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Entscheidungen

StGB/Nebengebiete

Trunkenheitsfahrt, E-Scooter, Entziehung der Fahrerlaubnis

Gericht / Entscheidungsdatum: LG Dortmund, Beschl. v. 11.02.2020 - 43 Qs 5/20

Leitsatz: Zur (bejahten) Entziehung der Fahrerlaubnis wegen einer Trunkenheitsfahrt mit einem E-Scooter.


43 Qs 5/20

Landgericht Dortmund
Beschluss

In dem Ermittlungsverfahren
gegen pp.

wegen des Verdachts der Trunkenheit im Verkehr
hier: Beschwerde der Staatsanwaltschaft Dortmund gegen die Zurückweisung des Antrags auf vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis hat die 43. Strafkammer des Landgerichts Dortmund auf die Beschwerde der Staatsanwaltschaft Dortmund vom 27.01.2020 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Dortmund vom 21.01.2020 durch pp. am 11.02.2020 beschlossen:

Auf die Beschwerde der Staatsanwaltschaft Dortmund vom 27.01.2020 wird der Beschluss des Amtsgerichts Dortmund vom 21.01.2020 aufgehoben.

Dem Beschuldigten wird die Fahrerlaubnis gemäß § 111 a StPO vorläufig entzogen. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Beschuldigte.

Gründe:

I.

Die Beschwerde der Staatsanwaltschaft Dortmund gegen den Beschluss des Amtsgerichts Dortmund, mit dem der Antrag auf vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis gemäß § 111a StPO zurückgewiesen wurde, ist nach § 304 Abs. 1 StPO zulässig.

II.

Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.

Dem Beschuldigten war nach Ansicht der Kammer die Fahrerlaubnis vorläufig zu entziehen (§ 111 a StPO). Denn aufgrund der. Aktenlage sind derzeit dringende Gründe für die Annahme vorhanden, dass dem Beschuldigten die Fahrerlaubnis in der Hauptverhandlung gemäß §§ 316, 69 Abs. 1 und 2 Nr. 2 StGB endgültig entzogen werden wird.

1. Wie das Amtsgericht zu Recht festgestellt hat, besteht gegen den Beschuldigten der dringende Tatverdacht, eine fahrlässige Trunkenheit im Verkehr gemäß § 316 StGB begangen zu haben.

Dass der Beschuldigte gegenüber den Polizeibeamten vorgebracht hat, er habe gedacht, dass bei der Benutzung des E-Scooters dieselben Promillegrenzen -wie bei Fahrrädern und nicht wie bei Kraftfahrzeugen gelten würden, spielt für die Strafbarkeit als solche keine Rolle. Es handelt sich hierbei um einen Irrtum über die Reichweite der Verbotsnorm des § 316 StGB. Der Beschuldigte irrte sich nicht über die tatsächlichen Gegebenheiten, sondern nur über den Umfang des Verbots. Er wusste was er tat, nahm aber an, er dürfe den E-Scooter mit dem bei ihm vorliegenden Alkoholisierungsgrad benutzen. Das ist ein Subsumtionsirrtum, der einen Fall des Verbotsirrtums nach § 17 StGB darstellt (vgl. BGH, Urteil vom 02.12.1954, Az. 4 StR 500/54).

Dieser Verbotsirrtum war für den Beschuldigten aber vermeidbar, da er bei Begehung der Tat einsehen konnte, Unrecht zu tun. Der Beschuldigte hielt die Tat unter Außerachtlassung der von ihm nach den Umständen und nach seinen persönlichen Verhältnissen zu erwartenden Sorgfalt für erlaubt. Auch wenn die E-Scooter überall im Stadtgebiet ohne Zulassungskontrollen zur Verfügung stehen und die Benutzer von den Anbietern der E-Scooter im Vorfeld nicht ausreichend über die Gefahren und die Rechtslage unterrichtet wurden, hätte es dem Beschuldigten oblegen, sich vor der Benutzung über die rechtlichen Rahmenbedingungen zu informieren. Die Information über die einschlägige Promillegrenze ist im Internet mit sehr geringem Zeitaufwand abrufbar. Diese Informationspflicht des Beschuldigten bestand besonders vor dem Hintergrund, dass er sich bei Antritt der Fahrt seiner Alkoholisierung bewusst war.

