arrestbeschluss keine prozessuale Überholung eingetreten. Im Verfahren über die gegen einen im Ermittlungsverfahren erlassenen Arrestbeschluss gerichtete Beschwerde hat das Beschwerdegericht nicht nur die Rechtmäßigkeit des Beschlusses zum Zeitpunkt seines Erlasses durch das Erstgericht zu beurteilen (KK-StPO/Spillecke, 8. Aufl. § 111j Rn. 6; LR/Johann, StPO, 27. Aufl., § 111j Rn. 52 u. 27; MüKoStPO/Neuheuser, § 309 Rn. 14; BeckOK StPO/Cirener, 41. Ed., § 309 Rn. 6.1). Es hat grundsätzlich (auch) eine auf den Zeitpunkt seiner Beurteilung bezogene eigene Sachentscheidung zu treffen (LR/Johann, StPO, 27. Aufl., § 111j Rn. 52 u. 28, vgl. auch für den Fall des § 111j Abs. 2 Satz 1 StPO: Meyer-Goßner/Schmitt/Köhler, StPO, 64. Aufl., § 111j Rn. 9, § 98 Rn. 17; MüKoStPO/Bittmann, § 111e Rn. 13). In Fällen, in denen die angegriffene Entscheidung des Erstgerichts fehlerhaft ist, dem Antrag der Staatsanwaltschaft im Zeitpunkt der Entscheidung des Beschwerdegerichts allerdings in rechtmäßiger Weise stattgegeben werden kann, ist es streitig, ob das Rechtsmittelgericht die Beschwerde in diesem Fall (nur) verwirft und die ermittlungsrichterliche Anordnung damit kontinuierlich fortbestehen bleibt oder ob das Beschwerdegericht letztere aufhebt und sodann neu erlässt (LR/Johann, StPO, 27. Aufl., § 111j Rn. 52 u. 28).

Aus den unter den Ziffern II.2.a) bb) und cc) dargelegten Gründen war ein Anfangsverdacht für eine Straftat gemäß § 108e StGB im Zeitpunkt der ermittlungsrichterlichen Entscheidung nicht gegeben und liegt ein solcher auch jetzt nicht vor. Da es der Ermittlungsrichterin am Oberlandesgericht aus den unter Ziffer II.2.a) dd) genannten Gründen verwehrt war, dem von der Generalstaatsanwaltschaft beantragten Vermögensarrest auf der Grundlage des Verdachts anderer Straftaten stattzugeben, ist dies auch dem Senat als Beschwerdegericht, der insoweit an die Stelle des Erstgerichts tritt (LR/Matt, StPO, 26. Aufl., § 309 Rn. 7; BeckOK StPO/Cirener, 41. Ed., § 309 Rn. 5), nicht möglich. Daher war der Arrestbeschluss aufzuheben und das Verfahren - in Anwendung der unter Ziffer II.2.a) dd) dargestellten Grundsätze - an den Ermittlungsrichter des Amtsgerichts München zu verweisen. Einer vorherigen Anhörung oder einen entsprechenden Antrag der Generalstaatsanwaltschaft bedurfte es nicht, da es ihrem mutmaßlichen Willen entspricht, dass das unzuständige Gericht den Antrag an das zuständige weiterleitet (LR/Erb, StPO, 27. Aufl., § 162 Rn. 30), zumal die Aktenzuleitung an das Amtsgericht ohnehin über sie erfolgt.


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