Im Übrigen betrug die festgestellte Blutalkoholkonzentration beim Beschuldigten laut des ärztlichen Befundberichts 1,73 Promille. Damit war auch die für Fahrradfahrer geltende Grenze von 1,6 Promille (OLG Hamm, Beschluss vom 19.11.1991, Az. 3 Ss OWi 1030/91, Az. 3 Ws 484/91) überschritten. Aufgrund der mit diesem Promillewert jedenfalls einhergehenden absoluten Fahruntüchtigkeit (BGH, Beschluss vom 28.06.1990, Az. 4 StR 297/90) besteht der dringende Tatverdacht einer Trunkenheit im Verkehr. Diese stellt nach § 69 Abs. 2 Nr. 2 StGB einen Regelfall für die Entziehung der Fahrerlaubnis dar.

2. Anders als das Amtsgericht geht die Kammer — zumindest nach dem der Beurteilung derzeit zugrunde zu legenden Akteninhalt— nicht davon aus, dass die Regelvermutung des § 69 Abs. 2 Nr. 2 StGB im konkreten Fall widerlegt ist, d. h. ausnahmsweise besondere Gründe für die Annahme der Eignung des Beschuldigten zum Führen von Kraftfahrzeugen vorliegen.

Selbst wenn die Hemmschwelle für die Benutzung eines E-Scooters aufgrund der freien Verfügbarkeit ohne Zugangskontrollen und der nicht ausreichenden Information der Bürger über die potentielle Gefährlichkeit dieser Fahrzeuge geringer sein dürfte als bei der Benutzung eines anderen Kraftfahrzeugs, reicht dies für sich allein nach Ansicht der Kammer zur Widerlegung der Regelvermutung nicht aus. Es gehört eben auch zu den Pflichten eines geeigneten Kraftfahrzeugführers, sich über die speziellen tatsächlichen und rechtlichen Gegebenheiten des benutzten Fahrzeugs zu informieren.

Dass der Beschuldigte nach seiner Einlassung nicht in dem Bewusstsein handelte, dass für die E-Scooter-Nutzung die gleichen Maßstäbe gelten wie für die Nutzung von Kraftfahrzeugen, vermag hier zur Begründung eines außergewöhnlichen Umstandes außerdem bereits deswegen nicht zu greifen, da der Beschuldigte mit dem Wert von 1,73 Promille auch den für Fahrradfahrer geltenden Grenzwert überschritten hatte.

Die Kammer teilt darüber hinaus nicht die Ansicht des Amtsgerichts, dass die abstrakten Gefahren für Dritte bei der Benutzung eines E-Scooters deutlich niedriger als bei der Nutzung von Motorrollern sind; zwar verfügen die E-Scooter über eine wesentlich niedrigere Masse als Motorroller, auch sie können aber eine beachtliche Geschwindigkeit von bis zu 20 km/h erreichen.

Wenn das Amtsgericht ausführt, unter Berücksichtigung des Eindrucks, welchen das Strafverfahren bislang auf den Beschuldigten gehabt habe, sei die Wiederholung eines derartigen Vorfalls nicht zu erwarten, wäre dies zwar eine Tatsache, die der Anordnung der Maßregel des § 69 StGB entgegenstehen würde. Angesichts des ausschließlich spezialpräventiven Charakters der Fahrerlaubnisentziehung sind für die Beurteilung der Ungeeignetheit eines Täters zum Führen eines Kraftfahrzeuges nämlich allein die vom Täter für den allgemeinen Straßenverkehr ausgehenden Gefahren maßgebend (BGH, Beschluss vom 27.04.2005, Az. GSSt 2/04). Darf mit hinreichender Sicherheit erwartet werden, dass der Täter gleiche oder ähnliche Taten künftig nicht mehr begehen wird, so besteht eine derartige Gefahr für die Allgemeinheit nicht mehr.

Für diese Behauptung des Amtsgerichts bietet der Akteninhalt — der dieser Entscheidung der Kammer zugrunde zu legen war — aber bislang keinerlei Anhaltspunkte. Wie die Einleitung des Strafverfahrens und die Beschlagnahme der Fahrerlaubnis sich im konkreten Fall auf den Beschuldigten ausgewirkt haben, wird das Amtsgericht im Rahmen der Hauptverhandlung festzustellen haben.

Die Kostenentscheidung hinsichtlich der von der Staatsanwaltschaft zuungunsten des Beschuldigten eingelegten erfolgreichen Beschwerde folgt aus § 465 StPO (vgl. Hilger in: Löwe-Rosenberg, StPO, 26. Aufl. 2010, § 473, Rn. 12).

Eine weitere Beschwerde ist nach § 310 StPO ausgeschlossen.


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